Regisseur: Rudolph Maté, Primo Zeglio
Kamera: Giulio Gianini
Musik: Franco Mannino
Drehbuch: Filippo Sanjust
Darsteller: Rod Taylor, Keith Michell, Edy Vessel, Terence Hill, Basil Dignam, Anthony Dawson, Gianni Cajafa, Irene Worth, Arturo Dominici, Marco Guglielmi, Esmeralda Ruspoli, Rossella D'Aquino
„Jede Reise bis ans Ziel durchführen. Alle Länder sehen und sich an ihnen erfreuen - und doch wieder zur See zurückkehren, das allein ist höchstes Glück.“
Die von Malcolm Marsh im Film gesprochenen Worte sind freilich auf dem Mist von Francis Drake gewachsen. Es sind die Worte mit denen wir aus dem Film (PIRAT DER SIEBEN MEERE) entlassen werden. Es sind jene Worte, aus denen sich simpel entschlüsseln lässt, dass Sir Francis sein Herz der unendlichen See schenkte und seiner großen Liebe niemals treulos werden wird. Getreu den von Fini Busch und Werner Scharfenberger kreierten und von Edith Einzinger alias Lolita interpretierten Lyrics „Deine Heimat ist das Meer, deine Freunde sind die Sterne“.
Lolitas eingängige Gesangmelodie, dessen Worte zumindest in den 1960ern die Pfade eines jeden Seemannslebens fortwährend erhellen konnten, divergiert von der Eingangsmusik aus der kompositorischen Feder von Franco Mannino. Mannino hat hin und wieder seine Duftnote(n) im Peplum-Areal sowie in dessen seeräuberischen wie ritterlichen Umfeld hinterlassen. Bisher konnte ich allerdings keine ohrwurmartige Komposition in Manninos Œuvre entdecken. Was? Nein, da gibt es nichts zu vergeben und zu vergessen! Manninos Leitmotiv bleibt - im Gegensatz zu Lolitas immergrünem Dauerbrenner - halt nicht im Ohr, was allerdings keine negative Kritik rechtfertigt. Seine Kompositionen sind stattdessen aufwühlender und mitreißender Natur, womit sie sich im positiven Sinne von schnöder, bevorzugt von der DEFA (die mit ihren Tonbearbeitungen viele italienische Western und Piratenvehikel versaubeutelte) eingesetzter, Library Music abheben. Die bundesrepublikanische Tonbearbeitung lag übrigens in guten Händen, sodass Sie sich auf die zauberhaften Stimmen von Chevalier, Klinger, Marquis und Petruo freuen dürfen.
Der Originaltitel IL DOMINATORE DEI SETTE MARI heißt zu Deutsch HERRSCHER DER SIEBEN MEERE, was freilich an den deutschen Titel von Michael Curtiz´ zweitem Piratenvehikel HERR DER SIEBEN MEERE erinnert. Das MGM Synchronisations-Atelier, MGM fungierte auch als Verleih für den bundesrepublikanischen Kinoeinsatz, wurschtelte daraus den Titel: PIRAT DER SIEBEN MEERE und setzte sich damit in die gern wie üppig zitierten Nesseln. Francis Drake ist kein (!) Pirat. Er ist ein Freibeuter, da er mit der Erwilligung von Elisabeth I. über die Meere segelt und einhergehend spanische Schiffe entert, um die englischen Staatskassen zu füllen. Da der Film diese Tatsache allerdings hinter vorgehaltener Hand mitteilt und Drake offiziell das Image eines Piraten anhaftet, ist der Titel durchaus vertretbar. Es ist notabene interessant zu beobachten, das der „Piratenfilm“ in den 1950ern kraft seiner Thematiken zu den frühen Tonfilm-Beiträgen (die sich mal mehr, mal weniger an den literarischen Vorlagen von Rafael Sabatini orientierten) des Genres zurückkehrte und oftmals einen Piraten zentralisierte, der eigentlich kein Pirat war (Musterbeispiel = Peter Blood).
PIRAT DER SIEBEN MEERE startet im Jahre 1577. In Plymouth streitet man um eine Schriftrolle, die alle Festungen, in denen die Spanier ihre Reichtümer horten, inkludiert. Die Schriftrolle ist die Vorraussetzung für Drakes anschließendes Freibeutertum, die Vorraussetzung für einen erfolgreichen Seekrieg, der offiziell gar nicht stattfindet. Stattdessen findet Historie statt, da die Inszenierung auf bekannte Ereignisse anspricht und sich weitestgehend, sofern ich das beurteilen kann, an diese hält. So wird Drakes geheime Freibeuterei und seine Weltumseglung (in der Zeit von 1577 bis 1580) ebenso thematisiert wie die Babington-Verschwörung. Jenes geheime Komplott dessen Ziel es war: Elisabeth Tudor zu beseitigen, um stattdessen Maria Stuart auf den königlichen Thron zu hieven. Der Verschwörung Namensstifter, Anthony Babington, wird von Terence Hill verkörpert, der einen Kreide fressenden wie introvertierten Schönling gibt, der jegliche Niedertracht und Bösartigkeit, die ich eigentlich vor einem solchen Filmcharakter erwarte, vermissen lässt.
Der Hauptakteur, Rod Taylor, macht seine Sache als Sir Francis Drake (weicher Kern in rauer Schale) zwar deutlich besser, trotzdem halte ich ihn nicht für die Idealbesetzung. Der Film weißt halt den ein oder anderen amüsanten Moment (jene Momente in denen man die Herzen der Zuschauer erobern kann) auf, in dem Taylor schlicht und ergreifend der Charme sowie das gewinnende Lächeln eines Errol Flynn abgeht.
Für den Humor ist allerdings auch nicht Francis Drake, sondern Malcolm Marsh (gespielt von Keith Michell) zuständig, der mehr oder minder ziel- wie planlos von einem Fettnäpfchen ins nächste tappt. Eines dieser berühmt berüchtigten Narrenschälchen befindet sich an der Südspitze Südamerikas, wo Drake und seine Crew mit den hiesigen Ureinwohnern zusammentreffen. Diese, die Inka, erinnern an eine fortwährend gut gelaunte und enorm naive Ausgabe der Indianer in einem Karl Mai-Western. Malcolms Rendezvous mit einem femininen Stammesmitglied weckt in diesem Kontext gar Erinnerungen an WINNETOU UND SHATTERHAND IM TAL DER TOTEN, wo Sam Hawkens einer korpulenten Apachin nachstellt und ihr Tête-à-Tête praktisch einem Folie à deux nahe kommt.
PIRAT DER SIEBEN MEERE wurde prächtig ausgestattet, die Räumlichkeiten mit feschen Dekorationen geschmückt, die Protagonisten in wunderschöne Kostüme gehüllt. Hinter dieser schicken Schale verbergen sich mit Rudolph Maté und Primo Zeglio gleich zwei Regieroutiniers, die Drakes Fregatte sicher durch die sieben Meere und den Zuschauer erfolgreich durch ihre Gemeinschaftsarbeit lotsen. Trotz der wahrscheinlich gut gefüllten Geldbörse, die den Verantwortlichen zur Verfügung stand, erreicht PIRAT DER SIEBEN MEERE nach meinem Dafürhalten aber nicht die Qualität, welche die seeräuberischen Zeglio-Vehikel KORSAR DES KÖNIGS und KÖNIG DER SEERÄUBER für sich beanspruchen, was sich vornehmlich mit Rod Taylors mittelprächtigen Spiel begründen lässt. Denn dem Star, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den höchsten Kostenfaktor des Films darstellt, mag es einfach nicht gelingen, sein Identifikationsangebot erfolgreich an das Publikum weiterzureichen. Trotzdem steht unter dem Strich ein ordentlich inszeniertes wie farbenfrohes Freibeutervehikel, das eine digitalisierte Veröffentlichung sehr wohl verdient hätte.