Mann beißt Hund - Rémy Belvaux/André Bonzel/Poelvoorde (1992)
Moderator: jogiwan
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Mann beißt Hund - Rémy Belvaux/André Bonzel/Poelvoorde (1992)
Originaltitel: C'est arrivé près de chez vous
Herstellungsland: Belgien / 1992
Regie: Rémy Belvaux, André Bonzel, Benoît Poelvoorde
Darsteller: Benoît Poelvoorde, Jacqueline Poelvoorde-Pappaert, Nelly Pappaert,Hector Pappaert,Jenny Drye, u.a.
Story:
Ein Kamerateam begleitet den Killer Ben bei der Arbeit. Launig berichtet er über seinen Job und sein Leben. Bald weicht die anfängliche Distanz der Reporter der Kumpanei mit dem Mörder. Schließlich helfen sie sogar bei der Beseitigung der Leichen und legen selbst Hand an...
Quelle: ofdb.de
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Re: Mann beißt Hund - Rémy Belvaux/André Bonzel/Benoît P
Ich hatte schon fast gefürchtet, dass dieser sensationelle Film hier noch nicht gelistet sei (god save the Such-Funktion )
"Mann beißt Hund" ist ohne jeden Zweifel von "Cannibal Holocaust" inspiriert und greift "the blair witch projekt" und "diary of the dead" vorweg (und ist in vielen Fällen auch deutlich besser inszeniert). Übertragen wurde das Setting zum einen in grobkörniges S/W und aus dem Dschungel in die Stadt zu einer Serienkiller-Thematik - wobei der Killer hier wirklich nur auf eigene Faust (ohne Auftraggeber) seinen Lebensunterhalt verdient (oder zu verdienen versucht).
Gesehen habe ich ihn das erste mal, da ging ich noch zur Schule. ARD brachte den zur Erstausstrahlung nach 00:00Uhr ungekürzt - was ob des beachtlichen Härtegrades sehr verwunderte.
Empfehlen kann man diesen Film eigentlich uneingeschränkt jedem Freund (oder Freundin ) von ungewöhnlichen Inszenierungen, experimentellen Studentenfilmen (so wirkt er - ob er es ist weiß ich leider nicht) und sowieso eher härteren Gesellschaftsbetrachtungen.
Würden noch Zombies drin vorkommen, wäre es "night of the living dead" - nur nicht ganz so stark beachtet
"Mann beißt Hund" ist ohne jeden Zweifel von "Cannibal Holocaust" inspiriert und greift "the blair witch projekt" und "diary of the dead" vorweg (und ist in vielen Fällen auch deutlich besser inszeniert). Übertragen wurde das Setting zum einen in grobkörniges S/W und aus dem Dschungel in die Stadt zu einer Serienkiller-Thematik - wobei der Killer hier wirklich nur auf eigene Faust (ohne Auftraggeber) seinen Lebensunterhalt verdient (oder zu verdienen versucht).
Gesehen habe ich ihn das erste mal, da ging ich noch zur Schule. ARD brachte den zur Erstausstrahlung nach 00:00Uhr ungekürzt - was ob des beachtlichen Härtegrades sehr verwunderte.
Empfehlen kann man diesen Film eigentlich uneingeschränkt jedem Freund (oder Freundin ) von ungewöhnlichen Inszenierungen, experimentellen Studentenfilmen (so wirkt er - ob er es ist weiß ich leider nicht) und sowieso eher härteren Gesellschaftsbetrachtungen.
Würden noch Zombies drin vorkommen, wäre es "night of the living dead" - nur nicht ganz so stark beachtet
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
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Re: Mann beißt Hund - Rémy Belvaux/André Bonzel/Poelvoorde
Obiges Tape (Verleihversion) nenne ich mein eigenes, allerdings schon lange nicht mehr gesehen. Irgendwie ziemlich obskur und doch so nahe an der Wahrheit, wie weit heute Fernsehanstalten gehen, um ihre Quoten zu erhöhen.
Ist wohl eher im Low Budget Bereich angesiedelt, aber eben hier auch Mittel zum Zweck.
Fantastischer Film.
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Re: Mann beißt Hund - Rémy Belvaux/André Bonzel/Poelvoorde
Sehr gut ! Sollte man unbedingt in der Originalsprache mit UT gucken, dann rockts so richtig !
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Re: Mann beißt Hund - Rémy Belvaux/André Bonzel/Poelvoorde
Begleitet von einem Kamerateam geht Serienmörder Ben seiner Arbeit nach. In Schwarzweißbildern wird eingefangen, wie er Menschen ermordet, vergewaltigt und ihre Leichen entsorgt. Das Kamerateam unterstützt ihn nach Kräften und packt auch selbst mit an, wenn es nötig wird. Man zeichnet Bens selbstverliebte Monologe genauso auf wie gemeinsame Kneipenbesuche und darf gar seine Familie kennenlernen.
Im „Mockumentary“-Stil drehten die Belgier Rémy Belvaux, André Bonzel und Benoît Poelvoorde 1992 diese rabenschwarze Satire, die einerseits einen Mann porträtiert, der laut, lebenslustig und sehr von sich eingenommen ist, ein kleinbürgerlicher Rassist, der seine Familie und die schönen Künste liebt und durchaus zu Gefühlen fähig ist, aber überhaupt kein Problem damit hat, zwischen sich als Privatperson und seinem „Beruf“, dem er in erster Linie zum „Geldverdienen“ nachgeht, knallhart zu trennen. Mitgefühl für seine Opfer ist ihm vollkommen fremd, zynisch und sachlich sein Umgang mit ihnen. Das sensationsgeile Kamerateam begleitet ihn auf Schritt und Tritt, gibt sich selbst trotz Mittäterschaft aber zurückhaltend und schüchtern.
Der realistische Stil des Films inkl. Wackelkamera und Tonschwankungen fesselt gleichermaßen wie die hervorragende schauspielerische Leistung Poelvoordes, der Ben in all seiner Vielschichtigkeit verkörpert und durch dessen Charaktertypus parodiert. Trotz der rohen Explizität des Gezeigten erscheint es absurd, grotesk und häufig skurril, woraus sich der eigenwillige Humor des Films ergibt, über den man sich möglicherweise dann und wann erschreckt, denn immerhin wird man voyeuristischer Zeuge von Morden, Vergewaltigungen und absoluter Kaltblütigkeit. Für diese gelungene, mutige, tabubrechende Umsetzung gebührt dem Filmteam mein Respekt.
Als auf die seinerzeit einsetzende „Reality TV“-Welle abzielende Satire erscheint mir „Mann beißt Hund“ aber ein bisschen plump, insbesondere da mir Meisterwerke wie beispielsweise Ruggero Deodatos „Cannibal Holocaust“ allgegenwärtig sind. Insofern waren weder Thema noch Tabubrüche des Films in irgendeiner Weise neu, lediglich die spezielle Art des Humors dürfte ein Alleinstellungsmerkmal sein. Man hätte sich gerne die Mühe machen dürfen, noch ein wenig Handlung um den Torso herumzubasteln, die beispielsweise auf das potentielle Publikum solcher Aufnahmen eingeht. Den Konsumenten des Films den Spiegel vorzuhalten und durch ihre Begeisterung für „Mann beißt Hund“ aufzuzeigen, dass sie selbst den Voyeurismus in sich tragen, der „Reality TV“ & Co. zum Erfolg verhilft, ist einerseits eine durchaus intelligente Herangehensweise, ignoriert letztlich aber den Unterschied zwischen Fiktion und Realität bzw. das Differenzierungsvermögen des Zuschauers. Nicht zuletzt lässt sich dieser Spiegel, gerade auch von der Kritik, auch umkehren und auf die Regisseure richten, denn ein evtl. moralischer Ansatz lässt sich schnell anzweifeln, das bewusste Bedienen eines voyeuristischen Publikums zum Vorwurf erheben.
Wie das Kamerateam auf Ben gestoßen ist, was ihre ursprünglichen Beweggründe waren etc. wäre nicht nur interessant gewesen, sondern hätte auch eine über die gezeigten Nuancen hinausgehende Entwicklung der Charaktere erlaubt. „Mann beißt Hund“ wollte aber vermutlich einfach ein dreckiger, schneller Film sein und das ist gelungen.
Im „Mockumentary“-Stil drehten die Belgier Rémy Belvaux, André Bonzel und Benoît Poelvoorde 1992 diese rabenschwarze Satire, die einerseits einen Mann porträtiert, der laut, lebenslustig und sehr von sich eingenommen ist, ein kleinbürgerlicher Rassist, der seine Familie und die schönen Künste liebt und durchaus zu Gefühlen fähig ist, aber überhaupt kein Problem damit hat, zwischen sich als Privatperson und seinem „Beruf“, dem er in erster Linie zum „Geldverdienen“ nachgeht, knallhart zu trennen. Mitgefühl für seine Opfer ist ihm vollkommen fremd, zynisch und sachlich sein Umgang mit ihnen. Das sensationsgeile Kamerateam begleitet ihn auf Schritt und Tritt, gibt sich selbst trotz Mittäterschaft aber zurückhaltend und schüchtern.
Der realistische Stil des Films inkl. Wackelkamera und Tonschwankungen fesselt gleichermaßen wie die hervorragende schauspielerische Leistung Poelvoordes, der Ben in all seiner Vielschichtigkeit verkörpert und durch dessen Charaktertypus parodiert. Trotz der rohen Explizität des Gezeigten erscheint es absurd, grotesk und häufig skurril, woraus sich der eigenwillige Humor des Films ergibt, über den man sich möglicherweise dann und wann erschreckt, denn immerhin wird man voyeuristischer Zeuge von Morden, Vergewaltigungen und absoluter Kaltblütigkeit. Für diese gelungene, mutige, tabubrechende Umsetzung gebührt dem Filmteam mein Respekt.
Als auf die seinerzeit einsetzende „Reality TV“-Welle abzielende Satire erscheint mir „Mann beißt Hund“ aber ein bisschen plump, insbesondere da mir Meisterwerke wie beispielsweise Ruggero Deodatos „Cannibal Holocaust“ allgegenwärtig sind. Insofern waren weder Thema noch Tabubrüche des Films in irgendeiner Weise neu, lediglich die spezielle Art des Humors dürfte ein Alleinstellungsmerkmal sein. Man hätte sich gerne die Mühe machen dürfen, noch ein wenig Handlung um den Torso herumzubasteln, die beispielsweise auf das potentielle Publikum solcher Aufnahmen eingeht. Den Konsumenten des Films den Spiegel vorzuhalten und durch ihre Begeisterung für „Mann beißt Hund“ aufzuzeigen, dass sie selbst den Voyeurismus in sich tragen, der „Reality TV“ & Co. zum Erfolg verhilft, ist einerseits eine durchaus intelligente Herangehensweise, ignoriert letztlich aber den Unterschied zwischen Fiktion und Realität bzw. das Differenzierungsvermögen des Zuschauers. Nicht zuletzt lässt sich dieser Spiegel, gerade auch von der Kritik, auch umkehren und auf die Regisseure richten, denn ein evtl. moralischer Ansatz lässt sich schnell anzweifeln, das bewusste Bedienen eines voyeuristischen Publikums zum Vorwurf erheben.
Wie das Kamerateam auf Ben gestoßen ist, was ihre ursprünglichen Beweggründe waren etc. wäre nicht nur interessant gewesen, sondern hätte auch eine über die gezeigten Nuancen hinausgehende Entwicklung der Charaktere erlaubt. „Mann beißt Hund“ wollte aber vermutlich einfach ein dreckiger, schneller Film sein und das ist gelungen.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Mann beißt Hund - Rémy Belvaux/André Bonzel/Poelvoorde
Den hab ich damals mal in den Zeise-Kinos Hamburg gesehen, ein Wiedersehen mit dem Film wäre wohl mal nötig.
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Re: Mann beißt Hund - Rémy Belvaux/André Bonzel/Poelvoorde
Interessanter zynisch-ironischer Beitrag in s/w. Im Mockumentary Style gedreht und an NATURAL BORN KILLERS erinnernd, inhaltlich gesehen, aber nicht technisch. Fast könnte man das schon glauben, Serienkiller erfreuen sich ja im Medienzeitalter immer mehr an Beliebtheit.
7/10
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Re: Mann beißt Hund - Rémy Belvaux/André Bonzel/Poelvoorde
Sehr schön, dass ARTHAUS diesen belgischen Mockumentary-Klassiker wieder verfügbar gemacht hat, auch wenn der vor 20 Jahren im Kino mich mehr geschockt hat (lief der im Kino nicht NUR in OmU??) als heutzutage. Bin ich auch Reality-TV-verseucht, obwohl ich noch nie GNTM oder DSDS gesehen hab? Bin ich dennoch durch das Privatfernsehen der vergangenen zwei Dekaden verblödet?
Gleichwohl: Szenen wie die Vergewaltigung treffen immer noch die Magengrube, gut so. Und Benoit, dem Serienmörder von nebenan muss man sein Interesse an Sozialwohnungsbauarchitektur zugute halten, wenn auch dies natürlich seine rassistischen Vorurteile nicht aufwiegt.
Ideal für ein Double-Feature mit Lumets "Network".
Gleichwohl: Szenen wie die Vergewaltigung treffen immer noch die Magengrube, gut so. Und Benoit, dem Serienmörder von nebenan muss man sein Interesse an Sozialwohnungsbauarchitektur zugute halten, wenn auch dies natürlich seine rassistischen Vorurteile nicht aufwiegt.
Ideal für ein Double-Feature mit Lumets "Network".
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Re: Mann beißt Hund - Rémy Belvaux/André Bonzel/Poelvoorde
Erscheint voraussichtlich am 21.04.2016 noch einmal bei Arthaus auf Blu-ray:
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Re: Mann beißt Hund - Rémy Belvaux/André Bonzel/Poelvoorde
Nicht zu vergessen, dass Benoit ziemlich briefträgerfeindlich kritisch ist. Dafür spendiert er aber auch mal ne Portion Muscheln.ugo-piazza hat geschrieben:Und Benoit, dem Serienmörder von nebenan muss man sein Interesse an Sozialwohnungsbauarchitektur zugute halten, wenn auch dies natürlich seine rassistischen Vorurteile nicht aufwiegt.
„Ist es denn schade um diesen Strohhalm, Du Hampelmann?“