Cornel Wilde Belinda Lee in
KONSTANTIN DER GROSSE
● CONSTANTINO IL GRANDE / KONSTANTIN DER GROSSE (I|JUG|1961)
mit Massimo Serato, Christine Kaufmann, Fausto Tozzi, Tino Carraro, Carlo Ninchi, Vittorio Sanipoli und Elisa Cegani
eine Produktion der Jonia Film | Beaver-Champion Attractions | Jardan Film | im Verleih der Columbia-Bavaria
ein Film von Lionello de Felice
»Habt ihr Christen im Kerker?«
Kurze einführende Szenen und der Satz: »Es wird Zeit, dass du dieses Nest von Korruption und Intrigen kennen lernst!«, ebnen auf schnelle und ebenso verständliche Art und Weise, wohin die Reise in Lionello de Felices Ausstattungsfilm gehen wird. Große Worte, edle Roben, angriffslustige Männer und schöne Frauen lassen den Zuschauer sofort aufmerksam werden und das straffe Tempo begünstigt diesen Einstieg doch sehr. Die Geschichte um Macht, Intrigen und Glaubenskrieg erfährt eine weitgehend sachliche Schilderung und in der Nebenhandlung dürfen selbstverständlich auch amouröse Aktivitäten nicht fehlen. Doch ruhige und entspannte Momente kommen eher selten zum Vorschein, da unmittelbar darauf wieder Szenen des Angriffs folgen. Sehr gut wird der immense Druck vermittelt, mit dem sich Konstantin permanent konfrontiert sieht, aber auch vielen anderen Beteiligten sieht man die Bürde dieser schweren Zeiten deutlich an. Nicht nur durch die Schauplätze, Kulissen, Musik oder Kostüme fühlt man sich wie der Zuschauer einer gelungenen Zeitreise, sondern auch insbesondere durch das Aufzeigen der römischen Dekadenz und Selbstgefälligkeit.
Hierbei entstehen ganz bemerkenswerte Sequenzen, die von Brutalität und Luxus gekennzeichnet sind. Als Gegengewicht setzte die Regie auf die menschliche Zuneigung und das Gerechtigkeitsempfinden des Zusehers, was einen hauptsächlich spannenden Verlauf garantiert, in dem es immer wieder kleine Atempausen zu finden gibt. Für die fotografische Leitung zeigte sich hier Massimo Dallamano verantwortlich und der immense Zeitsprung wurde mit kraftvollen Bildern und aussagekräftigen Sets sehr gut simuliert, beeindruckend ist in solchen Filmen immer wieder das große Aufgebot an Statisten, die man beispielsweise in den Kampfszenen zu sehen bekommt. Dass Lionello de Felices Beitrag so gut funktioniert liegt schließlich auch an der hohen Präzision beim Zeichnen der Charaktere, denn sowohl die Hauptfiguren, als auch die Nebencharaktere hinterlassen überzeugende Eindrücke. Wie in solchen Monumentalfilmen üblich, stand auch hier eine hervorragende Besetzung bereit.
Der aus Ungarn stammende Schauspieler Cornel Wilde zeichnet die Titelrolle ganz bemerkenswert und überzeugend, arbeitet die überlieferten Attribute von Konstantin dabei deutlich heraus. Geprägt von einer Art Opportunismus, trifft er Entscheidungen, die bei seinen Widersachern Zorn und Skepsis hervorruft. Er agiert mit Weitsicht und er reagiert mit Nachsicht. Auch Cornel Wildes körperliche Erscheinung gibt ein recht klassisches Bild ab. Belinda Lee, bekannt und gerne gebucht für die Verkörperung großer Frauen der Weltgeschichte, zeigt erneut eine bemerkenswerte Performance. Als Fausta besticht sie nicht nur durch ihre strahlende Schönheit, sondern ebenfalls bei der glaubhaften Zeichnung einer Frau, die hin- und hergerissen ist zwischen bestehenden Gesetzen und Regeln und ihrem eigenen, klaren Verstand. Die vielleicht beste Leistung sieht man von Massimo Serato als durchtriebener Maxentius, der Intrigen schmiedet und genüsslich Köpfe rollen lässt. Auch Christine Kaufmann rundet das Geschehen mit einer emotional aufgeladenen Rolle ab und es bleibt im Endeffekt zu sagen, dass man einer hervorragenden Starbesetzung folgen darf.
Des Weiteren werden durch Fausto Tozzi, Tino Carraro und Elisa Cegani sehr glaubhafte Momente transportiert. "Konstantin der Große" ist im Endeffekt sehr zuschauerfreundlich ausgefallen und der geradlinige Verlauf kann mit seinen weit über 100 Minuten durchgehend bei der Stange halten. Die Regie erlaubt sich hier keinerlei signifikante Aussetzer, so dass die Geschichte sehr ausgewogen erzählt wirkt, selbst die manchmal etwas zu dick aufgetragene Melodramatik und einige Dialoge, die zeitweise einen recht sentimentalen Tenor übermitteln, tun dem überzeugenden Gesamtbild keinerlei Abbruch. Insgesamt gesehen ist allerdings keiner der ganz großen Klassiker des Genres entstanden, aber die hier in vielen Bereichen dargebotene Präzision, der sichtbare Aufwand, eine gewisse Brisanz der Bilder und die ambitioniert-klassische Ausarbeitung geben einen durchgehend hohen Unterhaltungswert her. Wer sich für derartige Beiträge also ohnehin interessiert und sie sich gerne anschaut, wird auch an Lionello de Felices "Konstantin der Große" sicherlich Gefallen finden. Sehenswert!