Forbidden Paris - Jean-Louis van Belle (1970)

Moderator: jogiwan

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jogiwan
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Forbidden Paris - Jean-Louis van Belle (1970)

Beitrag von jogiwan »

Forbidden Paris

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Originaltitel: Paris Interdit

Herstellungsland: Belgien / 1970

Regie: Jean-Louis van Belle

Darsteller: Ben-Ghou-Bey, Charles Buhr, Natalie Perrey, Maelle Pertuzo

Story: -
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jogiwan
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Re: Forbidden Paris - Jean-Louis van Belle (1970)

Beitrag von jogiwan »

Mondo-Shockumentary über die wilden Zustände in Paris, die mal doof, mal lustig und dann wieder grausig daherkommen und wohl auch größtenteils inszeniert sein dürften. Bei seiner Aufführung auch geradewegs wieder verboten und nicht mal in der OFDB eingetragen, zeichnet Jean-Louis van Belle auch ein sehr seltsames Bild der französischen Landsleute (nicht, dass uns das überraschen würde...). So gibt es Menschen, die mit der Explosion der Atombombe rechnen, eine Fakir-Schule für Frauen, Striptease-Unterricht für Frauen, Nazi-Kult im Undergrund, einen echten Vampir (diese Szenen wurden dann auch für "The Sadist with the Red Teeth" verwendet), sowie eine grausige Szene, in der ein totes Hündchen von einem Präparator für sein Frauchen ausgestopft wird. Ich bin ja sowieso nicht so der Freund von Mondo-Filmen und "Forbidden Paris" macht auch nicht wirklich Spaß. Freunde von obskuren Streifen kommen zwar voll auf ihre Kosten, aber mich konnten die seltsamen Kulte und Riten und obskure Charaktere in der französischen Millionenmetropole nicht wirklich begeistern. 4/10
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jogiwan
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Re: Forbidden Paris - Jean-Louis van Belle (1970)

Beitrag von jogiwan »

Hier auch noch rasch ein paar Bildchen:


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Salvatore Baccaro
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Forbidden Paris - Jean-Louis van Belle (1970)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

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Originaltitel: Paris Interdits

Produktionsland: Frankreich 1970

Regie: Jean-Louis van Belle

Darsteller: Fakire, Neonazis, Flammenanbeter, Transvestiten, Vampire, ausgestopfte Hündchen
…und weiter geht das erstaunte Wühlen in Jogi’s weihnachtlichem Mondo-Paket:

Jean-Louis van Belle, dessen Filmographie gespickt ist mit einladenden Titeln wie LE SADIQUE AUX DENTS ROUGES, PERVERSE ET DOCILE oder PERVERTISSIMA, inszeniert 1970 mit PARIS INTERDITS eine französische Antwort auf das italienische Mondo-Kino, in der anhand von insgesamt fünfzehn Episoden obskure Bewohner der titelgebenden Metropole beleuchtet werden. Dass van Belle seine Hausaufgaben gemacht, und sich zuvor mindestens eine Handvoll Genre-Vertreter angeschaut hat, beweist, wie sicher sein Film in den Fußstapfen seiner Vorbilder wandert. Kaum etwas, auf das wir in PARIS INTERDITS mit gerümpfter Nase und ungläubigen Augen gestoßen werden, das sich nicht auch in früheren Filmen dieses Schlages finden ließe: Ein Pärchen, dessen männlicher Part sich nach Einbruch der Nacht in einschlägigen Clubs als Frau auftakelt, während es beim weiblichen Part genau anders herum ist, geben sich in einer symbolischen Hochzeitszeremonie das Ja-Wort, und machen danach mit ihrer burlesken Bühnenshow die Tanzlokale unsicher; ein Fakir hat eine Reihe weiblicher Groupies um sich herum versammelt, die es so weit bringen wollen wie er, sprich, sich ohne Schmerzen und Blutverlust Nadeln und Stilette durch die Wangen und die Bauchnabel zu bohren; ein effeminierter Striptease-Lehrer besucht Hausfrauen, wenn deren Gatten auf Arbeit sind, um ihnen minutiös vorzuführen, wie man sich sexuell knisternd die Kleider vom Leib reißt, während der minderjährige Nachwuchs das alles für eine Clownerie hält, und aus dem Lachen gar nicht mehr herausfindet; in einer deutlichen MONDO-CANE-Referenz dürfen wir minutenlang beiwohnen, wie ein verstorbenes Schoßhund vom Taxidermisten ausgenommen und ausgestopft wird: Dank integrierter Lautsprecher ist das präparierte Tier sogar fähig, sein Frauchen mit dem vertrauten Bellen zu begrüßen, wenn es ihm die flauschige Flanke tätschelt.

Trotz des generischen Charakters des Materials und seiner altbekannten Aufbereitung unterscheidet sich der übrigens recht geschmackvoll, teilweise gar „künstlerisch“ in Szene gesetzte PARIS INTERDITS von all den Kuriositätenkabinetten italienischer Provenienz dann doch durch zwei entscheidende Dinge: Zum einen kann man allein an dem Umstand, dass der immerhin neunzigminütige Film einzig und allein fünfzehn Segmente beinhaltet, erkennen, dass die Themen, Motive, Stimmungen nicht ganz so rasant aufeinanderfolgen wie das in einem üblichen Mondo-Film der Fall ist; stattdessen nimmt sich van Belle durchaus Zeit für seine Figuren und Situationen – wenn auch Zeit nehmen in dem Zusammenhang mitunter bedeutet, dass wir, als seien wir in ein Remake von Andy Warhols KISS gestolpert, einer halben Ewigkeit knutschenden hetero- und homosexuellen Paaren zuschauen, oder aber, dass wir uns eine gefühlte Ewigkeit im Atelier eines angeblich sadistischen Photographen aufhalten, der zu schrillem Free Jazz die Haarmähnen seiner Modelle mit einem Fön zum Wehen bringt. Zum andern gibt sich PARIS INTERDITS wesentlich investigativer und, wenn man so will, distanzloser als seine Stiefelland-Geschwister, was vor allem daran liegt, dass die Tonspur fast ausschließlich aus inneren Monologen der gezeigten Personen besteht. Wenn wir beispielweise in der nun wirklich eine Definition von „Unspektakulär“ bereitstellenden Eröffnungsszene eine Frau kennenlernen, die eine Wette dazu veranlasst, splitterfasernackt am Steuer ihres PKWs durch Paris zu gondeln, dann offeriert uns angeblich die Dame selbst retrospektiv aus dem Off die Gründe dafür, was sie zu dieser ach so skandalösen Tat bewegt hat: Ich tausche meine Haut für die Haut von jemand anderes, meint sie, darauf anspielend, dass ihr ominöser Wettpartner ihr als Lohn für die bestandene Mutprobe einen teuren Pelzmantel in Aussicht gestellt hat.

Besonders aufsehenerregend wird PARIS INTERDITS, solchen ihm zu Eigenständigkeit innerhalb der Genre-Historie verhelfenden Nuancen zum Trotz, für mich allerdings im Grunde nur dann, wenn der Film komplett die Contenance verliert, und sich in haarsträubenden Szenen versteigt wie folgenden: Eine Sekte, deren Mitglieder sich selbst als Flammenanbeter verstehen, feiern ihren religiösen Ritus, indem sie Schaufensterpuppen der reinigen Macht des Feuers überantworten; ein Mann glaubt, Armageddon stünde vor der Tür, weshalb er sich und seine Familie auf die drohende Apokalypse vorbereitet, Lebensmittel hamstert, sich die Haare abrasiert, und schließlich von seiner Gattin – weshalb die Frau dabei nackt sein muss, weiß wohl nur van Belle selbst – in einen Astronautenanzug geholfen bekommt, der ihn vor etwaigen atomaren Strahlungen schützen soll, und in dem er anschließend durch Paris spaziert; im Finale hat eine weitere Sekte sich mit Tiermasken bedeckt zu einer Orgie in einer Luxusvilla zusammengefunden, die haarscharf an der Grenze zur Pornographie vorbeischrammt. Meine persönlichen Höhepunkte indes: Ein selbsternannter Vampir, der sich, wie die Damen in Joseph Ferdinand Gueldrys Gemälde „Les buveurs de sang“ (1898), ins örtliche Schlachthaus begibt, um das Frischgezapfte vom Rind zu genießen, und vor allem der Besuch bei einem nationalsozialistischen Geheimbund, der sich in einem verlausten, mit Hitler-Portraits und Hakenkreuz-Fahnen ausstaffierten Keller trifft, und, wenn man nicht aus „Mein Kampf“ rezitiert oder zu Militärmusik auf der Stelle marschiert, junge Frauen auf eine Weise in den Kult einführt, die jeder Beschreibung spottet: Nachdem man eine Babypuppe, die das Weltjudentum symbolisieren soll, verbrannt hat, muss die Adeptin, wie es hießt, die Rolle des Juden einnehmen, und wird in einem sadomasochistischen Reigen von den übrigen Mitgliedern verbal erniedrigt, geohrfeigt, bespuckt. Erklärung: Die Frau soll dieses Ritual mit dem Wissen überstehen, dass sie stärker sei als das Judentum. Mal abgesehen davon, dass sich mir die Logik des Ganzen kein bisschen erschließt – seit wann hat denn jemals ein nationalsozialistischer Theoretiker oder Praktiker Juden ihren Opferstatus zugestanden, und sie nicht vielmehr als Tätervolk modelliert? –, übertritt die Inszenierung des Spektakels die Grenze zur Satire spielerisch.

Dass PARIS INTERDITS sich selbst großartig ernstnehmen würde, kann man demnach ebenso wenig behaupten wie, dass der Film nicht einen gewissen Unterhaltungswert besitzen würde. Wer einmal gerne einen Mondo auf Französisch sehen möchte, und wer zudem gerne Jazz hört, und Stadtansichten der französischen Hauptstadt mag, der ist hier jedenfalls sehr richtig beraten. Für 99,9 Prozent der Menschheit indes wird ein Machwerk wie vorliegendes allerdings wohl nur Grund zu exzessivem Kopfschütteln sein.
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jogiwan
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Re: Forbidden Paris - Jean-Louis van Belle (1970)

Beitrag von jogiwan »

@ salvschi: da gab es schon einen Fred :nick:
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Salvatore Baccaro
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Re: Forbidden Paris - Jean-Louis van Belle (1970)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

Tatsächlich! Allerdings nicht im Französisch-Ordner...
Na, immerhin stimmen unsere beiden Beobachtungen bis in Details überein. :geek:
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