Gesichter des Todes III - John Alan Schwartz (1985)

Moderator: jogiwan

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Salvatore Baccaro
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Gesichter des Todes III - John Alan Schwartz (1985)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

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Originaltitel: Faces of Death III

Produktionsland: USA 1985

Regie: John Alan Schwartz

Darsteller: Michael Carr und eine illustre Riege Laienschauspieler, die ihren eigenen Tod vortäuschen

Der nunmehr dritte Aufguss von John Alan Schwartz‘ Schulhofklassiker FACES OF DEATH beginnt mit einer Vorspannsequenz, die Lucio Fulci in Verzücken hätte geraten lassen: In Großaufnahme sehen wir mehrere Augenpaare, die sich scheinbar gerade einen der beiden Vorgängerfilme zu Gemüte führen, und dabei als bevorzugte Emotionsäußerung ganz weit, ganz schreckensstarr, ganz entsetzt aufgerissen werden. Im Falle von FACES OF DEATH III habe meine eigenen Augen allerdings mehr damit gekämpft, sich nicht während der neunzig Minuten Laufzeit hinter ihren Lidern zu verstecken, - und zwar nicht etwa, weil das dargebotene Todeskabinett so abscheulich anzusehen gewesen wäre…

Hatte ich FACES OF DEATH II noch ein bisschen dafür auf die Schulter geklopft, dass der Film nahezu ausnahmslos aus dokumentarischem Material zusammengeschustert worden ist und sich, wenn man denn unbedingt möchte, in seinem Subtext auch als Kritik an Umweltzerstörung, Konsumwahn oder Tierquälerei im Namen von Lebensmittelindustrie und Forschung interpretieren ließe, so treffen Schwartz und sein Team für FACES OF DEATH III nunmehr die Entscheidung, sich nahezu ausnahmslos auf (offenkundig) inszenierte bzw. nachgestellte Aufnahmen zu verlassen. Dass der Film demnach umso blutrünstiger ausfallen müsste als der doch vergleichsweise zurückhaltende direkte Vorgänger, könnte man denken, nun, wo die Macher unter dem Deckmäntelchen der Fiktion quasi die Möglichkeit haben, die Sau so richtig aus dem Stall zu lassen und durchs Dorf zu treiben. Allerdings ist genau das Gegenteil der Fall: An Banalität und Belanglosigkeiten die meisten Segmente von FACES OF DEATH III noch zu überbieten, das dürfte wirklich schwerfallen.

Einen roten Faden schafft es nicht mal unser Host, der unvermeidliche Dr. Francis B. Gröss, zwischen den reichlich disparaten Bilderreigen zu spannen: In den Straßen einer Großstadt treibt ein Serienkiller sein Unwesen, und hat es bevorzugt auf die Ausgestoßenen der Gesellschaft wie Prostituierte, Drogensüchtige, Obdachlose abgesehen, wobei wir seine Untaten nicht wirklich zu Gesicht bekommen, sondern stattdessen mit Interviews abgespeist werden, in denen angebliche Freunde und Bekannte der Opfer über ihre Gefühle berichten, - (meine Vermutung ist ja, dass das Filmteam einfach irgendwelche Junkies und Freudendamen von der Straße weg rekrutiert haben, auf dass sie ein paar vorher einstudierte Sätze in die Kameralinse sprechen, und dafür mit etwas Bargeld oder Alkohol entlöhnt wurden); ein Suizidant stürzt sich von einem Hochhausdach, während seine Freundin und die Polizei vergeblich versuchen, ihn davon abzuhalten, (und sich offenbar nicht daran stören, dass der das Straßenpflaster treffende Körper augenscheinlich nichts weiter als ein Crash Test Dummie ist); in irgendeinem lateinamerikanischen Staat werden Regierungsgegner die Zungen mittels peinlicher Verhöre gelockert, (und offenbar kümmert es die Folterknechte nicht, dass ein US-amerikanisches Kamerateam ihnen bei ihren fragwürdigen Methoden über die Schulter linst.)

Ich kann mir gut vorstellen, dass man als nicht allzu medienkompetenter Jugendlicher in den Achtzigern, der bspw. mit der Affenhirn-Auslöffel-Szene im originalen FACES OF DEATH konfrontiert wurde, diese im allerersten Moment für bare Münze genommen hat, trotz oder gerade weil ihre Montage durchaus effektvoll darin ist, den Fake-Status des Spektakels zu verschleiern. Aber dass irgendwer die Bilder von FACES OF DEATH III als tatsächlich authentisch rezipiert haben mag, kann ich mir dann doch nur schwer vorstellen, denn außerordentlich krude, regelrecht dilettantisch, die Täuschung mehr perpetuierend als kaschierend sind die meisten seiner Szenen montiert, wenn beispielweise in einer unfreiwillig komischen Episode ein Fallschirmspringer ausgerechnet in einem Alligatorenbecken landet, oder wenn in einem Ausflug auf die Kriegsfelder von Vietnam offenkundig inszenierte POV-Shots eines Soldaten, der im wildesten Gefecht eine Kamera mit sich führt, mit tatsächlichen Nachrichtenbildern abwechseln, deren dokumentarischer Appeal die Inszenierung dann nur noch umso deutlicher herausstreicht.

Zwischenzeitlich schafft es der sowieso bereits schrecklich unfokussierte Film gar, die eigene Agenda vollends aus den Augen zu verlieren: Was hat denn die Jagd auf Drogenschmuggler in den Sümpfen Floridas mit den mannigfaltigen Gesichtern des Todes zu tun, selbst wenn in dieser Sequenz, die wirkt wie aus dem billigsten aller billigen B-Movie-Actionfilme geborgt, beiläufig einmal einer der Kriminellen bei einem Schusswechsel zu Tode kommt? Und was sollen all die inflationären Tieraufnahmen von Haien und Schlangen im letzten Drittel, deren Tödlichkeit stets nur aus dem Off heraus behauptet wird, und die wir ansonsten minutenlang sehen, wie sie die Weltmeere durchschwimmen oder durchs Unterholz schlängeln? Einzig ein schmales Segment, das sich (erneut) mit Tierleid im Kontext der modernen Lebensmittelindustrie befasst, besitzt ein Fünkchen aufrüttelndes Potential, und zudem eine klassische Mondo-Kontrast-Montage: Die industrielle Schlachtung zahlloser Hühner wird dort mit hungrigen Menschen gegengeschnitten, die sich im örtlichen Kentucky Fried Chicken feinste Federvieh-Burger einverleiben. Immerhin ein wenig erheitern konnten mich die Zwischensequenzen mit Michael Carr alias Francis B. Gröss, der einmal ein niedliches Weißkaninchen in die Kamera hält, während seine Enkelin auf einer Wiese nach Ostereiern sucht, und in einer noch viel alberneren Szene angeblich unter der Sonne El Salvadors sitzt und sich „homemade tequilla“ hinter die Binde schüttet. Wobei es natürlich aber auch schon mehr als bezeichnend ist, dass man solche trivialen Momenten an einem Film als besonders lobenswert herausstellen muss…
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supervillain
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Re: Gesichter des Todes III - John Alan Schwartz (1985)

Beitrag von supervillain »

Salvatore Baccaro hat geschrieben: Mi 25. Nov 2020, 20:55 An Banalität und Belanglosigkeiten die meisten Segmente von FACES OF DEATH III noch zu überbieten, das dürfte wirklich schwerfallen.
Durch deinen Text konnte ich mich doch wieder an einiges erinnern, und ja, das ist nur schwer vorstellbar.
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buxtebrawler
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Re: Gesichter des Todes III - John Alan Schwartz (1985)

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 28.02.2024 bei Retro Gold 63 als Blu-ray/DVD-Kombination im auf 333 Exemplare limitierten Mediabook:

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Extras:
Trailer Gesichter des Todes 1-3
Bildergalerie
Artworkgalerie
Booklet mit 24 Seiten (geschrieben von Jean Rises)

Quelle: https://www.ofdb.de/vorabfassung/1542,1 ... Todes-III/
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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