FAHRT ZUR HÖLLE, IHR HALUNKEN (1969) - Sergio Corbucci
Moderator: jogiwan
- karlAbundzu
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FAHRT ZUR HÖLLE, IHR HALUNKEN (1969) - Sergio Corbucci
FAHRT ZUR HÖLLE, IHR HALUNKEN (1969)
Originaltitel: Gli Specialisti, AT: Die Spezialisten
Regie: Sergio Corbucci
D: Johnny Hallyday, Mario Adorf, Françoise Fabian, Gastone Moschin, Syvie Fennec, Angela Luce, Serge Marquand, Gino Pernice, Mimmo Poli, Pietro Ceccarelli, Mario Castellani
M: Angelo Francesco Lavagnino, K: Dario di Palma
Handlung:
Der Einzelgänger Hud kommt in die Stadt Blackstone, wo sein Bruder Charlie wegen eines Banküberfalls zu Unrecht verurteilt und hingerichtet wurde. Hud möchte seinen Bruder rächen und sich das Geld beschaffen. Er rettet eine Gruppe früher Hippies und gerät auf der Suche nach den Mördern seines Bruders mit den Mächtigen der Stadt, der Gangstertruppe um den Tagebuch schreibenden El Diablo und ebendiesen Hippies in Konflikt. Hud muss El Diablo, mit dessen Hilfe er sich zunächst an die Aufgabe gewagt hatte, im Verlauf seiner Ermittlungen töten; schließlich findet er das Gold - den Auslöser für die Lynchjustiz an seinem Bruder - und auch die wahre Schuldige, die Witwe Pollycut, die das Städtchen Blackstone ausgeplündert hat. Zitat: wikipedia
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
- karlAbundzu
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Re: FAHRT ZUR HÖLLE, IHR HALUNKEN (1969) - Sergio Corbucci
FAHRT ZUR HÖLLE, IHR HALUNKEN (1969)
Corbucci-Western in italienisch-französischer CO-Produktion. Lief auch mal unter demOriginal-Titel direkt übersetzten DIE SPEZIALISTEN, finde hier den deutschen griffiger und auch passender. Wieso Spezialist?
Wir befinden uns in einer Welt der Rache und des Geldes. In einem Western, der nebenbei gesagt, manchmal nach Alpen, manchmal nach Texas aussieht,den Friedhof würde ich spontan in Österreich vermuten.
Bruder wird gelyncht, Geld wird gesucht, der Fremde, der diesmal kein Fremder ist, ist am schnellsten und am klügsten und kommt allen so langsam auf die Schliche ohne sich auch nur einen einzigen Freund zu machen. Macht er aber auch schon am Anfang klar, dass er ein lonesome Typ ist. Naja, bis
auf das Love Interest. Bizarrerweise tritt auch ein Gruppe Hippies auf.
Die Stadt Blackstone, in der das alles so spielt, ist Corbuccis Bild auf die kapitalistische Gesellschaft: Egoistisch, gierig, unmoralisch, die Justiz selbst glaubt nicht an das Recht und ist korrupt, die Polizei,
selbst wenn gutwillig, macht- und hilflos, und hinter allem steckt das Kapital in Form der ortsansässigen Bank. So wird folgerichtig auch das Geld schlussendlich verbrannt, das Verbrennen des Falschgeldes wird vorher noch verhindert.
Thema des Filmes ist auch Gewaltfreiheit: Der Sheriff verbietet alle Schiessgewehre, damit Ruhe herrscht. In Dialogen zwischen Brad und Sheba. Im Schlusswort Virginias. In Form der zunächst waffenlosen Hippies, die sich allerdings zum Ende in Guerillas verwandeln, sich aber von einer kugellosen Pistole vertreiben lassen. Auch ihre Annahme, Brad nicht umballern zu können, weil er eine
schusssichere trägt, zeigt die Ungeübtheit ihrerseits an den Waffen:Kopf und Beine, auch Arme wären da schon lohnenswerte Ziele gewesen...
Die Frage, ob und wie Gewalt angewendet werden sollte, wird schlussendlich nicht beantwortet, aber man merkt eine gewisse Sympathie für Gewalt gegen das Großkapital, bei den Mitläufern reicht eine ordentliche Demütigung: hier in Form vom nackten Herumkriechen durch die eigene Stadt. Eine unglaubliche Szene, die ich so in einem Italowestern noch nicht sah.
Die Hippies als Gegenentwurf in Form ihrer Amoralität sind allerdings auch keine Lösung: Hedonismus in Form von Drogen (lustige Jointszene) und freiem Sex führt anscheinend nur zu Allmachtfantasien
und ebenfalls Gewalt.
Das gefiel mir alles gut, wie von Corbucci gewohnt, auch alles sehr spannend erzählt und gut gefilmt von Dario di Palma.
Hübsch schräg zwischen Western- und Folkmusic, immer wieder mit schrillen Instrumenten bestückt, gefiel mir auch der Soundtrack von Angelo Francesco Lavagnino.
Kommen wir zum Cast: sehr gut besetzt mit Mario Adorf als mexikanischer Gangsterboss, der sich immer noch in der Revolution sieht (<- noch ein Hinweis nach der Gewaltfrage), doch nur ein Krimineller mit Ehre ist, der sich eine Art Biograph hält. Die beiden wichtigsten Frauen werden von Sylvie Fennec, die das unschuldige Love Interest gibt, der einzigen, der der lonesome man vertrauen kann, hübsch naiv dargestellt. Und den weiblichen Gegenentwurf die skrupellose Virginia, die ihren Körper, ihren Verstand und ihr Geld einsetzt, um ihr Ziel, Reichtum und weg von der Stadt, zu erreichen: knallhart und verführerisch: Frabcoise Fabian. Auch gut Gastone Moschin (original Ugo
Piazza) als Sheriff, der alles gut und richtig machen will, aber auch von Karriere und Familie in der großen Stadt träumt. Er hat auch mit seinem Milano Kaliber 9 Kumpel die beste Kampfszene. Beide die Arme auf den Rücken gefesselt geht es nach altem mexikanischen Brauch Kopf gegen Kopf. Gut, dass das nicht in der Gegend, in der ich weilte, ein Begrüßungsspiel ist...
Schwachpunkt im Cast ist leider der Hauptdarsteller Johnny Hallyday, ein französischer Rockstar, der zu der Zeit auch für Rebellentum stand, insofern die Besetzung nachvollziehbar. Ausserdem hat er schöne hellblaue Augen. Ein wenig retten tut ihn die deutsche Stimme (Gert Günther Hoffmann), aber agieren tut er äußerst hölzern und unglaubhaft....
Auch kann sich der Ton des Filmes nicht so recht entscheiden: viel lustiges und Sprüche (obwohl man ja immer nicht weiß, in wie weit das auf Rainer Brandts Konto geht), viel Ernstes, Moralisches und viel Brutales, dann doch wieder wie in einer Sex-Komödie: Die Badewannenszene fällt mir da ein.
Insgesamt hat er mir aber gefallen, nicht der beste Corbucci, vielleicht auch ein bißchen
ein Hallyday/Zeitgeist-Vehikel, aber gut und schaubar.
PS: Ich sah ja die DVD in der Langfassung, das heißt allerlei Szenen sind aus der französischen Version eingefügt und untertitelt. Der deutsche Verleih konnte scheinbar nicht so viel mit Hippies, Joints, Dialogen und Moral anfangen....
Corbucci-Western in italienisch-französischer CO-Produktion. Lief auch mal unter demOriginal-Titel direkt übersetzten DIE SPEZIALISTEN, finde hier den deutschen griffiger und auch passender. Wieso Spezialist?
Wir befinden uns in einer Welt der Rache und des Geldes. In einem Western, der nebenbei gesagt, manchmal nach Alpen, manchmal nach Texas aussieht,den Friedhof würde ich spontan in Österreich vermuten.
Bruder wird gelyncht, Geld wird gesucht, der Fremde, der diesmal kein Fremder ist, ist am schnellsten und am klügsten und kommt allen so langsam auf die Schliche ohne sich auch nur einen einzigen Freund zu machen. Macht er aber auch schon am Anfang klar, dass er ein lonesome Typ ist. Naja, bis
auf das Love Interest. Bizarrerweise tritt auch ein Gruppe Hippies auf.
Die Stadt Blackstone, in der das alles so spielt, ist Corbuccis Bild auf die kapitalistische Gesellschaft: Egoistisch, gierig, unmoralisch, die Justiz selbst glaubt nicht an das Recht und ist korrupt, die Polizei,
selbst wenn gutwillig, macht- und hilflos, und hinter allem steckt das Kapital in Form der ortsansässigen Bank. So wird folgerichtig auch das Geld schlussendlich verbrannt, das Verbrennen des Falschgeldes wird vorher noch verhindert.
Thema des Filmes ist auch Gewaltfreiheit: Der Sheriff verbietet alle Schiessgewehre, damit Ruhe herrscht. In Dialogen zwischen Brad und Sheba. Im Schlusswort Virginias. In Form der zunächst waffenlosen Hippies, die sich allerdings zum Ende in Guerillas verwandeln, sich aber von einer kugellosen Pistole vertreiben lassen. Auch ihre Annahme, Brad nicht umballern zu können, weil er eine
schusssichere trägt, zeigt die Ungeübtheit ihrerseits an den Waffen:Kopf und Beine, auch Arme wären da schon lohnenswerte Ziele gewesen...
Die Frage, ob und wie Gewalt angewendet werden sollte, wird schlussendlich nicht beantwortet, aber man merkt eine gewisse Sympathie für Gewalt gegen das Großkapital, bei den Mitläufern reicht eine ordentliche Demütigung: hier in Form vom nackten Herumkriechen durch die eigene Stadt. Eine unglaubliche Szene, die ich so in einem Italowestern noch nicht sah.
Die Hippies als Gegenentwurf in Form ihrer Amoralität sind allerdings auch keine Lösung: Hedonismus in Form von Drogen (lustige Jointszene) und freiem Sex führt anscheinend nur zu Allmachtfantasien
und ebenfalls Gewalt.
Das gefiel mir alles gut, wie von Corbucci gewohnt, auch alles sehr spannend erzählt und gut gefilmt von Dario di Palma.
Hübsch schräg zwischen Western- und Folkmusic, immer wieder mit schrillen Instrumenten bestückt, gefiel mir auch der Soundtrack von Angelo Francesco Lavagnino.
Kommen wir zum Cast: sehr gut besetzt mit Mario Adorf als mexikanischer Gangsterboss, der sich immer noch in der Revolution sieht (<- noch ein Hinweis nach der Gewaltfrage), doch nur ein Krimineller mit Ehre ist, der sich eine Art Biograph hält. Die beiden wichtigsten Frauen werden von Sylvie Fennec, die das unschuldige Love Interest gibt, der einzigen, der der lonesome man vertrauen kann, hübsch naiv dargestellt. Und den weiblichen Gegenentwurf die skrupellose Virginia, die ihren Körper, ihren Verstand und ihr Geld einsetzt, um ihr Ziel, Reichtum und weg von der Stadt, zu erreichen: knallhart und verführerisch: Frabcoise Fabian. Auch gut Gastone Moschin (original Ugo
Piazza) als Sheriff, der alles gut und richtig machen will, aber auch von Karriere und Familie in der großen Stadt träumt. Er hat auch mit seinem Milano Kaliber 9 Kumpel die beste Kampfszene. Beide die Arme auf den Rücken gefesselt geht es nach altem mexikanischen Brauch Kopf gegen Kopf. Gut, dass das nicht in der Gegend, in der ich weilte, ein Begrüßungsspiel ist...
Schwachpunkt im Cast ist leider der Hauptdarsteller Johnny Hallyday, ein französischer Rockstar, der zu der Zeit auch für Rebellentum stand, insofern die Besetzung nachvollziehbar. Ausserdem hat er schöne hellblaue Augen. Ein wenig retten tut ihn die deutsche Stimme (Gert Günther Hoffmann), aber agieren tut er äußerst hölzern und unglaubhaft....
Auch kann sich der Ton des Filmes nicht so recht entscheiden: viel lustiges und Sprüche (obwohl man ja immer nicht weiß, in wie weit das auf Rainer Brandts Konto geht), viel Ernstes, Moralisches und viel Brutales, dann doch wieder wie in einer Sex-Komödie: Die Badewannenszene fällt mir da ein.
Insgesamt hat er mir aber gefallen, nicht der beste Corbucci, vielleicht auch ein bißchen
ein Hallyday/Zeitgeist-Vehikel, aber gut und schaubar.
PS: Ich sah ja die DVD in der Langfassung, das heißt allerlei Szenen sind aus der französischen Version eingefügt und untertitelt. Der deutsche Verleih konnte scheinbar nicht so viel mit Hippies, Joints, Dialogen und Moral anfangen....
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
- Nello Pazzafini
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