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Deutscher Titel: Die Herrenreiterin Alternativtitel: The Boss is Served / The Mistress Is Served Originaltitel: La Padrona e servita
Regie: Mario Lanfranchi Produktionsland: Italien / Deutschland (1976)
Darsteller: Senta Berger, Maurizio Arena, Bruno Zanin, Erika Blanc, Barbara Nascimben, Barbara Vittoria Calori, Pina Cei, Angiolina Quinterno, Luigi Casalini, Bruno Lanzarini, Patricia Weber, Renzo Bianconi
Story:
Angela (Senta Berger) ist seit dem Selbstmord ihres Ehemanns verwitwet. Sie lebt nun gemeinsam mit ihrer Schwiegermutter und deren drei Töchtern im Anwesen seiner Familie. Einer der Gründe für den Selbstmord war seine verzweifelte finanzielle Lage. Deshalb ist man nun auch gezwungen einen Käufer für das Anwesen zu finden. Als Käufer tritt ein Proletarier und Industrieller namens Domenico Cardona (Maurizio Arena) mit seinem Sohn Daniele (Bruno Zanin) auf den Plan. Sie übernehmen das Haus und ziehen ins Erdgeschoss, während die alten Eigentümer nun im Obergeschoss zur Miete wohnen. Angela übt auf beide Männer eine immense Anziehungskraft aus und beide versuchen ihr näherzukommen.
Angesichts des deutschen Titels der italienischen Tragikomödie "La padrona è servita" (Die gnädige Frau wird bedient) mag heutzutage mancher ins Schmunzeln geraten, da sich unter einer "Herrenreiterin" im ursprünglichen Wortsinn kaum jemand etwas vorstellen können wird. Ein "Herrenreiter" ist jedenfalls in etwas altertümlicher Sprache jemand, der in seiner Freizeit Reitsport betreibt. Was genau nun zu der in diesem Film (in der deutschen Fassung) unterlegten Sinn "Frau, die Männer nach Belieben ausnutzt" führt, ist mir nicht ganz klar. Jedenfalls wird es hier Angela (Senta Berger) an den Kopf geworfen, der weiblichen Hauptfigur, einer reichlich ambivalenten Größe im Figurenbestand. Hat sie durch kaltes, manipulatives Verhalten ihren Mann in den Selbstmord getrieben, wie ihre Schwägerin sagt? Oder ist sie eine gutherzige Witwe, der böse Gerüchte nachgetragen werden?
Wo ein gutaussehender, schüchterner junger Mann wie Daniele (Bruno Zanin) auf seinen Einstieg in die aktive Sexualität wartet und nicht weniger als vier Damen im besten Alter um seine Gunst wetteifern, bleiben solche Animositäten jedenfalls nicht aus. Die gegensätzliche Charakterisierung der holden Weiblichkeit nimmt einen großen Teil der filmischen Erzählung ein. Naschsüchtig und mannstoll, fromm und verklemmt, frivol und kokett, wie hätte er es denn gern? Am Ende scheint er doch bei Angela hängenzubleiben. Aber es kommt dann doch etwas anders ...
Mario Lanfranchi inszenierte eine nicht allzu bemerkenswerte Komödie mit tragischem Unterton, deren "Humor"wert vor allem durch die lauten, proletenhaften Auftritte von Danieles Vater Domenico Cardona (Maurizio Arena) zustande kommt. Mal frisst er sich voll und beschimpft das Personal, mal frönt er hyperaktiver sportlicher Betätigung, dann wieder versucht er sich als Sänger, der an der Partie des Radames aus "Aida" einen Narren gefressen hat, in der er sich sogar auf Leinwand bannen ließ. Letzten Endes eine traurige Figur, wenn er bemerkt, dass andere ihn als neureichen Proleten verachten, sich aber doch wie zum Trotz um so lauter und pöbelnder gebärdet.
Ansonsten versucht der Film auch erotisch zu sein, was aber in komödiantischer Hampelei untergeht. Senta Berger zeigt sich hier in einer Szene mit dem feisten Domenico recht freizügig. Ohnehin steuert sie mit ihrem Charisma einen Großteil der Wirkung des Films bei. Erika Blanc als ihre Schwägerin Olga hat kaum nennenswerte Auftritte und kommt mir hier eher verschwendet vor. Bruno Zanin hat keinen besonderen Eindruck bei mir hinterlassen, hat aber auch eine undankbare, nicht sehr glaubwürdige Rolle erwischt. Ständig muss er den Avancen hübscher Frauen schamvoll ausweichen, und ergibt sich mal wirklich etwas, dann wirkt es auch nicht gerade leidenschaftlich. Auf Dauer nervt so eine betont unreife Figur schon ein wenig.
Eine große Stärke des Films ist die gewohnt leichtfüßige, aber dennoch treibende musikalische Untermalung von Stelvio Cipriani. Was mich ansonsten wirklich erstaunt, ist, dass Pupi Avati, der mir (wie sicher vielen anderen) als Regisseur stilistisch ungewöhnlicher Horrorfilme bekannt ist, hier am Drehbuch mitgeschrieben hat. Ich weiß nicht, wie und wo er seine Autorpersönlichkeit hier eingebracht hat, jedenfalls ist "La padrona è servita" kein Film, den man sich nicht entgehen lassen dürfte.