Sie töten aus Lust - Félix Rotaeta (1987)

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Maulwurf
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Sie töten aus Lust - Félix Rotaeta (1987)

Beitrag von Maulwurf »

 
Sie töten aus Lust
El placer de matar
Spanien 1987
Regie: Félix Rotaeta
Antonio Banderas, Mathieu Carrière, Victoria Abril, Berta Riaza, Walter Vidarte, Victoria Peña, Mario Gas, Jeannine Mestre, Chema Mazo, Nuria Moreno, Clara Sanchís, Encarna Sánchez, Pepa Valiente


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OFDB

Antonio Banderas und Mathieu Carrière zusammen in einem Film. Und nicht einmal ein Omnibusfilm, oder eine gemeinsame Szene, nein, sondern tatsächlich die beiden gleichberechtigten Hauptrollen! Und als weibliche Dreingabe noch Victoria Abril, die so viele europäische Exploiter und Arthouse-Filme der späten 70er und frühen 80er durch ihre Anwesenheit veredelt hat, und später dann bei Pedro Almodóvar Stammschauspielerin wurde. Wow, was für ein cineastisches Fest! Wirklich?

Luis und Andrés treffen sich eher zufällig. Bei einem Auftragsmord, für den sie beide als Killer angeheuert wurden, erledigen sie gleichzeitig eine unliebsame Zeugin. Beide mit der gleichen Präzision, und beide mit der gleichen Kaltschnäuzigkeit. Als sie sich kurz darauf zufällig wiedertreffen entsteht schnell eine Freundschaft zwischen den Männern, denn sie erkennen sich im jeweils anderen wieder: Beide sind innerlich leer, sind auf der Suche nach Sinn, leben inhaltsleer vor sich hin und verzweifeln an ihrer Situation. Luis hat Bock auf Leben, vögelt gelegentlich mit der schnuckeligen La Merche, und weiß eigentlich nicht so recht was er will. Hauptsache leben! Andrés ist Mathematikprofessor und verlobt mit der ältlich wirkenden Ana, die ihn mit ihren Ansprüchen und noch viel mehr mit ihrer dominanten Freundin Luisa einfach nur nervt. Mal ein Fick mit einer Studentin, und ansonsten nur das innerliche Kopfschütteln über Ana und über die Mütter der beiden. Dies, und der Rest ist Leere.

Die Männer treffen sich zum Schießen. Und sie erkennen, dass ihnen das Spaß macht. Dass dies ihrem Leben Sinn gibt. Schnell werden aus Scheiben Menschen – Luis und Andrés entführen Leute und richten diese geradezu hin. Die Studentin die mehr will von Andrés? Schuss! Die nervenaufreibende Ana? Schuss! Ein paar betrunkene Mädels die mit den gutaussehenden Männern ins Bett wollen? Und Schuss! Dumm nur, dass wenn Menschen verschwinden, deren Angehörige und die Polizei auf den Plan treten.

Die Handlung klingt nicht uninteressant. Sie klingt nach Filmen wie MENSCHENFEIND oder nach spanischen Nihilismus-Dramen wie HUNTING GROUND, mit viel Blut und krasser Aussage. Eine Symbiose aus Genrefilm und Kunstkino. Und dann noch mit diesen Schauspielern, was kann da schon schief gehen?

Nun ja, es hat seinen Grund, warum SIE TÖTEN AUS LUST eher unbekannt ist. An den Schauspielern liegt es nicht, das darf ich feststellen, aber die Inszenierung ist so dermaßen trocken und langweilig, dass das Interesse an dem Film im Laufe der knapp 90 Minuten fast unweigerlich flöten geht. Da hat es Szenen die wie von Pedro Almodóvar gedreht wirken, mit nervigen Menschen, deren uninteressanten Problemchen, und alle reden durcheinander und überbieten sich gegenseitig in ihrem Lärmen und ihrem idiotischen Verhalten. Nebendarsteller am Rande des Nervenzusammenbruchs. Dann wieder die spröden Bilder der Männerfreundschaft, die über gemeinsames Schießen und Whiskytrinken definiert wird, ohne dabei aber inhaltlich in die Tiefe zu gehen. Und zu guter Letzt die Momente des Tötens, die in ihrer Direktheit teilweise sehr verstörend wirken und durchaus unter die Haut gehen können. So, Bilderzyklus beendet, jetzt kommt wieder Almodóvar. Der Auftritt des Kommissars ist wie eine groteske Fernsehshow aufgemacht und entsprechend beeindruckend, passt aber wiederum so gar nicht zu dem Rest des Films. Vor allem, weil der Kommissar auch alles andere als ein Idiot ist. Dann werden wieder Beziehungsprobleme zwischen Luis und La Merche gewälzt, Luis schaut Antonio Banderas-like in die Kamera, es wird Whisky getrunken, und gemeinsam fährt man wieder zum Töten. Auftritt Luisa, die dann wieder diesen Anflug von Skurrilität ins Spiel bringt, undsoweiterundsofort.

Ein gewiefter Regisseur drückt so einem Puzzle sehr wohl seinen Stempel auf und kann aus so unterschiedlichen Ansätzen auch problemlos ein schmackhaftes Mahl zaubern. Félix Rotaeta, der in der OFDB mit ganzen drei Filmen gelistet wird, von denen dieses der zweite (und letzte Kinofilm) ist, ist kein gewiefter Regisseur! Ich möchte ihm in aller Höflichkeit die Erfahrung absprechen, aus einer heterogenen Story ein homogenes Ganzes zu gestalten, und einen roten Faden in etwas einzuweben, was ohne diesen Faden schnell in eine verwirrende und/oder langweilig werdende Szenenabfolge mündet. Denn genau so funktioniert SIE TÖTEN AUS LUST: Szenen werden hintereinander gestellt, es gibt auch Zusammenhänge, aber es ergibt sich kein zwingendes Sujet, keine überzeugende Einheit, ja nicht einmal ein spannendes Konglomerat verschiedener Einflüsse. Wir sehen zwei Männern zu, wie sie mit versteinerten Gesichtern und ohne äußerliche Regungen in die Hölle fahren, und dies in einem filmischen Rahmen, der zum Gähnen oder zur Beschäftigung mit dem Handy einlädt. Schade, Thema verfehlt.

4/10
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
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