„Falco ist Wien!“
Seit dem viel zu frühen Tod des ebenso exzentrischen wie genialen österreichischen Musikers Falco wird, meist anlässlich seiner Geburts- oder Todestage, ihn Zehn-Jahres-Jubiläumsabständen in Form von Dokumentationen oder im Falle von „Falco – Verdammt, wir leben noch!“ gar in Spielfilmform seiner gedacht. Die Musikproduzenten Rudi Dolezal und Hannes Rossacher machten mit ihrem Tribut
„Falco - Hoch wie nie“ aus dem Jahre 1998 den Anfang und legten 2007 mit der für den ORF produzierten rund siebzigminütigen Dokumentation „Falco lebt!“ nach. Dolezal und Rossacher waren relativ enge Vertraute Falcos und traten u.a. als Videoclip-Regisseure für ihn in Erscheinung. Der Lebendigkeit ihrer Dokumentationen merkt man ihre Erfahrung im Bereich kreativer Prozesse positiv an. Leider liegt mir dieser Film, den ich mir aus einer Vielzahl kurzer
YouTube-Schnipsel selbst zusammenschneiden musste, nicht komplett vor – ein Teilstück wurde von
YouTube gesperrt.
„Ich recherchiere Suggestionen.“
Durch „Falco lebt!“ führt ein zurückhaltender, sich eher selten zu Wort meldender
Voice-over-Sprecher. Das Wort überlässt er ehemaligen Weggefährten Falcos, anderen Musikern, Zeitgenossen und Falcos Tochter, u.a. äußern sich Hermann Nitsch, David Bowie, Niki Lauda und Arnold Schwarzenegger wohlwollend. Nicht jeder Prominente, der hier etwas zu Falco sagen darf, ist auch hierzulande bekannt (oder verständlich, denn es wird viel Mundart gesprochen), das macht aber nichts. In erster Linie ist dieser Film eine großangelegte Ehrerbietung an den Künstler, dessen Leben und Werk mittels Ausschnitten historischer Interview, Videos und Liveauftritten illustriert wird. Es gibt Ausschnitte aus einem
MTV-Special zu sehen und auch auf das legendäre Donauinsel-Konzert und die damals kommende Symphonic-Veröffentlichung wird eingegangen. Ebenso spielt Thomas Roths Biographie-Spielfilm „Falco - Verdammt, wir leben noch!“ eine Rolle.
Das Engagement des hier als Literat und Sprachkünstler bezeichneten Popstars für Schule und Dichtung wird in Erinnerung gerufen, eine Falco-Cybershow erwähnt und die Planungen seiner Tochter für ein Falco-Café aufgegriffen. Am Ende dieser schönen Collage geht’s darum, was von Falco bleibt – und das ist bekanntlich bis heute weit mehr als die Bilder seiner Beisetzung, mit denen der Film inklusive eines schönen Zitats Falcos schließt. So hat beispielsweise erst 2018 das Hip-Hop-Duo Zugezogen Maskulin Falcos „Junge Roemer“ adaptiert. Falco hat tiefe Spuren in der Populärkultur hinterlassen, seine Hits sind Evergreens.
Jedoch vermisse ich mitunter schmerzlich die kosmopolitische Aura, die diesen Mann umgab. Österreichischer Exportschlager ist heutzutage stattdessen ein einfältiger reaktionärer Hinterwäldler wie Andreas Gabalier, bei dem man nichts als Fremdscham verspürt. Hoffnung machen jedoch die Produktionen, die in den eingangs erwähnten Zeitabständen immer wieder Falco, seine Musik und seine Bedeutung zeitgenössisch aufbereitet ins Gedächtnis rufen: 2017 strahlte der deutsche TV-Sender Vox die fast dreieinhalbstündige Dokumentation
„Er war Superstar: Falco - Eine Legende wird 60“ aus, aufs selbe Jahre datieren Rudi Delozals „Falco – Die ultimative Doku“, der Falco-Beitrag zur Arte-Reihe „Too young to die“ und die ORF-Produktion „Falco – Forever Young“. Sogar die Dokureihe „ZDF-History“ nahm sich 2018 der „zwei Leben des Falco“ an.