Originaltitel: Nneka
Produktionsland: Nigeria 1994
Regie: Zeb Ejiro
Darsteller: Ndidi Obi, Okechukwu Ogunjiofor, Rita Nzelu, Kanayo O. Kanayo, Nelly Uchendu, James Iroha
Nachdem ich zuletzt dem 1996 gedrehten KARISHIKA attestiert hatte, er sei die mit Abstand konsumierbarste Nollywood-Produktion, die mir jemals unter die Augen getreten ist, muss ich dies nach der nunmehrigen Sichtung des zwei Jahre zuvor entstandenen NNEKA sogleich wieder revidieren. Bis auf derart wenige Szenen, dass man sie problemlos an einer Hand abzählen kann, wirkt vorliegendes Werk, als handle es sich um eine auf zwei Stunden herabgekürzte Seifenoper voller Intrigen, Eifersüchteleien und Herzensbrüchen, der man das Horrorfilm-Etikett erst nachträglich notdürftig angeheftet hat. Auch technisch-ästhetisch hält sich NNEKA weitgehend fern von den Trademarks meiner bislang gesichteten Exempel nigerianischen Filmschaffens: Montage und Kameraarbeit sind kein bisschen abenteuerlustig, sondern beinahe schon steril; die Akteure reißen sicherlich keine Bäume mit ihrem Schauspiel aus, verzichten aber größtenteils auf irritierendes Overacting; und, nicht zuletzt: Das Drehbuch besitzt tatsächlich einen roten Faden, der nahezu ohne Umschweife von einem konkret benennbaren Punkt A zu einem konkret benennbaren Punkt B führt. Da der im Igbo-Idiom gedrehte Film zudem über englische Untertitel verfügt, die, anders wie in OLOGBO AIYE, nicht bloß ein Drittel des gesprochenen Wortes übersetzen, sondern durchweg kompetent und vor allem komplett wirken, kann man der Storyline als kleiner Bonus sogar ohne gesteigerte Anstrengung folgen. Alles in allem prädestiniert NNEKA das, meiner Meinung nach, für die perfekte Einstiegsdroge in die Schönheiten und/oder Scheußlichkeiten Nollywoods, nach deren Genuss man entweder nach mehr geifert oder aber entrüstet die Hände über dem dampfenden Kopf zusammenschlägt…
Die Prologsequenz zeigt uns eine Dame an irgendeinem nigerianischen Gewässer, wo sie, ein lebendes Huhn in Händen, eine namenlose Flussgöttin anruft: Seit geraumer Zeit bereits sei sie verheiratet, doch noch immer habe sie ihrem Gatten kein Kind schenken können, was nicht nur diesen verstimme, sondern die Arme zudem zum Gespött ihres gesamten Dorfes mache. Bevor ich befürchten kann, dass dem lebenden Huhn eine Tiersnuff-Szene auf den Leib geschnitten werden wird, wie ich sie nun bereits in mehreren Nollywood-Filmen habe sehen müssen, ertönt bereits der Vorspannsong, ein ziemlich schmalzlockiges Pop-Gedudel, bei dem ich mangels fehlender Untertitel lediglich immer nur wieder den Namen Nneka verstehe. Was genau es mit diesem Prolog nun auf sich hat, erklärt uns der nachfolgende Film freilich nicht. (Ich reime mir jedoch zusammen, dass wir dort quasi der „Geburt“ Nnekas in dem Sinne beigewohnt haben, dass die Flussgöttin die Hilfesuchende per magischer Kräfte schwängerte, und aus diesem übernatürlichen Kontakt eben unsere Titelheldin entsprungen ist – aber, wie gesagt, da der Film genau das eben NICHT zeigt, bleibt es bei Spekulationen meinerseits.) Wichtig ist das Vorgeplänkel jedoch sowieso kein bisschen, denn nun entfaltete NNEKA eine Groschenromangeschichte, die zumindest mir nicht viele Rätsel aufgegeben hat:
„When a man is rich and handsome, he’s mine!”, lautet der Leitspruch von Nneka, einer Femme Fatale wie aus dem Bilderbuch, die sich durch die Männerwelt einer nicht näher benannten nigerianischen Stadt saugt. Zu Beginn der Handlung wird sie gerade auf offener Straße von einer entrüsteten Frau verbal attackiert, die ihr unterstellt, sich an ihren Gatten herangepirscht zu haben. Nneka streitet zwar alle Vorwürfe ab und spielt die Empörte, doch im Zwiegespräch mit ihren beiden Busenfreundinnen zeigt sich bald ihr wahres Gesicht, nämlich eins, das vom boshaften Lachen über die gehörnte Ehefrau entstellt ist. Beim Ehebrecher zu Hause indes hängt der Haussegen schief: Auch ihn konfrontiert die Gattin mit dem Wissen, dass er sie mit Nneka betrogen habe. Der Streit eskaliert schnell, als der Ehemann sich nicht weiterzuhelfen weiß als seiner Frau eine gesalzene Backfeige zu versetzen, worauf die wiederum ihre Wut am völlig unschuldigen Dienstmädchen auslässt. Wirklich sympathisch ist in diesem Film bis hierhin niemand, und wird es so schnell auch nicht, wenn Nneka kurz darauf bei ihrem Liebhaber aufkreuzt, um sich bitterlich an dessen zänkischem Eheweib zu rächen. Da die Eheleute ausgeflogen sind, und nur die Dienstmagd und der kleine Sohn des Pärchens das Haus hüten, hat unsere Heldin leichtes Spiel: Erst wird das Hausmädchen unter ihren Willen gezwungen, - (was der Film dadurch veranschaulicht, dass wir in einem POV-Shot aus Perspektive der Magd das Gesicht Nnekas sich in das einer Katze verwandeln sehen; leider einer der wenigen wirklich haarsträubenden, weil völlig unvermittelten Einfälle des Drehbuchs) -, und sodann dem Buben schwarzmagisch infizierte Bananen (!) verabreicht. Die Ehefrau des Ehebrechers befindet sich indes auf der Heimfahrt, als sich plötzlich vor ihr auf der mitternächtlichen Straße eine riesige Mieze materialisiert, bei der es sich natürlich um niemand andere als Nneka im Muschipelz handelt. Von der Fahrbahn abgekommen versucht Nnekas Opfer die Flucht zu Fuß, die jedoch alsbald damit endet, dass wir unsere Heldin sehen, wie sie sich die bluttriefenden Katzenklauen leckt. Kann man sich eine hübschere Hommage an Jacques Tourneurs bzw. Paul Schraders CAT PEOPLE ausmalen? Für den Ehemann freilich gibt es keine größere Katastrophe: Die Gattin bei einem vermeintlichen Autounfall gestorben; der kleine Sohn verschieden durch den Verzehr vergifteter Bananen. Als Nneka, an die er sich telefonisch wendet, kurz nachdem er die Schicksalsschläge erfahren hat, ihn auch noch herzlos auslacht und ihm das Ende ihrer Affäre ankündigt, greift der arme Mann zum letzten Ausweg Suizid. Auch dafür hat Nneka, der ihre Freundinnen von der Selbsttötung ihres Ex-Lovers berichten, nur Hohngelächter übrig. Nein, wirklich sympathisch ist in diesem Film bislang wirklich niemand - na gut, der bananengierige Bub vielleicht.
Längst hat Nneka sich übrigens ein neues Opfer auserkoren: Es soll der äußerst liquide Geschäftsmann Tony sein, den sie auf einer der furchtbarsten 90er Partys kennenlernt, die ich froh bin, niemals erlebt zu haben, (inklusive ohrenbetäubender Beschallung von Snaps!' "The Power"!) Tony indes ist bereits verlobt, und zwar mit Ify, einer Born-Again-Christin, und dadurch das exakte Gegenbild zur teuflischen Nneka: Nicht einmal auf den Mund darf ihr Tony sie schmatzen, bevor sie nicht vor Gott zu Mann und Frau geworden sind, und regelmäßig liegt sie dem Liebsten in den Ohren, doch endlich ihrer freien Gemeinde beizutreten, was der jedoch ebenso regelmäßig weglächelt: Lass uns lieber das VHS-Musical zu Ende schauen! Tja, hätte Tony sich lieber evangelikal taufen lassen, denn dann wäre er wohl nicht zum Faden geworden, den Nneka spielerisch um ihren Finger wickelt – genauso lautet der Subtext des Films, wenn wir für die restliche Laufzeit zu sehen bekommen, wie Tony unter dem Einfluss der Hexe zunehmend seine Reputation, seine Freunde, seine Familie verliert: Ify wird alsbald die Verlobung aufgesagt und die heulende Heilige kurzerhand vor die Tür gesetzt; die eigene Schwester verstößt Tony als willenloses Werkzeug Nnekas, weil diese sich davon gestört fühlt, dass das Mädchen den Lautstärkepegel des Fernsehapparats für ihre empfindlichen Ohren stets zu weit aufdreht; selbst die eigene Mutter wird über die Schwelle komplementiert, als diese Tony die Hochzeit mit Nneka auszureden versucht, (bevor die Dame allerdings aus der Handlung verschwindet, gönnt der Film ihr eine unerwartete, weil singuläre Gesangseinlage, in der die Darstellerin das Los von Müttern beklagt, die von ihren Kindern schlecht behandelt werden.) Schlussendlich verliert Tony, der Nneka zur Hochzeit gar ein eigenes Restaurant („Nitty’s“) geschenkt hat, auch seinen privilegierten Job, verschuldet sich hoch, versumpft im Alkoholismus: Derart besoffen, dass er sich bloß noch auf allen Vieren fortbewegen kann, rollt er schlussendlich in Nnekas Gaststube umher, während die längst andere Liebhaber an ihrer Seite hat, die wiederum ihren würdelosen Gatten noch zusätzlich mit Spott übergießen. Erst im Finale lehnt sich Tony endlich gegen seine amoralische Angetraute auf, die daraufhin zum Gestade des Flusses wandert, das wir bereits aus dem Prolog kennen, um sich von irgendwelchen übernatürlichen Wesen frische Negativenergie einverleiben zu lassen, und gestärkt weiter an Tonys Vernichtung werkeln. Ein offenes Ende, das nahelegt, auch von NNEKA müsse es, wie so oft im Nollywood-Kino, ein Sequel geben, doch zumindest meine Recherchen haben bislang nichts darüber zutage gefördert, ob dieses tatsächlich in die Tat umgesetzt oder bloß angedacht worden ist.
Wie man bereits meiner skizzenhaften Inhaltsangabe entnehmen kann, zeigt sich NNEKA wesentlich gezähmter, domestizierter als all die übrigen Nollywood-Vertreter, die ich mir in letzter Zeit zu Gemüte geführt habe. Bis auf die erwähnten beiden Kätzchenszenen, (die für mich allerdings die Frage aufwerfen, weshalb die Exportfassung des Films THE PRETTY SERPENT und nicht THE PRETTY PUSSY heißt?) und die eher einfallsreiche Idee, ein Kind mit vergifteten Bananen zu meucheln, hält sich NNEKA fern von jenen surrealen Anwandlungen, von denen Filme wie END OF THE WITCHES, 666 (BEWARE THE END IS AT HAND) oder WITCHDOCTOR OF THE LIVNGDEAD quasi im Minutentakt strukturiert werden. Die Konventionen westlichen Filmemachens bleiben weitgehend unangetastet, sprich, das Raum-Zeit-Kontinuum zeigt keine Risse, die Figuren handeln mehr oder minder psychologisch glaubwürdig, selbst der Anteil evangelikaler Propaganda ist nicht mehr als eine hauchzarte Prise, die beispielweise in einer (kurzen) Gebetssequenz kurz vorm Finale umherweht. Eine wahre Affinität zeigt NNEKA zudem sowohl für US-amerikanische Chart-Hits wie für ein betont langsames, beinahe elegisches Erzähltempo: Affinität Eins schlägt sich darin nieder, dass wir vor allem in der zweiten Filmhälfte pausenlos Popsongs wie Roxettes „It must have been love“ oder Richard Marx‘ „Right Here Waiting“, (okay, letzteren Interpreten/Titel musste ich googlen), um die Ohren gehauen bekommen; Affinität Zwei möchte ich kurz an einer Beispielsszene erläutern:
Zu einem Zeitpunkt, als Tony gerade dabei ist, sich in Nneka zu vergucken, sucht diese ihn unter einem fadenscheinigen Vorwand im Büro der Bank auf, in der er einen hohen Posten bekleidet. Noch bevor Nneka in Erscheinung tritt, sehen wir Tony erstmal dabei zu, wie er sich hinter seinem Schreibtisch positioniert und irgendwelche Unterlagen schichtet. Sodann meldet ihm die Sekretärin, dass da eine Dame für ihn vorstellig geworden sei. In Echtzeit warten wir bis Nneka endlich eintritt, sich hinsetzt. Gleich zweimal wird das Gespräch zwischen Tony und ihr, (das im Grunde nur darauf hinausläuft, dass die Beiden am Abend gemeinsam dinieren wollen), von Anrufen unterbrochen, die Tony unbedingt entgegennehmen muss. Ebenfalls in Echtzeit warten wir bis Tony endlich mit Telefonieren fertig ist, und sich wieder Nneka und der Filmhandlung zuwendet. Mehrere Minuten dauert diese eigentlich vollkommen überflüssige Szene, die aber gerade aufgrund ihrer immanenten Redundanz einen Reiz entfaltet, wie ich ihn sonst nur aus D’Amato-Streifen kenne: Es passiert einfach nichts, und wir schauen tatenlos der Zeit beim Verrinnen zu. Angesichts solcher hyperaktiver Exzesse wie 666 oder WITCHDOCTOR könnte man NNEKA möglicherweise gar als die zen-buddhistische Seite Nollywoods bezeichnen. Auf jeden Fall ist es seine harmlosere, verdaulichere, handzahmere, gegenüber der selbst ein ebenfalls nicht allzu wüster Vertreter wie KARISHIKA auf einmal wie eine wahre Wildschweinjagd wirkt.
Die Prologsequenz zeigt uns eine Dame an irgendeinem nigerianischen Gewässer, wo sie, ein lebendes Huhn in Händen, eine namenlose Flussgöttin anruft: Seit geraumer Zeit bereits sei sie verheiratet, doch noch immer habe sie ihrem Gatten kein Kind schenken können, was nicht nur diesen verstimme, sondern die Arme zudem zum Gespött ihres gesamten Dorfes mache. Bevor ich befürchten kann, dass dem lebenden Huhn eine Tiersnuff-Szene auf den Leib geschnitten werden wird, wie ich sie nun bereits in mehreren Nollywood-Filmen habe sehen müssen, ertönt bereits der Vorspannsong, ein ziemlich schmalzlockiges Pop-Gedudel, bei dem ich mangels fehlender Untertitel lediglich immer nur wieder den Namen Nneka verstehe. Was genau es mit diesem Prolog nun auf sich hat, erklärt uns der nachfolgende Film freilich nicht. (Ich reime mir jedoch zusammen, dass wir dort quasi der „Geburt“ Nnekas in dem Sinne beigewohnt haben, dass die Flussgöttin die Hilfesuchende per magischer Kräfte schwängerte, und aus diesem übernatürlichen Kontakt eben unsere Titelheldin entsprungen ist – aber, wie gesagt, da der Film genau das eben NICHT zeigt, bleibt es bei Spekulationen meinerseits.) Wichtig ist das Vorgeplänkel jedoch sowieso kein bisschen, denn nun entfaltete NNEKA eine Groschenromangeschichte, die zumindest mir nicht viele Rätsel aufgegeben hat:
„When a man is rich and handsome, he’s mine!”, lautet der Leitspruch von Nneka, einer Femme Fatale wie aus dem Bilderbuch, die sich durch die Männerwelt einer nicht näher benannten nigerianischen Stadt saugt. Zu Beginn der Handlung wird sie gerade auf offener Straße von einer entrüsteten Frau verbal attackiert, die ihr unterstellt, sich an ihren Gatten herangepirscht zu haben. Nneka streitet zwar alle Vorwürfe ab und spielt die Empörte, doch im Zwiegespräch mit ihren beiden Busenfreundinnen zeigt sich bald ihr wahres Gesicht, nämlich eins, das vom boshaften Lachen über die gehörnte Ehefrau entstellt ist. Beim Ehebrecher zu Hause indes hängt der Haussegen schief: Auch ihn konfrontiert die Gattin mit dem Wissen, dass er sie mit Nneka betrogen habe. Der Streit eskaliert schnell, als der Ehemann sich nicht weiterzuhelfen weiß als seiner Frau eine gesalzene Backfeige zu versetzen, worauf die wiederum ihre Wut am völlig unschuldigen Dienstmädchen auslässt. Wirklich sympathisch ist in diesem Film bis hierhin niemand, und wird es so schnell auch nicht, wenn Nneka kurz darauf bei ihrem Liebhaber aufkreuzt, um sich bitterlich an dessen zänkischem Eheweib zu rächen. Da die Eheleute ausgeflogen sind, und nur die Dienstmagd und der kleine Sohn des Pärchens das Haus hüten, hat unsere Heldin leichtes Spiel: Erst wird das Hausmädchen unter ihren Willen gezwungen, - (was der Film dadurch veranschaulicht, dass wir in einem POV-Shot aus Perspektive der Magd das Gesicht Nnekas sich in das einer Katze verwandeln sehen; leider einer der wenigen wirklich haarsträubenden, weil völlig unvermittelten Einfälle des Drehbuchs) -, und sodann dem Buben schwarzmagisch infizierte Bananen (!) verabreicht. Die Ehefrau des Ehebrechers befindet sich indes auf der Heimfahrt, als sich plötzlich vor ihr auf der mitternächtlichen Straße eine riesige Mieze materialisiert, bei der es sich natürlich um niemand andere als Nneka im Muschipelz handelt. Von der Fahrbahn abgekommen versucht Nnekas Opfer die Flucht zu Fuß, die jedoch alsbald damit endet, dass wir unsere Heldin sehen, wie sie sich die bluttriefenden Katzenklauen leckt. Kann man sich eine hübschere Hommage an Jacques Tourneurs bzw. Paul Schraders CAT PEOPLE ausmalen? Für den Ehemann freilich gibt es keine größere Katastrophe: Die Gattin bei einem vermeintlichen Autounfall gestorben; der kleine Sohn verschieden durch den Verzehr vergifteter Bananen. Als Nneka, an die er sich telefonisch wendet, kurz nachdem er die Schicksalsschläge erfahren hat, ihn auch noch herzlos auslacht und ihm das Ende ihrer Affäre ankündigt, greift der arme Mann zum letzten Ausweg Suizid. Auch dafür hat Nneka, der ihre Freundinnen von der Selbsttötung ihres Ex-Lovers berichten, nur Hohngelächter übrig. Nein, wirklich sympathisch ist in diesem Film bislang wirklich niemand - na gut, der bananengierige Bub vielleicht.
Längst hat Nneka sich übrigens ein neues Opfer auserkoren: Es soll der äußerst liquide Geschäftsmann Tony sein, den sie auf einer der furchtbarsten 90er Partys kennenlernt, die ich froh bin, niemals erlebt zu haben, (inklusive ohrenbetäubender Beschallung von Snaps!' "The Power"!) Tony indes ist bereits verlobt, und zwar mit Ify, einer Born-Again-Christin, und dadurch das exakte Gegenbild zur teuflischen Nneka: Nicht einmal auf den Mund darf ihr Tony sie schmatzen, bevor sie nicht vor Gott zu Mann und Frau geworden sind, und regelmäßig liegt sie dem Liebsten in den Ohren, doch endlich ihrer freien Gemeinde beizutreten, was der jedoch ebenso regelmäßig weglächelt: Lass uns lieber das VHS-Musical zu Ende schauen! Tja, hätte Tony sich lieber evangelikal taufen lassen, denn dann wäre er wohl nicht zum Faden geworden, den Nneka spielerisch um ihren Finger wickelt – genauso lautet der Subtext des Films, wenn wir für die restliche Laufzeit zu sehen bekommen, wie Tony unter dem Einfluss der Hexe zunehmend seine Reputation, seine Freunde, seine Familie verliert: Ify wird alsbald die Verlobung aufgesagt und die heulende Heilige kurzerhand vor die Tür gesetzt; die eigene Schwester verstößt Tony als willenloses Werkzeug Nnekas, weil diese sich davon gestört fühlt, dass das Mädchen den Lautstärkepegel des Fernsehapparats für ihre empfindlichen Ohren stets zu weit aufdreht; selbst die eigene Mutter wird über die Schwelle komplementiert, als diese Tony die Hochzeit mit Nneka auszureden versucht, (bevor die Dame allerdings aus der Handlung verschwindet, gönnt der Film ihr eine unerwartete, weil singuläre Gesangseinlage, in der die Darstellerin das Los von Müttern beklagt, die von ihren Kindern schlecht behandelt werden.) Schlussendlich verliert Tony, der Nneka zur Hochzeit gar ein eigenes Restaurant („Nitty’s“) geschenkt hat, auch seinen privilegierten Job, verschuldet sich hoch, versumpft im Alkoholismus: Derart besoffen, dass er sich bloß noch auf allen Vieren fortbewegen kann, rollt er schlussendlich in Nnekas Gaststube umher, während die längst andere Liebhaber an ihrer Seite hat, die wiederum ihren würdelosen Gatten noch zusätzlich mit Spott übergießen. Erst im Finale lehnt sich Tony endlich gegen seine amoralische Angetraute auf, die daraufhin zum Gestade des Flusses wandert, das wir bereits aus dem Prolog kennen, um sich von irgendwelchen übernatürlichen Wesen frische Negativenergie einverleiben zu lassen, und gestärkt weiter an Tonys Vernichtung werkeln. Ein offenes Ende, das nahelegt, auch von NNEKA müsse es, wie so oft im Nollywood-Kino, ein Sequel geben, doch zumindest meine Recherchen haben bislang nichts darüber zutage gefördert, ob dieses tatsächlich in die Tat umgesetzt oder bloß angedacht worden ist.
Wie man bereits meiner skizzenhaften Inhaltsangabe entnehmen kann, zeigt sich NNEKA wesentlich gezähmter, domestizierter als all die übrigen Nollywood-Vertreter, die ich mir in letzter Zeit zu Gemüte geführt habe. Bis auf die erwähnten beiden Kätzchenszenen, (die für mich allerdings die Frage aufwerfen, weshalb die Exportfassung des Films THE PRETTY SERPENT und nicht THE PRETTY PUSSY heißt?) und die eher einfallsreiche Idee, ein Kind mit vergifteten Bananen zu meucheln, hält sich NNEKA fern von jenen surrealen Anwandlungen, von denen Filme wie END OF THE WITCHES, 666 (BEWARE THE END IS AT HAND) oder WITCHDOCTOR OF THE LIVNGDEAD quasi im Minutentakt strukturiert werden. Die Konventionen westlichen Filmemachens bleiben weitgehend unangetastet, sprich, das Raum-Zeit-Kontinuum zeigt keine Risse, die Figuren handeln mehr oder minder psychologisch glaubwürdig, selbst der Anteil evangelikaler Propaganda ist nicht mehr als eine hauchzarte Prise, die beispielweise in einer (kurzen) Gebetssequenz kurz vorm Finale umherweht. Eine wahre Affinität zeigt NNEKA zudem sowohl für US-amerikanische Chart-Hits wie für ein betont langsames, beinahe elegisches Erzähltempo: Affinität Eins schlägt sich darin nieder, dass wir vor allem in der zweiten Filmhälfte pausenlos Popsongs wie Roxettes „It must have been love“ oder Richard Marx‘ „Right Here Waiting“, (okay, letzteren Interpreten/Titel musste ich googlen), um die Ohren gehauen bekommen; Affinität Zwei möchte ich kurz an einer Beispielsszene erläutern:
Zu einem Zeitpunkt, als Tony gerade dabei ist, sich in Nneka zu vergucken, sucht diese ihn unter einem fadenscheinigen Vorwand im Büro der Bank auf, in der er einen hohen Posten bekleidet. Noch bevor Nneka in Erscheinung tritt, sehen wir Tony erstmal dabei zu, wie er sich hinter seinem Schreibtisch positioniert und irgendwelche Unterlagen schichtet. Sodann meldet ihm die Sekretärin, dass da eine Dame für ihn vorstellig geworden sei. In Echtzeit warten wir bis Nneka endlich eintritt, sich hinsetzt. Gleich zweimal wird das Gespräch zwischen Tony und ihr, (das im Grunde nur darauf hinausläuft, dass die Beiden am Abend gemeinsam dinieren wollen), von Anrufen unterbrochen, die Tony unbedingt entgegennehmen muss. Ebenfalls in Echtzeit warten wir bis Tony endlich mit Telefonieren fertig ist, und sich wieder Nneka und der Filmhandlung zuwendet. Mehrere Minuten dauert diese eigentlich vollkommen überflüssige Szene, die aber gerade aufgrund ihrer immanenten Redundanz einen Reiz entfaltet, wie ich ihn sonst nur aus D’Amato-Streifen kenne: Es passiert einfach nichts, und wir schauen tatenlos der Zeit beim Verrinnen zu. Angesichts solcher hyperaktiver Exzesse wie 666 oder WITCHDOCTOR könnte man NNEKA möglicherweise gar als die zen-buddhistische Seite Nollywoods bezeichnen. Auf jeden Fall ist es seine harmlosere, verdaulichere, handzahmere, gegenüber der selbst ein ebenfalls nicht allzu wüster Vertreter wie KARISHIKA auf einmal wie eine wahre Wildschweinjagd wirkt.