Originaltitel: Casa de sudor y lágrimas
Produktionsland: Spanien 2018
Regie: Sonia Escolano
Darsteller: Eudald Font, Haydée Lysander, Alzira Gómez, Pablo Suárez , Coline Charvin, Paula Mateu, Padi Padilla
Für mich ist das diesjährige Braunschweiger Filmfestival eine eher unbefriedigende Angelegenheit gewesen. Mag sein, dass ich einfach konsequent in Filme geriet, die nicht für mich gemacht worden sind, aber eine derart hohe Dichte an Werken, von denen mir nichts bleiben wird als die Irritation darüber, weshalb man sie überhaupt auf solch ein Festival einlädt, ist mir wirklich selten untergekommen.
Mit THE THIRD WIFE bepsielweise mag die vietnamesische Regisseurin Ash Mayfair eine durchaus ehrenwerte Agenda verfolgt haben – erzählt wird nämlich die Geschichte eines vierzehnjährigen Mädchens, das im Vietnam des 19. Jahrhunderts zur titelgebenden dritten Ehefrau eines reichen Grundbesitzers avanciert, da es dessen vorherigen Gattinnen es bislang nicht fertigbrachten, ihm einen männlichen Nachkommen zu schenken, worauf unsere Heldin dann auch tatsächlich schwanger wird, sich jedoch natürlich zeitgleich in einen Jüngling verguckt, der gemäß der rigiden Standes- und Moralregeln des Patriarchalismus unerreichbar für sie bleiben muss –, jedwede gutgemeinten Tendenzen werden indes durch einen außerordentlich krampfigen, verkopften, letztlich belanglosen Inszenierungsstil im Keim erstickt, bei dem ich förmlich das Alphabet des Mainstream-Arthouse-Kinos als Folie im Hintergrund wehen sehe: Ja nicht zu viele Dialoge, dafür bedeutungsvolles Schweigen; bloß keine heftigen Schnitte, dafür endlose Hochglanzlandschaftsaufnahmen; bloß keine ausgefeilte Dramaturgie, dafür zahlreiche Ellipsen, die die hauchdünne Geschichte kryptischer wirken lassen als sie tatsächlich ist. Ähnlich erging es mir mit THE BEST OF DORIEN B. der belgischen Regisseurin Anke Blondé, der immerhin den Publikumspreis des Festivals abstaubte: Im Prinzip, wenn ich retrospektiv und nüchtern über den Film nachdenke, ist er mir gar nicht unsympathisch – (zumal die auch während des Filmfests persönlich anwesende Hauptdarstellerin Kim Snauwaert den Film quasi im Alleingang regelrecht brillant auf ihren Schulten trägt) -, unterm Strich lautet mein Urteil dann aber doch: Ein besserer ZDF-Fernsehfilm um eine Tierärztin Mitte Dreißig, die sich gegen Schulstress der Kinder, die scheiternde Ehe ihrer Eltern, die Affären ihres Mannes sowie eine mutmaßlich bösartige Krebsdiagnose mit viel Charme zur Wehr setzt, dabei filmisch unglaublich uninteressant gelöst, und streckenweise wie ein Schlüssellochblick in die Privatleben von Menschen, deren Privatleben mich reichlich kaltlassen. Denjenigen Film, über den ich noch während des laufenden Festivals die meisten Hiobsbotschaften hörte, habe ich inzwischen in einer dornenreichen Heimkino-Session nachgeholt: Ein Neo-Giallo namens ABRAKDABRA von den umtriebigen Onetti-Brüdern aus Argentinien, die ich bereits in meiner Kritik zu ihrer Retro-Packung FRANCESCA gar nicht genug abkanzeln konnte, und die selbst in ihren besten Momenten (aka das TCM-Rip-Off WHAT THE WATERS LEFT BEHIND) höchstens durchschnittliche Genre-Ware ohne Ambitionen herunterkurbeln können. Da man meine Warnungen einmal mehr in den Wind schoss, konnte ich weit nach Mitternacht in lange Gesichter gucken: Das sei gar kein richtiger Film gewesen! Eine Frechheit, so etwas auf einem Filmfestival zu zeigen! Ein reines Amateur-Machwerk, das nicht mal den klassischen Giallo der 70er Jahre wirklich verstanden hat! Zu dem Zeitpunkt, als sich einige meiner Freunde und Freundinnen mit dem Hokuspokus-Mumpitz der Onettis herumschlugen, saß ich im Saal nebenan, um einen Film zu schauen, der nun ebenfalls beileibe kein Meisterwerk darstellt, jedoch immerhin interessant genug ausfiel, dass ich ihn nun doch mit ein paar Zeilen bedenken möchte…
Wesentlich nihilistischer kann man den Alltag einer christlich-fundamentalistischen Sekte wohl gar nicht erzählen als es die spanische Regisseurin Sonia Escolano in ihrem Solo-Spielfilm-Debut CASA DE SUDOR Y LÁGRIMAS von 2018 tut: Angeführt von einer furchtbaren Alten haust eine bunt gemischte Gruppe unterschiedlicher Geschlechter, Altersstufen und Ethnien in den kargen Zellen eines leerstehenden Gebäudes, und tut tagein tagaus nicht viel anderes als sich in zweifelhaften Meditationsübungen selbst zu veräußern, gemeinsam primitive Arbeiten zu verrichten, sich zum Abendmahl zu versammeln, oder Strafen für Vergehungen zu kassieren, die sich zumindest mir als außenstehendem Beobachter kaum einmal wirklich erschlossen haben: Einmal äußert eine junge Frau den Wunsch, schwanger zu werden, worauf die Sektenführerin sie mit Ohrfeigen traktiert; ein anderes Mal wird an jedes Gruppenmitglied je ein rohes Ei ausgeteilt, und diejenigen, denen es im Laufe des Tages zerbricht, müssen sich eigenhändig die Fußsohlen aufschlitzen; eine Dame gar steht im Verdacht, vom Teufel besessen zu sein, worauf sie einer derartigen Psychofolter unterzogen wird, dass sie sich irgendwann selbst die Kehle durchtrennt. Zwischendurch stiehlt sich eine weitere Frau zu den männlichen Gruppenmitgliedern in die Kammern, um sie vorm Schlafengehen manuell zu befriedigen, oder aber eine bestimmte Anzahl Auserwählter darf sich weiße Masken überstreifen, und mit einem vor dem Tempel parkenden PKW wer weiß wohin fahren.
Schon an meiner vagen Inhaltsangabe lässt sich ablesen: CASA DE SUDOR Y LÁGRIMAS ist ein Film, der bewusst mit mehr Fragen um sich wirft als dass er Antworten parat hätte. Weder erfahren wir irgendetwas über die Biographien der einzelnen, sowieso kaum als Individuen auftretenden Gläubigen, noch darüber, wie sie zu der schrecklichen Führerin und ihrer kruden Auslegung des Christentums gefunden haben. Da der Fokus allein auf dem Hauptquartier unserer Sekte liegt, erfahren wir freilich auch nichts über die Außenwelt, nichts über irgendwelche etwaigen gesellschaftlichen Hintergründe, nicht einmal, wohin die regelmäßigen PKW-Reisen nun eigentlich gehen. Selbstverständlich trägt das zum trost- und freudlosen Gesamteindruck des Films bei: Da die Handlung ausnahmslos in kargen, einzig von Kerzenschein notdürftig erhellten Räumen und Gängen angesiedelt ist, und da die Interaktion der Sektenmitglieder sich auf wenige Worte und Gesten beschränken, und da, nicht zuletzt, die Einbrüche von psychischem und physischem Leid über den monotonen Alltagsritualen wie ein Damoklesschwert schweben, kann ich mir durchaus vorstellen, dass die weit über hundert Minuten Tristesse für angreifbare Gemüter sowohl zu einer wahren Geduldsprobe wie auch zu einer depressiven Grenzerfahrung ausarten könnten. In der konsequenten Weise jedenfalls, wie Escolano ihren reduktionistischen Minimalismus zelebriert, wirkt ihr Film über weite Strecken wie eine Parade sehr unbequemer Exerzitien: Einerseits ist man versucht, sich dem eintönig-einschläferndem Flow einfach hinzugeben, andererseits ist das, was man bei diesem Flow so alles sieht, hört und fühlt, derart unangenehm, dass man andauernd wieder auf Distanz zu den schmucklosen Bildern gestoßen wird.
Was CASA DE SUDOR Y LÁGRIMAS letztlich dann doch so halbwegs das Genick bricht, das ist, dass Frau Escolano im letzten Drittel scheinbar einfällt, doch eine Geschichte erzählen zu wollen: Angestachelt von der Vermutung, der Leibhaftige würde eins ihrer Schäfchen nach dem andern befallen, sendet die namenlose Alte um Hilfe nach außerhalb, worauf ein hübscher junger Mann der Gemeinde einen Besuch erstattet – und sich ernsthaft entsetzt über die sadistischen Methoden zeigt, mit der die Sektenführerin für unbedingten Gehorsam sorgt. Zwischen der Greisin und dem Jüngling entbrennt spätestens beim Abendbrot ein verbaler Machtkampf, den der Fremde kurz davor zu gewinnen steht. Dann aber wendet sich die Gläubigengemeinschaft gegen ihn: Nachts zerrt man ihn von der Pritsche, um ihn stilecht ans Kreuz zu schlagen. Eigentlich überflüssig, zu erwähnen, dass der Fremde optisch aussieht wie das Klischeebild, das sich die christliche Kunst seit dem Mittelalter von Jesus macht, und das Gleichnis, das der Film uns damit mit dem Holzhammer um die Ohren hauen möchte, muss ich sicherlich auch niemandem großartig erklären. Was wiederum schade ist, denn die meisten Trümpfe, die CASA DE SUDOR Y LÁGRIMAS für mich besitzt, verspielt der Film im Schlussakt auf die plumpe Art und Weise, wie seine Kritik an Autoritätshörigkeit und fanatischer Ideologie bzw Theologie ins allzu Konkrete und allzu Banale kippt. Wer jedenfalls eine wirklich bewegende und dabei auch originelle Jesus-Allegorie sehen möchte, der sollte sich weiterhin an Robert Bressons AU HASARD BALTHAZAR, oder Carl Theodor Dreyers LA PASSION DE JEANNE D’ARC, oder Pier Paolo Pasolinis TEOREMA wenden, um nur einmal drei Werke zu nennen, die CASA DE SUDOR Y LÁGRIMAS in dieser Hinsicht locker in die Tasche stecken, (und auf die der Film, zumindest meiner Meinung nach, ob nun bewusst oder unbewusst mehrfach anspielt.)
Letztendlich bleibt also dann doch ein schaler Nachgeschmack, der den zunächst kompromisslos auftretenden Film rückblickend in ziemlich triviale Gefilde herabzieht – und dass es nach einer Gewaltorgie, die statisch und asketisch daherkommt wie der gesamte Restfilm, nicht einmal eine erhellende Auflösung des Anti-Spektakels gibt, führt nun auch nicht dazu, dass ich in diesem Streifen mehr als ein spannendes Experiment sehe, das indes immerhin lange im Gedächtnis bleibt, denn zumindest ich kann mich nun, eineinhalb Wochen später, noch nur zu genau an die blassen Gesichter im Kerzenschimmer, an die von Glasscherben zerfetzten Fußsohlen, und die Fratze dieser unerträglichen Alten erinnern, wenn sie minutenlang wie in Trance ihren sinnbefreiten Sermon herausröchelt.
Mit THE THIRD WIFE bepsielweise mag die vietnamesische Regisseurin Ash Mayfair eine durchaus ehrenwerte Agenda verfolgt haben – erzählt wird nämlich die Geschichte eines vierzehnjährigen Mädchens, das im Vietnam des 19. Jahrhunderts zur titelgebenden dritten Ehefrau eines reichen Grundbesitzers avanciert, da es dessen vorherigen Gattinnen es bislang nicht fertigbrachten, ihm einen männlichen Nachkommen zu schenken, worauf unsere Heldin dann auch tatsächlich schwanger wird, sich jedoch natürlich zeitgleich in einen Jüngling verguckt, der gemäß der rigiden Standes- und Moralregeln des Patriarchalismus unerreichbar für sie bleiben muss –, jedwede gutgemeinten Tendenzen werden indes durch einen außerordentlich krampfigen, verkopften, letztlich belanglosen Inszenierungsstil im Keim erstickt, bei dem ich förmlich das Alphabet des Mainstream-Arthouse-Kinos als Folie im Hintergrund wehen sehe: Ja nicht zu viele Dialoge, dafür bedeutungsvolles Schweigen; bloß keine heftigen Schnitte, dafür endlose Hochglanzlandschaftsaufnahmen; bloß keine ausgefeilte Dramaturgie, dafür zahlreiche Ellipsen, die die hauchdünne Geschichte kryptischer wirken lassen als sie tatsächlich ist. Ähnlich erging es mir mit THE BEST OF DORIEN B. der belgischen Regisseurin Anke Blondé, der immerhin den Publikumspreis des Festivals abstaubte: Im Prinzip, wenn ich retrospektiv und nüchtern über den Film nachdenke, ist er mir gar nicht unsympathisch – (zumal die auch während des Filmfests persönlich anwesende Hauptdarstellerin Kim Snauwaert den Film quasi im Alleingang regelrecht brillant auf ihren Schulten trägt) -, unterm Strich lautet mein Urteil dann aber doch: Ein besserer ZDF-Fernsehfilm um eine Tierärztin Mitte Dreißig, die sich gegen Schulstress der Kinder, die scheiternde Ehe ihrer Eltern, die Affären ihres Mannes sowie eine mutmaßlich bösartige Krebsdiagnose mit viel Charme zur Wehr setzt, dabei filmisch unglaublich uninteressant gelöst, und streckenweise wie ein Schlüssellochblick in die Privatleben von Menschen, deren Privatleben mich reichlich kaltlassen. Denjenigen Film, über den ich noch während des laufenden Festivals die meisten Hiobsbotschaften hörte, habe ich inzwischen in einer dornenreichen Heimkino-Session nachgeholt: Ein Neo-Giallo namens ABRAKDABRA von den umtriebigen Onetti-Brüdern aus Argentinien, die ich bereits in meiner Kritik zu ihrer Retro-Packung FRANCESCA gar nicht genug abkanzeln konnte, und die selbst in ihren besten Momenten (aka das TCM-Rip-Off WHAT THE WATERS LEFT BEHIND) höchstens durchschnittliche Genre-Ware ohne Ambitionen herunterkurbeln können. Da man meine Warnungen einmal mehr in den Wind schoss, konnte ich weit nach Mitternacht in lange Gesichter gucken: Das sei gar kein richtiger Film gewesen! Eine Frechheit, so etwas auf einem Filmfestival zu zeigen! Ein reines Amateur-Machwerk, das nicht mal den klassischen Giallo der 70er Jahre wirklich verstanden hat! Zu dem Zeitpunkt, als sich einige meiner Freunde und Freundinnen mit dem Hokuspokus-Mumpitz der Onettis herumschlugen, saß ich im Saal nebenan, um einen Film zu schauen, der nun ebenfalls beileibe kein Meisterwerk darstellt, jedoch immerhin interessant genug ausfiel, dass ich ihn nun doch mit ein paar Zeilen bedenken möchte…
Wesentlich nihilistischer kann man den Alltag einer christlich-fundamentalistischen Sekte wohl gar nicht erzählen als es die spanische Regisseurin Sonia Escolano in ihrem Solo-Spielfilm-Debut CASA DE SUDOR Y LÁGRIMAS von 2018 tut: Angeführt von einer furchtbaren Alten haust eine bunt gemischte Gruppe unterschiedlicher Geschlechter, Altersstufen und Ethnien in den kargen Zellen eines leerstehenden Gebäudes, und tut tagein tagaus nicht viel anderes als sich in zweifelhaften Meditationsübungen selbst zu veräußern, gemeinsam primitive Arbeiten zu verrichten, sich zum Abendmahl zu versammeln, oder Strafen für Vergehungen zu kassieren, die sich zumindest mir als außenstehendem Beobachter kaum einmal wirklich erschlossen haben: Einmal äußert eine junge Frau den Wunsch, schwanger zu werden, worauf die Sektenführerin sie mit Ohrfeigen traktiert; ein anderes Mal wird an jedes Gruppenmitglied je ein rohes Ei ausgeteilt, und diejenigen, denen es im Laufe des Tages zerbricht, müssen sich eigenhändig die Fußsohlen aufschlitzen; eine Dame gar steht im Verdacht, vom Teufel besessen zu sein, worauf sie einer derartigen Psychofolter unterzogen wird, dass sie sich irgendwann selbst die Kehle durchtrennt. Zwischendurch stiehlt sich eine weitere Frau zu den männlichen Gruppenmitgliedern in die Kammern, um sie vorm Schlafengehen manuell zu befriedigen, oder aber eine bestimmte Anzahl Auserwählter darf sich weiße Masken überstreifen, und mit einem vor dem Tempel parkenden PKW wer weiß wohin fahren.
Schon an meiner vagen Inhaltsangabe lässt sich ablesen: CASA DE SUDOR Y LÁGRIMAS ist ein Film, der bewusst mit mehr Fragen um sich wirft als dass er Antworten parat hätte. Weder erfahren wir irgendetwas über die Biographien der einzelnen, sowieso kaum als Individuen auftretenden Gläubigen, noch darüber, wie sie zu der schrecklichen Führerin und ihrer kruden Auslegung des Christentums gefunden haben. Da der Fokus allein auf dem Hauptquartier unserer Sekte liegt, erfahren wir freilich auch nichts über die Außenwelt, nichts über irgendwelche etwaigen gesellschaftlichen Hintergründe, nicht einmal, wohin die regelmäßigen PKW-Reisen nun eigentlich gehen. Selbstverständlich trägt das zum trost- und freudlosen Gesamteindruck des Films bei: Da die Handlung ausnahmslos in kargen, einzig von Kerzenschein notdürftig erhellten Räumen und Gängen angesiedelt ist, und da die Interaktion der Sektenmitglieder sich auf wenige Worte und Gesten beschränken, und da, nicht zuletzt, die Einbrüche von psychischem und physischem Leid über den monotonen Alltagsritualen wie ein Damoklesschwert schweben, kann ich mir durchaus vorstellen, dass die weit über hundert Minuten Tristesse für angreifbare Gemüter sowohl zu einer wahren Geduldsprobe wie auch zu einer depressiven Grenzerfahrung ausarten könnten. In der konsequenten Weise jedenfalls, wie Escolano ihren reduktionistischen Minimalismus zelebriert, wirkt ihr Film über weite Strecken wie eine Parade sehr unbequemer Exerzitien: Einerseits ist man versucht, sich dem eintönig-einschläferndem Flow einfach hinzugeben, andererseits ist das, was man bei diesem Flow so alles sieht, hört und fühlt, derart unangenehm, dass man andauernd wieder auf Distanz zu den schmucklosen Bildern gestoßen wird.
Was CASA DE SUDOR Y LÁGRIMAS letztlich dann doch so halbwegs das Genick bricht, das ist, dass Frau Escolano im letzten Drittel scheinbar einfällt, doch eine Geschichte erzählen zu wollen: Angestachelt von der Vermutung, der Leibhaftige würde eins ihrer Schäfchen nach dem andern befallen, sendet die namenlose Alte um Hilfe nach außerhalb, worauf ein hübscher junger Mann der Gemeinde einen Besuch erstattet – und sich ernsthaft entsetzt über die sadistischen Methoden zeigt, mit der die Sektenführerin für unbedingten Gehorsam sorgt. Zwischen der Greisin und dem Jüngling entbrennt spätestens beim Abendbrot ein verbaler Machtkampf, den der Fremde kurz davor zu gewinnen steht. Dann aber wendet sich die Gläubigengemeinschaft gegen ihn: Nachts zerrt man ihn von der Pritsche, um ihn stilecht ans Kreuz zu schlagen. Eigentlich überflüssig, zu erwähnen, dass der Fremde optisch aussieht wie das Klischeebild, das sich die christliche Kunst seit dem Mittelalter von Jesus macht, und das Gleichnis, das der Film uns damit mit dem Holzhammer um die Ohren hauen möchte, muss ich sicherlich auch niemandem großartig erklären. Was wiederum schade ist, denn die meisten Trümpfe, die CASA DE SUDOR Y LÁGRIMAS für mich besitzt, verspielt der Film im Schlussakt auf die plumpe Art und Weise, wie seine Kritik an Autoritätshörigkeit und fanatischer Ideologie bzw Theologie ins allzu Konkrete und allzu Banale kippt. Wer jedenfalls eine wirklich bewegende und dabei auch originelle Jesus-Allegorie sehen möchte, der sollte sich weiterhin an Robert Bressons AU HASARD BALTHAZAR, oder Carl Theodor Dreyers LA PASSION DE JEANNE D’ARC, oder Pier Paolo Pasolinis TEOREMA wenden, um nur einmal drei Werke zu nennen, die CASA DE SUDOR Y LÁGRIMAS in dieser Hinsicht locker in die Tasche stecken, (und auf die der Film, zumindest meiner Meinung nach, ob nun bewusst oder unbewusst mehrfach anspielt.)
Letztendlich bleibt also dann doch ein schaler Nachgeschmack, der den zunächst kompromisslos auftretenden Film rückblickend in ziemlich triviale Gefilde herabzieht – und dass es nach einer Gewaltorgie, die statisch und asketisch daherkommt wie der gesamte Restfilm, nicht einmal eine erhellende Auflösung des Anti-Spektakels gibt, führt nun auch nicht dazu, dass ich in diesem Streifen mehr als ein spannendes Experiment sehe, das indes immerhin lange im Gedächtnis bleibt, denn zumindest ich kann mich nun, eineinhalb Wochen später, noch nur zu genau an die blassen Gesichter im Kerzenschimmer, an die von Glasscherben zerfetzten Fußsohlen, und die Fratze dieser unerträglichen Alten erinnern, wenn sie minutenlang wie in Trance ihren sinnbefreiten Sermon herausröchelt.