Diane Dee Nathalie Vernier in
DIE PORNOSCHWESTERN
● ET MA SŒUR NE PENSE QU'À ÇA / DIE PORNOSCHWESTERN (B|1970)
mit Numa, Vanina Cranfield, P. de Brunet, J. Demeester und Christian Maillet
eine James Alexander Produktion | im Verleih der Anka Film
nach einer Kurzgeschichte von Charlotte und Julie Morellie
ein Film von Henri Xhonneux
»Machst du es dir lieber alleine, was?«
Die Kamera tastet sich genüsslich an einem Stacheldrahtzaun entlang bis ein idyllisch gelegenes Haus zu sehen ist. Unmittelbar danach befindet sich der Zuschauer auch schon am Ort des Geschehens, dem sündigen Liebesnest der Pornoschwester Eve und deren prüder, und offensichtlich leicht sadistisch veranlagten Schwester Jeanette. Der Einstieg ist grotesk. Eve liegt halbnackt auf ihrem Bett, daneben steht ihr Rollstuhl. Wie es üblich zu sein scheint, erliegt die hübsche junge Dame einem heftigen Anflug von Lust und sie legt selbst Hand an. Ihre Zunge streicht über ihre Lippen, mit geschlossenen Augen scheint sie sich sehr aufregende Dinge vorzustellen, sie stöhnt, doch plötzlich reißt sie die Augen auf und dieses Spektakel ist beendet, um andere Formen anzunehmen. Eine fremde Hand mit einer neunschwänzigen Katze ist zu sehen, was offensichtlich auch zum Tagesgeschäft gehört. Jeanette stellt sich dem Zuschauer also mit sehr vehementer Manier und eindeutigen Worten vor: »Du benimmst dich wie eine Schlampe!« Kurz und gut, sie lässt den Lederriemen sprechen, um ihrer missratenen Schwester die unkeuschen Gedanken auszutreiben.
Ein solcher, nicht gerade alltäglicher Einstieg in einen Film lässt auf eine besonders abenteuerliche Sause hoffen, und es wird sich also herausstellen, ob man es bei Henri Xhonneux mit dem richtigen Mann zu tun hat. Der deutsche Haudrauf-Titel charakterisiert diesen Film erneut nicht im Geringsten, man hat es weder mit einer versauten Expertise aus dem Bahnhofskino zu tun, noch wird ordentlich zur Sache gegangen, da sich die Kamera immer wieder scheu an Belanglosigkeiten heranzoomt, um exponierte Stellen aus dem Bild zu verbannen. Was sich gerade wie Kritik anhört, soll im Grunde genommen gar keine sein, denn der Film ist in seiner Ausarbeitung ziemlich hochwertig geworden und transportiert sehr schöne Bildkompositionen, die zweifelhafte Logik wird mit Füßen und Peitschen vertreten und im Endeffekt ist "Die Pornoschwestern" vor allem ziemlich unterhaltsam geworden. Wie schon bei "Pornospiele mit Stock und Peitsche" entsteht dennoch manchmal eine empfundene Langeweile, weil der Titel womöglich zu viel des Guten zu suggerieren versucht hat.
Als der Fremde schließlich in Haus und Eve eindringt, bekommt das Szenario eine schnelle Kehrtwendung verschafft. Plötzlich übernimmt nämlich die kranke Schwester das Regiment im keuschen Haushalt, da sie nach dieser Kur wie von Geisterhand wieder genesen ist und aufblüht. Ein recht interessanter Rollentausch findet statt, denn auf einmal ist Jeanette an den Rollstuhl gefesselt, das auch noch wortwörtlich, und wird von der erbosten Schwester genüsslich ausgepeitscht und gedemütigt. Hier entstehen unfreiwillig komische Momente, insbesondere, wenn die liebestolle Peinigerin mit ihrem kleinen Folterwerkzeug in den Speichen des Rollstuhls hängen bleibt, außerdem muss man es natürlich vor den Augen der schockierten Schwester treiben, wobei die Kamera sich jedoch die dazu gehörende Mechanik ausspart. So werden Pornoschwestern geboren, insbesondere, wenn eine lukrative Erbschaft abzustauben ist. Jeanette erkennt man nicht wieder, sie liest sich Wissen in ihrem aufschlussreichen Buch über Stellungen an, betrachtet sich im Spiegel, choreografiert obszöne Bewegungen und räkelt sich vor den Agen der erstbesten Männer herum.
Dabei machen die Hauptdarstellerinnen eine sehr gute Figur, sowohl Diane Dee, als auch vor allem Nathalie Vernier, wissen zu überzeugen und zu gefallen. Insgesamt ist der Film mit wenig Handlung ausgestattet, als Entschädigung bekommt man allerdings nette Schauwerte sowie herrliche Dialoge, die man sich immer wieder anhören kann. Als Sahnehäubchen hört man in der deutschen Synchronisation Kaliber wie Ingrid van Bergen oder Ursula Heyer, die den verdorbenen Damen ordentlich Feuer mitgeben können. Doch dann ist der kleine Film aber auch schnell schon wieder zu seinem allzu abrupten Ende gekommen und es ist nichts Neues, oder gar Weltbewegendes passiert. Wer also dem Ruf des deutschen Titels zu zielstrebig folgt, wird eine deftige Enttäuschung erleben, aber man kann auch einfach nur die Augen schließen, und sich diese Schwestern etwas mehr porno vorstellen. Für Freunde von eben diesen Filmen aus einer Art Grauzone, bei denen man eigentlich nicht konkret verstehen braucht, wie sie es überhaupt geschafft haben, ein fertiger Film zu werden, ist sicherlich eine Menge Spaß und Wohlbefinden dabei. Mir hat auch diese Ausgrabung von Candybox wieder sehr gut gefallen und mich schön unterhalten können!