Bocca bianca, bocca nera - Arduino Sacco, Renato Polselli (1986)

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Salvatore Baccaro
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Bocca bianca, bocca nera - Arduino Sacco, Renato Polselli (1986)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

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Originaltitel: Bocca bianca, bocca nera

Produktionsland: Italien 1986

Regie: "Hard Sacc"

Darsteller: Marina Hedman, Ajita Wilson, Gabriel Pontello


Abt. Dem Reini sei Dank!

Ganz ist mir bislang nicht klargeworden, bei welchen Pornofilmen Renato Polselli in den 80er Jahren auf dem Regiestuhl gesessen haben soll, und scheinbar stehe ich mit diesem Problem nicht allein da, denn im Falle von BOCCA BIANCA, BOCCA NERA aus dem Jahre 1986 bringen die einschlägigen Internetdatenbanken gleich drei unterschiedliche Namen ins Spiel: Laut der IMDB soll der nicht mal siebzig Minuten lange Streifen als Gemeinschaftsprojekt zwischen Polselli und einem gewissen Arduino Sacco realisiert worden sein; die European Girls Adult Film Database wiederum führt Polselli als alleinigen Regisseur, während Signore Sacco allein für den Schnitt zuständig gewesen sein soll; die italienische Wikipedia will demgegenüber von Polsellis Involvement überhaupt nichts wissen, und nennt Arduino Sacco als alleinigen Schöpfer; im Vorspann des Films selbst ist einzig und allein ein Pseudonym zu lesen, und zwar – haltet euch fest! – „Hard Sacc“. Es ist nicht übertrieben, wenn ich behaupte, dass diese Verballhornung des Namens Arduino Sacco tatsächlich das memorabelste Element vorliegenden Machwerks darstellt. Ob BOCCA BIANCA, BOCCA NERA nun auf das Konto Polsellis geht oder nicht, ist letztlich auch reichlich egal, denn selbst einem eingefleischten Polselli-Fan wie mir fällt es schwer, irgendwo in diesem uninspirierten, monotonen Reigen von Sexualakten die idiosynkratische Handschrift des Meisters auszumachen…

Die Handlung ist so schnell erzählt, dass sie diese Bezeichnung gar nicht verdient: Gabriel Pontello – (scheinbar ein wahrer Porno-Veteran, dessen Filmographie fast 200 Titel umfasst) – hat sich eine schmucke Yacht gemietet und schippert mit dieser irgendwo auf dem Mittelmeer umher. Gesellschaft leisten ihm zwei Frauen, die ihre Karriere eigentlich mit non-pornographischen, wenn auch stellenweise exploitativen Spielfilmen begonnen haben: Marina Hedman, die sich einst vor den Kameras von Meistern ihres Faches wie Fulci, Fellini, D’Amato und Risi tummelte, und sich mit Mitte 40 in zweit- und drittklassigen Fleischfilmen verdingen muss; sowie die (mutmaßliche) Transsexuelle Ajita Wilson, die ebenfalls bereits Bekanntschaft mit europäischen Grenzgängern zwischen Arthouse und Grindhouse wie Jess Franco und Lucio Fulci gemacht hat, und die in BOCCA BIANCA, BOCCA NERA ihre letzte Filmrolle absolviert. Aufschluss gibt der Blick auf den Cast auch, was mit den titelgebenden weißen und schwarzen Mündern gemeint sein soll: Kaukasin Marina und Afroamerikanerin Ajita treten in einem rassisch motivierten Wettstreit gegeneinander an – wer wird es schaffen, Gabriel zu gewinnen?, oder, anders gesagt: Erweist sich das Weißbrot oder die Kaffeebohne am effektivsten darin, den Hahn im Korb um sein literweise fließendes Sperma zu erleichtern? Mehr an Plot kann ich mir auch gar nicht aus den Fingern, eh, saugen: Zwar gesellt sich Ajita, bevor sie an Bord von Gabriels Yacht geht, in einer Strandumkleidekabine zu einer kleinen Gruppensexorgie zwischen drei Männern und einer Frau, und zwischendurch stattet dieses Quartett, erweitert um noch eine weitere Frau und einen weiteren Mann, dem schwimmenden Liebesnest von Ajita, Marina und Gabriel einen Besuch ab – (worauf unsere drei Helden, die gerade einen Landausflug unternommen haben, angesichts des Rudelbumsens seltsamerweise völlig die Contenance verlieren und die fremden Eindringline in hohem Bogen von der Reling jagen.) Aber ansonsten verschwendet BOCCA BIANCA, BOCCA NERA keine unnötige Liebesmühe darauf, sich mir als etwas anderes zu verkaufen als das, was dieser Film nun einmal ist: Eine Wichsvorlage ohne weiterführende Agenda, ohne künstlerischen Mehrwert, ohne auch nur den zarten Anflug des Versuchs, mehr aus seiner (zugebenermaßen reichlich plumpen) Prämisse herauszuholen als eine endlose Abfolge von Blow Jobs, Analsex, Vaginalsex, bei der die einzige Abwechslung darin besteht, dass Ajita zwischendurch vaginal eine Faust eingeführt wird, oder dass Ajita und Marina ihrem Gabriel in einer seltsamen Fußfetischszene die Haxen waschen.

BOCCA BIANCA, BOCCA NERA suhlt sich dabei regelrecht in seiner betont luftigen, sommerlichen, sorglosen Stimmung – (was ihn gewissermaßen zum hardcore-pornographischen Gegenstück von Ruggero Deodatos ebenfalls hauptsächlich auf einer Yacht spielenden Drei-Personen-Kammerspiel ONDATA DI PIACERE macht) –, ergötzt sich an Postkartenaufnahmen von sonnigen Buchten, rauschenden Wellen, in der Ferne die Küste säumenden Fischerdörfchen, und strömt dabei vor allem Ödnis aus. Dass mich solcherlei stumpf auf Zelluloid gebanntes Gebalze weder ästhetisch noch sexuell sonderlich affiziert und stimuliert, ist ja keine Neuigkeit, doch wie sehr „Hard Sacc“ sich auf der schieren Quantität seiner Sexszenen ausruht finde ich schon bemerkenswert – denn einmal abgesehen davon, dass ich nun weder Marina Hedman noch Ajita Wilson für Augenweiden halte, (was aber natürlich mit ganz persönlichen Präferenzen zu tun hat), kann ich mich an keine Bildkomposition, an keine Kameraeinstellung erinnern, die irgendwie aus dem Einheitsbrei kopulierender Körper herausgestochen hätte. Immerhin wird der Streifen jedoch mit einem irritierenden Synthesizer-Score begleitet, den ich eher in einem Endzeitfilm erwartet hätte, (und von dem der Vorspann partout nicht verraten mag, wer ihn denn komponiert hat.) Ebenso ließ die allerletzte Szene meine Mundwinkeln zumindest einmal ganz kurz zucken, als Gabriel nach langem Saugen endlich Ajita als Siegerin des freundschaftlichen Wettkampfs erklärt, und zu einem wahrlich bizarren Monolog ausholt, in dem er jedwede Länder-, Rassen-, Geschlechtergrenzen als nichtig bezeichnet, und ein neues Zeitalter der gelebten Utopien, der Gleichheit aller Menschen, der freien, ungezwungenen Liebe herbei imaginiert – irgendwie so, als ob man Charlie Chaplins berühmten pazifistischen Monolog aus THE GREAT DICTATOR durch den lendenorientierten Fleischwolf gedreht hätte.

Aber, puh, was soll ich denn einen Film dafür loben, dass er in siebzig Minuten Laufzeit exakt eine halbe Sekunde Amüsement für mich bereitstellt, und ansonsten nur unästhetisch Einblicke in verschränkte Sexualorgane liefert, Pfützen von Sperma und malerische Bilder, die auch Tante Waldtraud vom letzten Ägäis-Trip mitgebracht haben könnte. Wenigstens bin ich meinem Ziel, in der Hoffnung auf verborgene Juwelen mir wirklich JEDEN Film anzusehen, der mit Renato Polselli in Verbindung gebracht wird, ein kleines Stückchen näher gerückt…
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Reinifilm
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Re: Bocca bianca, bocca nera - Arduino Sacco, Renato Polselli (1986)

Beitrag von Reinifilm »

Salvatore Baccaro hat geschrieben: So 7. Mär 2021, 08:59 Abt. Dem Reini sei Dank!
:verbeug:
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