Viereint geht's besser! - Ivo Sasek (2018)
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Viereint geht's besser! - Ivo Sasek (2018)
Originaltitel: Viereint geht's besser!
Produktionsland: Schweiz 2018
Regie: Ivo Sasek
Cast: Joas Bühler, Ruth Sasek, Joschua Sasek, Kezia Jetter, Caroline Antoni, Anna-Sophia Sasek, Mike Pullmann
Über den „Schweizer Laienprediger“ Ivo Sasek, geboren 1956 in Zürich, kann man auf der deutschsprachigen Wikipedia lesen, er sei „Autor religiöser Schriften und Leiter der 1999 von ihm gegründeten Organischen Christus-Generation (OCG). Diese als Sekte eingestufte Organisation hat zwischen 2000 und 3000 deutschsprachige Mitglieder. 2008 gründete Sasek die Anti-Zensur-Koalition (AZK), ein Forum für rechte Esoterik, Verschwörungstheorien, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Geschichtsrevisionismus bis hin zu Holocaustleugnung. Von Saseks Panorama-Zentrum in Walzenhausen (Schweiz) aus werden diese Organisationen und ihre zahlreichen Medien geleitet, darunter der neurechte Online-Kanal Klagemauer.tv. Sasek lehnt eine offene und pluralistische Gesellschaft ab.“ Im weiteren Verlauf des Artikels fallen Stichworte wie Kindesmissbrauch durch (biblisch motivierte) Züchtigung, Gehirnwäsche und finanzielle Ausbeute der OCG-Mitglieder sowie eine großangelegte Aktion, bei der die OCG Daten missliebiger Politiker und anderer Personen des Öffentlichen Lebens gesammelt haben soll. Auch ist zu lesen, dass sich diverse ehemalige OCGler, darunter auch der älteste Sohn Saseks, schwere Vorwürfe gegen die Religionsgemeinschaft erhoben haben, in die sie (teilweise) hineingeboren worden sind. Was die Wikipedia verschweigt, ist, dass Sasek auch über eine eigene Filmproduktionsfirma namens „Panorama Film“ verfügt, die sich in den letzten Jahren durch die Produktion von Spielfilmen hervorgetan hat – und was glaubt ihr wohl, was euer geliebter Salvatore getan hat, als er erfuhr, dass eins von Saseks Meisterwerken, nämlich VIEREINT GEHT’S BESSER! aus dem Jahre 2018, gemeinfrei auf dem YouTube-Kanal der OCG verfügbar ist…
Bei VIEREINT GEHT’S BESSER! handelt es sich um ein waschechtes Familienprojekt: Nahezu sämtliche relevanten Rollen vor und hinter der Kamera werden von Mitgliedern des Sasek-Clans besetzt – und diejenigen Person, die nicht auf den Nachnamen Sasek hören, sind eben zumindest in irgendeiner Weise mit einer von Saseks Organisationen verbandelt. Auf der IMDB kann man zum Filminhalt zu lesen: „Many are afraid of a raising folk mix, even if Mrs. Merkel joyfully said "We can do it!". But this would be a big chance to show which united powers are inside of us. When four different married couples are ale to do it their unity is suddenly rivaled unwanted by a hidden agenda of politically correct, licensed unity makers.“ Ich weiß nicht, ob Sasek selbst diese Zeilen getippt hat, – nachdem ich mir allerdings jede einzelne der hundertfünf Minuten des Films zu Gemüte geführt habe, bin ich mir nicht sicher, ob der Autor vorliegendes Werk überhaupt zu Gesicht bekommen hat. Die sogenannte „Flüchtlingskrise“ jedenfalls kommt in VIEREINT GEHT’S BESSER höchstens am Rande vor, und auch die multikulturelle Gesellschaft steht eher weniger im Mittelpunkt von Saseks Polemik; vielmehr vertritt der Streifen diverse gängige „Verschwörungstheorien“, laut denen beispielweise sämtliche Attentate der letzten Jahre – angefangen vom 11. September bis hin zu Breitscheidplatz und Charlie Hebdo – von Geheimdiensten im Auftrag einer vage bleibenden „politischen Elite“ verübt worden seien, worauf man Muslime nur deshalb als Sündenböcke modellierte, um eine gewaltsame Spaltung der Gesellschaft herbeizuführen und über diesen Wege zunehmende Freiheitseinschränkungen der Bürger gesetzlich legitimieren zu können – und um diesen Nukleus herum strickt Sasek, der als Regisseur, Drehbuchautor, Produzent in Personalunion fungiert, eine umständlich erzählte, stellenweise haarsträubende, sich immer wieder in agitatorischen Tiraden verlierende Spielfilmhandlung, bei der es mir schwerfällt zu glauben, dass all das, was mir im Zuge dieser aufgetischt wird, von den Verantwortlichen tatsächlich ernstgemeint sein soll…
Die etwa die erste Viertelstunde Laufzeit einnehmende Exposition stürzt uns derart mitten ins Geschehen, beschmeißt uns mit so vielen Namen, Fakten, Plot-Volten, erzählt ihre Ereignisse derart atemlos, dass man sich durchaus an die ähnlich hysterischen Filmanfänge eines Andrej Zulawski erinnert fühlen kann: Aus dem Off erzählt uns ein gewisser Ahmed, dass er Teil einer sogenannten „Friedensband“ sei – sozusagen die Hausband Saseks, die sich aus vier Ehepärchen zusammensetzt, und vorzugsweise auf Kongressen der OCG oder der bereits erwähnten AZK auftritt, um ziemlich kitschige, musikalisch ziemlich spannungsarme Liedchen zum Besten zu geben, in deren Texte die Hörerschaft zum Widerstand gegen einen gemeinsamen Feind aufgerufen werden. Außer Ahmend und seiner Frau Nagihan, die beide den Islam praktizieren, gehören zur Friedensband noch: José und Caro, zwei „tiefgläubige Christen, hochintelligent und visionär“; Kezia und Renzo, die „aus der esoterischen Ecke“ kommen; und Kai Stefan und Samantha, zwei „typische Gutmenschen“, die, in Ahmeds Worten, „zu Depression und Schwermut neigen“. Diese bunte Truppe veranschaulicht sinnfällig Saseks Idee einer „Einheit trotz Verschiedenheit“ bzw. „Einheit gerade aufgrund der Verschiedenheit“, wie sie ja auch schon im plakativen Filmtitel zum Ausdruck gebracht wird. In den Worten Ahmeds: „Unterschiedlicher als wir könnte man gar nicht sein. Doch wir ergänzen uns gegenseitig auf großartige Weise.“ Untermalt ist die gehetzt wirkende Vorstellungsrunde zu Beginn übrigens nicht nur mit einem schmalzigen Song und infantil wirkenden Spezialeffekten, die die einzelnen Figuren als Standbilder wie in einem Poesiealbum präsentieren, sondern vor allem von Ahmeds eigenwilliger Vortragsweise, an die man sich im weiteren Verlauf der Handlung zwangsläufig gewöhnen muss. Damit meine ich nicht, dass der Darsteller des Ahmed offenbar kein deutscher Muttersprachler ist, und deswegen einen „exotischen“ Teint in seiner Aussprache hat. Was unser Erzähler mit seiner Stimme anstellt, erinnert mich eher an die Sprecher in Kindersendungen, die ihre Sätze auf die Augenhöhe ihrer minderjährigen Zuschauerschaft herunterzuschrauben versuchen. Dazu passt dann auch das übertriebene Schauspiel unserer acht Hauptfiguren: Da wird mit den Augen gerollt, grimassiert, die Stimme verstellt, bestimmte Worte mit Nachdruck betont, Hände und Füße zu Hilfe genommen, um die Dialoge zu unterstreichen, dass sich noch der theatralische Stummfilm dahinter verstecken muss.
Weshalb nun aber lernen wir unsere acht Helden und Heldinnen zu Beginn von VIEREINT GEHT’S BESSER! in einem türkischen Wellness-Hotel kennen? Ganz einfach: Die Friedensband hat sich nach den Attentaten auf die Karikaturisten von Charlie Hebdo gegründet und seitdem einen beispiellosen musikalischen Feldzug quer über den Globus hingelegt. Aufgrund ihres unermüdlichen Einsatzes für Weltfrieden und Völkerverständigung wurden sie gar mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, (der offenbar für Sasek eine Auszeichnung ist, die nicht in die Einflusssphäre der Internationalen Finanzelite fällt.) Verbunden ist der Nobelpreis aber ebenso mit einem Gutschein, der den vier Pärchen einen Luxusurlaub im Lande Erdogans spendiert – und genau dort sind sie nun, lassen sich massieren, chillen in Whirlpools, basteln unter der Mittelmeersonne an neuen Songideen. Es könnte das Paradies auf Erden sein, wenn nicht während ihres Aufenthalts im Hotel eine Bombe detonieren würde. Diese Actionszene, mit der uns VIEREINT GEHT’S BESSER! bereits in seinen ersten fünf Minuten überfällt, legt gleich zweierlei offen: A) Saseks zweifelhaftes Humorverständnis, (denn statt den Anschlag irgendwie ernsthaft oder vielleicht sogar spannend zu inszenieren, verliert sich der Film für Minuten in fremdschamwürdigen Slapstick-Einlagen, in denen beispielweise Ahmed bei der Flucht aus dem einstürzenden und in Flammen aufgehen zu drohenden Gebäude das Handtuch verliert, mit dem er seinen Schambereich verdeckt, und verzweifelt nach Gegenständen sucht, mit denen er vor anderen Flüchtenden sowie der heranrückenden türkischen Polizei sein Geschlechtsteil zu verstecken vermag), B) Saseks zweifelhafte Anwendung von Spezialeffekten, (denn schon lange habe ich keine derart miserablen CGI-Effekte wie in vorliegendem Streifen gesehen, wenn Saseks Team anscheinend niemals ein wirkliches Luxushotel von innen gesehen hat, man die Schauspieler stattdessen konsequent vor einem Green Screen agieren lässt und beispielweise die Hotellobby, eine Shopping Mall oder das hoteleigene Türkische Bad nachträglich mitunter als Standbilder oder Computeranimationen einfügt, was, mit Verlaub, einfach nur furchtbar ausschaut; hinzukommen merkwürdige ästhetische Entscheidungen, die den Film ebenfalls von Anfang bis Ende durchziehen werden: Zooms in Momenten, wo sie relativ sinnlos wirken, oder Szenenübergänge, die wirken, als habe Sasek einfach mal alle Effekte seines Schneideprogramms ausprobieren wollen, oder völlig unnatürliche, viel zu laute Hintergrundgeräusche; VIEREINT GEHT’S BESSER! ist zugekleistert von Post-Production-Pirouetten, die den Film nicht etwa in ein professionelles Gewand stecken, sondern eher dazu beitragen, dass er den Eindruck eines Amateurprodukts erweckt, bei dem ohne Grund und Verstand einfach alle Trümpfe ausgespielt werden, die einem das heimische Video-Bearbeitungs-Tool an die Hand geben.)
Nach dem furiosen Auftakt verlangsamt der Film seinen Flow glücklicherweise etwas und setzt uns folgende Räuberpistole auf die Brust: Da Ahmed letztlich zu einem in den Hotelfluren herumliegenden Pass gegriffen hat, um ihn als Feigenblatt zu verwenden, und die Polizei herausfindet, dass dieser Pass dem mutmaßlichen Attentäter gehört, wird Ahmed erstmal festgenommen. Noch schlechter sieht es für unseren Helden aus, als sich herausstellt, dass der mutmaßliche Attentäter sein eigener Cousin gewesen ist, der nämlich zufällig im selben Bosporus-Luxushotel Urlaub gemacht hat. Ahmed verteidigt seinen lammfrommen und kein bisschen radikalisierten Cousin tapfer, den man inzwischen von eigener Hand ermordet aufgefunden hat. Schließlich kann das Missverständnis aufgeklärt werden und Ahmed wird wieder auf freien Fuß gesetzt. Erschüttert sind er und seine Friedensband-Freunde freilich trotzdem – und man beginnt private Nachforschungen anzustellen: Könnte es sein, dass Ahmeds Cousin unschuldig ist und von perfiden Strippenziehern manipuliert wurde, um die Friedensband in Verbindung zu Terroranschlägen zu bringen? Ahmed, Renzo, José und Kai Stefan stürzen sich ins Internet und klicken sich von einer alternativen Medienseite zur nächsten, worauf sich alsbald ein „Terrormuster“ herauskristallisiert: Komischerweise verliefen die Terroranschläge der letzten Jahre stets nach dem selben Muster, inklusive zufällig verlorenem Personalausweis der Attentäter, sich widersprechender Zeugenaussagen, die einmal von einem Täter, dann wieder von mehreren sprechen, und weiteren Ungereimtheiten innerhalb der offiziellen Medienberichterstattung. Zeitgleich werden alle Bandmitglieder nach einem weiteren Konzert von dubiosen Gestalten angesprochen: Die Männer von verschiedenen vermeintlichen Geheimdienstmitarbeitern, darunter eine gewisse Tamara Peng vom MI6, ein Pater namens Kronos und Valhalla Federova vom GRU. Diese bläuen José, Kai Stefan, Renzo und Ahmed unterschiedliche Feindbilder ein: Der eine erklärt, die IRA stecke hinter dem Anschlag, ein anderer brandmarkt die Feinde des Christentums als Drahtzieher. Diese Strategie des Gegeneinander-Ausspielens setzt sich auch bei Nagihan, Samatha, Kezia und Caro fort, die allesamt davor gewarnt werden, sich von Verschwörungstheorien jedweder Couleur fernzuhalten und allein Staat und Autoritäten zu vertrauen. Das Ziel liegt auf der Hand: Die Bandmitglieder sollen gegeneinander aufgehetzt, die Ehepaare voneinander isoliert werden. Tatsächlich hängt bald der Segen in jedem einzelnen Haus schief, als die Damen erkennen, mit welchen kruden Theorien sich ihre Angetrauten beschäftigen. Währen Samantha, Kezia, Caro und Nagihan heimlich Kampfkurse besuchen, um sich im Notfall gegen ihre Männer verteidigen zu können, nähern diese sich immer weiter einer Wahrheit, wie sie Sasek offenbar auch in seinen Predigen vertritt: Eine finstere Kaste mächtiger Menschen versucht, die Friedensband zum Zerbrechen zu bringen, da sie deren lauen Pop- und Schlagersongs als ernsthafte Bedrohung ihres Plans ansehen, die Menschheit noch weiter zu knechten und eine Neue Weltordnung zu installieren, in der jedwede Individualität ausgemerzt ist und die Menschen einzig noch als seelenlose Konsumenten existieren. Von daher stimmt auch die Behauptung auf der deutschsprachigen Wikipedia nicht ganz, Sasek würde eine offene und pluralistische Gesellschaft ablehnen. VIERENT GEHT’S BESSER! propagiert eher das Gegenteil. Problematisch ist allerdings, dass Sasek seine eigene Vision einer „Einigkeit durch Vielheit“ gegen eine (diffus bleibende) Elite ins Feld führt, in deren Darstellung man gar nicht lange nach antisemitischen Klischees suchen muss. (Bezeichnenderweise fällt das Wort „Juden“ in VIEREINT GEHT’S BESSER! zu keinem Zeitpunkt, von einem jüdisch konnotierten Charakter ganz zu schweigen.)
Dass meine Worte vielleicht etwas analytisch-distanziert klingen, hat wenig damit zu tun, dass VIEREINT GEHT’S BESSER! mich nicht auf etwas eigenartige Weise unterhalten, wenn nicht sogar regelrecht fasziniert hat, sondern eher damit, dass mir ein solcher Film tatsächlich noch nie untergekommen ist und ich gar nicht weiß, was ich mit ihm anfangen soll, wo ich mit ihm anfangen soll, was sein Schöpfer wiederum mit ihr anfangen wollte. Glaubt Sasek wirklich, noch mehr Anhänger zu rekrutieren, seine Zuschauer wachzurütteln und reihenweise Rote Pillen zum Fressen zu geben, indem er einen derart technisch-ästhetisch überkandidelten, storytechnisch und dramaturgisch vollkommen konfusen und zudem mit ellenlangen Konzertszenen, (bei denen die Friedensband auf Sasek-eigenen Veranstaltungen auftreten), künstlich in die Länge gestreckten Spielfilm inszeniert, der unterm Strich wirkt wie eine besonders laienhaft geschauspielerte Seifenoper, über der ein Kübel nervtötender Spezialeffekte und Non-Stop-Indoktrinationen zumeist fragwürdiger Art ausgekippt wurden? Mir scheint VIEREINT GEHT’S BESSER ja eher für Menschen gedacht, die sowieso Sasek längst zu ihrem Guru erkoren haben und hinter jedem Busch eine Verschwörung wittern. Nicht dass man mich falsch versteht: Ich finde das durchaus begrüßenswert, wenn man Dinge hinterfragt, sich kritisch mit Medien auseinandersetzt, nicht alles für bare Münze nimmt, was einem als solche serviert wird. Doch wie Sasek hier eine unbelegte Theorie, eine wilde Spekulation, eine bizarre Verknüpfung nach der andern leger aus der Hüfte schießt, das sucht schon seinesgleichen, - und regelrecht paranoid wirkt es, wenn sich internationale Geheimdienste zusammentun, um eine harmlose „Friedensband“ mit kindischen Interventionen zu zerstören: Ich meine, wäre es nicht leichter, einfach eine Bombe auf einem Konzert der Gruppe zu zünden, statt einen langwierigen Prozess zu beginnen, bei dem die acht Bandmitglieder mühsam gegeneinander ausgespielt werden? Einmal abgesehen davon, dass man zunächst schlucken muss, dass eine drittklassige Showband den Friedensnobelpreis für Liedgut mit Zeilen wie „Alles wird vergehen, Liebe bleibt“ oder „Wir werden eins für diese neue Welt, die ungeahnte Kräfte in uns weckt“ erhält…
Eigentlich ist die verschwurbelte, verschwommene, verwaschene Handlung für mich jedoch eher zweitrangig angesichts der idiosynkratische Mise en Scene: Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, aber die Theatralik, mit der unsere Hauptfiguren agieren, kann nicht beschrieben, einzig erlebt werden. Gleiches gilt für die nahezu surrealen Green-Screen-Effekte, wenn Sasek scheinbar keine einzige Szene on location gedreht hat, und selbst die Interieurs von Schuhgeschäften oder Polizeistationen nachträglich hinter seine Darstellerriege zaubert. Über die weltfremden Dialoge und den prä-pubertären Blödel-Humor habe ich mich ja bereits ausgelassen, - aber noch nicht jene Momente erwähnt, in denen unsere Helden selbst in den Zeiten ärgster Zerwürfnisse, immer wieder ihre Einheit bekräftigen: Dann nämlich ballt jeder der Acht seine Hand zur Faust, man tritt im Kreis zueinander, schlägt die Fäuste gegeneinander und wird von göttlicher Energie in Gestalt grüner und blauer Lichtblitze durchzuckt. Anschließend scheint jede Person für ein paar Sekunden in fremden Zungen zu sprechen: Man rezitiert Gedichte, artikuliert die klügsten Gedanken, beschwört die Liebe zueinander, nur um sich anschließend, wenn der Spuk vorbei ist, nicht mehr an die eigenen, göttlich inspirierten Worte zu erinnern. Ich gehe mal davon aus, dass Sasek diese paar Szenen als emotionale Höhepunkte seines Films intendiert hat, - quasi die Apotheose der sich um Zusammenhalt trotz Differenzen drehenden Geschichte. Doch die Regieanweisung an die Schauspieler, ihre Gottseligkeit unbedingt dadurch zu visualisieren, dass sie ihre Augen drehen, wie Zombies umherstapfen, Grimassen schneiden, vereitelt dieses Vorhaben gründlich: Auf halbem Wege bleibt mir das Lachen im Hals stecken und auf meinen Armen erblüht eine Fremdscham-Gänsehaut. Möglicherweise ist das auch der Schlüssel dafür, dass ich VIEREINT GEHT’S BESSER durchaus mit großem Interesse besehen habe: Brandgefährliche Verschwörungsmythen gepaart mit infantilem Schauspiel; eine vorgeblich medienkritische, in Wirklichkeit nur Alternativmedien unkritisch wiederkäuende Weltanschauung im Verbund mit einer naiven Handlung voller Kitsch und Kalauern; ein Ausflug in die Gehirnwäscherei der lokalen Sekte und danach geht’s in den Kindergarten, wo man mit bunten Klötzchen Luftschlösser baut…
- Salvatore Baccaro
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- Registriert: Fr 24. Sep 2010, 20:10
Re: Viereint geht's besser! - Ivo Sasek (2018)
Beim Upload von SasekTV sind die Kommentare aber wohlwollender...
it´s fun to stay at the YMCA!!!
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