Diario segreto da un carcere femminile
Italien/USA 1973
Regie: Rino Di Silvestro
Anita Strindberg, Eva Czemerys, Jenny Tamburi, Cristina Gaioni, Gabriella Giorgelli, Bedy Moratti, Umberto Raho, Massimo Serato, Elisa Mainardi, Franco Fantasia, Olga Bisera, Valeria Fabrizi
OFDB
Italo-Cinema.de
Daniela macht mit ihrem Freund Tonino einen Kurztrip in die Schweiz. Auf dem Rückweg kommen sie in eine Polizeikontrolle. Tonino flüchtet, Daniela fällt aus dem Auto, und Tonino rast in den Tod. So weit, so gut. Das Problem bei der Sache ist, dass im Kofferraum 20 Kilo Bikarbonat gefunden wurden, doch eigentlich hätten das 20 Kilo Heroin im Wert von einer halben Milliarde Lire sein müssen. Daniela wandert also in den Knast, und nun möchte jeder von ihr wissen wo sich das Heroin befindet. Denn sie ist die einzige die das wissen kann, auch wenn sie sehr standhaft leugnet, über die Sache überhaupt etwas zu wissen. Die Polizistin Hilda wird in den Knast eingeschleust um zu Daniela eine Beziehung aufzubauen und die Wahrheit über das Heroin herauszufinden, bevor die Gangster es erfahren. Oder, schlimmer, bevor die Gangster die Geduld verlieren und Daniela ermorden. Zwischen Lesben, Nymphomaninnen, Gefängnisrevolten und gekauften Wärterinnen mit Hang zur Quälerei versucht Hilda, die Wahrheit ans Licht zu bringen.
Ich habe mittlerweile nun einiges an WIP-Filmen gesehen, und der größte Fehler, den die Regie in diesem Genre machen kann ist, die Handlung recht bald wieder nach außerhalb zu legen. Raus aus der Klaustrophobie, raus aus dem Klima permanenter Gewalt und Unterdrückung, und damit auch raus aus den Spannungspolen Druck und aufgeheizte Stimmung. Eine Entscheidung, die nie wirklich gute Ergebnisse zeitigt. Filme wie Jess Francos FRAUENGEFÄNGNIS oder Bruno Matteis LAURA – EINE FRAU GEHT DURCH DIE HÖLLE zeigen, wie es richtig geht: Die Protagonistin kommt in den Knast, und ab geht die Luzy mit Gewalt und Sex. MÄDCHEN IM KNAST macht zwar im Prinzip einen ähnlichen Fehler, indem einiges an „Draußen-Handlung“ stattfindet, da aber durch die parallel stattfindenden Ereignisse außerhalb der Mauern die Handlung innerhalb an Spannung und Tempo gewinnt, ist dies problemlos zu verschmerzen. Und ganz ehrlich, die Verfolgungsjagd zu Beginn zwischen einem Opel Kapitän und einem Ford 17 M würde jedem Poliziotto gut zu Gesicht stehen! Schnell, hart, dynamisch, und spannend. Warum muss man einen WIP-Film sehen um eine gute Verfolgungsjagd … Na gut, ich bin ja schon ruhig.
So oder so funktioniert MÄDCHEN IM KNAST eigentlich ziemlich gut: Es gibt einiges an Sexszenen, die auch nicht verschämt unter Bettdecken oder hinter Dampfschwaden stattfinden, sondern es werden gutgebaute nackte Frauenköper in Großaufnahme zärtlich abgetastet. Auch die Prügeleien sowie die obligatorische Duschszene sind allesamt mit viel Nudität gesegnet, die Schauwerte sind zur Freude des (männlichen) Zuschauers also auf jeden Fall erstmal vorhanden. Unbestrittener Höhepunkt ist natürlich die gemeinschaftliche Duschszene mit dem Wasserschlauch, die eine wunderbare friedlich-sonnige Auflösung erhält, die so sicher nicht zu erwarten ist. Eine Gefängnisrevolte? Das hat in José Giovannis ENDSTATION SCHAFOTT aber ganz anders ausgesehen …
Was zum Thema Gewalt führt. Gewalt ist nicht allzu viel geboten, Bruno Mattei hat in dem erwähnten LAURA – EINE FRAU GEHT DURCH DIE HÖLLE erheblich mehr Grausamkeiten im Portfolio, was aber an dem deutlich späteren Entstehungsdatum liegen dürfte. Und an Mattei … Bei MÄDCHEN IM KNAST dräut zwar im Hintergrund eine permanente Anspannung, und die allgegenwärtige Aggression und der damit einhergehende Druck sind oft zu spüren, aber ernsthafte Gewaltexzesse finden innerhalb des Knasts nicht statt. Außerhalb schon, die Erlebnisse von Don Camillo (der heißt wirklich so) sind jedenfalls grundlegend brutaler Natur, und werden interessanterweise ebenfalls sehr eigenartig aufgelöst. Im Gefängnis selber aber dürfte eher das Budget das Problem gewesen sein: Nackte Frauen sind billiger zu filmen als blutige Quälereien …
Trotzdem, die Geschichte um den missglückten Drogenhandel ist spannend erzählt, und gewinnt vor allem gegen Ende hin viel Dynamik, gleichzeitig gibt es aber auch immer wieder ruhige Momente der Einkehr oder Stimmungsbilder der leeren Gänge und Hallen. Die Schauspieler (-innen) sind mit Leib(!) und Seele dabei, und dass die Regie vielleicht nicht immer auf der Höhe ist oder Anschlussfehler ohne Ende produziert – Herrje, MÄDCHEN IM KNAST ist kein Arthouse-Drama sondern ein kostengünstigst und sehr einfach produzierter Schnellschuss für die Vorstadtkinos mit großen Namen im Programm gewesen. Wer hier Anspruch sucht, der hat sich sowieso verlaufen. Das Versprechen, das Titel und Erwartungshaltung vorgeben, wird auf jeden Fall in Form vieler nackter Frauen und einer spannenden Rahmenhandlung eingelöst, auch wenn es insgesamt gerne etwas derber hätte zur Sache gehen dürfen.
7/10