Porno Holocaust - Joe D'Amato (1981)
Moderator: jogiwan
- Salvatore Baccaro
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Porno Holocaust - Joe D'Amato (1981)
Produktionsland: Italien
Erscheinungsjahr: 1981
Regie: Joe D'Amato
Darsteller: George Eastman, Dirce Funari, Annj Goren, Mark Shannon, Joe D'Amato, Lucia Ramirez
Würde ich in meinem Bekanntenkreis herumfragen, was für den Einzelnen jeweils der subversivste ihm bekannte Kinomoment sei, würde ich wohl viele unterschiedliche Antworten zu hören bekommen. Manch einer würde vielleicht auf den herannahenden, die Leinwand zu sprengen drohende Zug der Brüder Lumière oder auf die Schlussszene von The Great Train Robbery verweisen, wenn einer der Protagonisten seinen Colt direkt auf die Kamera richtet und förmlich ins Publikum feuert. Vielleicht würde der zerschlitzte Augapfel Bunuels erwähnt werden, solche Namen fallen wie Bergman oder Pasolini, oder auf einen dokumentarischen Rahmen Bezug genommen werden, bspw. eine Ansicht Hitlers vor dem Eiffelturm aus einem beliebigen Wochenschau-Bericht. Für mich werden wohl immer die ersten Sekunden von PORNO HOLOCAUST auf Platz 1 dieser imaginäre Liste bleiben. Mark Shannon fährt durch, nehme ich an, Santa Domingo. Die Musik allein sprengt schon Grenzen, ein aufgesetzt-fröhliches, tropisch angehauchtes Porno-Gedudel, das Schlimmstes befürchten lässt. In dieses unangenehme Panorama bricht plötzlich der Filmtitel. PORNO HOLOCAUST steht da, harmlos und unaufgeregt, und ruft alles gleichzeitig hervor: eine tiefe Irritation, Verwunderung, Amüsement, womöglich auch ein gewisses Unbehagen, die beiden eigentlich unvereinbaren Worte Porno und Holocaust derart geschwisterlich verbunden zu sehen. Es springt einen förmlich an, vielleicht vergleichbar mit dem punctum aus Roland Barthes Phototheorie, tritt aus dem begrenzen Bildrahmen heraus und attackiert einen persönlich. Die Musik spielt indes weiter, D'Amato zeigt uns mehr oder weniger beeindruckende Stadtaufnahmen, Mark Shannon gefällt es am Steuer seines Wagens, das alles, als sei nichts geschehen. Selbst wenn der nachfolgende Film, denkt man sich, eine noch so grottige Gurke werden wird - und das wird er, versprochen! - wird dieser Auftakt weiter wirken, allein durch den puren Fakt, dass so etwas möglich ist, dass jemand etwas für eine lohnende Idee hielt, seinen Film derart zu betiteln und derart beginnen zu lassen, die verstörte Frage im Ohr: wie kann das sein?, was kommt da auf einen zu? Wenn man sich den Film dann zu Ende angesehen hat - fast zwei Stunden! -, wird man wahrscheinlich erschlafft sein (und das nicht unbedingt, weil einen das Machwerk über alle Maßen stimulierte), neben sich stehen, eine Weile brauchen, um sich wieder in der Realität zurechtzufinden, auf jeden Fall aber zugeben müssen, dass der Titel PORNO HOLOCAUST dem so genannten Film einerseits nicht näher und andererseits nicht ferner hätte sein können. Natürlich erwartet einen hier kein Porno Holocaust, was auch immer das sein soll (da sollte man sich wohl eher an Sergio Garrone und Konsorten halten), trotzdem ist der Film so unglaublich wie sein Titel.
Porno: In D'Amatos Welt gilt das Prinzip, dass die Menschheit mit ihren Geschlechtsteilen denkt. Jedes noch so harmlose Gespräch kippt irgendwann in Richtung Unterleib. Unsre Protagonisten, eine Gruppe Wissenschaftler, die seltsame Vorkomnisse auf einer Karibik-Insel untersuchen sollen, angeblich seien dort Krebse, Schildkröten und anderes Getier von unnatürlicher Größe gesichtet worden, sowie ein Marineoffizier namens Maurice, lassen nichts anbrennen. Und selbst wenn das Skript keine Gelegenheit für sie hergibt, nichts anbrennen zu lassen, werden Sub-Plots aufgeworfen, oder zumindest Szenen eingefügt, in denen sich die Herrschaften bzw. die Damen mal eben mit örtlichen Lustknaben vergnügen (die pflichtschuldig zuerst in die Kamera gucken bevor sie von D'Amato persönlich die Erlaubnis zum Ejakulieren bekommen). Der eigentliche Auftrag des Teams gerät dabei fast eineinhalb Stunden weit in den Hintergrund. Zwar fallen mal ein, zwei peinliche pseudo-wissenschaftliche Sätze, im Vordergrund stehen allerdings eindeutig die Erkundungstouren in weibliche Unterleibe und an erigierten Penis-Schaften entlang. Vor allem der König des D'Amato-Porns, Mark Shannon, hier wohl so etwas wie unser nomineller Held, hat ausgiebig Gelegenheit, sein Glied in diversen Öffnungen verschwinden und dann leider wieder auftauchen zu lassen. Die Gattin eines gewissen Dr. Lemoine, der als einer der wenigen nie wirklich blank zieht, leidet indes darunter, von ihrem Ehemann nie richtig befriedigt zu werden, und ergeht sich folgerichtig in lesbischen Spielereien mit der Zoologin Dauphine, ihres Zeichens eine waschechte Comtessa, die ihr eben nicht wohlverdientes Geld in schmierigen Bordellen unters Volk wirft, um mit angeekeltem Gesicht zwei Rammlern mit Erektionsproblemen jeweils einen blasen zu dürfen. Auch bedeckt muss George Eastman als Dr. Keller bleiben, schleicht, wie man es schon aus LE NOTTI ERTOICHE DEI MORTI VIVENTI kennt, immer nur lüsternd um die kopulierenden Pärchen herum, vielleicht ein alter ego des Regisseurs, der hingegen auch schauspielerisch glänzen darf, Joe D'Amato in persona nämlich verkörpert einen aufdringlichen Journalisten, der dem Forschungsteam heimlich auf die geheimnisvolle Insel nachstellt, und für die eigentliche "Story" im Grunde keine Funktion erfüllt, außer dass er eben ein bisschen Zeit totschlagen und D'Amato sich ein bisschen wie Hitchcock fühlen darf. Die Porno-Szenen an sich sind grausigstes Gerammel, das die Vorspultaste der Fernbedienung in einen Magneten verwandelt, unterlegt mit einer Musik, die ich gerne als CD-Soundtrack hätte (irgendwelche Angebote?), um lästige Gäste zu vertreiben oder eigene porno-holocaustischen Sessions zu veranstalten, zudem gefilmt von einem Kameramann, der entweder sein Handwerk nicht versteht oder sich von dem Abzufilmenden zu sehr ablenken ließ (es ist schwer, das Bild wieder aus dem Kopf zu bekommen, das D'Amato zeigt, wie er, mit einer Hand eine Kamera führend und mit der andern...) Ergo: Als Hardcore-Porno ist PORNO HOLOCAUST, um Marlon Brando zu zitieren, "the horror". Ich will die Leute gar nicht kennen lernen, die sich Anno 1980 zu diesem uninspirierten Gebumse in die Bahnhofskinosessel kuschelten...
Holocaust: Nun, wo bleibt er denn? Nach geschlagenen eineinhalb Stunden taucht endlich das Monstrum auf, von dem man sich zumindest etwas Holocaust-Ähnliches verspricht. Dieses - ehem - "Ungeheuer" ist Opfer radioaktiver Verseuchung. Einst zündeten die Amerikaner nämlich in jenem Atoll eine Atombombe zu Test-Zwecken, was wiederum zu drastischen Veränderungen in der Flora und Fauna der Insel-Welt führte etc. etc., das alles natürlich so plakativ, dass man gar nicht erst auf die Idee kommt, D'Amato irgendwelche lauteren Absichten zu unterstellen (vielleicht tue ich ihm auch Unrecht und er spendete sämtliche Einnahmen aus ORGASMO NERO 1 - 3 einer privaten Hilfsorganisation der Dominikanischen Republik?!) Das Monstrum nun, ein grausig deformierter ehemaliger Inselbewohner, der durch die Strahlung Frau und Tochter verlor (D'Amato klaut wirklich nur bei den Besten: woher kennt man so einen ähnlichen Plot denn schon?!), fällt über das Team her, dezimiert erstmal ein paar Lastenträger (Kanonenfutter), indem er sie mit einem Balken erschlägt (effektmäßig überragend: ich nehme an, die Statisten mussten ihre Gesichter in Pizzen wälzen), zwischendurch auch Dr. Lemoine ertränkt (innerhalb von fünf Sekunden), und dessen Gattin zum Oral-Sex zwingt. Man sieht: das D'Amato'sche Prinzip vom Gehirn, das nicht nur ins Geschlechtsteil rutschte, sondern dort seinen festen Platz hat, wird auch auf die Welt der Monstren und Zombies angewendet. Schließlich entführt die Kreatur in bester King-Kong-Manier Maurices Liebchen Annie in seine Höhle, nachdem es D'Amato höchstpersönlich einen Pflock in die Bauchgegend rammte, worauf unser Held sie aus den Klauen der mörderischen Bestie befreien muss. Das alles schätzungsweise eine Viertelstunde vor Filmende. Wobei die Rettungsaktion darin besteht, Annie lediglich beim Händchen zu packen und mit sich zu zerren. Der Showdown könnte in die Geschichte eingehen: das Monstrum steht Shannon gegenüber, will ihn packen, Annie ruft den Namen, den das Ungetüm einst hatte, als es noch Mensch war, und es stürzt sofort in sich zusammen, belibt tot liegen. Unsre Helden fliehen. Und ficken. Beeindruckend ist nicht zuletzt, dass der Film sein dröges Tempo nicht mal in den - ehm - "actionlastigeren" Szenen ablegt. Ob nun gefickt, gestorben, geredet oder gerettet wird: das Sedativ hält stand. Klar muss auch sein, dass der Porno, nur weil jetzt die Holocaust-Phase begann und die Akteure wie die Fliegen sterben, nicht beiseite geschoben wird. Voller Todesangst bietet sich die Comtessa, nachdem man feststellte, dass man auf der Insel festsitzt, und außer ihr, George Eastman und Mark Shannon niemand mehr am Leben zu sein scheint, unsrem Helden ihre Muschi an: wir werden bald sterben, ich will noch ein letztes Mal Sex haben, bitte fick mich! (sinngemäß). Eastman schaut kurz zu, verzieht sich dann grummelnd. Hätte ich auch tun sollen...
Fazit: PORNO HOLOCAUST ist einer der schlechtesten Filme, die ich je gesehen habe. Der PORNO-Anteil stößt mich ab, der HOLOCAUST-Anteil ist der Rede nicht wert, und hätte D'Amato seinem Filmchen nicht diesen anrüchigen Titel verpasst, sondern ihn - sagen wir - ORGASMO NERO II - INSEL DER ZOMBIES genannt, würde heute, außerhalb dieses Forums, wohl niemand mehr nach ihm krähen. Trotzdem hat er ein Plätzchen in meinem Herzen. Nicht nur wegen seiner ersten Minute. Womöglich gefällt er mir auf seine Weise sogar noch besser als der oben schon erwähnte NOTTI EROTICHE DEI MORTE VIVENTI, dessen Struktur er teilweise sklavisch folgt. Hier wie dort ist die Exposition fast so lang wie der Rest, hier wie dort darf Mark Shannon alles geben, hier wie dort entpuppt sich das große Finale, auf das man hinfiebert, als laues Lüftchen, bei PORNO HOLOCAUST indes kann man noch mehr davon sprechen, dass kein einziger Aspekt in irgendeiner Weise Lob verdient. Allein dass Lucia Ramirez, obwohl sie neben Shannon die zweite Geige spielt bzw. von diesem geil gespielt wird, in den Credits nicht mal Erwähnung findet, würde mich an ihrer Stelle nachdenklich machen.
Auf der x-rated-DVD befindet sich übrigens noch eine - hust - "sensationelle" Dokumentation über - O-Ton: "Joe D'Amato - König des Erotik Horrors", in der über zehn Minuten einzig diverse Filmausschnitte und Interviewfetzen aneinandergereiht werden. D'Amato plaudert aus dem Nähkästchen, redet erst seriös daher, um dann, in einem plötzlichen Moment, seine gesamte Arbeit in wenigen Sätzen zusammenzufassen. Früher, als kleiner Junge, habe er gerne Frauen auf Parkplätzen beobachtet, und darauf gewartet, ihnen unter den Rock lugen zu können. Wenn eine Frau nackt vor ihm stünde, sei das eben wesentlich interessanter für ihn, als wenn sie angezogen sei. Dieser Mann ist ein Phänomen!
(Hm, was schaue ich mir als nächstes an? Porno Esotic Love? Hard Sensation? Irgendwas mit Mark Shannon, denn dieser Mann ist ein fast genauso großes Phänomen. No pun intended.)
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Re: Porno Holocaust - Joe D'Amato
Dieses Machwerk bis zum bitteren Ende durchsehen ist mehr noch als harte Arbeit! Ich hab den noch sehr anstrengend in Erinnerung (und das ist bequem 13 Jahre her!). Bis auf eine Sex-Szene auf einem Ruderboot (irgendwie beeindruckte mich der Gleichgewichtssinn der Protagonisten) verschwand alles andere in schemenhaftem Nebel. Der Zombie mit Kopftuch, der die Frauen erst erschlägt und dann vögelt, ist auch noch in irgend einer Hirnwindung vorhanden - aber der Rest? Üblicher Weise würde ich jetzt sagen: muss ich mir mal wieder ansehen! Aber mir reicht dann doch deine gute und ausführliche Zusammenfassung
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
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- Salvatore Baccaro
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Re: Porno Holocaust - Joe D'Amato
Das Ruderboot:
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Re: Porno Holocaust - Joe D'Amato
Meinen Respekt, Salvatore - ich glaube, ich habe den Film seinerzeit nicht komplett geschafft und/oder schnell nahezu komplett aus meinem Gedächtnis verdrängt.
Deine Faszination für Machwerke wie dieses und D'Amatos Lebenswerk ist... faszinierend.
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Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!
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Re: Porno Holocaust - Joe D'Amato
In der Tat! Obwohl ich ja den Fidenco-Score hier wieder mal sehr schätze. Und hätte ich als Schüler nur ansatzweise geahnt, wie promovierte Biologinnen etc. aussehen, und was sie so den ganzen Tag treiben, hätte ich garantiert Abitur gemacht. Die Filmkarriere von Dirce Funari dürfte übrigens darauf zurückzuführen sein, dass sie mal Playmate im italienischen Playboy war, mit erheblich freizügeren Fotos als hierzulande üblich...buxtebrawler hat geschrieben:Meinen Respekt, Salvatore - ich glaube, ich habe den Film seinerzeit nicht komplett geschafft und/oder schnell nahezu komplett aus meinem Gedächtnis verdrängt.
Deine Faszination für Machwerke wie dieses und D'Amatos Lebenswerk ist... faszinierend.
Gut, das Werk komplett durchzuhalten, ist nicht so ganz einfach. Aber am Ende wartet auf dem Ruderboot der große Moment für einen namenlosen blinden Passagier, der sich in das Filmmaterial geschlichen hat. That's what I call Belohnung.
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- Nello Pazzafini
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Re: Porno Holocaust - Joe D'Amato
ugo-piazza hat geschrieben:In der Tat! Obwohl ich ja den Fidenco-Score hier wieder mal sehr schätze. Und hätte ich als Schüler nur ansatzweise geahnt, wie promovierte Biologinnen etc. aussehen, und was sie so den ganzen Tag treiben, hätte ich garantiert Abitur gemacht. Die Filmkarriere von Dirce Funari dürfte übrigens darauf zurückzuführen sein, dass sie mal Playmate im italienischen Playboy war, mit erheblich freizügeren Fotos als hierzulande üblich...buxtebrawler hat geschrieben:Meinen Respekt, Salvatore - ich glaube, ich habe den Film seinerzeit nicht komplett geschafft und/oder schnell nahezu komplett aus meinem Gedächtnis verdrängt.
Deine Faszination für Machwerke wie dieses und D'Amatos Lebenswerk ist... faszinierend.
Gut, das Werk komplett durchzuhalten, ist nicht so ganz einfach. Aber am Ende wartet auf dem Ruderboot der große Moment für einen namenlosen blinden Passagier, der sich in das Filmmaterial geschlichen hat. That's what I call Belohnung.
Re: Porno Holocaust - Joe D'Amato
Klasse beschrieben. Auch auf mich hat diese Szene mit der Titeleinblendung unbeschreiblich irritierend-amüsierend gewirkt, ein früher Höhepunkt des Films, den ich mir aber auch wegen Dirce Funari und Lucia Ramirez immer gern angeguckt habe. Besagte Barthes-Theorie kenne ich allerdings nicht.Salvatore Baccaro hat geschrieben:Mark Shannon fährt durch, nehme ich an, Santa Domingo. Die Musik allein sprengt schon Grenzen, ein aufgesetzt-fröhliches, tropisch angehauchtes Porno-Gedudel, das Schlimmstes befürchten lässt. In dieses unangenehme Panorama bricht plötzlich der Filmtitel. PORNO HOLOCAUST steht da, harmlos und unaufgeregt, und ruft alles gleichzeitig hervor: eine tiefe Irritation, Verwunderung, Amüsement, womöglich auch ein gewisses Unbehagen, die beiden eigentlich unvereinbaren Worte Porno und Holocaust derart geschwisterlich verbunden zu sehen. Es springt einen förmlich an, vielleicht vergleichbar mit dem punctum aus Roland Barthes Phototheorie, tritt aus dem begrenzen Bildrahmen heraus und attackiert einen persönlich.
- Salvatore Baccaro
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Re: Porno Holocaust - Joe D'Amato
Nein, gegen Dirce Funari ist nichts einzuwenden, zumal die Gute in einem meiner liebsten No-Budget-Filmen, BLUE MOVIE von Alberto Cavallone, alles andere als schlecht die weibliche Hauptrolle verkörperte. Aber Lucia Ramirez? Okay, die Dame scheint recht "süß" auszuschauen zu sein, aber allein dadurch, dass sie bei keiner mir bekannten Hardcore-Szene auch nur mit der Wimper zuckt, eher lethargisch, müde und unwillig wirkt, kommt in mir jedes Mal ein ungutes Gefühl hoch, wenn sich ihr ein erigierter Penis nähert...
Um kurz den Barthes runterzubrechen: laut Roland Barthes besitzt jedes Photo ein sog. punctum, d.h. ein Element an ihm, das den Betrachter besticht. Das kann bspw. bei einer Photographie von einem Kamel ein bestimmtes Flimmern am Augenlid des Tiers sein, weil die Sonne zufällig (!) gerade in einem gewissen Winkel auf sein Gesicht fällt, das dann einen Betrachter unweigerlich berührt, attackiert, weil es in ihm eine Erinnerung wachruft, an einem persönlichen, ihm eigenen Trauma rührt, oder aber, allgemeiner gefasst, die Darstellung von Tod, Sterben, Leichenbergen, die ja an so ziemlich jeden Menschen unmittelbar herantreten und ihn in einer Art punctum der zweiten Kategorie daran erinnern, dass das, was er da sieht, schon lange tot ist, und er selbst bald sterben wird (laut Barthes übrigens auch bei Photos von Menschen, die während des Schießens des Photos noch lebten, und inzwischen verstorben sind, er nennt das eine "perverse Verschränkung, ein Zermalmen der Zeit", da das, was ich auf dem Photo als noch lebend sehe, jetzt, in der Gegenwart, tot ist, und somit zwangsläufig Reflexionen über Tod und Vergänglichkeit in Gang setzt).
Bei PORNO HOLOCAUST, obwohl das natürlich kein Photo, sondern ein Film ist, war für mich eben exakt das der Fall. Als ich zum ersten Mal die Titeleinblendung sah, dazu die Musik hörte, die Bilder sah, trat da etwas aus dem Bildschirm heraus auf mich zu, und trichterte mir Empfindungen ein, die von einem breiten Grinsen bis hin zum Gefrieren desselben reichten.
Und zum Abschluss:
Um kurz den Barthes runterzubrechen: laut Roland Barthes besitzt jedes Photo ein sog. punctum, d.h. ein Element an ihm, das den Betrachter besticht. Das kann bspw. bei einer Photographie von einem Kamel ein bestimmtes Flimmern am Augenlid des Tiers sein, weil die Sonne zufällig (!) gerade in einem gewissen Winkel auf sein Gesicht fällt, das dann einen Betrachter unweigerlich berührt, attackiert, weil es in ihm eine Erinnerung wachruft, an einem persönlichen, ihm eigenen Trauma rührt, oder aber, allgemeiner gefasst, die Darstellung von Tod, Sterben, Leichenbergen, die ja an so ziemlich jeden Menschen unmittelbar herantreten und ihn in einer Art punctum der zweiten Kategorie daran erinnern, dass das, was er da sieht, schon lange tot ist, und er selbst bald sterben wird (laut Barthes übrigens auch bei Photos von Menschen, die während des Schießens des Photos noch lebten, und inzwischen verstorben sind, er nennt das eine "perverse Verschränkung, ein Zermalmen der Zeit", da das, was ich auf dem Photo als noch lebend sehe, jetzt, in der Gegenwart, tot ist, und somit zwangsläufig Reflexionen über Tod und Vergänglichkeit in Gang setzt).
Bei PORNO HOLOCAUST, obwohl das natürlich kein Photo, sondern ein Film ist, war für mich eben exakt das der Fall. Als ich zum ersten Mal die Titeleinblendung sah, dazu die Musik hörte, die Bilder sah, trat da etwas aus dem Bildschirm heraus auf mich zu, und trichterte mir Empfindungen ein, die von einem breiten Grinsen bis hin zum Gefrieren desselben reichten.
Und zum Abschluss:
Re: Porno Holocaust - Joe D'Amato
Danke für die Barthes-Zusammenfassung, klingt sehr spannend. Aber ob es nun an jedem Foto für jeden Betrachter (oder habe ich das falsch verstanden) so ein punctum gibt? (PH war hingegen durchgängig sehr reich an puncta. )
- Salvatore Baccaro
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Re: Porno Holocaust - Joe D'Amato
Sagen wir so (bzw. Barthes sagt es so): jedes Photo hat das Potential zum punctum, aber nicht für jeden Menschen hat jedes Photo auch ein punctum. Wie auch: ich meine, man kann den Leuten ja nicht in die Köpfe schauen. Wenn für Dich bei einem beliebigen Modephoto die Schnalle einer Handtasche irgendwie berührt, kann ich wahrscheinlich nur unverständlich mit dem Kopf schütteln.
(Immerhin: bei PH scheinen wir uns ja einig zu sein. )
(Immerhin: bei PH scheinen wir uns ja einig zu sein. )