TV-Jahrbuch 1992
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TV-Jahrbuch 1992
TV-Jahrbuch 1992
ISBN: 3-8927779-07-5
Wie der Vorgänger zum Fernsehjahr 1991 erschien auch das TV-Jahrbuch 1992 in der Hamburger Verlagsgruppe Milchstraße, dem Verlag der renommierten „Cinema“-Zeitschrift und der damals noch jungen „TV Spielfilm“. Das Cover zeigt erstmals keine Action-Helden, sondern Joe Dantes „Gremlins“, und bei den Senderlogos ersetzte man Eins Plus durch den neuen Pay-TV-Sender Premiere. Der Umfang blieb mit rund 200 Seiten identisch.
Im Vorwort des im zweiten Halbjahr 1991 erschienenen Buchs weiß Chefredakteur Willy Loderhose: „Der Boom hält an!“ – und meint damit die hohe Frequenz an Spielfilmen im Fernsehen. Wie bereits ein Jahr zuvor erwähnt er mit dem Sender Premiere das damals noch junge Geschäftsmodell Pay-TV, und er kann voller Stolz verkünden, dass die „TV Spielfilm“ alle zwei Woche über eine Million Exemplare verkauft. Für diese wirbt dann auch erneut das Inhaltsverzeichnis, das eine etwas andere Aufteilung bietet: Der separate Erotikbereich wurde gestrichen.
Bevor es zum Herzstück dieses Bands geht, der Vorschau auf im Fernsehen laufende Spielfilme im Jahre 1992, verschafft TV-Spielfilm-Chefredakteur Christian Hellmann bereits einen groben Überblick und untermauert seine Einschätzung, dass die Anzahl der ausgestrahlten Filme weiter zunähme, mit einer konkreten Zahl: Das Publikum mit Kabelanschluss kann aus wöchentlich über 200 Filmen wählen. Mitverantwortlich ist der erst 1989 gegründete TV-Sender Pro7, der sein Hauptaugenmerk auf Spielfilme legte und seinen Marktanteil auf 8,1 Prozent hatte steigern können. Dass dieses Jahrbuch angesichts einer solchen Zahl keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann, versteht sich von selbst.
Wie gehabt lebt der Hauptteil des Buchs von seinen Filmvorstellungen und -kritiken mit schönen großen Bildern. Etwas überraschend ist es, dass man mit „Harry und Sally“ eröffnet, als handele es sich um einen der neuen Höhepunkte schlechthin – dabei war der Film bereits 1991 gelaufen und entsprechend im vorausgegangenen TV-Jahrbuch berücksichtigt worden. Allerdings hat man sich die Mühe gemacht, einen neuen Text zum Film zu verfassen. Unter den „Spielfilmen des Jahres“ finden sich darüber hinaus Titel wie „Stirb langsam II“, „Wie spät ist es?“, „Twins“, „Die letzte Versuchung Christi“ oder auch „Stille Tage in Clichy“ und „Nicht ohne meine Tochter“ sowie natürlich „Gremlins“. Und leider handelt es sich bei den Texten abermals um einen kruden Stilmix aus reinen Vorstellungen, sämtliche Handlung vorwegnehmenden Spoilern und mitunter bissigen Kritiken. Hier wäre eine einheitliche Linie wünschenswert gewesen. Ob einige dieser Texte zuvor bereits 1:1 in der „Cinema“ abgedruckt waren (wie noch in den vorausgegangenen Jahrbüchern der Fall), kann ich nicht beurteilen.
Die einzelnen Bestandteile diverser Filmreihen wie der der Monty-Python- und Romy-Schneider-Filme auf Tele5, der ARD-Sommerthriller oder der William-Powell-, Nick-Nolte-, Robert-Mitchum-, Volker-Schlöndorff und Robert-van-Ackeren-Reihen ebendort werden knapper abgehandelt, gehen dafür aber mit einigen – durchaus kritischen – filmübergreifenden Informationen und Meinungen einher. Besonders interessant dürften die „Schwule Filme“-Reihe auf 3Sat sowie der John-Carpenter-Kanon im ZDF (!) gewesen sein. Weitere Filmausstrahlungen werden nach Sender sortiert in den „Kurz belichtet“-Übersichten angerissen, einige, insbesondere weitere eigentlich interessante Reihen wie Blake Edwards auf Pro7 oder Curd Jürgens sowie polnische ’80er-Filme auf 3Sat finden leider nur noch ohne jegliche Begleitinformation in Listenform statt, und erneut trifft es diesbezüglich Tele5 besonders hart. Schade, denn ich hätte gern gelesen, was das TV-Jahrbuch über Filme wie „Als die Frauen noch Schwänze hatten“, „Bitterer Reis“, „Brennender Tod“, „Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert“ oder „Der große Blonde mit dem blauen Auge“ geschrieben hätte. Zusammenfassend lässt sich jedoch sagen, dass die Spielfilme der 1980er nach wie vor das TV-Programm beherrschten, wenngleich in Hellmanns Vorwort zu lesen war, dass Abstände zwischen Kino- und Fernsehauswertung immer kürzer würden.
Unter „Service“ werden die übrigen Buchkapitel, die zusammen ein Viertel ausmachen, zusammengefasst. Einleitend schwärmt Redakteur Michael Schrödner von den teuren Produktionen, die die Zuschauerinnen und Zuschauer 1992 erwarten dürfen: „Der große Bellheim“, die olympischen Sommerspiele, die Fußball-Bundesliga usw. Kurioserweise erwähnt er darunter auch „Marienhof“ (O-Ton: „eine neue ,Lindenstraße’“), empfiehlt abschließend aber dennoch, ab und zu ein gutes Buch zur Hand zu nehmen. Der Serienteil liest sich mit ausführlichen Berichten zu genanntem „Bellheim“ und dem „Marienhof“, Götz George in „Marlock“ (peinlicherweise in der Überschrift (!) „Bartok“ genannt), der Zeichentrickserie „Clever & Smart“ auf Tele5 oder der völlig in Vergessenheit geratenen Pro7-„Traumschiff“-Konkurrenz „Glückliche Reise“ (in der Luft) recht interessant – insbesondere der letzte Artikel „Gottschalk täglich“, mutmaßlich aus der Verlegenheit heraus, eine Late-Night-Show richtig zuordnen zu können, unter „Serien“ einsortiert. Zwei Seiten lang werden die Leserinnen und Leser auf Gottschalks erste tägliche Late-Night-Show auf RTL plus vorbereitet und bekommen das in Deutschland bis dahin weitestgehend unbekannte Konzept erklärt. Das ist wahrlich Fernsehgeschichte.
Das Kapitel „Stars“ porträtiert zeitgenössische beliebte oder auch polarisierende TV-Gesichter wie Hape Kerkeling, Nina Hagen (!), Ulrich Wickert, Kristiane Backer, Hans Hermann Weyer, Martin Lüttge, Lea Rosh, Susanne Holst, good old Rudi Carrell, Marcel Reich-Ranicki und Harald Schmidt (damals noch kein Late-Night-Host, sondern „Nachwuchstalent“). Zugegeben: Ziemlich willkürlich erscheint diese Auswahl schon. Manch bedauerlichen Todesfall ruft das „In Memoriam“-Kapitel ins Gedächtnis, darunter Namen wie Helga Feddersen, Karl-Heinz Köpcke, Klaus Schwarzkopf und Roy Black. Der Sportteil versucht, Golf zum neuen „Quoten-Knüller“ hochzujazzen und widmet sich auf drei Seiten der bevorstehenden Herrenfußball-EM in Schweden aus deutscher Sicht, die bekanntlich einen spektakulären Verlauf nehmen sollte. Eine große Übersicht listet die wichtigsten Sportereignisse des Jahres tabellarisch auf, bevor der beliebte Statistikteil knallharte Zahlen bietet und besonders aus heutiger Sicht damit überrascht, dass Pro7 einen Spielfilmanteil von sage und schreibe 80 % (bei geringem Werbeanteil) aufzuweisen hatte und in der Gunst der Zuschauer die Filmqualität betreffend entsprechend ganz vorne lag. Leider fallen die Statistiken diesmal nicht so ausführlich aus wie zuvor. Adressen und ein Index runden auch diesen Band ab.
Einen Gesamtüberblick über das Spielfilmangebot zu liefern fällt dieser Buchreihe zunehmend schwer, in ihren Versuchen, die gesamte TV-Landschaft zumindest grob zu skizzieren, erscheint dieser Band bruchstückhaft und in seiner Auswahl nicht immer nachvollziehbar. Um das Spielfilmangebot im damaligen TV grob nachvollziehen zu können, ist das Buch dennoch geeignet, wenngleich es ein fähiger Lektor vor Drucklegung leider nie in den Händen gehabt hat. Peinliche Fehler („Stephen Spielberg“) hinterlassen den Eindruck einer lediglich semiprofessionellen Veröffentlichung und verärgern diejenigen Leserinnen und Leser, die sich bei der Verlagsgruppe Milchstraße eigentlich bei Experten wähnten. Offenbar hatte man dort aus der Fehleranfälligkeit der vorherigen Ausgaben aber nichts gelernt. Zu einem letzten Band brachte es diese Reihe noch, dazu später mehr.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!