Hercules: A Sex Adventure - Joe D'Amato (1997)

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Salvatore Baccaro
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Hercules: A Sex Adventure - Joe D'Amato (1997)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

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Originaltitel: Le fatiche erotiche di Hercules

Produktionsland: Italien 1997

Regie: Joe D'Amato

Darsteller: Hakan Serbes, Kelly Trump, Mike Foster, Maria Bellucci, Amanda Stelle
Joe D’Amatos hauptsächlich aus Pornos bestehendes Spätwerk ist, meine ich, an Ehrlichkeit kaum zu überbieten. Keinen Hehl macht der italienische Regisseur daraus, wo seine Präferenzen liegen. Seine Vision des Kinos ist eine voyeuristische, eine, in der der Zuschauer sich permanent wie der Spanner vorkommt, den er im Grunde auch darstellt. D’Amato belügt sein Publikum nicht, errichtet keine haushohen Illusionen, pinselt nirgends Leim hin, auf dem es klebenbleiben soll, stattdessen zeigt er unverstellt und ohne doppelte Böden die banalste und basalste Sache der Welt: Geschlechtsverkehr in all seinen Facetten, in allen kostengünstig ergatterten Kostümen, in allen erdenklichen und unerdenklichen narrativen Konstellationen.

LE FATICHE EROTICHE DI HERCULES ist dabei ein fast schon exemplarisches Werk, das man eigentlich durch jeden anderen Sexfilm, den D’Amato in den 90ern heruntergekurbelt hat, ersetzen könnte, im Wesentlichen würde das am Inhalt meiner Kurzkritik wenig ändern. Schon der Titel gibt die Richtung vor, in die das Werk über seine Laufzeit von knapp neunzig Minuten stoßen wird. Erotisch soll es sein, was bei D’Amato heißt, dass der Großteil der Bilder sich aus pornographischen zusammensetzt, und sich außerdem um den antiken Halbgotthünen Herkules ranken, d.h. eine Gestalt, die D’Amato unserem mythologisch-historischen Kulturgedächtnis entnommen und sexuell aufgeladen hat, um gar nicht erst in die Versuchung zu kommen, eigenhändig eine Geschichte zu erfinden, die man wie ein züchtiges Alibituch über den primären Zweck des Films, nämlich das Generieren von Wichsvorlagen, breiten könnte. Dementsprechend ist LE FATICHE EROTICHE DI HERCULES eher ein Teppich mehr oder minder zusammengehöriger Flicken als ein klassischer Spielfilm mit einer Handlung, die bei einem Punkt A beginnt und über einen Punkt B zu einem Punkt C führt. Jemandem, der einigermaßen in antiken Mythen bewandert ist, fällt hierbei schnell auf, wie wenig Wert D'Amato darauf legt, das von ihm geplünderte Arsenal in seiner ursprünglichen Form zu belassen. Sicher, die Figur des Herkules wird von D’Amato in keiner Weise modernisiert oder gar, wie man das zum Beispiel noch von Luigi Cozzi kennt, mit einer eigenartigen Science-Fiction-Ästhetik gepaart, die den Olymp wie eine Raumstation erscheinen lässt und seine Bewohner wie extraterristische Wesen in Space-Disco-Outfits, dennoch hat D’Amatos Drehbuchautorin Donna Dane in einer bunten Mischung einzelne Versatzstücke des Mythos unter Missachtung von Chronologie und Kohärenz ziemlich heftig durcheinandergewirbelt. Herkules, in geiler Liebe zu Megara, der Tochter des Königs Kreon, entbrannt, ist ein Dorn im Auge der Zeus-Gattin Hera, die ihm, was noch völlig mit dem Urmythos übereinstimmt, aus Eifersucht bereits Schlangen in die Wiege geschickt hat, an denen der Säugling eine erste Kostprobe seiner übermenschlichen Manneskraft hat erproben dürfen. Dass Megara und Herkules sich zu einem Liebespaar zusammenschließen, möchte sie in vorliegendem Film dadurch verhindern, dass sie den heißen Schoß der Königstochter erkalten lässt. Gelangweilt sitzt Megara, gespielt vom deutschen Exportstar Kelly Trump, neben einem kopulierenden Pärchen und kann ein Gähnen kaum unterdrücken. Um ihr die Lust am Fleisch zurückzugeben, soll Herkules einen goldenen Apfel aus dem Hesperidengarten entwenden. Sobald Megara einen Bissen von diesem genommen habe, würde sie ihm nicht mehr die kalte Schulter zeigen. Herkules Ausflug zu den Hesperiden, wunderhübsche Nymphchen, deren Anblick uns D’Amato seltsamerweise vorenthält, steht damit in einem klaren Kausalzusammenhang zu der Leidenschaft, die er für Megara empfindet. In den antiken Quellen ist dieser jedoch genau umgekehrt. Dort tötet Herkules Megara in einem Anflug von Raserei und muss anschließend, sozusagen als Sühne, seine berühmten zwölf Arbeiten erledigen, darunter eben auch die Reise in den Hesperidengarten, wo er den Weltenträger Atlas überlistet und den Drachen Ladon niederstreckt. Man merkt: LE FATICHE EROTICHE DI HERCULES ist eine doch eher freie Adaption des klassischen Stoffs – wobei ich mir vielleicht auch nur wieder zu viele Gedanken über einen Film mache, der vorwiegend von dem Stoff handelt, der im Sexrausch von muskulösen Männer- und grazilen Frauenkörper gerupft wird.

Die eigentliche Handlung, oder besser: die kleinen Handlungsfetzen, machen folgerichtig schätzungsweise nicht mal dreißig Prozent des Films aus und stehen wie im Grunde überflüssige Pfosten zwischen den massiven Hardcore-Blöcken. Völlig unmotiviert, oftmals nicht mal narrativ irgendwie legitimiert, schläft Herkules, obwohl sein Herz doch eigentlich nur für Megara schlägt, mit allem, was ihm vor den Penis gerät, nur nicht mit Männern. Erneut muss ich auf den Hesperidengarten zurückkommen, wo D’Amato – ich vermute mal aus Budgetgründen – uns nicht nur einen grimmigen Wächterdrachen und einen Giganten, der die Erdkugel auf seinen Schultern lasten hat, vorenthält, sondern die angeblich so schwierige Aufgabe, an einen der Unsterblichkeit versprechenden Goldäpfel zu gelangen, in eine etwa zehnminütige Sexorgie zwischen Herkules, einem seiner Gefährten und einer ihm zur Hilfe eilenden Göttin umdeutet. LE FATICHE EROTICHE DI HERCULES demontiert sich selbst in solchen Szenen, die offenlegen wie im Kern sinnlos es ist, bei einem Porno so tun zu wollen, als käme es einem darauf an, nebenbei eine Geschichte erzählen zu wollen – wobei ich mir vielleicht auch nur wieder zu viele Gedanken über einen Film mache, der wirkt, als sei er von den Verantwortlichen beiläufig an einem langen Sonntag gedreht worden.

Nachdem nun klargeworden sein dürfte, dass LE FATICHE EROTICHE DI HERCULES handlungstechnisch nicht viel mehr zu bieten hat als mehr oder weniger überzeugend ausstaffierte Helden und Götter, die in höchstweltliche Liebeshändel verstrickt sind, sollten wir einen Blick auf die spezifische Ästhetik werfen, mit der der Film versucht, seinen Betrachtern Wasser und Blut zwischen den Beinen zusammenlaufen zu lassen. Minimalistisch, aufs Notwendigste reduziert präsentiert sich LE FATICHE EROTICHE DI HERCULES von seiner optischen Seite und ist damit tatsächlich näher bei einem Film wie Pasolinis MEDEA als bei Cozzis oben schon erwähnter Lou-Ferrigno-Muskelschau ERCOLE von 1983. Ich kann nicht unbedingt sagen, dass D’Amato aus seinen limitierten Mitteln herausgeholt hat, was herauszuholen ist, denn sonderliche Mühe ist nicht zu erkennen, die paar Säulen und Palastlöwen nicht wie billige Studiorequisiten wirken zu lassen, trotzdem: viel falsch machen kann man dabei nicht, da Säulen und Palastlöwen für die meisten Menschen an sich schon recht schick ausschauen. Immerhin originell ist die Idee, gezeichnete Stadtlandschaften in den Film einzubeziehen. In einer Szene wird eine solche, über die die Kamera von unten nach oben fährt, um schließlich an einem herrschaftlichen Gebäude hängenzubleiben, wie ein durchsichtiger Vorhang über eine Aufnahme von Kelly Trump gelegt, die in ihrer Schlafkammer umherwandert, was wohl suggerieren soll, dass sie sich gerade in eben diesem gezeichneten Bauwerk aufhält. Das ist nun keine große Kunst, kaschiert jedoch zumindest ein bisschen, dass LE FATICHE EROTICHE DI HERCULES wohl nicht mehr gekostet haben wird als ein Abendessen mittlerer Preisklasse. Außerdem hat der Film eine Vorliebe dafür, Figuren mittels offensichtlicher Schnitte von einer Szene zur nächsten verschwinden zu lassen, als haben sie sich in Luft gelöst, und macht in seinen Sexszenen immer mal wieder von Zeitlupenaufnahmen Gebrauch. Erotisch ist das nicht, und stimuliert hat mich der Film kein bisschen, ganz drollig sieht es aber schon aus, über weite Strecken in von vermutlich gefakten Orgasmen verzerrte Gesichter starren zu dürfen. Als störend habe ich indes die Tonspur empfunden, die, zumindest in der von mir gesichteten englischsprachigen Video-Fassung, bei den Bumsereien überhaupt nicht zum Geschehen passt. Da wird gestöhnt, wenn keiner sein Mäulchen aufmacht, und geschwiegen, wenn die Darsteller dabei sind, in wildesten Lustschreien aufzuheulen, fast, als stünde da die Idee dahinter, wie man das aus manchem Godard-Film kennt, postmodern mit dem Auseinanderdriften von auditivem und visuellem Bildelement zu spielen – wobei es aber auch sein kann, dass ich mir vielleicht nur wieder zu viele Gedanken über einen Film mache, den zu konzipieren und zu drehen wahrscheinlich nicht halb so lange gedauert hat wie diesen Text über ihn zu schreiben.

Ein Lob zum Schluss, und zwar an die Filmmusik. Normalerweise kennt man aus Pornos ja uninspiriertes Gedudel, das einem noch den letzten erregten Funken vergällt. Nicht dass die Musik in LE FATICHE EROTICHE DI HERCULES nicht dudeln würde, irgendwie hat sie mir aber doch gefallen mit ihrem zentnerschweren Pathos und verspieltem Synthie-Schleim - jedenfalls mehr als die völlig stereotypen Rammeleien, die sie begleiten. Wirklich nichts sieht man bei denen, was man nicht aus dem eigenen Schlafzimmer kennen würde. Die Geschlechtsverkehre, die D’Amato aufführt, sind ausnahmslos heterosexuell, meistens vaginal, selten anal und haben nur dann irgendeine Reaktion in mir ausgelöst, wenn sie durch den Zeitlupeneinsatz plötzlich eine regelrecht groteske Färbung verliehen bekommen haben. Unterm Strich hat der Film seine Mission, nämlich mich meines Spermas zu entledigen, nicht erfüllt, mich immerhin aber halbwegs gut unterhalten. Eine Empfehlung kann ich dennoch nicht aussprechen, und von Meisterwerken aus D’Amatos Vergangenheit wie PORNO HOLOCAUST oder BUIO OMEGA ist LE FATICHE EROTICHE DI HERCULES freilich sowieso meilenweit entfernt – und nun höre ich endlich auf, mir zu viele Gedanken über einen Film zu machen, über den sich möglicherweise noch niemals jemand auch nur einen einzigen gemacht hat.
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Nello Pazzafini
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Re: Hercules: A Sex Adventure - Joe D'Amato (1997)

Beitrag von Nello Pazzafini »

Eigentlich gehört dir ein Orden verliehen für soviel Gedankengang zu einem Film der es wohl kaum verdient. Ich würde dich empfehlen für den Porn le Merite für deinen einsatz an vorderster Front :D
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Salvatore Baccaro
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Re: Hercules: A Sex Adventure - Joe D'Amato (1997)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

Nello Pazzafini hat geschrieben:Ich würde dich empfehlen für den Porn le Merite für deinen einsatz an vorderster Front :D
Haha! Immer her damit! ;)
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