So finster die Nacht - Tomas Alfredson (2008)
Moderator: jogiwan
- horror1966
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So finster die Nacht - Tomas Alfredson (2008)
So finster die Nacht
(Lat den rätte komma in)
mit Kare Hedebrant, Lina Leandersson, Per Ragnar, Henrik Dahl, Karin Bergquist, Peter Carlberg, Ika Nord, Mikael Rahm, Karl-Robert Lindgren, Anders T. Peedu, Pale Olofsson, Cayetano Ruiz, Patrik Rydmark, Johan Sömnes, Mikael Erhardsson
Regie: Tomas Alfredson
Drehbuch: John Ajvde Lindqvist
Kamera: Hoyte Van Hoytema
Musik: Johan Söderqvist
FSK 16
Frankreich / Schweden / 2008
Der zwölfjährige Oskar lebt in einer grauen Betonsiedlung Stockholms. Der schmale Junge wird von Mitschülern ständig drangsaliert. Wehren kommt nicht in Frage, obwohl sich der Frust aufstaut. Da trifft er nach Sonnenuntergang auf dem Spielplatz die gleichaltrige Eli, die neu ins Viertel gezogen ist. Langsam freundet er sich mit dem seltsamen Mädchen an. Schließlich entdeckt Oskar, dass sie ein Vampir ist. Sie lehrt ihn, sich zu verteidigen und zurückzuschlagen. Bald herrschen im Viertel Angst und Schrecken.
Nach den allgemeinen Lobeshymnen, die dieser Film schon eingeheimst hat, war ich natürlich sehr gespannt, ob er meine Erwartungen, die dadurch natürlich sehr hoch waren, erfüllen kann. Und er hat sie mehr als erfüllt, denn dieser Film ist einfach nur fantastisch. Es handelt sich hier wohl um einen der aussergewöhnlichsten Beiträge, in denen die Vampir-Thematik behandelt wird. Hinzu kommt noch die Tatsache, das zwei 12-jährige Kinder im Focus dieser tollen Geschichte stehen.
Dieser auf dem gleichnamigen Roman von John Ajvde Lindqvist basierende Film ist eine sehr gelungene Mischung, die aus Drama, einer jugendlichen Romanze und der Vampir-Thematik besteht, die hier ganz einfach absolut perfekt umgesetzt und in Szene gesetzt wurde. Eine der ganz großen Stärken von "So finster die Nacht" sind sicherlich die sehr schlichten und dadurch sehr realistisch wirkenden Bilder. Es gibt hier keine alten und düster wirkenden Schlösser, wie in den alten Vampir-Klassikern, auch nicht die hypermodernen Waffen, mit denen in neueren, extrem actiongeladenen Vertretern des Genres (Blade, Underworld) gekämpft wird, hier bekommt der Zuschauer das Gefühl vermittelt, das sich die Geschichte wirklich in der unmittelbaren Nachbarschaft abspielen könnte.
Eine nüchterne Winterlandschaft und übliche Wohnsilos verleihen dem Ganzen hier einen absolut autenthischen Eindruck, der auf den ersten Blick vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig ist, aber auf jeden Fall einen sehr nachhaltigen Eindruck beim Betrachter hinterlässt. Mir persönlich hat das sehr gut gefallen, den gerade dieser realistische Eindruck, den der Film hinterlässt, macht ihn zu etwas ganz Besonderem.
Eine andere Stärke sind ganz eindeutig die durch die Bank tollen und überzeugenden Darsteller, bei denen allerdings die beiden Hauptcharaktere Oscar ( Kare Hedebrant) und Eli (Lina Leandersson) noch ganz besonders hervorstechen. Es ist manchmal schon erstaunlich, zu welchen darstellerischen Glanzleistungen Kinder in der Lage sind, was man hier vor allem am Beispiel von Lina Leandersson sehen kann. Ihr Schauspiel wirkt teilweise so routiniert und ausdrucksstark, das man innerlich nur applaudieren kann. Auch ihre vorhandene Mimik wirkt für ihr jugendliches Alter schon sehr ausgereift und bringt einem ihre jeweiligen Gefühlsregungen sehr realistisch und überzeugend näher.
Perfekt passt dazu die Leistung von Kare Hedebrant, der den etwas unsicheren und manchmal typisch hölzern wirkenden Heranwachsenden nahezu perfekt spielt. Und gerade das Zusammenspiel dieser beiden verschiedenen Charaktere ist es, was hier meiner Meinung nach den ganz besonderen Reiz ausmacht, denn die Gegensätze könnten nicht größer sein. Doch da Gegensätze sich ja bekanntlich anziehen, entwickelt sich auch bei den beiden eine aufblühende Romanze, die zu keiner Zeit kitschig oder überzeichnet wirkt, sondern lediglich aussergewöhnlich wie der gesamte Film.
Auch die Dramaturgie der Geschichte ist extrem gelungen, vor allem das ständige abwechseln der verschiedenen Genres sorgt hier dafür, das zu keiner Zeit so etwas wie Langeweile aufkommt. Hat man phasenweise das Gefühl, das man es es mit einem normalen Jugend-Drama zu tun hat, so findet man sich mit einemmal in einem Horrorfilm wieder, der durch eine sehr dichte und bedrohliche Stimmung zu überzeugen weiss. Dieser ständige wechsel sorgt dafür, das die Aufmerksamkeit des Betrachters immer aufrechterhalten bleibt.
"So finster die Nacht" ist ein anspruchsvolles und ungewöhnliches Filmvergnügen, was in seiner Geschichte begründet ist. Durch die realistisch wirkende Umsetzung der Story, die Schlichtheit der Bilder und durch die hervorragenden Schauspieler bleibt der Film auch nachhaltig im Gedächtnis haften und beschert einen nahezu perfekten Filmgenuss, den sich keiner entgehen lassen sollte.
Die DVD:
Vertrieb: Ascot Elite
Sprache / Ton: Deutsch / Schwedisch DD 5.1
Untertitel: Deutsch
Bild: 2.35:1 (16:9)
Laufzeit: 110 Minuten
Extras: Trailer, Trailershow
9/10
Big Brother is watching you
Re: So finster die Nacht - Tomas Alfredson
Ich liebe diesen leisen, kleinen Film, ich glaube der schafft es, fast jeden in seinen Bann zu ziehen, nicht zuletzt, weil er einfach toll und mit starken Bildern in Szene gesetzt wurde.
Jedem der "So finster die Nacht" noch nicht kennt, dem sei er wärmstens ans Herz gelegt!
9/10
Jedem der "So finster die Nacht" noch nicht kennt, dem sei er wärmstens ans Herz gelegt!
9/10
Re: So finster die Nacht - Tomas Alfredson
Ich würde den Film nicht unter Frankreich einsortieren. Mag ja sein, dass Canal+ da etwas Geld mit reingepumpt hat, aber der Film ist schon durch und durch schwedisch. Auch in der IMDb wird Schweden als einziges Produktionsland genannt. Und ich glaube kaum, dass den irgendwer unter "Frankreich" suchen würde.
Früher war mehr Lametta
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Re: So finster die Nacht - Tomas Alfredson
Wenn für alle i. O. verschiebe ich den Film in "Sonstige".Arkadin hat geschrieben:Ich würde den Film nicht unter Frankreich einsortieren. Mag ja sein, dass Canal+ da etwas Geld mit reingepumpt hat, aber der Film ist schon durch und durch schwedisch. Auch in der IMDb wird Schweden als einziges Produktionsland genannt. Und ich glaube kaum, dass den irgendwer unter "Frankreich" suchen würde.
- horror1966
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Re: So finster die Nacht - Tomas Alfredson
Klar, wollte ihn eigentlich auch erst dort einordnen.
Big Brother is watching you
Re: So finster die Nacht - Tomas Alfredson
Moin,horror1966 hat geschrieben:Klar, wollte ihn eigentlich auch erst dort einordnen.
ich verschiebe.
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Re: So finster die Nacht - Tomas Alfredson
„Werde ein wenig wie ich!“
Horror? Aus Schweden? Das geht? Den Beweis tritt das in diesem Genre zuvor unbeschriebene Blatt Tomas Alfredson („Four Shades of Brown“) an, der im Jahre 2008 Regie bei der Verfilmung des mir unbekannten, gleichnamigen schwedischen Bestsellers von John Ajvide Lindqvist, welchen Letztgenannter persönlich zum Drehbuch umschrieb, führte.
Der 12-jährige Oskar führt ein tristes Leben zwischen schwedischen Plattenbauten, Schulmobbing und sozialer Verwahrlosung. Von seinem Umfeld eingeschüchtert, flüchtet er sich in Rache- und Gewaltphantasien, bis er das in der Nachbarschaft hinzugezogene Vampirgeschöpf Eli kennenlernt, das äußerlich in der Hülle eines gleichaltrigen Mädchens steckt. Die beiden gehen eine Beziehung zwischen zarter präpubertärer Romanze und berechnender Zweckgemeinschaft ein...
„So finster die Nacht“ ist die Antithese zu Astrid Lindgrens Schweden und der mit ihm einhergehenden Romantisierung/Idealisierung gerade durch Außenstehende, die mit Bullerbü und Konsorten aufgewachsen sind. Alfredson und Lindqvist zeichnen das Bild eines unwirtlichen Schwedens zu Beginn der 1980er-Jahre, dessen lange Winternächte einem blutrünstigen Geschöpf in niedlicher Gestalt Zuflucht bieten und hauptsächlich mit sich selbst beschäftigte, vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Herausforderungen mit sich und ihrem Dasein hadernde Erwachsene in mehrstöckigen Wohnblocks beherbergt, die isoliert wirken und einem Kind wie Oskar weder Halt noch Unterstützung bieten können oder wollen. Oskars Beziehung zu Eli wird zu einer Rebellion nicht nur gegen die Erwachsenenwelt, sondern gegen das gesamte unerträgliche Umfeld, das Oskar mit Unverständnis und Erniedrigung begegnet und ihm sein verrohtes Antlitz präsentiert, statt mit attraktiven Zukunftsaussichten und Lebensqualität zu locken.
In dieser Tristesse keimt eine wunderbar traurige, abseitige Romanze, die tiefe Melancholie atmet und wie ein morbider Traum eines geschundenen Geistes wirkt. Eli braucht regelmäßig frisches menschliches Blut und zunächst kann sie dafür noch auf Håkan zählen, der eine Art Vater- und Beschützerfigur ihr gegenüber einnimmt. Als jedoch eine geplante „Beutejagd“ erneut schief geht, übergießt er sich mit Säure und wird anschließend von Eli erlöst, woraufhin Oskars Rolle für Eli an Bedeutung gewinnt. Die Einwohner suchen unterdessen nach dem Mörder unter ihnen und kommen Eli nach und nach auf die Spur.
„So finster die Nacht“ hat einige grafisch recht explizite, harte Szenen zu bieten, erzielt seine eigentliche Härte aber aus dem für Eli selbstverständlichen Umgang mit Gewalt und Tod, wofür sie nicht verurteilt wird. Stattdessen verzichtet „So finster die Nacht“ weitestgehend auf Gut/Böse-Schwarzweißmalerei und zeigt Eli als cleveres, souverän mit seiner Situation umgehendes Geschöpf, das sich mit dem Mittel zum Zweck längst abgefunden hat und trotz allem Oskar mehr zu bieten hat als seine Welt, bevor sie in sein Leben trat. Das ist auf den ersten Blick Außenseiterromantik pur, zwei Menschen in Fatalismus vereint gegen den Rest der Welt. Wer genauer hinsieht, erkennt jedoch eine interessante Ambivalenz dieser Konstellation, denn wie bereits eingangs erwähnt handelt es sich nichtsdestotrotz auch um eine Zweckgemeinschaft, die die Frage aufwirft, inwieweit Eli Oskars Situation für egoistische Zwecke – das eigene Überleben – ausnutzt und seine Verunsicherung, sein mangelndes Selbstbewusstsein zum Anlass nimmt, sich nach Håkans Ableben einen neuen Gehilfen heranzuzüchten. Die Handlung bzw. die Umsetzung selbiger nimmt dabei eher eine beobachtende Position ein, die den Zuschauer mit den aufgeworfenen moralischen Fragen und interpretativen Gedankenspielen allein lässt.
Das durchweg düstere Ambiente und seine in ihm agierenden bzw. sich ihm unterordnenden Protagonisten wirken häufig bewegungsarm, eingefroren, starr vor Kälte, Tempo des Films und Kameraführung fungieren dazu als unterstützendes bzw. stilbildendes Äquivalent. Mit der Langsamkeit einer schleichenden, doch allgegenwärtigen Gefahr wird die Geschichte erzählt, während sich in vielen längeren Sequenzen die Kamera jegliche Zooms ebenso verkneift wie rasche Bewegungen und Schnitte, ohne jedoch in langatmige Statik zu verfallen. Das unterstreicht die spröde, kalte Stimmung der Geschehnisse äußerst geschickt und verhilft „So finster die Nacht“ dazu, das atmosphärische Kabinettstückchen zu werden, das es ist. Die sorgfältig gecasteten Kinderdarsteller bewegen sich traumwandlerisch in authentisch rekonstruiertem 80er-Interieur, während sich insbesondere Lina Leandersson als Eli hervortut, die ihre Rolle mit einer erstaunlichen Abgeklärtheit spielt und mit einem Schuss geheimnisvoller Exotik in ihrem Erscheinungsbild auch optisch einen schönen Kontrast zum blonden Schwedenbengel Kåre Hedebrant als Oskar darstellt, der mitunter etwas verunsichert und hölzern wirkt, was aber wiederum zum von ihm verkörperten Charakter passt. Die erwachsenen Schauspieler, unter ihnen Per Ragnar und Peter Carlberg, überzeugen als kantige, knorrige, vom Leben gezeichnete Charakterdarsteller und liefern eine ausfallfreie Leistung. Die musikalische Untermalung von Johan Söderqvist trägt zur Entfaltung der sehnsüchtigen Melancholie bei, indem er sich mit Streichern und Gitarren subtil ins Ohr schmeichelt. Als störend erweisen sich lediglich die der Computeranimation entsprungenen Katzen, die eine aufregende Szene zerstören und einen richtiggehenden Stilbruch darstellen.
In Form eines von Kitsch, Pomp und Pathos bereinigten, modernen, von Boshaftigkeit und gleichsam morbider Schönheit geprägten Vampirmärchens spiegelt „So finster die Nacht“ sensibel das Seelenleben emotional und sozial vereinsamter Kinder auf dem Sprung zur Pubertät wieder und konserviert die Hoffnung auf die erlösende erste Liebe, die, ganz gleich, was sie bringen mag, als willkommene Belebung der eigenen Situation herbeigesehnt wird und so inspirierend wirkt, dass sie als Initialzündung zu einem neuen Leben verstanden wird, aber auch die Gefahr einer manipulativen Wirkung auf labile Gemüter birgt – wodurch man bei allem Märchenhaften dem Realismus verhaftet bleibt. Nach einem überraschend rasanten und expliziten Finale stellt das offene Ende eine Reise in eine ungewisse Zukunft dar, die Chance und Fluch zugleich sein kann und den Zuschauer zu weiterführenden Gedankenspielen animiert. Alfredsons Film ist keine standardisierte Genrekost, er ist anders, aber nicht auf bemüht künstlich-künstlerische Weise, sondern ganz eigene, individuelle, unterkühlt nordeuropäische, in der das Feuer der jugendlichen Leidenschaft unter einer hohen Schneedecke innerhalb einer gleichgültigen bis feindlichen Welt brodelt. SO sieht anspruchsvolle Horrorkost anno 2008 aus!
Horror? Aus Schweden? Das geht? Den Beweis tritt das in diesem Genre zuvor unbeschriebene Blatt Tomas Alfredson („Four Shades of Brown“) an, der im Jahre 2008 Regie bei der Verfilmung des mir unbekannten, gleichnamigen schwedischen Bestsellers von John Ajvide Lindqvist, welchen Letztgenannter persönlich zum Drehbuch umschrieb, führte.
Der 12-jährige Oskar führt ein tristes Leben zwischen schwedischen Plattenbauten, Schulmobbing und sozialer Verwahrlosung. Von seinem Umfeld eingeschüchtert, flüchtet er sich in Rache- und Gewaltphantasien, bis er das in der Nachbarschaft hinzugezogene Vampirgeschöpf Eli kennenlernt, das äußerlich in der Hülle eines gleichaltrigen Mädchens steckt. Die beiden gehen eine Beziehung zwischen zarter präpubertärer Romanze und berechnender Zweckgemeinschaft ein...
„So finster die Nacht“ ist die Antithese zu Astrid Lindgrens Schweden und der mit ihm einhergehenden Romantisierung/Idealisierung gerade durch Außenstehende, die mit Bullerbü und Konsorten aufgewachsen sind. Alfredson und Lindqvist zeichnen das Bild eines unwirtlichen Schwedens zu Beginn der 1980er-Jahre, dessen lange Winternächte einem blutrünstigen Geschöpf in niedlicher Gestalt Zuflucht bieten und hauptsächlich mit sich selbst beschäftigte, vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Herausforderungen mit sich und ihrem Dasein hadernde Erwachsene in mehrstöckigen Wohnblocks beherbergt, die isoliert wirken und einem Kind wie Oskar weder Halt noch Unterstützung bieten können oder wollen. Oskars Beziehung zu Eli wird zu einer Rebellion nicht nur gegen die Erwachsenenwelt, sondern gegen das gesamte unerträgliche Umfeld, das Oskar mit Unverständnis und Erniedrigung begegnet und ihm sein verrohtes Antlitz präsentiert, statt mit attraktiven Zukunftsaussichten und Lebensqualität zu locken.
In dieser Tristesse keimt eine wunderbar traurige, abseitige Romanze, die tiefe Melancholie atmet und wie ein morbider Traum eines geschundenen Geistes wirkt. Eli braucht regelmäßig frisches menschliches Blut und zunächst kann sie dafür noch auf Håkan zählen, der eine Art Vater- und Beschützerfigur ihr gegenüber einnimmt. Als jedoch eine geplante „Beutejagd“ erneut schief geht, übergießt er sich mit Säure und wird anschließend von Eli erlöst, woraufhin Oskars Rolle für Eli an Bedeutung gewinnt. Die Einwohner suchen unterdessen nach dem Mörder unter ihnen und kommen Eli nach und nach auf die Spur.
„So finster die Nacht“ hat einige grafisch recht explizite, harte Szenen zu bieten, erzielt seine eigentliche Härte aber aus dem für Eli selbstverständlichen Umgang mit Gewalt und Tod, wofür sie nicht verurteilt wird. Stattdessen verzichtet „So finster die Nacht“ weitestgehend auf Gut/Böse-Schwarzweißmalerei und zeigt Eli als cleveres, souverän mit seiner Situation umgehendes Geschöpf, das sich mit dem Mittel zum Zweck längst abgefunden hat und trotz allem Oskar mehr zu bieten hat als seine Welt, bevor sie in sein Leben trat. Das ist auf den ersten Blick Außenseiterromantik pur, zwei Menschen in Fatalismus vereint gegen den Rest der Welt. Wer genauer hinsieht, erkennt jedoch eine interessante Ambivalenz dieser Konstellation, denn wie bereits eingangs erwähnt handelt es sich nichtsdestotrotz auch um eine Zweckgemeinschaft, die die Frage aufwirft, inwieweit Eli Oskars Situation für egoistische Zwecke – das eigene Überleben – ausnutzt und seine Verunsicherung, sein mangelndes Selbstbewusstsein zum Anlass nimmt, sich nach Håkans Ableben einen neuen Gehilfen heranzuzüchten. Die Handlung bzw. die Umsetzung selbiger nimmt dabei eher eine beobachtende Position ein, die den Zuschauer mit den aufgeworfenen moralischen Fragen und interpretativen Gedankenspielen allein lässt.
Das durchweg düstere Ambiente und seine in ihm agierenden bzw. sich ihm unterordnenden Protagonisten wirken häufig bewegungsarm, eingefroren, starr vor Kälte, Tempo des Films und Kameraführung fungieren dazu als unterstützendes bzw. stilbildendes Äquivalent. Mit der Langsamkeit einer schleichenden, doch allgegenwärtigen Gefahr wird die Geschichte erzählt, während sich in vielen längeren Sequenzen die Kamera jegliche Zooms ebenso verkneift wie rasche Bewegungen und Schnitte, ohne jedoch in langatmige Statik zu verfallen. Das unterstreicht die spröde, kalte Stimmung der Geschehnisse äußerst geschickt und verhilft „So finster die Nacht“ dazu, das atmosphärische Kabinettstückchen zu werden, das es ist. Die sorgfältig gecasteten Kinderdarsteller bewegen sich traumwandlerisch in authentisch rekonstruiertem 80er-Interieur, während sich insbesondere Lina Leandersson als Eli hervortut, die ihre Rolle mit einer erstaunlichen Abgeklärtheit spielt und mit einem Schuss geheimnisvoller Exotik in ihrem Erscheinungsbild auch optisch einen schönen Kontrast zum blonden Schwedenbengel Kåre Hedebrant als Oskar darstellt, der mitunter etwas verunsichert und hölzern wirkt, was aber wiederum zum von ihm verkörperten Charakter passt. Die erwachsenen Schauspieler, unter ihnen Per Ragnar und Peter Carlberg, überzeugen als kantige, knorrige, vom Leben gezeichnete Charakterdarsteller und liefern eine ausfallfreie Leistung. Die musikalische Untermalung von Johan Söderqvist trägt zur Entfaltung der sehnsüchtigen Melancholie bei, indem er sich mit Streichern und Gitarren subtil ins Ohr schmeichelt. Als störend erweisen sich lediglich die der Computeranimation entsprungenen Katzen, die eine aufregende Szene zerstören und einen richtiggehenden Stilbruch darstellen.
In Form eines von Kitsch, Pomp und Pathos bereinigten, modernen, von Boshaftigkeit und gleichsam morbider Schönheit geprägten Vampirmärchens spiegelt „So finster die Nacht“ sensibel das Seelenleben emotional und sozial vereinsamter Kinder auf dem Sprung zur Pubertät wieder und konserviert die Hoffnung auf die erlösende erste Liebe, die, ganz gleich, was sie bringen mag, als willkommene Belebung der eigenen Situation herbeigesehnt wird und so inspirierend wirkt, dass sie als Initialzündung zu einem neuen Leben verstanden wird, aber auch die Gefahr einer manipulativen Wirkung auf labile Gemüter birgt – wodurch man bei allem Märchenhaften dem Realismus verhaftet bleibt. Nach einem überraschend rasanten und expliziten Finale stellt das offene Ende eine Reise in eine ungewisse Zukunft dar, die Chance und Fluch zugleich sein kann und den Zuschauer zu weiterführenden Gedankenspielen animiert. Alfredsons Film ist keine standardisierte Genrekost, er ist anders, aber nicht auf bemüht künstlich-künstlerische Weise, sondern ganz eigene, individuelle, unterkühlt nordeuropäische, in der das Feuer der jugendlichen Leidenschaft unter einer hohen Schneedecke innerhalb einer gleichgültigen bis feindlichen Welt brodelt. SO sieht anspruchsvolle Horrorkost anno 2008 aus!
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!
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- Registriert: Mo 25. Apr 2011, 19:35
- Wohnort: Dresden
Re: So finster die Nacht - Tomas Alfredson
schöne Kritik, Bux. Großartiger Film
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
- nicht nach Mitternacht füttern
- kein Wasser
- kein Sonnenlicht
- nicht nach Mitternacht füttern
- kein Wasser
- kein Sonnenlicht
Re: So finster die Nacht - Tomas Alfredson
Wirklich ein sehr schöner Film! An die angesprochenen CGI-Katzen kann ich mich jetzt gar nicht erinnern ...
Das hat aber keines Beweises mehr bedurft ... Filme wie "Körkarlen" und "Häxan" deuten ja schon in die Richtung und auch Ingmar Bergman hat sich mit "Das siebente Siegel" und "Die Stunde des Wolfs" dem Genre genähert - ohne ganz darin aufzugehen. Dennoch finde ich diese Filme furchterregender als die meisten Horrorfilme.Horror? Aus Schweden? Das geht?
Re: So finster die Nacht - Tomas Alfredson
Adalmar hat geschrieben:Wirklich ein sehr schöner Film! An die angesprochenen CGI-Katzen kann ich mich jetzt gar nicht erinnern ...
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it´s fun to stay at the YMCA!!!
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