Walhalla Rising - Nicolas Winding Refn (2009)

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purgatorio
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Walhalla Rising - Nicolas Winding Refn (2009)

Beitrag von purgatorio »

Walhalla Rising

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Titel:
Walhalla Rising
Originaltitel: Valhalla Rising
Regie: Nicolas Winding Refn
Produktionsland: Dänemark, Vereinigtes Königreich (2009)
Cast: Mads Mikkelsen, Maarten Stevenson, Gordon Brown, Andrew Flanagan, Gary Lewis, Gary McCormack, Alexander Morton, Jamie Sives, Ewan Stewart, Mathew Zajac

Story:
Ein stummer, einäugiger Krieger wird von einem Wikingerstamm als Sklave gehalten. Er wird für Duelle auf Leben und Tod zum Kräftemessen mit anderen Stämmen benutzt und scheint unbesiegbar zu sein. Nachdem er sich befreien konnte wendet er sich gegen seinen Clan und beginnt anschließend eine Odyssee zu seinem Schicksal.

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Zuletzt geändert von purgatorio am Di 26. Jul 2011, 08:17, insgesamt 1-mal geändert.
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purgatorio
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Re: Walhalla Rising - Nicolas Winding Refn (2009)

Beitrag von purgatorio »

Etwas manifestiert sich in meinem Kopf. Es frisst sich fest und will nicht mehr gehen – was hat dieser Film nur gewollt?

Kapitel I: Zorn

Da ist dieser eine Mann, ein stummer, einäugiger Hühne von Narben übersät und von Zorn getrieben – unaufhaltsam – so man ihn denn von der Kette lässt. Und diesem Mann ohne Herkunft aber mit klar definierter Zukunft schenke ich nun meine volle Aufmerksamkeit. Der Film bietet auch keine Alternativen! Die raue, unwirkliche Natur (Schottland, Norwegen – es könnte überall sein. Drehort ist aber Schottland, hab ich nachgeschlagen) scheint kein Schutz zu sein, nur vorbestimmter, kalter und einsamer Tod. Ergo folgen wir dem Einäugigen, der tatsächlich kein einziges Wort sprechen wird.

Kapitel II: Der stille Krieger

Ein Zugang zum stillen Krieger wird verwehrt, er ist einfach nur präsent (dem einen Auge geschuldet könnte man dem Gedanken verfallen, dass er eine Manifestation Odins darstellt – es wird sich aber zeigen, dass er nur ein Mensch ist). Seine Stimme mimt ein kleiner Junge, der Teils nervig in Selbstdarstellung und anstrengender Mythisierung seines ausdruckslosen Begleiters aufgeht, teils nach einem Zugang zur Seele des Kriegers sucht aber meist doch einfach nur sein Bedürfnis nach Hilfe und Schutz ausdrückt.

Kapitel III: Männer Gottes

Nach einer Gewaltorgie ergeht sich der Film in bedrückend kalte Landschaftsmalereien um dann die Charaktere in die Arme Heiliger Männer zu führen. Die Landschaft wird hier - untermalt mit dezenter aber aufreibender Musik - zum Trägermedium, bleibt aber kalt und tödlich. Eine wesentliche Verbesserung zur Grundstimmung des ersten Teils ist dies folglich nicht – die heiligen Männer scheinen sich hier auch nicht sehr wohl zu fühlen. Sie suchen das Heilige Land, suchen Jerusalem, Reichtum, Ländereien, Ruhm und Anerkennung. Vor allem aber ein schöneres, lebenswerteres Land.

Kapitel IV: Das Heilige Land

Die Männer Gottes folgen zu Anfang nur ihren Bedürfnissen auf den Pfaden des rein menschlichen Strebens aus dem Elend heraus zu einer verheißungsvollen, besseren Zukunft. An die Hand nehmen und Führen lassen sie sich von dem aus dem Nichts auftauchenden Mann. Er ist einfach nur präsent – er spricht nicht, er handelt ruhig und bedacht, er existiert. Einem Monolithen aus „2001“ gleich, ändert seine Ankunft die Fahrtrichtung – auch wenn das zu Anfang nicht klar ist. Der Vergleich mit „2001 – a space odyssee“ drängt sich unweigerlich auf. In ruhigen, endlos langen Szenen schildert „Walhalla Rising“ nichts anderes als die Wanderung eines Mannes zu seinem Schicksal. Seine Begleiter sind nur Beiwerk – der Einäugige weiß das offenbar auch.

Kapitel V: Hölle

„Walhalla Rising“ ist eine epische Reise – eine Reise aus einem unbarmherzigen, kalten und brutalem Land hinab in die Hölle! Alles Sakrale wird hier umgekehrt, alle Hoffnung wird im Keim erstickt. Wahnsinn ist hier omnipräsent! Aus der Sklaverei heraus über die Entwicklung zum freien Krieger, zum heiligen Krieger – ja – zum Gott der Schutz und Ausweg für Heilige Männer bieten soll führt dieser Film seinen allzu menschlichen, wenn auch unnahbaren Hauptcharakter doch nur unweigerlich seinem Schicksal - der Auferstehung Walhallas – entgegen. Oder eben ganz profan gesprochen: er wandert hinab in die Hölle!

Kapitel VI: Das Opfer

Die Reise ins Heilige Land entpuppt sich als Tortur. Sie führt nicht zu Gott sondern unweigerlich von ihm/ihr fort. In der Zeit der Missionierung des Nordens wird durch den christlichen Selbstzweck der Eroberung Europas und des Nahen Ostens eben jenem Glauben der Nährboden entzogen an dessen Stelle sich ein schweigender Berserker stellt, der das Volk der Glaubenden in den Wahnsinn und in die Hölle führt und anschließend erst in den sicheren Tod. Er selbst geht seinem Schicksal erhobenen Hauptes entgegen und fordert dies auch wortlos von jedem Begleiter. Wer sich hier aus den Fängen des Geschicks zu lösen sucht ist verdammt – wobei das Schicksal selbst ebenfalls keinen Raum für Hoffnung lässt. Die Fortuna ist hier einseitig grau und blass. Es gibt nur eine Seite der Medaille.
Das Die Männer am Ende in einer Welt landen, die vor ihnen niemand zu Gesicht bekam, und die auch nach ihnen lange Zeit wieder verschollen sein wird (bis ein leicht verrückter Italiener im Auftrag Spaniens einen neuen Seeweg nach Indien suchen wird) ist hier kein Meilenstein der Menschheitsgeschichte. Es ist kein Erfolg einer Flotte, es ist nichts, dass bei der Ankunft gebührend gefeiert wird. Die Ankunft ist vielmehr ein kleiner Splitter im Rad der Fortuna, der mit Pfeilen begrüßt wird und von der Natur bekämpft wird. Das Land selbst scheint sich gegen die Männer zu wehren.

Für „Walhalla Rising“ braucht man Zeit. Viel Zeit! Die knapp 90Min. Laufzeit fühlen sich wie eine Ewigkeit an. Diesen Film kann man nicht mal eben so weggucken. Der Streifen ist tief philosophisch und teils anstrengend lang. Der Film ist schlicht ein Alptraum – und zwar ein sehr guter!
Was diesem Streifen zum epischen Meisterwerk fehlt sind lediglich Details. Abgesehen von nervigen handwerklichen Mängeln beim freistellen der Charaktere aus den Farbfiltern – ein Manko das sich sehr schnell zu einem richtigen Ärgernis für meine Augen entwickelte und nur an einer Stelle den sakralen Grundton der Szene wirklich passend untermalte – offenbart „Walhalla Rising“ auch einige Szenen die in ihrer psychodelischen Wirkung einfach zu lang geraten sind. Die unerträgliche Ruhe des 3. Teils wäre auch 10Min. kürzer immer noch wirkungsvoll und ausweglos gewesen. An einigen Stellen wäre weniger, an anderen sogar etwas mehr wünschenswert gewesen. Ja im Detail wirken einige Szenen wenig durchdacht und zu lose ins Gesamtkonzept eingeflochten – Natürlich ist das Haarspalterei auf hohem Niveau und ändert nichts an der ausdrücklichen Empfehlung des Films an alle, die mal wieder etwas Neues mit Anspruch sehen möchten. Dass der Film uns dabei an der Hand nimmt und bei altbekannter Actionkost beginnt um unsere Augen langsam an den Abstieg zu gewöhnen, unterstreicht doch am Ende nur die Essenz. Dieser Film ist ein ganz großer Wurf, aber auch sehr schwer zu verdauen.
9/10

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Arkadin
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Re: Walhalla Rising - Nicolas Winding Refn (2009)

Beitrag von Arkadin »

Über den Film habe ich jetzt schon so viel Gutes gehört.. ich muss mir den endlich mal besorgen. Zu meiner großen Schande muss ich auch gestehen, dass ich - trotz eines Faibles für skandinavische und insbesondere dänische Filme - bisher noch nichts von Herrn Refn gesehen habe. Weder die "Pusher"-Trilogie, noch den ebenfalls immer wieder hoch gelobten "Bronsen". Ich muss mich da irgendwann mal rein arbeiten.
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Re: Walhalla Rising - Nicolas Winding Refn (2009)

Beitrag von purgatorio »

Der Film spaltet die Gemeinschaft der Rezipienten in zwei Extreme. Die einen sind nachhaltig beeindruckt (wenn auch eventuell mit der Angabe, dass sie den Film trotzdem so schnell nicht wieder sehen werden - so wie ich quasi), die anderen finden ihn totlangweilig und verfluchen die investierten 90min.! Ist also eigentlich vielversprechend, dass du bisher nur Gutes gehört hast :thup:
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Re: Walhalla Rising - Nicolas Winding Refn (2009)

Beitrag von purgatorio »

Was mir noch einfiel: aus Dänemark kenne ich meines Wissens auch nur (nebst Walhalla Rising) "In China essen sie Hunde", "Old Men in new Cars", "The good Cop" und "Adams Äpfel" - alle durch die Bank weg empfehlenswert!
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Re: Walhalla Rising - Nicolas Winding Refn (2009)

Beitrag von Arkadin »

purgatorio hat geschrieben:Was mir noch einfiel: aus Dänemark kenne ich meines Wissens auch nur (nebst Walhalla Rising) "In China essen sie Hunde", "Old Men in new Cars", "The good Cop" und "Adams Äpfel" - alle durch die Bank weg empfehlenswert!
Aaaaaalso.... "The Good Cop" mochte ich überhaupt gar nicht. "In China essen sie Hunde" halte ich für überbewertet und "Old Men in New Cars" finde ich so la-la.

"Adams Äpfel" hingegen ist schlichtweg großartig. Von Herrn Jensen kann ich auch noch "Flickering Lights" und "Dänische Delikatessen" sehr empfehlen. Der Kerl hat als Drehbuchautor eh seine Finger in jedem zweiten dänischen Film (auch bei "Hunde" und "Old Men").

Mein Lieblings-Däne (neben allen Lars von Trier-Filmen) ist allerdings "Das Fest" von Vinterberg. Wobei der hier nicht unbedingt in den Kontext passt (obwohl er schon der pure Horror ist...).
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McBrewer
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Re: Walhalla Rising - Nicolas Winding Refn (2009)

Beitrag von McBrewer »

Ein :prost: auf DÄNische Filme :thup: (natürlich ein selbiges auf die tolle Musik aus diesem Land)
Wie auch Adams Äpfel(!ganz großartig!), Dänische Delikatessen, In China essen sie Hunde, Das Fest und natürlich den OLSENBANDE-Filme ist WALHALLA RISING ein ganz eigener Film.
Vielleicht am ehesten noch zu vergleichen mit Werner Herzog`s AGUIRRE, DER ZORN GOTTES (jedenfalls musste ich immer während der Sichtung an dieses Meisterwerk denken)
Bei Leibe, kein schlechter Film, aber sicher auch anstrengend.
Ich brauchte mehrere anläufe, WALHALLA zu schauen, aber bereue zu keiner Sekunde was ich gesehen habe, wenn man sich drauf einlässt :popcorn:
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untot
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Re: Walhalla Rising - Nicolas Winding Refn (2009)

Beitrag von untot »

Dann ist dies wohl auch was für mich, ich mag dänische Filme und Aguirre auch, also ist notiert... :popcorn:
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purgatorio
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Re: Walhalla Rising - Nicolas Winding Refn (2009)

Beitrag von purgatorio »

McBrewer hat geschrieben: Bei Leibe, kein schlechter Film, aber sicher auch anstrengend.
"anstrengend" trifft es schon sehr gut, denn wie ich oben schon notierte:
Für „Walhalla Rising“ braucht man Zeit. Viel Zeit! Die knapp 90Min. Laufzeit fühlen sich wie eine Ewigkeit an. Diesen Film kann man nicht mal eben so weggucken. Der Streifen ist tief philosophisch und teils anstrengend lang. Der Film ist schlicht ein Alptraum – und zwar ein sehr guter!
:thup:
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Re: Walhalla Rising - Nicolas Winding Refn (2009)

Beitrag von untot »

Was für ein Erlebnis, ich bin immer noch sprachlos und das will was heißen! :nick:
Ja, mich erinnerte er stellenweise auch an Aguirre, vor allem die psychedelischen Szenen in der "Hölle"!
Ich fand den Film überhaupt nicht anstrengend, im Gegenteil, er zog mich von Anfang an in seinen Bann, ich hätte keine Minute davon versäumen mögen.
Es ist schwer zu beschreiben was der Film in einem auslöst, mich hat vor allem die Ruhe fasziniert die der Einäugige ausgestrahlt hat, ganz gleich was er tat, nie zeigte er eine Regung, die verraten hätte was in ihm vorgeht.
Er ging unbeirrbar seinen Weg und ertrug sein Schicksal mit einer stoischen Gelassenheit, die mir eine dicke Gänsehaut bescherte, nur ganz am Ende fiel mir eine winzige Geste auf.
Dazu kam noch sein echt verwegenes Aussehen und auch wenn kaum gesprochen wird, das macht garnix, die gewaltigen Bilder der rauen, kalten Landschaft brauchen keine Dialoge.
Wunderbarer Film, in einem muss ich mich Purgatorio allerdings anschließen, das letzte Drittel hätte etwas kürzer sein können, aber mich störte das eigentlich nicht weiter.

9/10
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