Blue My Mind - Lisa Brühlmann (2017)
Moderator: jogiwan
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Blue My Mind - Lisa Brühlmann (2017)
Originaltitel: Blue My Mind
Produktionsland: Schweiz 2017
Regie: Lisa Brühlmann
Darsteller: Luna Wedler, Zoë Pastelle Holthuizen, Regula Grauwiller, Georg Scharegg, Lou Haltinner, Yaël Meier
Neue Schule, keine Freunde, Stress mit den Eltern, zum ersten Mal Menstruieren: Für die 15jährige Mia wartet nach dem Umzug gen Zürich das volle Pubertäts-Programm, dem sie damit begegnet, dass sie sich einer Gruppe gleichaltriger Mädchen anschließt, deren Rebellinnentum sich in Ladendiebstählen, Drogenkonsum und schrankenlosem Sex manifestiert. Während Mia eine Grenzüberschreitung nach der andern begeht, mit einem Jungen in die Kiste steigt, der sie nach einem Fünf-Minuten-Quickie linksliegenlässt, die Unterschrift ihres Vaters fälscht, um an einem Schulausflug in einen Freizeitpark teilnehmen zu dürfen, und mit ihrer frischgebackenen Busenfreundin Gianna Experimente anstellt, bei denen sie sich bis zur Bewusstlosigkeit würgen, registriert unsere Heldin aber auch zunehmend verstörende Veränderungen am eigenen Körper: Wieso sind ihre Zehen auf einmal durch eine zarte Schwimmhäute miteinander verbunden? Und weshalb plagen sie Gelüste, unbedingt die Goldfische aus Mamas Aquarium verspeisen zu müssen? Und warum gibt es eigentlich keine Photos ihrer Mutter, wo diese schwanger ist? Sollte sie am Ende adoptiert sein? Und falls ja, wer sind dann ihre richtigen Eltern? Fragen über Fragen, deren Antworten in einen glitschigen Fischschwanz münden…
DER NACHTMAHR. RAW. Großartig nach Referenzen muss man beim Debüt-Spielfilm BLUE MY MIND von Schauspielerin Lisa Brühlmann nicht suchen: Seine Mixtur aus Coming-of-Age und handfestem Body Horror koppelt das jugendliche, weibliche Sexualerwachen an lovecraft’sche Körpermetamorphosen – quasi Franz Kafkas VERWANDLUNG inszeniert als Teenie-Drama. Hauptdarstellerin Luna Wedler spielt begnadet; der eine oder andere unerwartete Schockmoment schlägt perfekt in die Nieren; und am Drehbuch gibt es generell auch nichts zu meckern: Da werden sämtliche relevanten Szenarien einer handelsüblichen Pubertät abgeackert, vom Selbstentfremdungsgefühl dem eigenen Körper gegenüber bis hin zur Erforschung der eigenen Libido, Vollsuffpartys mit Erbrochenenfontänen und einem ersten Mal, das ungefähr so romantisch ist wie ein Candle-Light-Dinner bei Burger King. Trotzdem fehlt mir irgendetwas: Vielleicht ist mir die Symbolik des Films dann doch zu plakativ? Vielleicht hätte ich mir bei der geradlinig erzählten Story noch die eine oder andere überraschende Plot-Volte gewünscht? Vielleicht ist der Verlauf der Handlung ein wenig zu leicht voraussehbar für jemanden, der das Genre-Kino kennt wie seine Westentasche? Ein guter Film ist BLUE MY MIND nichtsdestotrotz: Wer auf Meerjungfrauen steht, sollte hier nicht vorbeischwimmen…
Re: Blue My Mind - Lisa Brühlmann (2017)
2018 auf dem Internationalen Filmfest Oldenburg (ist in ein vier Wochen auch wieder) gesehen und damals geschrieben:
Blue My Mind – Den Film hatte ich erst gar nicht auf dem Schirm, bis ich gesehen habe, dass er auch auf dem Randfilm in Kassel läuft. Was ja durchaus eine gute Empfehlung ist. „Blue My Mind“ ist ein ganz klassischer Coming-Of-Age-Film, der langsam ins Übernatürliche driftet, um die körperliche und geistige Veränderung der pubertierenden Protagonistin, noch einmal deutlich zu unterstreichen. Ihr Gefühl des „Anderseins“ und nicht dorthin zu gehören, wo sie ist. Das ist jetzt auch nichts wirklich Neues und kennt man bereits gut aus diversen z.B. Werwolf-Filmen. Hier wird die junge Protagonistin aber nicht zum Wolf, sondern entwickelt einen seltsamen Heißhunger auf die Fische in Papis Aquarium, ihre Zehe wachsen zusammen und auf den Beinen erscheinen eklige Flecken. Wie gesagt, das kennt man irgendwie alles schon, trotzdem entfaltete der Film bei mir einen ganz gehörigen Sog.
Meine Mitzuschauer mochten den Film zwar auch, empfanden einige Stellen aber zu lang und repetitiv. Das Gefühl stellt sich bei mir gar nicht ein, denn ich war emotional immer ganz nahe dran an der Hauptfigur. Diese wird von der fantastischen Luna Wedler gegeben, die ihre Mia weniger spielte als vielmehr im besten Sinne des Wortes verkörpert. Völlig zu recht hat sie für ihre Performance den Schweizer Filmpreis als beste Schauspielerin gewonnen (daneben gewann „Blue My Mind“ noch in den Kategorien bester Film und bestes Drehbuch).
Ein Preis hätte aber auch Zoë Pastelle Holthuizen als Gianna mehr als verdient. Erst ist sie die Feindin, dann später die beste Freundin von Mia. Sie spielt dabei die leicht asoziale, dominante Bitch, die ihre Freundinnen aus der Outsider-Girls-Clique fest im Griff hat, ebenso perfekt, wie sie das leichte Aufbrechen des Zicken-Panzers zeigt, hinter der Vernetzbarkeit und die Sehnsucht nach Liebe durchschimmern. Der Weg von Aso-Zicke bis zur sich aufopfernden Freundin ist nicht als plötzlicher Bruch, sondern langsame, glaubhafte Entwicklung angelegt. Dass Gianni unterschwellig auch ein homoerotisches Interesse an Mia hegt, wird nicht dick aufgetragen, sondern schwingt ganz natürlich im Hintergrund mit, ohne sich allzu sehr in der Vordergrund zu drängen.
Die ganze Atmosphäre und der Wechsel von realistisch rauen Bildern und sinnlichen Komposition, von der drogengeschwängerten Partywelt der Mädchen-Clique und ihren coolen Mackern hin zu dem phantastischen Inhalt, erinnern stark an „Der Nachtmahr„, was ja eine gute Referenz ist. Mir hat der Film ausgesprochen gut gefallen, ich war immer bei Mia und von ihrem Schicksal tief bewegt. Und die wunderschönen, märchenhaften Schlussbilder waren dann noch das letzte Tüpfelchen auf dem „i“.
Blue My Mind – Den Film hatte ich erst gar nicht auf dem Schirm, bis ich gesehen habe, dass er auch auf dem Randfilm in Kassel läuft. Was ja durchaus eine gute Empfehlung ist. „Blue My Mind“ ist ein ganz klassischer Coming-Of-Age-Film, der langsam ins Übernatürliche driftet, um die körperliche und geistige Veränderung der pubertierenden Protagonistin, noch einmal deutlich zu unterstreichen. Ihr Gefühl des „Anderseins“ und nicht dorthin zu gehören, wo sie ist. Das ist jetzt auch nichts wirklich Neues und kennt man bereits gut aus diversen z.B. Werwolf-Filmen. Hier wird die junge Protagonistin aber nicht zum Wolf, sondern entwickelt einen seltsamen Heißhunger auf die Fische in Papis Aquarium, ihre Zehe wachsen zusammen und auf den Beinen erscheinen eklige Flecken. Wie gesagt, das kennt man irgendwie alles schon, trotzdem entfaltete der Film bei mir einen ganz gehörigen Sog.
Meine Mitzuschauer mochten den Film zwar auch, empfanden einige Stellen aber zu lang und repetitiv. Das Gefühl stellt sich bei mir gar nicht ein, denn ich war emotional immer ganz nahe dran an der Hauptfigur. Diese wird von der fantastischen Luna Wedler gegeben, die ihre Mia weniger spielte als vielmehr im besten Sinne des Wortes verkörpert. Völlig zu recht hat sie für ihre Performance den Schweizer Filmpreis als beste Schauspielerin gewonnen (daneben gewann „Blue My Mind“ noch in den Kategorien bester Film und bestes Drehbuch).
Ein Preis hätte aber auch Zoë Pastelle Holthuizen als Gianna mehr als verdient. Erst ist sie die Feindin, dann später die beste Freundin von Mia. Sie spielt dabei die leicht asoziale, dominante Bitch, die ihre Freundinnen aus der Outsider-Girls-Clique fest im Griff hat, ebenso perfekt, wie sie das leichte Aufbrechen des Zicken-Panzers zeigt, hinter der Vernetzbarkeit und die Sehnsucht nach Liebe durchschimmern. Der Weg von Aso-Zicke bis zur sich aufopfernden Freundin ist nicht als plötzlicher Bruch, sondern langsame, glaubhafte Entwicklung angelegt. Dass Gianni unterschwellig auch ein homoerotisches Interesse an Mia hegt, wird nicht dick aufgetragen, sondern schwingt ganz natürlich im Hintergrund mit, ohne sich allzu sehr in der Vordergrund zu drängen.
Die ganze Atmosphäre und der Wechsel von realistisch rauen Bildern und sinnlichen Komposition, von der drogengeschwängerten Partywelt der Mädchen-Clique und ihren coolen Mackern hin zu dem phantastischen Inhalt, erinnern stark an „Der Nachtmahr„, was ja eine gute Referenz ist. Mir hat der Film ausgesprochen gut gefallen, ich war immer bei Mia und von ihrem Schicksal tief bewegt. Und die wunderschönen, märchenhaften Schlussbilder waren dann noch das letzte Tüpfelchen auf dem „i“.
Früher war mehr Lametta
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