Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR-LOUNGE
Moderator: jogiwan
- karlAbundzu
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Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR LOUNGE
Mit A rebours hab ich mich mal im Studium intensiv befasst, zu Dekandenz und Fin de Siece-Literatur. La Bas geht einfacher rein, aber dann geht auch gegen den strich.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
- Salvatore Baccaro
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Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR LOUNGE
Na schön. Nach Salvatore nun die 2. Empfehlung für "Tief unten" durch jemanden, den ich als belesen und geschmacks(un)sicher bezeichnen würde. Habe mir gerade ein Exemplar bestellt!karlAbundzu hat geschrieben:Mit A rebours hab ich mich mal im Studium intensiv befasst, zu Dekandenz und Fin de Siece-Literatur. La Bas geht einfacher rein, aber dann geht auch gegen den strich.
„Ist es denn schade um diesen Strohhalm, Du Hampelmann?“
- Salvatore Baccaro
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Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR LOUNGE
Canisius hat geschrieben:Habe mir gerade ein Exemplar bestellt!
- Salvatore Baccaro
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Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR LOUNGE
Kürzlich unternahm ich eine mehrtägige Reise zu Gleis, zu Schiff, meist aber zu Fuß den Rhein hinauf von Mainz bis Koblenz. Natürlich habe ich mein Bündel Brentano-Gedichte dabeigehabt (wegen Bacherach und der Loreley), und Victor Hugos Bericht seiner eigenen Rheinreise 1940, und ein Bändchen Stefan George (wegen seinem Geburtsort Bingen) usw., aber von all dem Zeug, das ich las, hat mich dann doch am meisten Nathanael Wests DAY OF THE LOCUST von 1939 beeindruckt.
West, in den 30ern als Drehbuchautor in Hollywood verheizt, seziert in seinem Roman die sogenannte Traumfabrik anhand eines verkrachten Künstlers namens Tod Hackett, der als Hintergrundmaler und Kostümbildner in Los Angeles gelandet ist, und um den herum sich ein ganzes Panorama ebenso bemitleidenswerter, von illusorischen Wünschen, Verzweiflung, Geltungsbedürfnis, Selbsthass getriebene Existenzen gruppieren wie er selbst eines ist - darunter die erfolglose Schauspielerin Faye, die sich nebenbei als Prostituierte verdingt, und glaubt, wenn sie nur genügend kostspielige Kleidungsstücke in ihrer Garderobe hängen hat, wird das schon klappen mit den Blockbuster-Hauptrollen, den Cowboy Earle, der sich mit Statistenrollen in B-Western über Wasser hält, und ansonsten tatenlos mit seinen mexikanischen und indianischen Schicksalsgenossen vor einem Geschäft für Pferdesattel herumhängt, den Kinderdarsteller Adore, der von seiner Mutter wie ein dressiertes Äffchen vorgeführt wird, und sich dem auf ihm lastenden Leistungsdruck in Streichen entledigt, die schon mehr als nur knapp puren Sadismus streifen, oder den Hotelangestellten Homer Simpson (!), der, wie nahezu jede männliche Figur des Romans, ein Auge auf Faye geworfen hat, schließlich allerdings von dieser emotional und finanziell gemolken wird wie eine Milchkuh, und daran zugrundegeht. Wests Prosa ist nüchtern, pointiert, schmeckt nach Hemingway und Fitzgerald, wenn er seine Protagonisten und deren Handlungen zumeist aus einer distanzierten Außenperspektive beschreibt, kann aber genauso gut unvermittelt in ihre Innenleben hineinkippen, und dann äußerst trostlose, beinahe nihilistische Gedankengänge zutage fördern. Es gibt einen semi-surrealistischen Streifzug unseres Helden Tod durch überbordende Studiokulissen, die in der Schlacht von Waterloo für irgendeinen Historienstreifen endet; die kollektive Sichtung eines Stummfilm-Pornos im Hause einer ehemaligen Schauspielerin, die sich nun als Zuhälterin etabliert hat; die minutiöse Schilderung eines Hahnenkampfes, die mir zum Unterträglichsten gehört, was ich in letzter Zeit gelesen habe; und im Finale wiederum die packendste Beschreibung der, um Le Bon zu zitieren, "Psychologie der Massen" der mir bekannten Literaturgeschichte.
An mir ist der Roman vorbeizogen wie ein atemloser Film, der im Hollywood der 30er sicherlich nie auf einer Leinwand gelandet wäre: Man stelle sich Schenks "goldenen Handschuh" vor, nur nicht ganz so versifft und nicht ganz so drastisch und angesiedelt in dem, was Kenneth Anger so schön "Hollywood Babylon" genannt hat - gerade weil West, ähnlich wie Schenk, sehr zielsicher den Punkt anvisiert, wo einem das Lachen, das man eben noch herausschleudern wollte, im Halse steckenbleibt. Verfilmt wurde sein Roman übrigens dann doch, und zwar 1975 von John Schlesinger mit Donald Sutherland und Karen Black, und auf den Film werde ich alsbald auch einmal ein oder zwei Augen werfen müssen...
West, in den 30ern als Drehbuchautor in Hollywood verheizt, seziert in seinem Roman die sogenannte Traumfabrik anhand eines verkrachten Künstlers namens Tod Hackett, der als Hintergrundmaler und Kostümbildner in Los Angeles gelandet ist, und um den herum sich ein ganzes Panorama ebenso bemitleidenswerter, von illusorischen Wünschen, Verzweiflung, Geltungsbedürfnis, Selbsthass getriebene Existenzen gruppieren wie er selbst eines ist - darunter die erfolglose Schauspielerin Faye, die sich nebenbei als Prostituierte verdingt, und glaubt, wenn sie nur genügend kostspielige Kleidungsstücke in ihrer Garderobe hängen hat, wird das schon klappen mit den Blockbuster-Hauptrollen, den Cowboy Earle, der sich mit Statistenrollen in B-Western über Wasser hält, und ansonsten tatenlos mit seinen mexikanischen und indianischen Schicksalsgenossen vor einem Geschäft für Pferdesattel herumhängt, den Kinderdarsteller Adore, der von seiner Mutter wie ein dressiertes Äffchen vorgeführt wird, und sich dem auf ihm lastenden Leistungsdruck in Streichen entledigt, die schon mehr als nur knapp puren Sadismus streifen, oder den Hotelangestellten Homer Simpson (!), der, wie nahezu jede männliche Figur des Romans, ein Auge auf Faye geworfen hat, schließlich allerdings von dieser emotional und finanziell gemolken wird wie eine Milchkuh, und daran zugrundegeht. Wests Prosa ist nüchtern, pointiert, schmeckt nach Hemingway und Fitzgerald, wenn er seine Protagonisten und deren Handlungen zumeist aus einer distanzierten Außenperspektive beschreibt, kann aber genauso gut unvermittelt in ihre Innenleben hineinkippen, und dann äußerst trostlose, beinahe nihilistische Gedankengänge zutage fördern. Es gibt einen semi-surrealistischen Streifzug unseres Helden Tod durch überbordende Studiokulissen, die in der Schlacht von Waterloo für irgendeinen Historienstreifen endet; die kollektive Sichtung eines Stummfilm-Pornos im Hause einer ehemaligen Schauspielerin, die sich nun als Zuhälterin etabliert hat; die minutiöse Schilderung eines Hahnenkampfes, die mir zum Unterträglichsten gehört, was ich in letzter Zeit gelesen habe; und im Finale wiederum die packendste Beschreibung der, um Le Bon zu zitieren, "Psychologie der Massen" der mir bekannten Literaturgeschichte.
An mir ist der Roman vorbeizogen wie ein atemloser Film, der im Hollywood der 30er sicherlich nie auf einer Leinwand gelandet wäre: Man stelle sich Schenks "goldenen Handschuh" vor, nur nicht ganz so versifft und nicht ganz so drastisch und angesiedelt in dem, was Kenneth Anger so schön "Hollywood Babylon" genannt hat - gerade weil West, ähnlich wie Schenk, sehr zielsicher den Punkt anvisiert, wo einem das Lachen, das man eben noch herausschleudern wollte, im Halse steckenbleibt. Verfilmt wurde sein Roman übrigens dann doch, und zwar 1975 von John Schlesinger mit Donald Sutherland und Karen Black, und auf den Film werde ich alsbald auch einmal ein oder zwei Augen werfen müssen...
Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR LOUNGE
Salvatore Baccaro hat geschrieben:Man stelle sich Schenks "goldenen Handschuh" vor, nur nicht ganz so versifft und nicht ganz so drastisch und angesiedelt in dem, was Kenneth Anger so schön "Hollywood Babylon" genannt hat - gerade weil West, ähnlich wie Schenk, sehr zielsicher den Punkt anvisiert, wo einem das Lachen, das man eben noch herausschleudern wollte, im Halse steckenbleibt.
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Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR LOUNGE
Herrje, dieser Lapsus wird in die Annalen dieses Forums eingehen...Arkadin hat geschrieben:Salvatore Baccaro hat geschrieben:Man stelle sich Schenks Strunks "goldenen Handschuh" vor, nur nicht ganz so versifft und nicht ganz so drastisch und angesiedelt in dem, was Kenneth Anger so schön "Hollywood Babylon" genannt hat - gerade weil West, ähnlich wie Schenk Strunk, sehr zielsicher den Punkt anvisiert, wo einem das Lachen, das man eben noch herausschleudern wollte, im Halse steckenbleibt.
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Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR LOUNGE
GenialSalvatore Baccaro hat geschrieben:Herrje, dieser Lapsus wird in die Annalen dieses Forums eingehen...Arkadin hat geschrieben:Salvatore Baccaro hat geschrieben:Man stelle sich Schenks Strunks "goldenen Handschuh" vor, nur nicht ganz so versifft und nicht ganz so drastisch und angesiedelt in dem, was Kenneth Anger so schön "Hollywood Babylon" genannt hat - gerade weil West, ähnlich wie Schenk Strunk, sehr zielsicher den Punkt anvisiert, wo einem das Lachen, das man eben noch herausschleudern wollte, im Halse steckenbleibt.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!
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Re: Die gemütliche DELIRIA-LITERATUR LOUNGE
Mad-Taschenbuch Nr. 20: Antonio Prohias – Die neuesten Abenteuer von Spion & Spion
„Spion & Spion“ zum Dritten: 1978 wurden die beiden Spitznasen fürs deutsche „Mad“ abermals im Taschenbuchformat aufeinander losgelassen. 160 je zwei oder auch nur ein Panel umfassende (leider wieder unnummerierte) Seiten lang heißt es in den mehrseitigen Geschichten diesmal stets „Der Trick mit...“, worauf eine Alliteration wie „...der ruchlosen Revolte“ oder „...dem trügerischen Treffen“ folgt. Wie üblich sind sich die eineiigen Zwillinge spinnefeind, weshalb sie sich gegenseitig nach dem Leben trachten und sich ausgeklügelte Fallen stellen. Es gibt nur Schwarz und Weiß, ganz wie im Gut-und-Böse-Denken des Kalten Kriegs, den Prohias persifliert, ohne seine Figuren bestimmten politischen oder ideologischen Lagern zuzuordnen. Zu sagen haben sie sich auch weiterhin nichts, die Zeiten von Dialog und Diplomatie sind für die Spione längst vorbei. Man lässt die Waffen sprechen. In einem kurzen Vorwort erfährt man in diesem Band ein wenig zum Autor, nämlich dass er ehemaliger Karikaturist einer kubanischen Tageszeitung sei, der in die USA emigriert sei und nun zeige, dass „es im schmutzigen Kampf der Spione weder Moral noch Sieger gibt.“ Dieser politkritische Aspekt wiederum wird diejenigen eher sekundär interessieren, die sich an Prohias’ Geschick erfreuen, wortlose Geschichten zu erzählen und dabei eine originelle bis herrlich absurde Idee nach der anderen auszutüfteln, die meist Kettenreaktionen, Explosionen und Gewalt nach sich ziehen. Die Titelseiten der einzelnen Kurzgeschichten weisen in jeweils nur einem Panel einen von der eigentlichen Geschichte losgelösten Gag auf, was deren Dichte in diesem Büchlein erhöht. Schwarzweißdenken für Freunde überzeichneter, abstrakter Kriegsführung, die genau wissen, dass sich weder der eine noch der andere Spion jemals unterkriegen lässt und bald wieder in wessen Auftrag auch immer seinem Erzfeind gegenübersteht.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!
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