Eine Armee Gretchen - Erwin C. Dietrich

Moderator: jogiwan

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Blap
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Eine Armee Gretchen - Erwin C. Dietrich

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Eine Armee Gretchen (Schweiz 1973, Originaltitel: Eine Armee Gretchen)

Ausgebombte Hirne und nackte Ärsche

Frauen an die Front! Der Mediziner Dr. Felix Kuhn (Carl Möhner) stellt die Einberufung etlicher junger Damen zurück, zur Behlohnung landet er irgendwo an der Ostfront. Dank der freundlichen Mithilfe der Herren von der allseits beliebten Gestapo, dürfen auch seine Töchter Marga (Elisabeth Felchner) und Eva (Karin Heske) in den Krieg ziehen. Marga freundet sich mit der flotten Ulrike von Menzinger (Renate Kasché) an, die jedoch vor allem wilde Bettgeschichten mit strammen Herren im Sinn hat. Das Gras knistert, die Betten quietschen, mit jedem Stoß kommt auch die Front einen Schritt näher...

Fast möchte ich auf einen kurzen Inhaltseinblick verzichten, denn die schlappe Story lockt sowieso keinen Köter hinter dem Ofen hervor. Bei Filmen von Erwin C. Dietrich geht es in erster Linie um nackte Tatsachen, ergo lassen sich auch die Gretchen zumindest in dieser Disziplin nicht lumpen. Bei der Auswahl der Damen bewies Herr Dietrich nicht immer ein glückliches Händchen, doch meist entblätterten sich in seinen Machwerken immerhin ein, zwei, drei hübsche Weibchen. Achtung, diesmal sind erotische Fehlzünder(innen) am Start, die Fräulein von der Armee sind weder hübsch noch fotogen, dem Schundfaktor ist diese Schwäche freilich eher zuträglich, nackt sind die B-Klasse-Hühner sowieso in jeder (un)möglichen Lebenslage zu "bewundern". Wer nun auf Gewalt und Geballer statt Erotik hofft, wird sich bei der Sichtung dieser Sause vermutlich vor Wut die Haare raufen, denn auch in dieser Hinsicht haben die Gretchen (fast) nichts zu bieten.

Hm, keine erotischen Damen, kein Mett, sowieso keine fesselnde Handlung. Wer zum Geier sollte an diesem Schwachsinn Freude haben? Ihr ahnt es bereits, es gibt solche Personen, Namen werden nicht genannt. Die "Stärken" des Films sind unglaublich dämliche Dialoge, egal ob Männlein oder Weiblein, alle Beteiligten sondern nur debilen Mumpitz ab. Selbstverständlich werden beiläufig und völlig sinnfrei immer wieder die Namen diverser Naziobermotze eingestreut, hier ein kleiner Hitler, da ein gammliger Himmler, Pseudo-Provokation aus der untersten Schublade, ich habe mehrfach Tränen gelacht. Erwin wollte gegen Ende des Treibens auf die Kacke kloppen, streute daher ein paar zum Himmel schreiende Kampfszenen ein. Russische Panzer rollen auf deutsche MG-Nester zu, die stolzen Arier ballern mit MGs und Karabinern (!) auf die Panzer, die Russen verziehen sich in eine andere Richtung (Mitleid? Angst sich mit Doofheit zu infizieren?). Erstaunlich, erstaunlich, wieso haben wir den Krieg verloren, es muss wohl an der Taktik des dämlichen Österreichers gelegen haben. Das Ende versucht krampfhaft auf Tragik zu machen, ist aber grotesk und dümmlich angelegt, weitere Brüller sind garantiert (wenn man bis zu diesem Zeitpunkt durchgehalten hat). Mit einer Auflistung der Unzulänglichkeiten des Streifen könnte man Seiten füllen, aber wie bereits erwähnt macht dieses Versagen auf ganzer Linie den Reiz aus.

Egal welche Aspekte des Films man unter die Lupe nimmt, stets wird man auf totalen Blödsinn treffen. Vergleicht der geneigte Zuschauer "Eine Armee Gretchen" jedoch mit den überzogenen Entgleisungen der Nazisploitation-Werke aus Italien, die ab Mitte der siebziger Jahre als kleine Welle durch die Kinos schwappten, ist Herr Dietrichs Beitrag ein reichlich biederer, harmloser und schauwertarmer Schlappschwanz, der zarte Gemüter zwar nicht erfreuen wird, diese aber immerhin nicht in eine Lebenskrise stürzt. So hohl der "Inhalt" auch sein mag, Kamera, Schnitt und Beleuchtung liefern solides Handwerk ab, erreichen mühelos übliches "Dietrich-Niveau". Wer nach einer fiesen und geschmacklosen Sleaze-Suhle giert, sucht im DVD-Regal lieber nach den bizarren Perversionen aus dem Stiefelland. Den kleinen Hunger auf großen Schwachsinn können die willigen Gretchen stillen, noch immer legt sich ein feistes Grinsen über meine alte Ekelfratze. Bitte keine Aufregung wegen angeblicher Verharmlosung der Thematik, ich halte mich an folgendes Motto: Darf man sich über Nazis lustig machen? Nein, man muss!

Richtig gut ist übrigens die DVD geworden, die den Film ungekürzt und in schöner Qualität präsentiert. Im Bonusbereich findet der Filmfreund Trailer zu weiteren Perlen aus dem Dietrich-Kosmos, schön.

Die Zahlenwertung entfällt, ich kann keine Verantwortung für auftretende Nebenwirkungen übernehmen.

Lieblingszitat:

"Was ist denn hier los? Haben wir etwa den Krieg siegreich beendet?"
Das Blap™ behandelt Filme wie Frauen
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buxtebrawler
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Re: Eine Armee Gretchen - Erwin C. Dietrich

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 19.12.2013 bei Illusion films in drei verschiedenen auf jeweils 333 Exemplare limitierten Blu-ray/DVD-Mediabooks:

Cover A:

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Cover B:

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Cover C:

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Extras:
- 28-seitiges Booklet
- Audiokommentar mit Erwin C. Dietrich
- Trailer

Quellen;
http://www.ofdb.de/view.php?page=fassun ... &vid=49661
http://www.ofdb.de/view.php?page=fassun ... &vid=49662
http://www.ofdb.de/view.php?page=fassun ... &vid=49663
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
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Arkadin
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Re: Eine Armee Gretchen - Erwin C. Dietrich

Beitrag von Arkadin »

Am Ende des 2. Weltkriegs werden junge, attraktive Frauen als sogenannte Blitzmädchen an die Front geschickt. Dort sollen sie nicht nur als Flakhelferin oder Nachrichtenfräulein Dienst tun, sondern auch durch körperlichen Einsatz die Moral der untergehenden Truppe heben. Gemustert werden Sie von dem väterlichen Arzt Dr. Felix Kuhn (Carl Möhner). Als dieser ein wenig zu häufig die blutjungen Mädchen untauglich schreibt, bekommt er Besuch von der Gestapo und wird in die Armee eingezogen. Auch seine beiden jungen Töchter Marga (Elisabeth Felchner) und Eva (Karin Heske) kommen nicht ungeschoren davon und müssen zukünftig bei den Blitzmädchen dienen.

Nachdem Erwin C. Dietrich Anfang der 70er seine Sexfilm-Maschinerie zum Laufen gebracht hatte und mit Filmen wie “Blutjunge Verführerinnen” oder “Mädchen,die nach Liebe schreien” in den Bahnhofslichtspielen erfolgreich war, stand ihm scheinbar der Sinn nach Höherem. Einen aufwändigen Kriegsfilm wollte er drehen. Aber natürlich nicht zu aufwändig, dafür war Dietrich viel zu kostenbewusst, aber ein richtiger Ausstattungsfilm. Da traf es sich gut, dass in Jugoslawien günstig altes Kriegsmaterial zur Verfügung gestellt werden konnte. Davon hatten schon diverse andere europäische und amerikanische Filmproduktionen Gebrauch gemacht. Aber auch die eigenen jugoslawischen Großproduktionen profitierten von diesem Fundus an alten Waffen und Panzern. So wurde beispielsweise kurz vor “Eine Armee Gretchen” der jugoslawische 2.-Weltkriegsfilm “Die fünfte Offensive” gedreht, in dem kein geringerer als Richard Burton die Hauptrolle spielt – und zwar den späteren Diktator Tito! Von dieser Produktion konnte Dietrich dann so einige Kulissen und Ausstattungsgegenstände abstauben. Zudem war die jugoslawische Armee für ein paar Devisen durchaus bereit, für die eine oder andere Szene Männer abzustellen.

Als Vorlage für seinen Film diente Dietrich der gleichnamige Roman von Karl-Heinz Helms-Liesenhoff, der 1947 erschienen war und dem noch zwei weitere Teile folgten. Ich kenne den Roman nicht, kann mir aber kaum vorstellen, dass er – wie Dietrichs Film – aus einer Abfolge von Sexszenen besteht. Da Dietrich der Film scheinbar besonders am Herzen lag und/oder er sich dadurch einigen Ruhm erhoffte, verzichtete er hier auf seine beiden Pseudonyme “Manfred Gregor” (Drehbuch) und „Michael Thomas“ (Regie) und zeichnete den Film komplett mit seinem eigenen Namen. Ansonsten war wieder die übliche Dietrich-Crew an Bord. Walter Baumgartner sorgte für die Musik, während Peter Baumgartner die Kamera führte. Für die männlichen Hauptrollen konnte Dietrich Carl Möhner – der immerhin in Jules Dassins “Rififi” einer der Hauptrollen gespielt hatte und auch in der Welt der Italo-Western und Eurospy-Filmen kein Fremder war – und Helmut Förnbacher engagieren. Unter den freizügigen Damen befinden sich Elisabeth Felchner, die zwischen 1970 und 1974 in einigen Sexfilmen – zumeist aus der Lederhosen-Abteilung – dabei war, sowie Karin Heske, die ihn ähnlichen Filmen kleine Rollen hatte. Die rothaarige Renate Kasché, spielte zuvor Rollen in Massimo Dallamanos frühem Giallo “Das Geheimnis der jungen Witwe” und seiner Sacher-Masoch-Verfilmung “Venus im Pelz“, war ab 1970 aber bis auf zwei Ausnahmen nur noch in Report-, Lederhosen- und Kumpelfilmen dabei. Auch in Joe D’Amatos berüchtigtem “Emanuelle in America” hatte sie einen Aufritt, als “Masturbating Redhead”.

Die aktuelle DVD aus dem Hause Ascot Elite trägt den englischen Titel „Fräuleins in Uniform“. „So war’s in Opa’s bumsfiedeler Wehrmacht“ wäre allerdings der angemessenere Titel. Nun erwartet sicherlich niemand von einem Film aus dem Hause Dietrich eine ernsthafte Geschichtsstunde, aber der Umgang mit der deutschen Vergangenheit fällt schon überraschend lax aus. Böse Gestalten gibt es eigentlich keine, die Generäle sind alles väterliche Typen, die gerne mal mit gutem Rat zu Seite stehen. Selbst SS-Leute zeigen Verständnis für die Nöte armer Mädchen und verhalten sich durchaus mitfühlend. Die einzigen bösen Gestalten sind zwei Gestapo-Männer, die aber auch eher harmlos daherkommen, sowie ein fieser Soldat, der eine der Gretchen vergewaltigt. Bei einem anderen Offizier ist die schlimmste Tat dann, dass er mit einer anderen ins Bett steigt. Wenn sich dann noch hinter allen Büschen nackte Pärchen tummeln und in Slapstickmanier die Mädels bestiegen werden, dann erscheint der 2. Weltkrieg als harmloser Abenteuerspielplatz, was ich durchaus bedenklich finde.

Generell spielt der Krieg eine untergeordnete Rolle. Kampfszenen gibt es nur wenige. Ein Fliegerangriff, bei dem aber nur ein junger Don Juan ums Leben kommt; ein Luftangriff, der aus der Sicht der Flakhelferin gezeigt wird und wo auch nichts spektakuläres passiert, und natürlich ein Angriff auf eine (männliche) Armeeeinheit, die aus einer Handvoll Soldaten besteht, die es dann auch irgendwie schaffen (wie wird nicht wirklich ersichtlich) mehrere sowjetische Panzer abzuwehren. Verwundete werden als dekoratives Element durch das Bild getragen und der Holocaust mit keinem Wort erwähnt. Zwar gibt es am Anfang ein halbjüdisches Mädchen, aber deren größte Repressalie ist es, dass sie nicht an die Front darf, um ihre Soldaten zu unterstützen. Selbst wenn eine „Ilsa“-ähnliche, kühle-strenge Blondine eingeführt wird, stellt sich diese am Ende wirklich nur als „Mutter der Kompanie“ heraus und wird nicht weiter genutzt.

Jenseits dieser Verharmlosungen und Unwahrscheinlichkeiten ist aber auch das von Dietrich verfasste Drehbuch kein Ruhmesblatt. Der ganze Film wirkt wie die 10-minütige Super-8 Version eine 2-Stunden-Films. Ständig werden neue Charaktere und Nebenhandlungen eingeführt, nur um diese – manchmal schon direkt nach dem Ende der Szene – wieder fallen zu lassen. Als ob das Drehbuch einmal sehr viel dicker war, man aber aufgrund von Budgetschwierigkeiten nur ein paar Seiten filmen konnte und das Ganze dann eben mit belanglosen Sexszenen auf Spielfilmlänge gestreckt hätte. Da gibt es z.B. eine Gruppe junger Mädchen, die sich freiwillig zum Einsatz an der Ostfront melden, dem wird stattgegeben, die Mädels freuen sich und das war’s. Eine der Hauptfiguren hat auf einmal ein Liebesverhältnis mit einem Partisanen – woher, warum, wie, das bleibt alles im Dunkeln. Und in der nächsten Szene wird dieser dann hingerichtet. Kurzer Prozess, kurzes Weinen und schon ist diese Episode wieder vergessen. Einmal taucht ein frisch vom Schlachtfeld kommender Soldat auf eine dekadente Feier der Offiziere auf, wird dort bezirzt und wieder ist Schluss. All dies wird mit einer so großen Bedeutungsschwere inszeniert, dass man als Zuschauer zwangsläufig davon ausgehen muss, dass diese Szenen für den Film irgendwelche Relevanz haben müssen – haben sie aber nicht im Geringsten.

Da man bei der Vielzahl der unzusammenhängenden Szenen keine Beziehung zu irgendeinem Charakter aufbauen kann und viele Handlungen schlicht nicht nachvollziehbar bleiben, interessiert man sich auch nicht sonderlich für die Figuren, was gepaart mit der generellen Harmlosigkeit des Filmes schnell zu Langeweile führt. Da die zahlreichen Sexszenen auch aus jedem x-beliebigen „Report“-Film stammen könnten und reichlich unspektakulär daher kommen, werden noch nicht einmal die niederen Instinkte der Sexploitation-Fans befriedigt.

„Eine Armee Gretchen“ ist ein leider recht langweiliger Flickenteppich, der nicht nur den Krieg und das 3. Reich verharmlost, sondern es auch nicht schafft, eine halbwegs zusammenhängende und interessante Geschichte zu erzählen. Nebenbei werden auch noch alle etwas radikaleren, exploitiven Elemente links liegen gelassen.

Das Bild der in der Reihe „Cinema Treasures“ erschienen DVD ist den Umständen entsprechend sehr gut. Der Ton liegt gleich vier Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch) vor. Zudem enthält eine fünfte Tonspur einen Audiokommentar von Erwin C. Dietrich und dem Filmhistoriker Uwe Huber. Unterhaltsam ist das Featurette „Achtung! Birgit!“ in dem Darstellerin Birgit Bergen von ihrem Leben und den Dreharbeiten berichtet. Wobei man hier und dort in Frage stellen kann, in wie weit sie sich richtig erinnert oder sich doch etwas zu gut ins recht Licht rückt. Der deutsche Trailer und eine Bildergalerie runden den Bonus ab.

Screenshots: http://www.filmforum-bremen.de/2014/04/ ... -gretchen/
Früher war mehr Lametta
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CamperVan.Helsing
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Re: Eine Armee Gretchen - Erwin C. Dietrich

Beitrag von CamperVan.Helsing »

Arkadin hat geschrieben:
„Eine Armee Gretchen“ ist ein leider recht langweiliger Flickenteppich, der nicht nur den Krieg und das 3. Reich verharmlost, sondern es auch nicht schafft, eine halbwegs zusammenhängende und interessante Geschichte zu erzählen. Nebenbei werden auch noch alle etwas radikaleren, exploitiven Elemente links liegen gelassen.
Das trifft es wohl recht gut, soweit ich mich nach mehr als 5 Jahren überhaupt noch an den Film erinnern kann.
My conscience is clear

(Fred Olen Ray)
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