Camp Evil - Jonas Govaerts (2014)
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Camp Evil - Jonas Govaerts (2014)
Camp Evil
(Welp)
mit Maurice Luijten, Evelien Bosmans, Titus De Voogdt, Stef Aerts, Jan Hammenecker, Gill Eeckelaert, Noa Tambwe Kabati, Ricko Otto, Louis Lemmens, Thomas De Smet, Pieter De Brabandere, Jessie Tweepenninckx, Isah De Zutter
Regie: Jonas Govaerts
Drehbuch: Jonas Govaerts / Roel Mondelaers
Kamera: Nicolas Karakatsanis
Musik: Steve Moore
keine Jugendfreigabe
Belgien / 2014
Der 12-jährige Sam ist mit seiner Pfadfinder-Gruppe und den Anführern Peter und Chris sowie Quartiermeisterin Jasmijn auf dem Weg in ein großes Abenteuer. Die Reise führt sie in ein abgelegenes Waldstück. Im dortigen Camp angekommen, bleibt es jedoch nicht lange bei Lagerfeuerromantik und Gruselgeschichten. Sam, der selbst eine ebenso dunkle wie mysteriöse Vergangenheit zu haben scheint, bemerkt schnell, dass etwas nicht stimmt. Als er ein geheimnisvolles Baumhaus entdeckt, trifft er auf eine aggressive, jungenhafte Kreatur mit unheimlicher Maske. Das kleine Monster hat raffinierte, tödliche Fallen im gesamten Waldstück installiert. Sam kann entkommen und versucht, alle zu warnen. Keiner glaubt ihm und noch viel schlimmer: die Kreatur ist nur der Helfer vom blutrünstigen "Poacher". Als im Zeltlager die Nacht hereinbricht, ist es bereits zu spät und das grausame Schicksal aller Camper längst besiegelt ...
Seit mehreren Jahren wird die europäische Horror Landschaft ja nun schon ziemlich stark vom französischen Horrorfilm geprägt, der insbesondere in Sachen Härte teilweise neue Maßstäbe gesetzt hat. Filme wie "High Tension", "Inside" oder auch "Martyrs" zählen dabei wohl zu den heftigsten Vertretern und nun scheint die Welle mittlerweile auch bei den belgischen Nachbarn angekommen zu sein. Mit "Camp Evil" liegt nun das Spielfilm Debüt von Jonas Govaerts vor, der gleichzeitig auch am Drehbuch mitgearbeitet hat und die Geschichte offenbart sich als eine recht gelungene Mixtur aus Backwood-Slasher und Feriencamp Horror der 80er Jahre, in denen diese Art von Film absolute Hochkonjunktur hatte. Gleich mit der Einführungssequenz wird der Zuschauer in die richtige Stimmung gebracht und kann dabei erahnen, das man wohl ganz offensichtlich mit einem atmosphärisch sehr dichten Genre Vertreter konfrontiert wird. Dieser Eindruck soll sich dann auch schnell bestätigen, denn Govaerts baut minütlich eine immer bedrohlicher anschwellende Grundstimmung auf, von der die Ereignisse auch durchgehend zehren können. Dabei verleiht er den Abläufen allein schon durch den Einstieg in das Geschehen eine äußerst mysteriöse Note, die sich im weiteren Verlauf auch noch immer stärker heraus kristallisieren soll.
Dennoch geschieht in den ersten gut 45 Minuten nicht sonderlich viel und gerade in dieser Zeitspanne könnten einige böse Zungen eventuell verschenktes Potential erkennen. Für den Aufbau der danach folgenden Ereignisse ist die vielleicht um ein paar Minuten zu lang geratene Einführung jedoch nicht unwichtig, zudem bietet sie einen wunderbaren Kontrast zur zweiten Filmhälfte, die sich dann gänzlich anders gestalten soll. Und so wird man zunächst lediglich mit der Gruppe von Pfadfindern konfrontiert und muss sich größtenteils mit den Spannungen auseinandersetzen, die zwischen der Gruppe und dem jungen Sam immer wieder in den Mittelpunkt treten. Der Junge ist nämlich ganz offensichtlich der geborene Außenseiter und wird von seinen Kameraden auch dementsprechend behandelt. Doch auch bei den Aufsichtspersonen hat er keinen guten Stand und so gestaltet sich phasenweise ein regelrechter Spießrutenlauf für Sam, der allein schon aufgrund dieses Aspektes hohe Sympathiewerte beim Betrachter auf sich vereinen kann. Nun baut sich zwar gegen die restlichen Figuren nicht unbedingt ein echtes Feindbild auf, doch als wirklich sympathisch kann man im Prinzip keinen der anderen Charaktere bezeichnen. Erst im Finale des Filmes sieht man das Ganze aus einem etwas anderen Blickwinkel und an dieser Stelle hat Govaerts meiner Meinung nach gute Arbeit geleistet, da durch diverse Aktionen eine akute Verschiebung der Betrachtungsweise zustande kommt.
"Camp Evil" bietet also durchaus sehr unterhaltsame und überdurchschnittliche Genrekost, ist aber dennoch nicht der extrem böse europäische Beitrag den sich manch einer eventuell erhofft hat. Dazu fehlt es dem Szenario dann doch an der nötigen visuellen Härte, denn bis auf mehrere nett anzusehende Effekte im letzten Drittel kocht man hier eher ein wenig auf Sparflamme. Trotzdem ist die Kennzeichnung "Keine Jugendfreigabe" absolut angemessen, denn auch wenn man nicht gerade mit einem Splatter und Gore Festival bedient wird, beinhaltet die Geschichte genügend Härtespitzen. Wer jedoch eine wahre Schlachteplatte erwartet wird eher enttäuscht sein, doch in meinen Augen sollte man das Szenario auch keinesfalls nur auf den Härtegrad reduzieren, sondern vielmehr das gelungene Gesamtpaket betrachten. Und das ist alles andere als schlecht, denn in der Gesamtbetrachtung braucht sich diese belgische Produktion auf keinen Fall hinter etlichen ähnlich gelagerten Filmen verstecken. Kommt dann noch die Tatsache hinzu das es sich um einen Regieerstling handelt der auch in optischer Hinsicht erstklassig in Szene gesetzt wurde, dann dürfte man als Fan des Genres letztendlich definitiv zu einem überdurchschnittlich guten Eindruck gelangen.
Mir hat "Camp Evil" jedenfalls äußerst gut gefallen, denn die sehr stimmungsvolle Umsetzung der interessanten Geschichte und die gehörigen Tempowechsel in der Erzählung sind eigentlich ein Garant dafür, das man hier mit bester Horror Unterhaltung bedient wird. Außerdem agieren auch die eher unbekannten Darsteller auf einem äußerst soliden Niveau und auch der dramaturgische Spannungsaufbau kann sich jederzeit sehen lassen. Einzig und allein das Finale hätte man etwas spektakulärer in Szene setzen können, doch auch in vorliegender Form wird die ganze Chose recht ordentlich abgerundet. Letztendlich kann man "Camp Evil" also ohne Weiteres empfehlen, denn auch wenn der Film kleinere Schwächen offenbart handelt es sich auf jeden Fall um einen gelungenen Erstling eines Regisseurs, der hoffentlich auch in der Zukunft noch auf sich aufmerksam machen wird.
Fazit:
Atmosphärisch, spannend und mit einem angemessenen Härtegrad ausgestattet bietet "Camp Evil" mehr als nur solide Horrorkost, die man sich als Fan keinesfalls entgehen lassen sollte. Zwar hätte das Ganze durchaus noch etwas böser ausfallen dürfen, doch auch so kann man Jonas Govaerts insgesamt gesehen ein sehr gutes Zeugnis für seinen ersten Film ausstellen.
7/10
Big Brother is watching you
Re: Camp Evil - Jonas Govaerts (2014)
Wer sich bei „Camp Evil“ einen astreinen Slasher erwartet, wird wohl enttäuscht werden und meinen Geschmack hat Jonas Govaerts mit seiner 2014 gedrehter Mischung aus Pfadfindercamp-Drama und Backwood-Horror ja so überhaupt nicht getroffen. Dabei krankt es neben der fragwürdigen Kombination Gewalt und Kinder vor allem der mühsam konstruierten Geschichte und den unsympathischen Figuren, die es mir auch recht schwer machen, an „Camp Evil“ in irgendeiner Form etwas positives abzugewinnen. Mittlerweile scheinen den Machern derartiger Filme auch endgültig die spannenden Ideen ausgegangen zu sein, sodass man einfach irgendwelche Versatzstücke des Genres ohne näheren Erklärungen neu zusammenfügt, ohne darauf zu achten, ob das alles am Ende überhaupt noch rund und stimmig erscheint. Im Falle von „Camp Evil“ gab es zwar ein paar Szenen bzw. Fallen, die die Macher im Kopf hatten, aber wie letztendlich alles völlig ironiefrei zusammengebracht wurde, scheint am psychologischen Reißbrett für blutige Anfänger entstanden und mag auch als ansonsten recht schön in Szene gesetztes Genre-Werk so überhaupt nicht funzen. Schade!
it´s fun to stay at the YMCA!!!
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Re: Camp Evil - Jonas Govaerts (2014)
Was jogi sagt. Je mehr ich über den Film refelktiere, um so weniger Gefallen finde ich an ihm. Besprechung folgt aber noch (irgendwann).
Früher war mehr Lametta
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Re: Camp Evil - Jonas Govaerts (2014)
Ungewöhnlicher Backwoods-Horror mit Anleihen bei Freitag der 13te und The Wicker Man und außerdem mit echten Kindern (!) anstatt den üblichen volljährigen Teenagern, was mich gleich am Anfang doch etwas verunsichert hat.
Auch sonst ist alles gegen den Strich gebürstet und spielt - bewusst oder unbewusst - mit den Sehgewohnheiten, die man als Konsument von US-Horror so hat. Auch wenn mich dieser Beitrag nicht vollends überzeugt hat, so ist er doch recht interessant und ungewöhnlich.
6/10 Punkten
Einer der Protagonisten hat doch tatsächlich einen Suspiria-Klingelton auf seinem Handy.
Ja, wer macht denn sowas...
Auch sonst ist alles gegen den Strich gebürstet und spielt - bewusst oder unbewusst - mit den Sehgewohnheiten, die man als Konsument von US-Horror so hat. Auch wenn mich dieser Beitrag nicht vollends überzeugt hat, so ist er doch recht interessant und ungewöhnlich.
6/10 Punkten
Einer der Protagonisten hat doch tatsächlich einen Suspiria-Klingelton auf seinem Handy.
Ja, wer macht denn sowas...
Re: Camp Evil - Jonas Govaerts (2014)
Eine flämische Pfadfinder-Gruppe macht einen Ausflug in die gewaltigen Wälder des französisch-sprechenden Teil des Landes. Zu der Gruppe gehört auch der 12-jährige Sam (Maurice Luijten), der insbesondere vom Gruppen-Leiter Peter (Stef Aerts) immer wieder schikaniert wird. Als die geplante Campingstelle von zwei streitsüchtigen Proleten besitzt ist, schlägt sich die Gruppe tiefer in den Wald. Am Abend gruseln die beiden Leiter Kris (Titus De Voogdt) und Peter die Jungen mit Geschichten um einen mörderischen Waldjungen namens Kai, der hier hausen soll. Doch der sensible Sam erkennt bald, dass an dieser Mär weit mehr dran ist, als die Erwachsenen glauben…
Der Belgier Jonas Govaerts hat für seinen Debütfilm „Camp Evil“ einige ungewöhnliche Wege beschritten. So ließ er einen Teil der Produktion seines eleganten Filmes durch Crowd-Funding unterstützen. Hierbei konnten die Zuschauer ihr Scherflein zu den ausgesprochen kreativen Mordmaschinen beitragen, die Govaerts für seinen Slasher entwarf. Möglicherweise stellte er sich dabei aber selbst ein Bein, denn nun mussten die zum Teil gewaltigen Apparate auch in die Geschichte eingebunden werden. Und es steht zu vermuten, dass Govaerts mittlerweile auch gerne eine andere Geschichte erzählt hätte. Oder viele andere Geschichte, denn leider wirkt sein Drehbuch in der finalen Version hoffnungslos überladen und strebt immerzu in unterschiedliche Richtungen, die am Ende kein stimmiges Ganzes mehr ergeben. Dies ist sehr schade, denn zumindest auf der visuellen Ebene zeigt Jonas Govaerts‘ großes Talent. Seine Film erinnert im positiven Sinne an die düsteren Slasher und Horrorthriller, die bis Mitte der 80er das Licht schummriger Kinosäle erblickte. Besonders John Carpenter kommt einen hier und dort in den Sinn, sieht man die Art und Weise, in welcher Govaerts das Breitwandformat und Vorder- und Hintergründe nutzt. Unterstützt wird diese nahezu fehlerlose Präsentation durch einen effektiven Soundtrack, der von einem alten Bekannten stammt. Steve Moore ist ein amerikanischer Musiker aus Pittsburgh, der unter anderem in dem grandiose „Space Rock“-Duo „Zombi“ für Bass und Synthesizer zuständig ist. „Zombi“ haben sich unter anderem vom Soundtrack italienischer Horrorfilmen der 70er und 80er inspiriert fühlt. Moores schrieb auch den sehr stimmigen Soundtrack zu dem tollen „The Guest“, der ebenfalls vor Kurzem veröffentlicht wurde.
Doch all dies kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Govaerts‘ Film auf der inhaltlichen Seite stark schwächelt. Govaerts springt von Thema zu Thema, möchte hier mal dies, dort mal jenes abdecken. Dabei verzettelt er sich allerdings gewaltig und sorgt für Frustration. Mit seinem jungen Protagonisten Sam, der von Maurice Luijten gespielt wird, hat er eine spannende Figur zur Hand, wie man sie ihn ähnlichen Filmen zwar schon oft gesehen hat, der man aber gerne bei ihrem Coming-of-Age-Prozess zusehen würde. Dass Maurice Luijten stark an den sehr jungen River Phoenix erinnert, was einen sofort an „Stand By Me“ erinnert. Dass darüber hinaus werden aber auch Assoziationen an „The Goonies“ geweckt. Doch wer nun auf ein spannendes Jungen-Abenteuer hofft liegt gänzlich falsch. Jonas Govaerts hat mit seiner Figur Sam ganz andere Dinge vor, und legt dabei leider viel zu viel auf dessen schmale Schultern.
Nach einem hübschen Prolog, der einen zünftigen Slasher verspricht, befindet man sich erst einmal auf Kinder-Abenteuer-Terrain. Wobei den jungen Pfadfindern nicht viel Charakter zugestanden wird. Aus dem Wust der Figuren ragen nur Sam und sein bester Freund Dries hervor. Letzterer hat aber keine größere Aufgabe, als gelegentlicher Stichwortgeber für Sam zu fungieren. Demgegenüber stehen dann noch zwei Klischee-Arschlöcher. Der sportliche Junge, welcher zum Anführer der Truppe bestimmt wurde und dafür allerdings keinerlei Qualifikation mitbringt, außer der Liebling des gleichfalls unsympathischen Camp-Leiters Peter zu sein. Diesem wird noch ein – natürlich verfetteter -Sidekick zur Seite gestellt, dessen IQ entgegengesetzt zu seiner Leibesfülle steht. Darüber hinaus lernt man keinen der Jungen kennen. Schaut man genau hin, erkennt man, dass sich in dieser Jungstruppe auch ein Mädchen verirrt hat. Doch weder wird dies thematisiert, noch erhält diese Figur ein Gesicht. Ebenso stereotyp wie die Kinder, fallen auch die Erwachsenen aus. Während der Chef der Gruppe, Chris, zumindest noch halbwegs kompetent erscheint, so ist sein Partner Peter ein solch sadistischer Idiot, dass man sich ernsthaft fragt, wie dieser menschliche Totalausfall jemals einen Job bekam, in dem er für das Wohl und Wehe von Kindern verantwortlich ist. Die junge Köchin wird zunächst als starker, selbstbewusster Charakter eingeführt, nur um sich bald schon ausgerechnet Peter an den Hals zu werfen, und dessen hirnlose Aktionen ohne großen Widerspruch durchgehen zu lassen.
Bald schon beginnt Jonas Govaerts Genres und Vorbilder zu vermischen. Aus dem Pfadfinder-Abenteuer wird ein Slasher, der sich aus Elementen speist, die man aus Filmen wie „Freitag, der 13.“, dem „The Hills Have Eyes“-Remake oder immer wieder auch „High Tension“ kennt. Die Verbindung zwischen Sam und dem geheimnisvollen Waldjungen mit der Holzmaske wird dabei recht offensichtlich als zwei Seiten der selben Medaille gespielt. Daraus hätte man aber viel machen können. Doch Govaerts zog es vor, seiner Hauptfigur lieber immer wieder neue Probleme anzudichten. Irgendwann tauchen dann Geschichten von einer geheimnisvollen Familie auf und am Ende wird Sam sogar noch Autismus untergejubelt. Letzteres eröffnet allerdings interessante neue Blickwinkel auf die Geschichte. Ist es möglich, dass die Geschehnisse ausschließlich aus Sams isolierten Blickwinkel gezeigt werden? Dass vieles nur in seinem Kopf passiert und dadurch die Realität – also der Blickwinkel des Zuschauers – nur verzerrt und subjektiv aus einer gestörten Wahrnehmung heraus wiedergeben wird? Vieles scheint darauf hinzudeuten und doch gleichzeitig wird dieser Ansatz auch immer wieder dadurch erstickt, dass Dinge geschehen, die bei dieser Prämisse nicht passieren dürften. Letztendlich scheint Govaerts an so etwas wie einer innere Logik seiner Geschichte, auch nicht wirklich interessiert zu sein. Vielmehr fühlt es sich so an, als ob er mit seiner Hauptfigur irgendwann nicht viel anzufangen wusste, weshalb sich der Film mal hierhin und mal dorthin biegt, und so letztendlich immer wieder selber ein Bein stellt.
Bleiben das Horrorelement. Man kann Jonas Govaerts bei seinem Regiedebüt sicherlich vieles vorwerfen, aber nicht, dass er nichts vom Erschaffen eindrucksvoller Bilder verstehen würde. Hier findet er immer wieder großartige Einstellungen, welche die Macht des Waldes, aber auch das unangenehme Gefühl der permanenten Bedrohung betonen. Das Versteck des unheimlichen Killers, das merkwürdige Nest hoch im Baum und die ausgestorbene Fabrikstadt (ein wunderbarer Schauplatz, aus dem leider überhaupt nichts gemacht wird) zeugen von viel optisches Gespür und besitzen großes Gänsehaut-Potential. Zusammen mit den eingangs erwähnten, kreativen Mordwerkzeugen – die allerdings immer viel zu kurz auftauchen – und der großartigen Musik, macht Govaerts sehr viel richtig. Umso mehr verärgert es, wenn einem dann nach dem Abspann immer mehr bewusst wird, wie viel Potential für einen wirklich guten Horrorfilm – oder auch gerne Psycho-Thriller – hier liegengelassen wurde, weil der Regisseur keine klare Vorstellung davon hatte, welche Geschichte er eigentlich erzählen wollte. Ist man aber noch mitten im Film, verzeiht man ihm aufgrund der positiven Aspekte sehr viel mehr, als man es noch tut, wenn die Spannung beim Abspann langsam nachlässt.
Mit „Camp Evil“ ist dem Belgier Jonas Govaerts ein optisch durchaus gelungenes Spielfilm-Debüt gelungen, welches allerdings auf der Drehbuchseite mehr frustriert, da das durchaus vorhandenen Potenzial für eine interessante und aufwühlende Geschichte einfach zugunsten ausgelutscher Genre-Elemente links liegen gelassen wird.
Der Belgier Jonas Govaerts hat für seinen Debütfilm „Camp Evil“ einige ungewöhnliche Wege beschritten. So ließ er einen Teil der Produktion seines eleganten Filmes durch Crowd-Funding unterstützen. Hierbei konnten die Zuschauer ihr Scherflein zu den ausgesprochen kreativen Mordmaschinen beitragen, die Govaerts für seinen Slasher entwarf. Möglicherweise stellte er sich dabei aber selbst ein Bein, denn nun mussten die zum Teil gewaltigen Apparate auch in die Geschichte eingebunden werden. Und es steht zu vermuten, dass Govaerts mittlerweile auch gerne eine andere Geschichte erzählt hätte. Oder viele andere Geschichte, denn leider wirkt sein Drehbuch in der finalen Version hoffnungslos überladen und strebt immerzu in unterschiedliche Richtungen, die am Ende kein stimmiges Ganzes mehr ergeben. Dies ist sehr schade, denn zumindest auf der visuellen Ebene zeigt Jonas Govaerts‘ großes Talent. Seine Film erinnert im positiven Sinne an die düsteren Slasher und Horrorthriller, die bis Mitte der 80er das Licht schummriger Kinosäle erblickte. Besonders John Carpenter kommt einen hier und dort in den Sinn, sieht man die Art und Weise, in welcher Govaerts das Breitwandformat und Vorder- und Hintergründe nutzt. Unterstützt wird diese nahezu fehlerlose Präsentation durch einen effektiven Soundtrack, der von einem alten Bekannten stammt. Steve Moore ist ein amerikanischer Musiker aus Pittsburgh, der unter anderem in dem grandiose „Space Rock“-Duo „Zombi“ für Bass und Synthesizer zuständig ist. „Zombi“ haben sich unter anderem vom Soundtrack italienischer Horrorfilmen der 70er und 80er inspiriert fühlt. Moores schrieb auch den sehr stimmigen Soundtrack zu dem tollen „The Guest“, der ebenfalls vor Kurzem veröffentlicht wurde.
Doch all dies kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Govaerts‘ Film auf der inhaltlichen Seite stark schwächelt. Govaerts springt von Thema zu Thema, möchte hier mal dies, dort mal jenes abdecken. Dabei verzettelt er sich allerdings gewaltig und sorgt für Frustration. Mit seinem jungen Protagonisten Sam, der von Maurice Luijten gespielt wird, hat er eine spannende Figur zur Hand, wie man sie ihn ähnlichen Filmen zwar schon oft gesehen hat, der man aber gerne bei ihrem Coming-of-Age-Prozess zusehen würde. Dass Maurice Luijten stark an den sehr jungen River Phoenix erinnert, was einen sofort an „Stand By Me“ erinnert. Dass darüber hinaus werden aber auch Assoziationen an „The Goonies“ geweckt. Doch wer nun auf ein spannendes Jungen-Abenteuer hofft liegt gänzlich falsch. Jonas Govaerts hat mit seiner Figur Sam ganz andere Dinge vor, und legt dabei leider viel zu viel auf dessen schmale Schultern.
Nach einem hübschen Prolog, der einen zünftigen Slasher verspricht, befindet man sich erst einmal auf Kinder-Abenteuer-Terrain. Wobei den jungen Pfadfindern nicht viel Charakter zugestanden wird. Aus dem Wust der Figuren ragen nur Sam und sein bester Freund Dries hervor. Letzterer hat aber keine größere Aufgabe, als gelegentlicher Stichwortgeber für Sam zu fungieren. Demgegenüber stehen dann noch zwei Klischee-Arschlöcher. Der sportliche Junge, welcher zum Anführer der Truppe bestimmt wurde und dafür allerdings keinerlei Qualifikation mitbringt, außer der Liebling des gleichfalls unsympathischen Camp-Leiters Peter zu sein. Diesem wird noch ein – natürlich verfetteter -Sidekick zur Seite gestellt, dessen IQ entgegengesetzt zu seiner Leibesfülle steht. Darüber hinaus lernt man keinen der Jungen kennen. Schaut man genau hin, erkennt man, dass sich in dieser Jungstruppe auch ein Mädchen verirrt hat. Doch weder wird dies thematisiert, noch erhält diese Figur ein Gesicht. Ebenso stereotyp wie die Kinder, fallen auch die Erwachsenen aus. Während der Chef der Gruppe, Chris, zumindest noch halbwegs kompetent erscheint, so ist sein Partner Peter ein solch sadistischer Idiot, dass man sich ernsthaft fragt, wie dieser menschliche Totalausfall jemals einen Job bekam, in dem er für das Wohl und Wehe von Kindern verantwortlich ist. Die junge Köchin wird zunächst als starker, selbstbewusster Charakter eingeführt, nur um sich bald schon ausgerechnet Peter an den Hals zu werfen, und dessen hirnlose Aktionen ohne großen Widerspruch durchgehen zu lassen.
Bald schon beginnt Jonas Govaerts Genres und Vorbilder zu vermischen. Aus dem Pfadfinder-Abenteuer wird ein Slasher, der sich aus Elementen speist, die man aus Filmen wie „Freitag, der 13.“, dem „The Hills Have Eyes“-Remake oder immer wieder auch „High Tension“ kennt. Die Verbindung zwischen Sam und dem geheimnisvollen Waldjungen mit der Holzmaske wird dabei recht offensichtlich als zwei Seiten der selben Medaille gespielt. Daraus hätte man aber viel machen können. Doch Govaerts zog es vor, seiner Hauptfigur lieber immer wieder neue Probleme anzudichten. Irgendwann tauchen dann Geschichten von einer geheimnisvollen Familie auf und am Ende wird Sam sogar noch Autismus untergejubelt. Letzteres eröffnet allerdings interessante neue Blickwinkel auf die Geschichte. Ist es möglich, dass die Geschehnisse ausschließlich aus Sams isolierten Blickwinkel gezeigt werden? Dass vieles nur in seinem Kopf passiert und dadurch die Realität – also der Blickwinkel des Zuschauers – nur verzerrt und subjektiv aus einer gestörten Wahrnehmung heraus wiedergeben wird? Vieles scheint darauf hinzudeuten und doch gleichzeitig wird dieser Ansatz auch immer wieder dadurch erstickt, dass Dinge geschehen, die bei dieser Prämisse nicht passieren dürften. Letztendlich scheint Govaerts an so etwas wie einer innere Logik seiner Geschichte, auch nicht wirklich interessiert zu sein. Vielmehr fühlt es sich so an, als ob er mit seiner Hauptfigur irgendwann nicht viel anzufangen wusste, weshalb sich der Film mal hierhin und mal dorthin biegt, und so letztendlich immer wieder selber ein Bein stellt.
Bleiben das Horrorelement. Man kann Jonas Govaerts bei seinem Regiedebüt sicherlich vieles vorwerfen, aber nicht, dass er nichts vom Erschaffen eindrucksvoller Bilder verstehen würde. Hier findet er immer wieder großartige Einstellungen, welche die Macht des Waldes, aber auch das unangenehme Gefühl der permanenten Bedrohung betonen. Das Versteck des unheimlichen Killers, das merkwürdige Nest hoch im Baum und die ausgestorbene Fabrikstadt (ein wunderbarer Schauplatz, aus dem leider überhaupt nichts gemacht wird) zeugen von viel optisches Gespür und besitzen großes Gänsehaut-Potential. Zusammen mit den eingangs erwähnten, kreativen Mordwerkzeugen – die allerdings immer viel zu kurz auftauchen – und der großartigen Musik, macht Govaerts sehr viel richtig. Umso mehr verärgert es, wenn einem dann nach dem Abspann immer mehr bewusst wird, wie viel Potential für einen wirklich guten Horrorfilm – oder auch gerne Psycho-Thriller – hier liegengelassen wurde, weil der Regisseur keine klare Vorstellung davon hatte, welche Geschichte er eigentlich erzählen wollte. Ist man aber noch mitten im Film, verzeiht man ihm aufgrund der positiven Aspekte sehr viel mehr, als man es noch tut, wenn die Spannung beim Abspann langsam nachlässt.
Mit „Camp Evil“ ist dem Belgier Jonas Govaerts ein optisch durchaus gelungenes Spielfilm-Debüt gelungen, welches allerdings auf der Drehbuchseite mehr frustriert, da das durchaus vorhandenen Potenzial für eine interessante und aufwühlende Geschichte einfach zugunsten ausgelutscher Genre-Elemente links liegen gelassen wird.
Früher war mehr Lametta
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Re: Camp Evil - Jonas Govaerts (2014)
Vor ein paar Tagen ereilte mich der Trailer, der mich durchaus angesprochen hat. Die Blu muss her ...
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Re: Camp Evil - Jonas Govaerts (2014)
Wald- und Wiesenfilme sind mir stets genehm, mit "Camp Evil" bekommen wir einen richtig guten Vertreter dieser Gattung zu sehen.
Verhaltensgestörte Blagen, hier als Pfadfinder getarnt, begleitet von bekloppten Ober-Pfadfindern, schlagen ihr Camp in finsteren Walde auf. Naja, eher auf einer romantischen Lichtung, aber das kümmert den Mettmann und sein Mettmännchen wenig.
Kreative Ansätze werden mit bewährten Zutaten vermengt. Heraus kommt ein kurzweiliges Treiben, angenehmes Ende inklusive.
Gut. Schön. Eine runde Sache.
7/10
Verhaltensgestörte Blagen, hier als Pfadfinder getarnt, begleitet von bekloppten Ober-Pfadfindern, schlagen ihr Camp in finsteren Walde auf. Naja, eher auf einer romantischen Lichtung, aber das kümmert den Mettmann und sein Mettmännchen wenig.
Kreative Ansätze werden mit bewährten Zutaten vermengt. Heraus kommt ein kurzweiliges Treiben, angenehmes Ende inklusive.
Gut. Schön. Eine runde Sache.
7/10
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