Angesichts des schönen Wetters heute [was für eine schweißtreibende Hitze!] habe ich zur Abkühlung einmal ein bisschen in diesem hübschen Büchlein geblättert, das einen eigentlich ganz guten Überblick über das deutsche Kino zwischen 1933 und 1945 gibt - obwohl freilich der Titel "Der NS-Film" suggeriert, dass die Panoramaschau wesentlich weiter greift als bis zum üblichen Spielfilmkanon, aus dem dann letztlich doch 99 Prozent der vorgestellten Filme rekrutiert werden, sprich, außer Riefenstahls "Olypmia" und Hipplers "Ewigem Juden" gibt es nichts zu entdecken aus den Sektoren "Kulturfilm", "Dokumentarfilm", "Kinderfilm", "Animationsfilm" usw. Was ist bspw. mit den hochinteressanten Produktionen, in denen Walter Ruttmann seine Avantgarde-Sensibilitäten in den Dienst der Rüstungsindustrie stellt wie DEUTSCHE PANZER (1940)?; was ist mit seltsamen Hybridformen zwischen Dokumentation und Fiktion wie der hymnisch-sakralen Ode auf den Deutschen Wald EWIGER WALD von 1936?; was ist mit einem beinahe lynchesquen Märchen-Delirium wie ROTKÄPPCHEN UND DER WOLF (1936), immerhin einer der ersten (Halb-)Farbfilme überhaupt?
Aber gut, wie bei jeder solcher Publikationen fehlt dem Konsumenten sowieso am Ende irgendetwas, was er für wichtig erachtet hätte. Ebenfalls gilt: Wie bei jeder solcher Publikationen, bei denen viele Köche mitmischen, ist der Brei eine eher heterogenen Mischung, alles in allem aber gut lesbar, und ohne großartigen Qualitätsschwankungen. Nun ja, bis auf einen Text Ivo Ritzers zu den beiden Luftwaffen-Materialschlachten JUNGE ADLER und STUKAS, bei dem ich tatsächlich Schwierigkeiten hatte, überhaupt inhaltlich zu verstehen, worauf der Autor nun eigentlich hinauswill. Vielleicht fehlen mir aber auch einfach die intellektuellen Kapazitäten für Passagen wie folgende:
"Zwar muss STUKAS stets vorzeigen, wovon der Film handelt, sein Dargestelltes produziert eine Affinität zur gegenständlichen Wirklichkeit der Historie. Darin aber geht der Film nicht auf. Seine Darstellung schafft durch Kamera und Schnitt eine eigene, neue Wirklichkeit: synthetische Zeichen des Kinos. Ein perverser erotischer Diskurs kennzeichnet diese Zeichen. Ein Diskurs des Knirschens und Knisterns, des Abgleitens und Abschweifens. Ein Diskurs der Wollust (des Verlusts), im Gegensatz zur Lust (der Beständigkeit)."
Oder:
"Der Fokus liegt am stärksten auf einzelnen Augenblicken statt auf der Schlüssigkeit des Gesamten. Die Aufmerksamkeit wendet sich dem ephemeren Ausschnitt zu, dem flüchtigen Moment. So gehen die Zeichen über in einen ,prunkvollen Rang' (Barthes) - jenseits von Kausalität, Kohärenz und Kontinuität."
Ich bin sicherlich der Letzte, der sich über Roland-Barthes-Zitate echauffiert - (wäre auch seltsam, wenn man meine Beiträge in diesem Forum mal daraufhin abklopft) -, aber, puh, in dem Zusammenhang wirkt das, zumal in dieser verkürzten, verschwurbelten Form, als habe der Autor vor allem im Blick gehabt, seine eigenen intellektuellen Kapazitäten zur Schau zu stellen. Einen Mehrwert kann ich nicht erkennen, und hätte ich den Film STUKAS nicht insgesamt zweimal gesehen, wüsste ich wahrscheinlich noch weniger, worauf der gute Mann hinausmöchte...