Yankee - Tinto Brass

Helden, Halunken, staubige Dollars, Pferde & Colts

Moderator: jogiwan

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Blap
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Yankee - Tinto Brass

Beitrag von Blap »

Yankee (Italien, Spanien 1966, Originaltitel: Yankee)

Ein Fremder (Philippe Leroy) taucht im Machtbereich des grossen Concho (Adolfo Celi) auf. Der dreiste Yankee sucht den Bandenboss auf, um diesem auf freundliche Art und Weise darzulegen, dass er gerne die Kopfgelder für dessen "Mitarbeiter" kassieren möchte. Der Gauner nimmt den merkwürdigen Fremden zunächst nicht ernst. Doch der namenlose Yankee spielt seine Karten clever aus, beginnt damit die Horde des grossen Concho auszudünnen. Als dem Fiesling sogar seine Lieblingsdame Rosita (Mirella Martin) abhanden kommt, platzt Concho endgültig der Kragen. Ein bleihaltiges Duell auf Leben und Tod nimmt seinen Lauf...

Tinto Brass ist vor allem wegen seiner erotischen und wüsten Filme bekannt. Titeln wie "Salon Kitty" (1976) und "Caligula" (1979) eilt ein legendärer Ruf voraus. Der einzige Beitrag des Herrn Brass zum Italo-Western ist weniger bekannt, umso erfreulicher ist die DVD aus dem Hause Koch Media. "Yankee" bietet hinsichtlich der Story keine nennenswerten Überraschungen. Ein Fremder ohne Namen kommt in die Stadt und legt sich mit dem lokalen Machthaber an. Er tritt dem Gesindel in den Hintern, wird kurzzeitig selbst zum Opfer, setzt seinen Feldzug mehr oder weniger stark angeschlagen fort. In diesem Fall trifft "weniger stark angeschlagen" zu, denn obwohl man den (Anti)Held ordentlich durch die Mühle dreht, ist er wenige Stunden später wieder voll einsatzfähig. Philippe Leroy zählt nicht zu den gestandenen Hauptfiguren des Genres, gerade diese Tatsache lässt seinen Auftritt erfrischend und bereichernd erscheinen. Seine markanten Gesichtszüge passen sehr gut zur Rolle, ein Blick sagt mehr als die berühmten tausend Worte. Adolfo Celi ist sowieso immer eine sichere Bank, selbstverständlich gibt er sich auf hier keine Blöße. Sein Charakter präsentiert sich redseliger als der Held, auch dies ist zu den geschätzten Gewohnheiten des Genres zu rechnen. Grande Concho sondert (von Grössenwahn getrieben) wirres Zeug ab, zeigt uns seine fiesesten Grimassen, was will man mehr? Die sehr attraktive Dame namens Mirella Martin erfreut das Auge, leider kann man sie nur in diesem Film bewundern, sehr schade. Die Riege der Nebenfiguren erfüllt die gängigen Klischees, Angsthasen, schleimige und schmierige Aasgeier, verschlagene Mistkäfer.

Obwohl sich das Drehbuch nicht mit Einfallsreichtum bekleckert, die Figuren dem Genre keine neuen Impulse verleihen, ragt "Yankee" ein wenig aus der Masse hervor. Immer wieder gibt es kreative und effektive Kameraarbeit zu bestaunen, die dem Treiben eine ganz besondere Note verleiht. Da verzeihe ich gern das ein wenig holprig inszenierte Finale. Wer sich für den Italo-/Euro-Western interessiert, sollte sich die sehr gut gelungene DVD in die Sammlung stellen. Das Bild präsentiert sich in guter Verfassung, die immer wieder deutliche Körnung passt hervorragend zur Atmosphäre des Streifens. Als Boni gibt es Trailer und eine Bildergalerie zu sehen. "Yankee" ist als #2 der Koch Media Western Collection erschienen. Die Reihe hat es inzwischen auf stattliche 25 Titel gebracht, noch ist "Yankee" zum kleinen Preis erhältlich, also bitte schleunigst zugreifen!

7/10 (gut), kleiner Exotenbonus inklusive.

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"Über jeden Köter der krepiert... ...lacht eine Katze!"
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Arkadin
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Re: Yankee - Tinto Brass

Beitrag von Arkadin »

Ich habe den Film nicht so gut in Erinnerung. Hängen geblieben ist die intensive und durchaus inspirierte Farbgebung. Ansonsten fand ich den Film eher langweilig und bin bei der Sichtung immer wieder leicht weggenickt. Laut meinen Aufzeichnungen haben ich ihm dann 4/10 Punkten gegeben.
Danach drehte Brass dann ja den ziemlich durchknallt-knalligen Film-Comic "Col cuore in gola". Der gefiel mir weitaus besser.
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Slim Naughton
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Re: Yankee - Tinto Brass

Beitrag von Slim Naughton »

Ich fand den Streifen klasse: bei uns in den Top 15. Zwar gilt das jetzt weniger für die recht konventionelle Geschichte, doch die Fotografie ist spitze, der Schnitt ebenfalls ungewöhnlich und die Atmo schön rau. Dazu ist Adolfo Celi ein großartiger Schurke: Weirrrrd ;-). Nicht zu vergessen ist auch der Score.

@Master Blap: " Concho: „Concho hat nur einen Kompagnon: den Großen Concho!“ – Yankee: „Sind zwei nicht zu viel für zwei Hoden?“. Mein Lieblingszitat.
dr. freudstein
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Re: Yankee - Tinto Brass

Beitrag von dr. freudstein »

Der Film hat mir sehr gut gefallen.
Streckenweise ein bißchen zu oed geraten, wie Arky anmerkte, im Gesamten aber ein stimmungsvolles Werk voller Zitate, Lebensformeln wie es für einen IW/Euro Western üblich ist. Mir fehlt es aber an umfassenden Wissen, diesen Film mit anderen zu vergleichen oder Rückschlüße zu ziehen mit bis dato (1966) bereits erschienener Western. Die Geschichte ansich ist natürlich schon zig-hundert Mal geschrieben/verfilmt worden, das ist klar. Da mir das inhaltlich immer wieder aufs Neue gefällt, freue ich mich auf jede weitere Version. Italo-Western der üblichen Art mit ordentlichem spanischem, sehr dominierendem Einfluß und span./mex. Score, der gut zur Atmossphäre beiträgt, aber es gibt bessere.
Auch hier wird mal wieder gerne der Besuch beim Barbier dokumentiert.
Ein Mann ohne Namen, aufgrund seiner Herkunft lediglich Yankee genannt, kehrt in eine Stadt ein, die vom "Der große Concho" (auf den vollständigen Titel besteht der größenwahnsinnige, überhebliche Anführer) regiert wird. Schon beim Eintreffen stößt der Fremde auf 3 baumelnde Bürschchen, die der "Große Concho" zur Warnung aller als Dekoration in seiner Stadt aufknüpfen ließ. Yankee sagt diesem Verrückten den Kampf an, schaltet sehr schnell listig einnen Teil der loyalen Gefolgschaft das Lebenslicht aus. Im Laufe des Filmes hat er zwar nicht unentwegt Glück, was ja auch wieder in anderen (Anti) Helden Western immer wieder storymässig dokumentiert wird (um es dem Zuschauer nicht zu einfach zu machen), doch er rappelt sich auf und in einem finalem Showdown gewinnt natürlich die Gerechtigkeit.
Eine Filmtagebuch-Version folgt.... :wart:

sehr gut - 7,5/10


Orthografische Änderungen folgen, warte nur noch auf den Bux
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jogiwan
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Re: Yankee - Tinto Brass

Beitrag von jogiwan »

Ein ambitionierter Kopfgeldjäger, der wegen seiner Herkunft von allen nur Yankee genannt wird, kommt eines Tages in ein Dorf an der mexikanischen Grenze, in dem der sogenannte "große Concho" mit seinem treuen Gefolge eine Art Gangster-Dikatur aufgebaut hat. Als der Yankee mit dem "großen Concho" in dessen zur Galerie umfunktionierten Gangster-Zentrale zusammenkommt, macht er diesem unmißverständlich klar, dass er am Kopfgeld seiner Getreuen großes interesse hat. Dafür wird er zuerst vor versammelten Mannschaft noch belächelt und als er seine Drohung wahr macht, allerlei Baddies von Conchos Gefolge unter die Erde bringt und auch noch mit die dralle Braut des Obergangsters entführt, platzt diesem der Kragen und es kommt zu einem mehrstündigen Finale...

Tja, Tinto Brass - Italiens Russ Meyer - ist ja eher wegen seiner erotischen Tittenfilme, als für seine Western bekannt und wenn man sich "Yankee" ansieht, verwundert das kaum. Die Story fand ich ja ziemlich mau, die Dialoge so hölzern wie der Saloon und irgendwelche tiefergehende Charakterisierung findet ja gleich gar nicht statt. Die Figuren sind allesamt eindimensional und es wird abwechselnd geritten, blöd gequatscht und geschossen, bevor die Szenerie wieder von Neuem beginnt und sich dann bis zum Finale ständig wiederholt. Dabei wäre "Yankee" von den Bildern her gar nicht mal so schlecht und irgendwie kommt der Streifen teils mit netten Einfällen, Pop-Art-Touch und ungewöhnlichen Kamera-Perspektiven daher - aber vom Hocker reißt mich das alles nicht... 3-4/10
it´s fun to stay at the YMCA!!!



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dr. freudstein
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Re: Yankee - Tinto Brass

Beitrag von dr. freudstein »

Er hats getan, dafür Glückwunsch :o :shock: :prost:

uuuund jeeeeetzt:

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Die Kroete
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Re: Yankee - Tinto Brass

Beitrag von Die Kroete »

Ich glaube kaum, daß "Yankee" sich besonders gut für Einsteiger eignet. Für Leute, die sich von mindestens mal 15 Italo-Western begeistern lassen, bietet der Film eine gewisse Affinität. Brass ist es zwar gelungen, mit seinem einzigen Genre Beitrag, eine Besonderheit zu schaffen, aber wahrlich überzeugen kann dieser Film leider nicht.
Dazu fehlt es irgendwie an Tempo, Spannung und den richtigen Darstellern. Ich persönlich mag den Film, wegen seiner dichten Atmosphäre und gerade deshalb weil er sich durch seine philosophischen Betrachtungsweise von anderen Beiträgen unterscheidet. Empfehlen würde ich den, außerhalb der eingefleischten Fan-Gemeinschaft, jedoch keinem. :roll:
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Arkadin
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Re: Yankee - Tinto Brass

Beitrag von Arkadin »

Hatte den schon mal gesehen, aber bei erneuter Sichtung der DVD fiel mir auf, dass ich mich an NULL erinnern konnte. Seltsam. Okayer Western mit einigen netten Kameraexperimenten und bestens aufgelegten Darstellern. Für einen Brass aber zu wenig Titten und Ärsche :mrgreen:

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jogiwan
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Re: Yankee - Tinto Brass

Beitrag von jogiwan »

Arkadin hat geschrieben:Lieblings-Plot-Keyword in der IMDb: Bare Chested Male Fighting
:jogi:
it´s fun to stay at the YMCA!!!



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Arkadin
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Re: Yankee - Tinto Brass

Beitrag von Arkadin »

Ein, von allen nur “Yankee” genannter, Revolverheld (Philippe Leroy) legt sich an der mexikanischen Grenze mit dem gefürchteten Concho (Adolfo Celi) an. Er macht dem Banditenboss den Vorschlag, dass dieser ihm seine Bande ausliefern solle und sie sich das Kopfgeld teilen. Natürlich geht Concho nicht darauf ein und muss bald erleben, wie der „Yankee“ seine Bande empfindlich dezimiert. Das schreit natürlich nach Rache.

Philipp Leroy ist eine etwas seltsame Wahl für die Hauptrolle in einem Italo-Western. Ähnlich wie Humphrey Bogart oder James Cagney ist er zwar toll in Gangsterfilmen, wirkt aber in einer Western-Umgebung in erster Linie verkleidet und damit fehl am Platz. In dem vorliegenden Fall kommt noch erschwerend hinzu, dass seine Figur nicht stringent gezeichnet ist. Anfangs als geheimnisvoller Fremder etabliert, der unter der Krempe seines Cowboy-Hutes kaum zu sehen ist, später erinnert er dann eher an die schlitzohrigen, athletischen Helden, die Errol Flynn oder Douglas Fairbanks verkörperten.

Für Regisseur Tinto Brass sollte „Yankee“ der einzige Western seiner Karriere bleiben, die er mit seinen Pop-Art-Comic-Dramen, wie dem unmittelbar nach „Yankee“ entstandenen „Ich bin wie ich bin“, zu einem ersten Höhepunkt führte. Später wurde er mit seinen freizügigen Epen wie „Salon Kitty“ und vor allem „Caligula“ (den ich immer gerne als den „Citzen Kane des Sleaze-Films” bezeichne) berühmt-berüchtigt, bevor er sich dann ab Mitte der 80er ganz auf den Erotikbereich festlegte. Allgemein wird Brass häufig mit dem großen Russ Meyer (dessen einziger Western eine burleske Parodie war) verglichen. Von Meyer übernahm er u.a. die blitzschnellen Schnitte auf Detailaufnahmen, die dem Film eine an Musikvideos erinnernde Dynamik geben. „Yankee“ kann also durchaus als eine erste Fingerübung für die Dinge, die da noch kommen sollten, angesehen werden. In „Ich bin wie ich bin“ wird er diese Technik dann bis zum Exzess verwenden. Auch spielt Brass in “Yankee” bereits ausgiebig mit Farbe und Licht, was er später ebenfalls perfektionieren sollte.

Leider ist „Yankee“ aber tatsächlich nur eine erste Vorstudie späterer Brass-Werke, denn den überwiegenden Teil der Spielzeit über inszeniert Brass seinen „Yankee“ doch eher konventionell. Die Geschichte gibt auch nicht so viel her, sondern wirkt wie ein langgezogener Showdown. Es geht mal hier-, mal dorthin, was zwar nie langweilig ist, aber auch keine besondere Tiefe oder Dramatik entwickelt. Adolfo Celi gibt inbrünstig den Fernando-Sancho-Ersatz, wirkt dabei aber nicht so, als ob er das Ganze sonderlich ernst nehmen würde. Interessant wie wenig Brass aus der weiblichen Hauptrolle macht. Das pralle Dekolleté einer Saloon-Dame ist weitaus liebevoller in Szene gesetzt, als Mirella Martin, die Conchos Geliebte spielt. „Yankee“ zählt zwar nicht unbedingt zu den Höhepunkten des Italo-Westerns, hat aber auch einige schöne und einfallsreich inszenierte Szenen. In erster Linie dürfte der Film vor allem für Tinto-Brass-Fan als frühe Fingerübung des Meisters interessant sein.

“Yankee“ lief 2007 in Venedig in der von Quentin Tarantino zusammengestellten Retrospektive. Die Bildqualität ist gut bis sehr gut und die Farben kräftig. Der Ton liegt auf Deutsch und Italienisch vor, mit deutschen und englischen Untertiteln. Das Bonus-Material ist enttäuschend, insbesondere, wenn man sich die üppige Ausstattung der anderen “Western Unchained”-Veröffentlichungen ansieht. Es finden sich hier gerade einmal ein deutscher und ein italienischer Trailer, und eine Bilder-Galerie. “Yankee” ist ein Repack der zweiten Scheibe aus der 2007 gestarteten “Western Collection” von Koch.

Screenshots: http://www.filmforum-bremen.de/2013/03/ ... ne-dollar/
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