Sturm auf die Festung Brest - Alexander Kott

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horror1966
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Sturm auf die Festung Brest - Alexander Kott

Beitrag von horror1966 »

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Sturm auf die Festung Brest
(Brestskaya krepost)
mit Andrey Merzlikin, Pavel Derevyanko, Veronika Nikonova, Aleksei Kopashov, Anna Tsukanova, Yana Yesipovich, Madlen Dzhabrailova, Aleksandr Sirin, Aleksandr, Korshunov, Anatoly Kot, Vladimir Kapustin
Regie: Alexander Kott
Drehbuch: Igor Ugolnikov / Konstantin Vorobyov
Kamera: Vkadimir Bashta
Musik: Yuri Krasavin
FSK 16
Russland / 2010

22. Juni 1941: Die Festung der weißrussischen Stadt Brest ist eines der ersten Ziele der Deutschen Wehrmacht zu Beginn des Russlandfeldzuges. Die in der Festung stationierten 300 Offiziersfamilien und 9000 Soldaten werden von dem Angriff im Schlaf überrascht und erleiden heftige Verluste. Es herrscht Panik, doch den Offizieren Gawrilow, Kischewatow und Fomin gelingt es, die Verteidigung an drei Frontabschnitten zu organisieren und die Deutschen zurückzudrängen. Die Wehrmacht reagiert auf die unerwartet starke Gegenwehr mit dem Einsatz von Stukas und Panzern. In der Festung werden Munition, Essen und Wasser knapp, die ärztliche Versorgung ist katastrophal. Die drei Offiziere entscheiden sich zum Ausbruch aus dem deutschen Kessel. Ein Kampf bis zum letzten Mann beginnt ...


Spannend und aufwendig inszeniert (TV Movie)


Diesen einen Satz kann man nach Sichtung dieses erstklassigen Kriegsdramas sofort unterschreiben, präsentiert sich dem Zuschauer doch ein aufwendig ausgestattetes Kriegsgeschehen. Besonders positiv fällt dabei schon nach wenigen Minuten auf, das es sich hier um eine Produktion handelt, die jenseits jeglicher Hollywood-Klischees angeiedelt ist. Natürlich beinhaltet auch diese Geschichte, die sich übrigens anscheinend sehr realitätsnah an den wirklichen Ereignissen orientieren soll, eine gewisse Portion Patriotismus, was sich bei Filmen dieser Art wohl nie ganz vermeiden lässt. Im Gegensatz zu etlichen US-Produktionen wirkt dieser hier allerdings keinesfalls zu dick aufgetragen, denn der aufopferungsvolle Kampf der russischen Soldaten gegen die deutsche Übermacht, drückt lediglich das Herzblut aus, mit dem die Männer ihre Heimat verteidigen. Regisseur Alexander Kott hat es dabei hervorragend verstanden, die allgemeinen Kampfhandlungen autjenstisch-und überzeugend in Szene zu setzen und gleichzeitig einige Hauptcharaktere in den Mittelpunkt zu stellen, ohne dabei die Nebenrollen zu sehr zu vernachlässigen.

Im Mittelpunkt steht der kleine Sashka Akimov, der auch gleichzeitig als Erzähler der Geschichte auftritt und die Ereignisse aus seiner Sicht schildert. Zudem stehen 3 russische Offiziere im Focus, die mit ihren jeweiligen Soldaten an verschiedenen Standpunkten innerhalb der Festung eingeschlossen sind und sich gegen die deutschen Angriffe erwehren müssen. Den Offizieren ist es überhaupt zu verdanken, das eine Verteidigung der Festung möglich ist, hat der Angriff die Russen doch vollkommen überrascht. Die dabei ausgebrochene Panik und Hilflosigkeit wurde sehr gut in Szene gesetzt und hinterlässt einen äusserst glaubwürdigen Eindruck beim Zuschauer. Das kann man aber auch ganz generell auf das gesamte Szenario ummünzen, offenbaren sich einem doch sehr kräftige und intensive Bilder, die einem streckenweise richtig unter die Haut gehen. Untermalt von einem erstklassigen Score erzielen bestimmte Passagen eine besonders starke Intensität, so das einem teilweise ein dicker Kloß im Halse entsteht, denn die Grausamkeit und Härte des ungleichen Kampfes geht nicht spurlos an einem vorbei und hinterlässt durchaus einige Spuren.

Trotz einer Laufzeit von gut 130 Minuten beinhaltet "Sturm auf die Festung Brest" keinerlei Längen, die Erzählstruktur ist jederzeit flüssig und bietet keinerlei Grund zur Beanstandung. Eine weitere Stärke sind ganz sicher die hervorragenden Schauspieler, die durch die Bank einen tollen Job erledigen und dabei immer authentisch agieren. Über die vorhandenen Kampfpassagen braucht man nicht groß zu diskutieren, sie sind herausragend umgesetzt worden und unterstreichen nur den hohen Qualitätsstandard des Filmes, der meiner Meinung nach zu den besten Antikriegsfilmen überhaupt gehört. Das liegt ganz sicher an der hervorragenden Mischung, die Alexander Kott hier gelungen ist, den neben den zahlreichen Kampfhandlungen bietet die Geschichte auch genügend Spielraum für zwischenmenschliche Momente und starke Emotionen. Das Schöne daran ist, das diese immer wieder eingestreuten Phasen zu keiner Zeit auch nur annähernd kitschig oder übertrieben erscheinen, sie unterstreichen sogar noch zusätzlich die realistische Note, die diesem Werk beiwohnt. Eher das Gegenteil ist der Fall, lösen diese Phasen doch sogar ein starkes Gefühl der Beklemmung beim Zuschauer aus, der man sich beim besten Willen nicht erwehren kann.

Insgesamt gesehen gibt es eigentlich nichts, was man "Sturm auf die Festung Brest" negativ ankreiden könnte, wenn überhaupt dürfte der enthaltene Patriotismus einigen leuten etwas schwer im Magen liegen. Vergleicht man diesen allerdings mit amerikanischen Werken, so hält er sich doch in überschaubearen Grenzen und lässt sich im Prinzip auch gar nicht vermeiden. Zudem sind die Stärken des Filmes einfach zu groß, um sich an einer solch kleinen Sache aufzuhängen, die den äusserst guten Gesamteindruck noch nicht einmal wirklich trüben kann. In meinen Augen zählt diese russische Produktion auf jeden Fall zu den herausragendsten Beiträgen im Genre des Antikriegsfilmes, das man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte.


Fazit:


Starke Charaktere, hervorragende Kampfszenen und eine insgesamt äusserst spannend erzählte Geschichte sind die hervorstechendsten Merkmale dieses Filmes. Faszinierende-und kräftige Bilder und eine ergreifende musikalische Untermalung der Ereignisse sorgen streckenweise sogar für eine gepflegte Gänsehaut, denn die Situation der Eingeschlossenen kriecht einem doch schleichend unter die Haut und macht einen auch irgendwie befangen. Man sollte sich diesen Film auf jeden Fall anschauen, der auch nachhaltig im Kopf des Betrachters nachwirken wird.


Die DVD:

Vertrieb: Ascot elite
Sprache / Ton: Deutsch DTS, DD 5.1 / Russisch DD 5.1
Untertitel: Deutsch
Bild: 2,35:1 (16:9)
Laufzeit: 132 Minuten
Extras: Making Of, Kinotrailer


8/10
Zuletzt geändert von horror1966 am Mi 31. Aug 2011, 17:44, insgesamt 1-mal geändert.
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Adalmar
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Re: Sturm auf die Festung Brest - Alexander Kott

Beitrag von Adalmar »

Pardon, aber: Wenn ich mit etwas nichts anfangen kann, dann mit solchen "Anti-"Kriegsfilmen.
diese Geschichte, die sich übrigens sehr realitätsnah an den wirklichen Ereignissen orientiert
... du warst damals dabei? :mrgreen:
denn der aufopferungsvolle Kampf der russischen Soldaten gegen die deutsche Übermacht, drückt lediglich das Herzblut aus, mit dem die Männer ihre Heimat verteidigen.
Vielleicht sollte in Russland auch mal ein Film über die Besetzung Ostpolens durch die Rote Armee im September 1939 und eines großen Teils Finnlands bis März 1940 gedreht werden.
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purgatorio
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Re: Sturm auf die Festung Brest - Alexander Kott

Beitrag von purgatorio »

Adalmar hat geschrieben:Pardon, aber: Wenn ich mit etwas nichts anfangen kann, dann mit solchen "Anti-"Kriegsfilmen.
diese Geschichte, die sich übrigens sehr realitätsnah an den wirklichen Ereignissen orientiert
... du warst damals dabei? :mrgreen:
denn der aufopferungsvolle Kampf der russischen Soldaten gegen die deutsche Übermacht, drückt lediglich das Herzblut aus, mit dem die Männer ihre Heimat verteidigen.
Vielleicht sollte in Russland auch mal ein Film über die Besetzung Ostpolens durch die Rote Armee im September 1939 und eines großen Teils Finnlands bis März 1940 gedreht werden.
:palm:
das sind jetzt nicht wirklich Argumente, mein Freund ;)
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Adalmar
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Re: Sturm auf die Festung Brest - Alexander Kott

Beitrag von Adalmar »

Ein "Facepalm"-Icon ist schnell geklickt ... damit ich meine Skepsis gegenüber solchen Filmen revidiere, muss schon etwas substantielleres kommen.
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purgatorio
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Re: Sturm auf die Festung Brest - Alexander Kott

Beitrag von purgatorio »

hmmm ... ich fand, dass die Gesichtspalme reicht :D aber gut:
Adalmar hat geschrieben:Pardon, aber: Wenn ich mit etwas nichts anfangen kann, dann mit solchen "Anti-"Kriegsfilmen.
diese Geschichte, die sich übrigens sehr realitätsnah an den wirklichen Ereignissen orientiert
... du warst damals dabei? :mrgreen:
Ich als Historiker (kein Scheiß :thup: , sogar studiert) halte nicht viel von der Behauptung, dass man die Realitätsnähe einer historischen Nacherzählung nur bewerten kann wenn man auch dabei war (das gilt jetzt unabhängig von diesem hier besprochenen Film, den ich nämlich nicht kenne, und soll eher als allgemein in den Raum gestellt werden). Geschichte hätte dann nämlich keinen Wert sobald sie über das zeithistorische Fenster (prinzipiell als Geschicht der noch Lebenden verstanden) hinaus geht
ich weiß also nicht woher Herr Horror sein Argument nimmt (es ist mir ehrlich gesagt auch egal) - aber ich weiß, dass dein Gegenargument, gelinde gesagt, für den Arsch ist
Adalmar hat geschrieben:
denn der aufopferungsvolle Kampf der russischen Soldaten gegen die deutsche Übermacht, drückt lediglich das Herzblut aus, mit dem die Männer ihre Heimat verteidigen.
Vielleicht sollte in Russland auch mal ein Film über die Besetzung Ostpolens durch die Rote Armee im September 1939 und eines großen Teils Finnlands bis März 1940 gedreht werden.
Der zweite Teil ist schon etwas konfliktreicher. Bereits die Äußerung von Horror schreit ja nach roter Propaganda
der aufopferungsvolle Kampf der russischen Soldaten gegen die deutsche Übermacht

im Ernst, das könnte problemlos die Sockelinschrift eines Rote-Armee-Juchee!!!-Denkmals sein :D
Dein Versuch etwas hier im (unreflektierten) Kontext als positiv herausgestelltes sofort mit etwas negativem der selben Sache zu konterkarrieren nur um damit zu begründen, dass ""Anti-"Kriegsfilme" nicht so dein Ding sind halte ich für ebenso ungeschickt :)
Es ist nicht so, dass ich nicht verstehen würde was du zu sagen versucht hast, die Anführungszeichen bei "Anti-"Kriegsfilme sind dabei besonders ausschlaggebend, aber die Art und Weise hielt ich eben für äußerst ungeschickt und wollte das durch einen Gesichts-Palmen-Smiley ausdrücken :thup:
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purgatorio
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Re: Sturm auf die Festung Brest - Alexander Kott

Beitrag von purgatorio »

Adalmar hat geschrieben:(...) damit ich meine Skepsis gegenüber solchen Filmen revidiere, muss schon etwas substantielleres kommen.
oha - ich seh gerade, dass mein Palmen-Smiley auch völlig falsch verstanden wurde! Keinesfalls wollte ich dir in irgendeiner Art deine Ansichten zu Anti-Kriegsfilmen ausreden - das läge mir sehr fern :opa:
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Adalmar
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Re: Sturm auf die Festung Brest - Alexander Kott

Beitrag von Adalmar »

Wie kann man sagen, dass ein Film sich sehr "realitätsnah an den wirklichen Ereignissen" orientiert, ohne dass erkennbar ist, anhand welcher belastbaren, unabhängigen Quelle so eine Aussage erfolgt? Von welcher Quelle kann man sich überhaupt eine nicht tendenziös gefärbte Aussage über die "wirklichen Ereignisse" des Krieges erhoffen?

Was du am zweiten beanstandeten Teil meines obigen Beitrags nun für "äußerst ungeschickt" hältst, hat sich mir bislang nicht entschlossen (was ich damit sagen wollte, ist ja klar: Die Sowjetunion war eben im Zweiten Weltkrieg zunächst auch Aggressor, und die filmische Reflexion dieser Geschehnisse ist m. W. nicht sehr ausgeprägt - klar stellt man am liebsten die heldenhaften Verteidiger dar) - ich habe ein bisschen den Eindruck, dass du dich als Historiker bei diesem Thema irgendwie gezwungenermaßen einbringen zu müssen glaubst - bitteschön :mrgreen:

Thema Antikriegsfilm: Ich schätze wahre Antikriegsfilme, aber wenn von aufopferungsvollem Kampf und Herzblut die Rede ist, dann deutet das für mich eher in die Ecke ohne "Anti-".
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buxtebrawler
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Re: Sturm auf die Festung Brest - Alexander Kott

Beitrag von buxtebrawler »

Adalmar hat geschrieben:Thema Antikriegsfilm: Ich schätze wahre Antikriegsfilme, aber wenn von aufopferungsvollem Kampf und Herzblut die Rede ist, dann deutet das für mich eher in die Ecke ohne "Anti-".
Ich stimme zu.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
purgatorio
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Re: Sturm auf die Festung Brest - Alexander Kott

Beitrag von purgatorio »

nix mit äußern müssen - wollt mich sogar dezent zurückhalten :D
mit "ungeschickt" ist gemeint: argumentativ ungeschickt :opa:
Es scheint in etwa so sinnvoll zu sein wie jemandem, der meint, dass Amerika und ganz speziell New York so unglaublich toll ist, zu sagen, dass Amerikaner aber auch die Indianer unterjocht und beinahe ausgelöscht haben und darum bei weitem keine guten Menschen sein können. Ich sag ja, argumentativ sehr dünnes Eis, oder um meine Wortwahl erneut aufzugreifen: "ungeschickt" :nick:
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Adalmar
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Re: Sturm auf die Festung Brest - Alexander Kott

Beitrag von Adalmar »

Dieser Vergleich ist aber nicht sehr treffend, denn während die heutigen US-Amerikaner (um die es dir wohl geht) viele Generationen nach den maßgeblichen Genozid- und Kriegsereignissen gegen die Urbevölkerung leben, geht es in meiner Anmerkung um Ereignisse, die nur einen sehr geringen Zeitraum (wenige Jahre) umfassen und dieselbe Institution (die Rote Armee) betreffen. Ich will da jetzt auch nicht ewig drauf rumreiten - worauf ich hinauswollte, sollte ja klar geworden sein.
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