Schändung – Die Fasanentöter
Fasandræberne
Dänemark / Schweden / Deutschland 2014
Regie: Mikkel Nørgaard
Fares Fares, Nikolaj Lie Kaas, David Dencik, Pilou Asbæk, Danica Curcic, Sarah-Sofie Boussnina, Søren Pilmark, Morten Kirkskov, Adam Ild Rohweder, Marco Ilsø, Nikolaj Groth, Johanne Louise Schmidt
OFDB
Fasandræberne
Dänemark / Schweden / Deutschland 2014
Regie: Mikkel Nørgaard
Fares Fares, Nikolaj Lie Kaas, David Dencik, Pilou Asbæk, Danica Curcic, Sarah-Sofie Boussnina, Søren Pilmark, Morten Kirkskov, Adam Ild Rohweder, Marco Ilsø, Nikolaj Groth, Johanne Louise Schmidt
OFDB
Zweite Teile haben gegenüber ersten Teilen einen riesigen Vorteil: Die Personen sind eingeführt, und die Geschichte kann sich endlich auf ihr Fortgehen konzentrieren, anstatt sich mit unnützen und albernen Charakterisierungen zu versuchen, wo doch in Wirklichkeit alle nur auf die Action warten. ERBARMEN, der erste Teil der Mørck-Filme nach den Romanen von Jussi Adler-Olsen hatte sich nicht wirklich groß mit so etwas wie einer Einführung aufgehalten, und tut dies allerdings auch im zweiten Teil nicht. Dass Mørck der einzig wahre Misanthrop unter der Sonne Dänemarks ist, das mørckt der Zuschauer recht schnell, und Assad hat erst im Schlussteil dieser zweiten Folge eine Gelegenheit darauf aufmerksam zu machen, dass er vielleicht doch nicht der kleine Polizist aus der Registratur ist, sondern dass möglicherweise noch mehr in ihm steckt. Ein Versäumnis, dass sich in den weiteren Teilen hoffentlich nicht rächen wird, denn in den Romanen ist es gerade die Handlung um Assad, der in der horizontalen Erzählung wesentliche Spannung aufbaut.
Und a propos Spannung: Vor 20 Jahren wurde ein Geschwisterpaar grausam ermordet, der Täter wurde nie gefunden. Heute Abend geht der damals ermittelnde Kommissar auf Mørck zu und will ihm etwas erzählen, Mørck winkt aber ab. Am nächsten Morgen ist dieser Kommissar tot, Selbstmord, und vererbt Mørck etwas, was Assad eine Idiotenkiste nennt: Alle Belege, Ermittlungen und Schlussfolgerungen zu diesem 20 Jahre alten Fall. Und auch wenn die beiden Ermittler bald in einer Sackgasse landen, so merken sie doch schnell, dass der oder die Mörder auch heute noch unerkannt bleiben wollen. Sie merken, dass sie in ihrem Kellerabteil überwacht werden. Und sie begreifen, dass wegen ihrer Fragen da draußen in den Straßen der Stadt die Jagd auf die noch lebende Zeugin des Mordes eröffnet wurde …
Die Erzählung ist immer noch mit einem guten Teil Pathos durchtränkt, so wie im ersten Teil, und die Filmfiguren sind von denen im Roman noch immer weit entfernt. Ein Beispiel? Rose, die neue Assistentin Mørcks und Assads, ist im Roman eine große, dunkle, schrille, wilde und im Geiste sehr freie(?) Frau, die ihren Kopf durchzusetzen weiß und die die Ermittlungen wesentlich beeinflusst und vorantreibt. Im Film ist Rose ein kleines rothaarige Mädchen, still und fast verhuscht, dass vor Mørcks Griesgrämigkeit geradezu zurückschreckt. Entweder habe ich den Roman falsch verstanden, oder der Drehbuchautor hat diesen gar nicht erst gelesen. Vielleicht sollte die in diesem frühen Stadium fast noch wie ein Comic Relief wirkende Roman-Rose die düstere Spannung des Films nicht unterbrechen. Wer weiß? Doch die Diskrepanz zwischen Roman- und Filmfigur ist schon auffällig …
Stichwort düstere Spannung: Spannend ist der Film, verdammt noch mal. Auch wenn Buch und Film öfters mal auseinanderklaffen, auch wenn man lange braucht um die Figuren im Film einzuordnen, und auch wenn man sich höllisch konzentrieren muss um der Geschichte folgen zu können: Die Spannung, die bei dieser mehrfachen Jagd aufgebaut wird, ist immens. Das Sonderdezernat Q jagt die Mörder, die Mörder jagen die Zeugin, und die Zeugin – Jagt die Mörder! Mächtige Männer im Hintergrund versuchen die Polizei dahingehend zu beeinflussen, dass die Ermittlungen im Sande verlaufen, Mørck und Assad sogar ihre Marken abgeben müssen, und Düsternis und Brutalität, die hier in jeder einzelnen Einstellung zu lesen sind, sind überwältigend und brachial. Ein starker und dunkler Thriller, der sich, anders als der Roman, nur auf den Krimianteil konzentriert, und die persönlichen Ebenen der Figuren weitgehend ignoriert. Was vielleicht gar nicht so schlecht sein mag, filmisch gesehen. Durch die Macht und die Abgehobenheit der Antagonisten, durch ihre extreme Stellung innerhalb und gleichzeitig außerhalb der menschlichen Gesellschaft, wird die Handlung oft geradezu abstrakt, während die dargestellte brutale Gewalt gerade dieser Antagonisten den Film wiederum erdet, ihn auf den Boden der Tatsachen zurückholt. Ein spannendes Zusammenspiel mit interessanten Charakteren, und wieder wird aus diesen Zutaten ein guter und dunkler Neo-Noir –Zwei kleine und unwichtige Polizisten in einem fast aussichtlosen Kampf gegen die Granden der Gesellschaft, die mit rücksichtloser Gewalt ihre Interessen durchsetzen.
Ein widersprüchlicher Text zu einem Film, den ich auch nur widersprüchlich bewerten kann. Auf der einen Seite bemängle ich die fehlende Charakterisierung, stelle dies aber im Sinne einer flotten Handlung gleichzeitig zurück. Dann meckere ich über die fehlenden horizontalen Erzählstränge, nur um gleichzeitig festzustellen, dass das Fehlen dieser Teile den Film geradliniger macht und nach vorne treibt. Vielleicht sollte man die Mørck-Verfilmungen nicht so sehr an den Romanen messen sondern als das ansehen was sie sind: Gute und spannende Thriller, die in Punkto Qualität zwar nicht an der Decke kratzen, aber auf jeden Fall ordentlich daherkommen und gut unterhalten. Wenn da nur nicht diese erstklassigen Romanvorlagen wären …
7/10