Regisseur: Vincenzo Musolino
Kamera: Mario Mancini
Musik: Felice Di Stefano
Drehbuch: Vincenzo Musolino
DJANGO - DEN COLT AN DER KEHLE ist die lose Fortsetzung von Edoardo Mulargias DJANGO - KREUZE IM BLUTIGEN SAND, denn beide Filme zentralisieren einen Antihelden, der in den jeweiligen Originalversionen auf den Namen Cjamango getauft wurde. An die Stelle von Ivan Rassimov, der genannte Holzkruzifixe auf blutdurchtränktem Grund pflegte, tritt diesmal George Ardisson, der wiederum als der knuffige Guntar in DER LETZTE DER WIKINGER mit seinem unbesonnenen Draufgängertum manch haarsträubende Kapriole schlagen konnte und sich unter der Leitung von Sergio Sollima als Agent 3S3, zumindest in den Eurospy-Fankreisen, einen Namen machte. Diesmal gibt Ardisson einen erblondeten Italo-Westerner, der sich aufmacht, um die Morde an seinen Lieben zu sühnen und uns - zumindest was die bundesrepublikanische Schnittversion respektive Sprachfassung anbelangt - nicht lückenlos über die Vergangenheit seines Vaters und dessen Streit mit den Stuarts aufklärt, sodass uns in letzter Konsequenz manch Wissenslücke auch über das Filmende hinaus erhalten bleibt. Die auf Wikipedia umrissene Eingangssequenz deckt sich übrigens nicht mit der mir vorliegenden TV-Aufzeichnung (Tele 5) sowie den beiden deutschen VHS-Varianten aus dem Hause Greenwood und geht selbst mit der auf youtube hochgeladenen, italienischen Originalversion nicht konform.
Der Ursprung allen Übels, welcher innert DJANGO - DEN COLT AN DER KEHLE den Bodycount in astronomische Höhen schnellen lässt, wurzelt in einem auf Geldschulden basierenden Streit zwischen den Oberhäuptern der Familien Stuart und McDonald. Diese hochbejahrte Fehde provozierte in der Vergangenheit einen Zweikampf, der Stuart in den Rollstuhl beförderte und seinen Hass auf McDonald ins Unermessliche steigerte. Simultan zu dieser Situation bringt der Film ein Romeo und Julia Motiv (die Beziehung zwischen Virginia Stuart und Django McDonald) zur Sprache, welches sich jedoch vorrangig, wie der einstige Zweikampf zwischen Stuart und McDonald, auf kognitiver Ebene abspielt. Es ist demnach ratsam, die Lauscher aufzusperren und den Dialogen genau zuzuhören, ansonsten fehlt der subjektiven Vorstellungskraft manch wichtiger Baustein aus der maßgebenden Farbentabelle.
Im Gegensatz zu den zahlreichen italienischen Antihelden, die einsam in das Geschehen eintreten und es ebenso einsam verlassen, ist Django zu Beginn des Films Teil einer noch existierenden Familie. Da Vater, Schwester und Bruder kurze Zeit später ermordet werden, wird postwendend das im IW verbreitete Rachethema auf den Plan gerufen und Django in die Rolle des erbarmungslosen Rächers gezwungen. Während seiner Vendetta geht der Antiheld äußerst kaltblütig zu Werke, verzichtet auf unnötige Fragen und überlässt den maßgebenden Part der Kommunikation seinem Colt. Auch wenn mir das erbarmungslose Vorgehen des Antihelden sehr gelegen kommt, mag ich George Ardisson nicht auf Thron hieven und gleichlaufend zum Highlight in Vincenzo Musolinos Western erklären, denn dieser Preis geht an - auch wenn er nur einen sehr kurzen Auftritt hat - Peter Martell, in der Rolle des Jack Smart. Martell mimt einen Aggressor, auf den eine Belohnung von 5.000 Dollar ausgesetzt ist und den die gescheiterte Beziehung mit einer Frau in den Suff getrieben hat. Sturzbesoffen steht er, stolz den unter seiner Jacke wuchernden Brustpelz präsentierend, am Tresen und reduziert seinen Interessenkatalog auf Suff, Sex und Streit. Und da nach dem S der Buchstabe T folgt, sollte Ihnen klar sein, welches einsilbige Wort die folgenden Bildkompositionen bestimmen wird.
Wie Martells Auftritt sind auch die Darbietungen weiterer Galgenvögel nur von kurzer Dauer. Meines Erachtens kristallisiert sich genau an diesem Punkt ein Manko heraus. Schließlich gesteht Musolino keinem seiner Bösewichte eine tragende Rolle zu. Jene allmächtige Peron, die über den gesellschaftlichen Abschaum regiert und seine ihm treu ergebenen allegorischen Ratten und Kampfhunde auf den Eindringling, der die diktatorischen Regeln des Despoten gefährdet, hetzt. Musolino lässt eine solche Person zwar ansatzweise erkennen (siehe Stuart, siehe Smart), aber sobald der Zuschauer den Beweis ihrer Macht erwartet, hat eine der sechs bleiernen Todesboten den Auftrag ihres Absenders präzise erfüllt und besagte Personen zum Deibel geschickt. Die währenddessen visualisierten Tötungsarien weisen einen flotten Schnitt wie Zoom auf und konnten meiner Erwartungshaltung genüge tun.
Der Einstieg in das umrissene Rachethema und die damit verbundene Suche nach den Mördern sowie ihren Auftraggebern wurde mangelfrei konstruiert, sodass ich problemlos in das Vehikel einsteigen konnte. Im Vergleich zu vielen ähnlich ambitionierten Western offeriert uns DJANGO - DEN COLT AN DER KEHLE obendrein zwei Reise- bzw. Expeditionsleiter: Django und den stets gut gelaunten wie gerissenen Kopfgeldjäger Barrika, ein Informationsgeber, der sich seine Auskünfte mit der Verfügung über die Leichen, welche Django zuhauf hinterlässt, vergüten lässt. Ein fürstlich entlohnter Zeitgenosse, der freilich immerzu ein behütendes Auge auf seinen Kompagnon, treffender gesagt auf den Initiator seiner Einnahmequelle, behält. Django, der gleichermaßen Jäger wie Gejagter ist, distanziert sich somit von der Absicht, neben seinen Vergeltungsabsichten schnelles Geld zu machen und seine Altersvorsorge zu sichern. Doch obwohl er von finanzieller Bereicherung absieht, sind seine Taten (er verzichtet zudem auf ein Fairplay und killt seine Kontrahenten auf die für ihn sicherste Methode) egoistisch geprägt und einzig seinem Durst nach Rache verpflichtet. Ergo ist er auch nicht moralisch wertvoller als seine unzähligen Geld- wie Goldgeilen Kollegen innert der italienischen Westernproduktionen.
Fazit: DJANGO - DEN COLT AN DER KEHLE stellt sich als ein ordentlich fotografiertes, gut montiertes, mit zarten psychologischen wie psychoanalytischen Ansätzen gespicktes Western-Vehikel vor, das uns in einen erwartet degoutanten Mikrokosmos entführt. Es ist eine fiese, kleine Welt, die Django respektive Cjamango zum Killer macht und der er ebenso fies entgegentritt, um sie, mit dem primären Ziel sein inneres Gleichgewicht zurück zu gewinnen, von ihrem abjekten Auswurf zu befreien. Gottlob ist der Film jedoch nicht von Spannung befreit und somit können Sie sich auf einen kurzweiligen wie äußerst ruppigen Italo-Western einstellen.