Eine Pistole für Ringo - Duccio Tessari (1965)
Moderator: jogiwan
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Eine Pistole für Ringo - Duccio Tessari (1965)
Koch Media (Western Collection Nr.12)
Originaltitel: Una pistola per Ringo
Herstellungsland: Italien / Spanien 1965
Regie: Duccio Tessari
Darsteller: Giuliano Gemma, Fernando Sancho, Lorella De Luca, Nieves Navarro, Antonio Casas, José Manuel Martín, George Martin u.A.
Story:
Ringo (Giuliano Gemma) - genannt "Engelsgesicht" - ist im Grenzgebiet nach Mexiko als Meisterschütze bekannt. Nachdem er sich gegen vier bewaffnete Männer zur Wehr gesetzt hat, sperrt ihn der Sheriff hinter Gitter. Zur gleichen Zeit rauben mexikanische Banditen unter Führung von Sancho (Fernando Sancho) die Bank der Stadt aus und verschanzen sich auf der Ranch von Major Clyde (Antonio Casas). Der Sheriff bietet Ringo eine Prämie und die Freiheit, wenn er sich unbewaffnet in die Bande einschleicht und die Geiseln befreit. Doch Ringo spielt mal wieder viel lieber sein eigenes Spiel!
(Covertext)
Originaltitel: Una pistola per Ringo
Herstellungsland: Italien / Spanien 1965
Regie: Duccio Tessari
Darsteller: Giuliano Gemma, Fernando Sancho, Lorella De Luca, Nieves Navarro, Antonio Casas, José Manuel Martín, George Martin u.A.
Story:
Ringo (Giuliano Gemma) - genannt "Engelsgesicht" - ist im Grenzgebiet nach Mexiko als Meisterschütze bekannt. Nachdem er sich gegen vier bewaffnete Männer zur Wehr gesetzt hat, sperrt ihn der Sheriff hinter Gitter. Zur gleichen Zeit rauben mexikanische Banditen unter Führung von Sancho (Fernando Sancho) die Bank der Stadt aus und verschanzen sich auf der Ranch von Major Clyde (Antonio Casas). Der Sheriff bietet Ringo eine Prämie und die Freiheit, wenn er sich unbewaffnet in die Bande einschleicht und die Geiseln befreit. Doch Ringo spielt mal wieder viel lieber sein eigenes Spiel!
(Covertext)
- sid.vicious
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Re: Eine Pistole für Ringo - Duccio Tessari
Herrlicher Italo Western aus dem jahre 1965. Tessari mischt klassische Element des US Westerns mit
Härte und Wortwitz des Italo Western.
Eine Pistole für Ringo hat zwar nur eine kleine Story zu bieten, welche allerdings brillant umgesetzt wird. Das
schöne an der deutschen Synchro: sie vermittelt einen netten Humor, der sich weit von der Spencer /
Hill Klamauk Synchro distanziert. Der Film weist eine sehr schöne Optik auf, bei der es einfach Spaß macht
sich diesen anzusehen.
Zu der Zeit war es in Italien üblich sich US Pseudonyme zuzulegen, also nannte sich Giuliano Gemma für
die Credits Montgomery Woods.
Im Punkto Italo-Western redet Jeder immer von Corbuccis Django und Leichen pflastern seine Weg oder
auch von den Leone Filmen, Eine Pistole für Ringo wird leider viel zu selten erwähnt.
Härte und Wortwitz des Italo Western.
Eine Pistole für Ringo hat zwar nur eine kleine Story zu bieten, welche allerdings brillant umgesetzt wird. Das
schöne an der deutschen Synchro: sie vermittelt einen netten Humor, der sich weit von der Spencer /
Hill Klamauk Synchro distanziert. Der Film weist eine sehr schöne Optik auf, bei der es einfach Spaß macht
sich diesen anzusehen.
Zu der Zeit war es in Italien üblich sich US Pseudonyme zuzulegen, also nannte sich Giuliano Gemma für
die Credits Montgomery Woods.
Im Punkto Italo-Western redet Jeder immer von Corbuccis Django und Leichen pflastern seine Weg oder
auch von den Leone Filmen, Eine Pistole für Ringo wird leider viel zu selten erwähnt.
Re: Eine Pistole für Ringo - Duccio Tessari
"Eine Pistole.." mochte ich auch sehr gerne. Aber als Meisterwerk würde ich ihn nicht bezeichnen. Eine guter, sehr unterhaltsamer Western mit einem tollen Soundtrack und ganz viel Piff-paff. Aber von der Klasse der oben erwähnten Filme doch eine Schussweite entfernt.sid.vicious hat geschrieben: Im Punkto Italo-Western redet Jeder immer von Corbuccis Django und Leichen pflastern seine Weg oder
auch von den Leone Filmen, Eine Pistole für Ringo wird leider viel zu selten erwähnt.
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Re: Eine Pistole für Ringo - Duccio Tessari
Gehört für mich auch zu den Topfilmen des Genres.
Geniale Story mit spannenden Wendungen, tolle Schauspieler (Sanchez als Banditenboss ist eine absolute Wucht) und diesmal gibt es sogar 2 wichtige Frauenrollen
Sicher kein typischer Italowestern, aber ein hervorragender Mix aus klassischem und Italowestern.
Geniale Story mit spannenden Wendungen, tolle Schauspieler (Sanchez als Banditenboss ist eine absolute Wucht) und diesmal gibt es sogar 2 wichtige Frauenrollen
Sicher kein typischer Italowestern, aber ein hervorragender Mix aus klassischem und Italowestern.
- sid.vicious
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Re: Eine Pistole für Ringo - Duccio Tessari
...und alle Darsteller sehen wir in anderen Rollen (Ausnahme Gemma) in Ringos Rückkehr wieder.
Re: Eine Pistole für Ringo - Duccio Tessari
Den ich übrigens noch für einen Tick besser halte.sid.vicious hat geschrieben:...und alle Darsteller sehen wir in anderen Rollen (Ausnahme Gemma) in Ringos Rückkehr wieder.
Gemmas Charakter hat da zwar den gleichen Namen, aber ansonsten unterscheiden sich die beiden Ringos doch so gewaltig, dass ich jetzt nicht sagen würde, dass das die gleiche Rolle ist.
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- sid.vicious
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Re: Eine Pistole für Ringo - Duccio Tessari
...und auch hier wieder ein brillanter Titelsong von Maurizio Graf oder Graf Maurizio oder wie auch immer.
- buxtebrawler
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Re: Eine Pistole für Ringo - Duccio Tessari
„Eine Pistole! Ein Leben für eine Pistole!“
Die italienisch-spanische Koproduktion „Eine Pistole für Ringo“ ist nicht irgendein Italo-Western, sondern die erste Regie-Arbeit in diesem Bereich des Regisseurs Duccio Tessari („Tödlicher Hass“), der zuvor bereits am Drehbuch von Sergio Leones „Für eine Handvoll Dollar“ mitschrieb und diesen Film, der Giuliano Gemma („Der Tod ritt Dienstags“) als Genrestar etablierte (damals noch unter seinem Pseudonym Montgomery Wood), nur ein Jahr später, also 1965, veröffentlichte.
Im US-amerikanisch-mexikanischen Grenzgebiet wird der „Engelsgesicht“ genannte Meisterschütze Ringo wieder einmal verhaftet. Er soll wegen Mordes angeklagt werden, doch er beteuert, dass es Notwehr gewesen sei – wie üblich. Als jedoch eine brutale mexikanische Bande die Bank ausraubt und sich auf der Flucht auf der Ranch Major Clydes (Antonio Casas, „The Good, the Bad and the Ugly“) verschanzt, den sie mitsamt seiner Tochter und aller Bauern als Geiseln nehmen, lässt der Sheriff (George Martin, „Lanky Fellow - Der einsame Rächer“) das Gebiet umzingeln und hat nun die Wahl, tatenlos zuzusehen, wie Gangsterboss Sancho (Fernando Sancho, „Die Rückkehr der reitenden Leichen“) eine Geisel nach der anderen kaltblütig umbringt oder auf die Nationalgarde zu warten, die blindlings alles – egal, ob Freund oder Feind – über den Haufen schießen würde, nur um das geraubte Geld zurückzubekommen. Schließlich bittet er Ringo die Freiheit und 30% der Beute an, wenn er sich erfolgreich bei den Gangstern einschleicht und die Geiseln befreit. Seine Pistole bekommt Ringo jedoch nicht wieder...
Am Genre-Frühwerk „Eine Pistole für Ringo“ merkt man, dass die Genrecharakteristika im Jahre 1965 noch nicht so festgezurrt und auf schweigsame, abgeklärte, dreckige Kopfgeldjäger oder Rächer fokussiert waren. Tessari macht sich einen großen Spaß daraus, klassische US-Western-Elemente aufzugreifen, mit ihnen zu spielen, sie ins Gegenteil zu verkehren oder ironisch mit ihnen zu brechen. Gleichzeitig macht Tessari deutlich, dass wenig heldenhaft der schnöde Mammon an erster Stelle steht, jeder sich selbst der Nächste und ein Menschenleben nicht viel Wert ist. Der ehemalige Stuntman und „italienische Burt Lancaster“ Giuliano Gemma spielt mit viel Athletik seine Rolle als Ringo, der es spitzbübisch faustdick hinter den Ohren hat. Berüchtigt als schneller Schütze hat er bereits viele Kerben auf seinem Revolver, konnte jedoch immer wieder auf Notwehr plädieren und ungeschoren davonkommen. Gemmas gepflegtes Äußeres versucht man gar nicht erst, durch Staub, Schweiß und Dreck zu verdecken; er ist ein Strahlemann, glattrasiert und in sauberer Kleidung, ein supercooler, souveräner Sprücheklopfer und Revolverheld, den nichts aus der Ruhe bringt – womit er sicherlich Pate stand für spätere Genrerollen Terence Hills. Intelligent und verschlagen nimmt er gerne Herausforderungen an, wenn für ihn ordentlich etwas dabei herausspringt. Ähnlich wie Clint Eastwood als namenloser Fremder in „Für eine Handvoll Dollar“ spielt er ein doppeltes Spiel, indem er sich das Vertrauen von Sancho und dessen Bande erschleicht, um am Ende als lachender Gewinner dazustehen.
Sein Gegenspieler Sancho ist ein fieser Mexikaner, wie er im Bilderbuch steht. Mit überdimensionalem Sombrero, Schnauzbart, Hinterlist, ständigem Misstrauen und ohne jedes Gewissen hat er stets den Finger am Abzug und fackelt nicht lange, einen nach dem anderen kaltblütig und sadistisch über die Klinge springen zu lassen – egal ob Freund oder Feind: „Du Bursche redest mir zu schlau, um länger zu mir zu gehören!“ Der Sheriff ist ein Saubermann und typischer US-Western-Verschnitt, dem allerdings in vielerlei Hinsicht die Hände gebunden sind. Obwohl der Film zur Weihnachtszeit spielt und voller Anspielungen auf das christliche Weihnachtsmärchen steckt, gibt es bereits nach 15 Minuten unheimlich viele Tote zu beklagen, jagt den gesamten Film über eine Erschießung die nächste. Dem gegenüber stehen scharfzüngige Dialoge mit viel Humor, eine komische Nebenrolle in Form des Sheriffgehilfen und die bereits angesprochene Ironie. Wenn formelhaft Law-and-Order-Politik vertreten und die Macht des Colts beschworen wird, weiß man nie, wie ernst oder aber überspitzt-karikierend das gemeint ist, eine Art „Running Gag“ ist das Pochen des käuflichen Ringos auf seine Prinzipien: „Es ist eine Frage des Prinzips!“
Die zunächst so klischeehaft wirkenden Nebenrollen entwickeln im Laufe der Handlung zahlreiche unvorhergesehene Wendungen, die die ursprüngliche Ordnung nicht nur durch den Banditenüberfall zerrütten: Da bändelt der saubere, verwitwete Rancher mit der rassigen Gangsterbraut Sanchos an, bis schließlich ein Umdenken bei ihr einsetzt. Dies wiederum geschieht zum Leidwesen der Ranchertochter, die mit dem Sheriff liiert ist, jedoch Sympathien für Ringo zu entdecken scheint. Irrungen und Wirrungen sind vorprogrammiert. Selbstverständlich gerät auch Ringo irgendwann kräftig in die Bredouille und neigt zu auf den ersten Blick nur schwer nachzuvollziehenden Entscheidungen, beispielsweise unter Folter und Todesandrohung seine Forderungen zu erhöhen. Diese hochgradig vergnügliche Unvorhersehbarkeit bei dennoch erahnbarem finalem Ausgang ersetzt zu größeren Teilen heutzutage als klassisch verstandenen Italo-Western-Spannungsaufbau, auf den man ebenso weitestgehend verzichtete wie auf das genretypische Pathos. Für letzteres bleibt auch kaum Zeit, zu actionreich schreitet der Film voran und hat neben Schießereien auch einige tolle Choreographien zu bieten – allein schon, weil Ringo lange Zeit ohne Schießeisen auskommen muss –, für die Gemma kein Double benötigte. Obwohl sich sehr viele Szenen im inneren des Ranch-Anwesens abspielen, bekommt man dennoch herrliche, weitläufige Landschaftsaufnahmen geboten, zu denen die wunderschöne Musik Ennio Morricones erklingt.
Mit einem Übermaß an Spielfreude geht Gemma in seiner Rolle auf, während Fernando Sancho den besten Kontrast darstellt, den man sich nur vorstellen kann. Voller Inbrunst gibt dieser den mexikanischen Fiesling und scheint geboren für die Rolle. Lorella De Luca („Puppe mit Pfiff“) als Rancher-Tochter Ruby wiederum ist die grundgute, kein Wässerchen trüben könnende Reinheit vom Lande und damit das exakte Gegenteil von Sancho-Braut Dolores, gespielt von Nieves Navarro („Nackt unter Kannibalen“), bis sich die Vorzeichen ändern und die Karten neu gemischt werden. Kurzum: Dieser Streifen wurde großartig besetzt. Alles in allem ist Duccio Tessaris „Eine Pistole für Ringo“ ein hochinteressanter, früher Italo-Western, der auch heute noch als höchst unterhaltsame, ungewöhnliche Genreproduktion erscheint, wenngleich zarteren Gemütern der selbstverständliche, höchst zynische und dabei unerhört humorvolle Umgang mit dem massenhaften Ableben Unschuldiger sauer aufstoßen könnte. Ich persönlich bevorzuge letztlich dann doch die auch visuell schmutzigeren, staubigeren Genrevertreter, idealerweise in Kombination mit dem Anspruch eines Leones, Sollimas oder Corbuccis. Als willkommene Abwechslung lasse ich mir eine so tollkühne Sause wie diese aber sehr gerne schmecken und gebe in Anbetracht der übermächtigen Genrekollegen hochverdiente 7,5/10 Punkten.
P.S. Ob „Die Ärzte“ den milchtrinkenden Ringo beim Komponieren ihres Klassikers „Vollmilch“ im Hinterkopf hatten...?
Die italienisch-spanische Koproduktion „Eine Pistole für Ringo“ ist nicht irgendein Italo-Western, sondern die erste Regie-Arbeit in diesem Bereich des Regisseurs Duccio Tessari („Tödlicher Hass“), der zuvor bereits am Drehbuch von Sergio Leones „Für eine Handvoll Dollar“ mitschrieb und diesen Film, der Giuliano Gemma („Der Tod ritt Dienstags“) als Genrestar etablierte (damals noch unter seinem Pseudonym Montgomery Wood), nur ein Jahr später, also 1965, veröffentlichte.
Im US-amerikanisch-mexikanischen Grenzgebiet wird der „Engelsgesicht“ genannte Meisterschütze Ringo wieder einmal verhaftet. Er soll wegen Mordes angeklagt werden, doch er beteuert, dass es Notwehr gewesen sei – wie üblich. Als jedoch eine brutale mexikanische Bande die Bank ausraubt und sich auf der Flucht auf der Ranch Major Clydes (Antonio Casas, „The Good, the Bad and the Ugly“) verschanzt, den sie mitsamt seiner Tochter und aller Bauern als Geiseln nehmen, lässt der Sheriff (George Martin, „Lanky Fellow - Der einsame Rächer“) das Gebiet umzingeln und hat nun die Wahl, tatenlos zuzusehen, wie Gangsterboss Sancho (Fernando Sancho, „Die Rückkehr der reitenden Leichen“) eine Geisel nach der anderen kaltblütig umbringt oder auf die Nationalgarde zu warten, die blindlings alles – egal, ob Freund oder Feind – über den Haufen schießen würde, nur um das geraubte Geld zurückzubekommen. Schließlich bittet er Ringo die Freiheit und 30% der Beute an, wenn er sich erfolgreich bei den Gangstern einschleicht und die Geiseln befreit. Seine Pistole bekommt Ringo jedoch nicht wieder...
Am Genre-Frühwerk „Eine Pistole für Ringo“ merkt man, dass die Genrecharakteristika im Jahre 1965 noch nicht so festgezurrt und auf schweigsame, abgeklärte, dreckige Kopfgeldjäger oder Rächer fokussiert waren. Tessari macht sich einen großen Spaß daraus, klassische US-Western-Elemente aufzugreifen, mit ihnen zu spielen, sie ins Gegenteil zu verkehren oder ironisch mit ihnen zu brechen. Gleichzeitig macht Tessari deutlich, dass wenig heldenhaft der schnöde Mammon an erster Stelle steht, jeder sich selbst der Nächste und ein Menschenleben nicht viel Wert ist. Der ehemalige Stuntman und „italienische Burt Lancaster“ Giuliano Gemma spielt mit viel Athletik seine Rolle als Ringo, der es spitzbübisch faustdick hinter den Ohren hat. Berüchtigt als schneller Schütze hat er bereits viele Kerben auf seinem Revolver, konnte jedoch immer wieder auf Notwehr plädieren und ungeschoren davonkommen. Gemmas gepflegtes Äußeres versucht man gar nicht erst, durch Staub, Schweiß und Dreck zu verdecken; er ist ein Strahlemann, glattrasiert und in sauberer Kleidung, ein supercooler, souveräner Sprücheklopfer und Revolverheld, den nichts aus der Ruhe bringt – womit er sicherlich Pate stand für spätere Genrerollen Terence Hills. Intelligent und verschlagen nimmt er gerne Herausforderungen an, wenn für ihn ordentlich etwas dabei herausspringt. Ähnlich wie Clint Eastwood als namenloser Fremder in „Für eine Handvoll Dollar“ spielt er ein doppeltes Spiel, indem er sich das Vertrauen von Sancho und dessen Bande erschleicht, um am Ende als lachender Gewinner dazustehen.
Sein Gegenspieler Sancho ist ein fieser Mexikaner, wie er im Bilderbuch steht. Mit überdimensionalem Sombrero, Schnauzbart, Hinterlist, ständigem Misstrauen und ohne jedes Gewissen hat er stets den Finger am Abzug und fackelt nicht lange, einen nach dem anderen kaltblütig und sadistisch über die Klinge springen zu lassen – egal ob Freund oder Feind: „Du Bursche redest mir zu schlau, um länger zu mir zu gehören!“ Der Sheriff ist ein Saubermann und typischer US-Western-Verschnitt, dem allerdings in vielerlei Hinsicht die Hände gebunden sind. Obwohl der Film zur Weihnachtszeit spielt und voller Anspielungen auf das christliche Weihnachtsmärchen steckt, gibt es bereits nach 15 Minuten unheimlich viele Tote zu beklagen, jagt den gesamten Film über eine Erschießung die nächste. Dem gegenüber stehen scharfzüngige Dialoge mit viel Humor, eine komische Nebenrolle in Form des Sheriffgehilfen und die bereits angesprochene Ironie. Wenn formelhaft Law-and-Order-Politik vertreten und die Macht des Colts beschworen wird, weiß man nie, wie ernst oder aber überspitzt-karikierend das gemeint ist, eine Art „Running Gag“ ist das Pochen des käuflichen Ringos auf seine Prinzipien: „Es ist eine Frage des Prinzips!“
Die zunächst so klischeehaft wirkenden Nebenrollen entwickeln im Laufe der Handlung zahlreiche unvorhergesehene Wendungen, die die ursprüngliche Ordnung nicht nur durch den Banditenüberfall zerrütten: Da bändelt der saubere, verwitwete Rancher mit der rassigen Gangsterbraut Sanchos an, bis schließlich ein Umdenken bei ihr einsetzt. Dies wiederum geschieht zum Leidwesen der Ranchertochter, die mit dem Sheriff liiert ist, jedoch Sympathien für Ringo zu entdecken scheint. Irrungen und Wirrungen sind vorprogrammiert. Selbstverständlich gerät auch Ringo irgendwann kräftig in die Bredouille und neigt zu auf den ersten Blick nur schwer nachzuvollziehenden Entscheidungen, beispielsweise unter Folter und Todesandrohung seine Forderungen zu erhöhen. Diese hochgradig vergnügliche Unvorhersehbarkeit bei dennoch erahnbarem finalem Ausgang ersetzt zu größeren Teilen heutzutage als klassisch verstandenen Italo-Western-Spannungsaufbau, auf den man ebenso weitestgehend verzichtete wie auf das genretypische Pathos. Für letzteres bleibt auch kaum Zeit, zu actionreich schreitet der Film voran und hat neben Schießereien auch einige tolle Choreographien zu bieten – allein schon, weil Ringo lange Zeit ohne Schießeisen auskommen muss –, für die Gemma kein Double benötigte. Obwohl sich sehr viele Szenen im inneren des Ranch-Anwesens abspielen, bekommt man dennoch herrliche, weitläufige Landschaftsaufnahmen geboten, zu denen die wunderschöne Musik Ennio Morricones erklingt.
Mit einem Übermaß an Spielfreude geht Gemma in seiner Rolle auf, während Fernando Sancho den besten Kontrast darstellt, den man sich nur vorstellen kann. Voller Inbrunst gibt dieser den mexikanischen Fiesling und scheint geboren für die Rolle. Lorella De Luca („Puppe mit Pfiff“) als Rancher-Tochter Ruby wiederum ist die grundgute, kein Wässerchen trüben könnende Reinheit vom Lande und damit das exakte Gegenteil von Sancho-Braut Dolores, gespielt von Nieves Navarro („Nackt unter Kannibalen“), bis sich die Vorzeichen ändern und die Karten neu gemischt werden. Kurzum: Dieser Streifen wurde großartig besetzt. Alles in allem ist Duccio Tessaris „Eine Pistole für Ringo“ ein hochinteressanter, früher Italo-Western, der auch heute noch als höchst unterhaltsame, ungewöhnliche Genreproduktion erscheint, wenngleich zarteren Gemütern der selbstverständliche, höchst zynische und dabei unerhört humorvolle Umgang mit dem massenhaften Ableben Unschuldiger sauer aufstoßen könnte. Ich persönlich bevorzuge letztlich dann doch die auch visuell schmutzigeren, staubigeren Genrevertreter, idealerweise in Kombination mit dem Anspruch eines Leones, Sollimas oder Corbuccis. Als willkommene Abwechslung lasse ich mir eine so tollkühne Sause wie diese aber sehr gerne schmecken und gebe in Anbetracht der übermächtigen Genrekollegen hochverdiente 7,5/10 Punkten.
P.S. Ob „Die Ärzte“ den milchtrinkenden Ringo beim Komponieren ihres Klassikers „Vollmilch“ im Hinterkopf hatten...?
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!
Re: Eine Pistole für Ringo - Duccio Tessari
Ringo (Giuliano Gemma) – genannt “Engelsgesicht” – gerät im Grenzgebiet von Mexiko durch seine locker sitzende Pistole immer wieder in Schwierigkeiten und letztendlich hinter Gitter. Als mexikanische Banditen unter Führung von Sancho (Fernando Sancho) die Bank der Stadt ausrauben und sich anschließend auf der Ranch von Major Clyde (Antonio Casas) verschanzen, bittet der Sheriff Ringo um Hilfe. Dieser soll sich unbewaffnet bei der Bande einschleichen und die Geiseln befreien. Seine Belohnung: Eine dicke Prämie und die Freiheit. Ringo gelingt es, das Vertrauen Sanchos zu gewinnen, doch „Engelsgesicht“ scheint ein doppeltes Spiel zu treiben.
Duccio Tessari gehört zu den, der breiteren Masse eher unbekannteren Italo-Regisseuren. Ziemlich zu Unrecht, denn in vielen Genres hat er immer wieder mindestens solides Handwerk, häufig aber sogar weit mehr abgeliefert. Sei es jetzt im Giallo (“Blutspur im Park“, “Der Mann ohne Gedächtnis“), Gangsterfilm (“Der Bastard“) oder eben Italo-Western. Dort drehte er mit seinen beiden „Ringo“-Filmen gleich zwei überaus erfolgreiche Filme, die heute zu Recht zu den Klassikern des Genres zählen. Tatsächlich war „Eine Pistole für Ringo“ so populär, dass der Name “Ringo” erst einmal bei einigen anderen Italo-Western recycelt wurde, und wenn es auch nur auf dem deutschen Filmplakat war. Zumindest bis Herr Corbucci einen gewissen Django durch den Schlamm jagte.
Das wunderschöne, von Ennio Morricone komponierte und von Maurizio Graf geschmetterte, Titellied erzählt, dass „Ringo had an Angel Face“. Und das trifft es sehr gut, denn er wird von dem blutjungen, blond gefärbten Giuliano Gemma gespielt. Dessen unschuldig wirkendes Gesicht hat tatsächlich etwas Engelhaftes. Hier muss sich Gemma noch als „Montgomery Wood“ ausgeben, was aber nicht lange dauerte. Ab dem übernächsten Film durfte er unter eigenem Namen über die Prärie galoppieren. Gemma war vor seiner Schauspielkarriere Stuntman, was ihm in diesem Film des Öfteren zugutekommt, wenn er z.B. vom dahin preschenden Pferd abspringt oder bei Kämpfen tolldreiste Salti schlägt. Tessari fordert seinem Lieblingsdarsteller (die beiden sollten noch 8 weitere Filme zusammen drehen) das Äußerste an athletischen Turnübungen ab.
Neben Gemma gibt es eine Reihe weiterer beliebter und gern gesehener Darsteller aus der zweiten (Fernando Sanchez, die wunderschöne Nieves Navarro alias Susan Scott) oder dritten Reihe (Nazzareno Zamperla, José Manuel Martín). Als Sheriff besetzt Tessari George Martin in einer kleineren Rolle. Martin sollte dann später, in weitaus billigeren Western, noch zu Hauptrollen kommen. Dem Zuschauer wird einiges geboten: Die Pistolen sind fast niemals still. Ständig kommt es zu größeren oder kleinere Schießereien, oder es wird sich geprügelt. Mittendrin: Giuliano Gemma, der sowohl mit den Fäusten, als auch der Pistole eine sehr gute Figur abgibt, was ihn nach diesem Film sofort in die A-Liga der italienischen Stars katapultierte.
Auch die Geschichte, die an Filme wie „An einem Tag wie jeder andere“ erinnert, ist zügig und spannend inszeniert. Und tatsächlich fragt man sich mehr als einmal, wie es um Ringos Loyalität bestellt ist. Zudem werden die Nebenfiguren, wie z.B. der alte Major, lebendig gezeichnet und dienen nicht nur als Staffage. Rundum gute Unterhaltung, der bald mit den gleichen Schauspielern ein gänzlich anderer „Ringo“ folgen sollte.
Auf Tarantinos Top-20-Italo-Western nimmt “Eine Pistole für Ringo” den 12. Rang ein. Das Bild der DVD ist recht gut. Als Extra gibt es eine 21-minütige Doku namens „They Called Him Ringo“. Hier kommen Hauptdarstellerin Lorella de Luca – die mit Regisseur Ducci Tessari verheiratet war und daher viel über ihn berichten kann -, sowie Hauptdarsteller Giuliano Gemma zu Wort. Gemma erzählt dabei vor allem von den Anfängen seiner Filmkarriere.
Screenshots: http://www.filmforum-bremen.de/2013/03/ ... mt-zuruck/
Duccio Tessari gehört zu den, der breiteren Masse eher unbekannteren Italo-Regisseuren. Ziemlich zu Unrecht, denn in vielen Genres hat er immer wieder mindestens solides Handwerk, häufig aber sogar weit mehr abgeliefert. Sei es jetzt im Giallo (“Blutspur im Park“, “Der Mann ohne Gedächtnis“), Gangsterfilm (“Der Bastard“) oder eben Italo-Western. Dort drehte er mit seinen beiden „Ringo“-Filmen gleich zwei überaus erfolgreiche Filme, die heute zu Recht zu den Klassikern des Genres zählen. Tatsächlich war „Eine Pistole für Ringo“ so populär, dass der Name “Ringo” erst einmal bei einigen anderen Italo-Western recycelt wurde, und wenn es auch nur auf dem deutschen Filmplakat war. Zumindest bis Herr Corbucci einen gewissen Django durch den Schlamm jagte.
Das wunderschöne, von Ennio Morricone komponierte und von Maurizio Graf geschmetterte, Titellied erzählt, dass „Ringo had an Angel Face“. Und das trifft es sehr gut, denn er wird von dem blutjungen, blond gefärbten Giuliano Gemma gespielt. Dessen unschuldig wirkendes Gesicht hat tatsächlich etwas Engelhaftes. Hier muss sich Gemma noch als „Montgomery Wood“ ausgeben, was aber nicht lange dauerte. Ab dem übernächsten Film durfte er unter eigenem Namen über die Prärie galoppieren. Gemma war vor seiner Schauspielkarriere Stuntman, was ihm in diesem Film des Öfteren zugutekommt, wenn er z.B. vom dahin preschenden Pferd abspringt oder bei Kämpfen tolldreiste Salti schlägt. Tessari fordert seinem Lieblingsdarsteller (die beiden sollten noch 8 weitere Filme zusammen drehen) das Äußerste an athletischen Turnübungen ab.
Neben Gemma gibt es eine Reihe weiterer beliebter und gern gesehener Darsteller aus der zweiten (Fernando Sanchez, die wunderschöne Nieves Navarro alias Susan Scott) oder dritten Reihe (Nazzareno Zamperla, José Manuel Martín). Als Sheriff besetzt Tessari George Martin in einer kleineren Rolle. Martin sollte dann später, in weitaus billigeren Western, noch zu Hauptrollen kommen. Dem Zuschauer wird einiges geboten: Die Pistolen sind fast niemals still. Ständig kommt es zu größeren oder kleinere Schießereien, oder es wird sich geprügelt. Mittendrin: Giuliano Gemma, der sowohl mit den Fäusten, als auch der Pistole eine sehr gute Figur abgibt, was ihn nach diesem Film sofort in die A-Liga der italienischen Stars katapultierte.
Auch die Geschichte, die an Filme wie „An einem Tag wie jeder andere“ erinnert, ist zügig und spannend inszeniert. Und tatsächlich fragt man sich mehr als einmal, wie es um Ringos Loyalität bestellt ist. Zudem werden die Nebenfiguren, wie z.B. der alte Major, lebendig gezeichnet und dienen nicht nur als Staffage. Rundum gute Unterhaltung, der bald mit den gleichen Schauspielern ein gänzlich anderer „Ringo“ folgen sollte.
Auf Tarantinos Top-20-Italo-Western nimmt “Eine Pistole für Ringo” den 12. Rang ein. Das Bild der DVD ist recht gut. Als Extra gibt es eine 21-minütige Doku namens „They Called Him Ringo“. Hier kommen Hauptdarstellerin Lorella de Luca – die mit Regisseur Ducci Tessari verheiratet war und daher viel über ihn berichten kann -, sowie Hauptdarsteller Giuliano Gemma zu Wort. Gemma erzählt dabei vor allem von den Anfängen seiner Filmkarriere.
Screenshots: http://www.filmforum-bremen.de/2013/03/ ... mt-zuruck/
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