Regisseur: Julio Buchs
Kamera: Francisco Sempere, Francisco Sánchez
Musik: Antonio Pérez Olea
Drehbuch: Julio Buchs, José Luis Martínez Mollá, Bautista Lacasa Nebot
Es mutet weniger abenteuerlich als viel eher ärgerlich, welch liebloser, einer schlechten Recherche geschuldeter Unfug in der freien Enzyklopädie namens Wikipedia verbreitet wird. Der Film siedelt sich nicht, wie dort propagiert, im Jahre 1866 an, sondern, wie eingangs erwähnt, 1885, was der Vorspann der bundesrepublikanischen VHS von Tyrus Video, die den Film gar in zwei Covervarianten veröffentlichten, auch unübersehbar vermittelt. Ich poche so vehement auf die Zeitangabe, da der Film den Aufstand der Métis unter der Führung von Louis Riel thematisiert und dieser ist nun mal mit offenkundigen und nicht frei nach Schnauze variierbaren Daten innert der nordamerikanischen Historie verwurzelt.
Wer es nicht wissen sollte: Als Métis firmieren die Abkömmlinge der französischen wie schottischen Pelzjäger, die in den Gefilden längs des Saskatchewan-River indianischen Mädels schöne Augen machten, sie zur Frau nahmen und vor oder nach der Eheschließung schwängerten. Ihre Sprösslinge, die Métis, standen im stetigen Konflikt mit der kanadischen Regierung, welche ihre Probleme ignorierte, was 1885 zu der angesprochenen Rebellion, an der sich auch die Indianer beteiligten, führte. Nach einer siegreichen Schlacht dieser Allianz mobilisierte die Regierung jedoch ein derart großes Regiment, sodass die Aufständischen keine weiteren Erfolgschancen besaßen und vernichtend geschlagen wurden. Ihn Führer, Louis Riel, kam in Gefangenschaft und wurde hiernach zum Tod durch den Strang verurteilte. Der Ursprung dieser Geschichte wurzelt im „French and Indian War“, der 1763 endete. Mit dem anschließenden Friedensvertrag erhielt England die Macht über Kanada, und Amerika wurde vom Atlantik bis hin zum Mississippi britisch.
Julio Buchs war ein sehr guter Regisseur, der dem Unangenehmen nicht auswich und mit „Um sie war Hauch des Todes“ einen, um Epidemie und Verrohung kreisenden, großartigen Western kreierte. „Mountains“ mag zwar dieser Güteklasse nicht gerecht werden, präsentiert sich allerdings trotzdem als ein überaus interessanter Genrevertreter, der sich im oberen Drittel der europäischen Westernproduktionen etablieren kann. Neben Buchs Auseinandersetzung mit der „Riel Rebellion“ wurde der Stoff, sofern mir meine Bücher keinen Streich spielen, einzig von Cecil B. DeMille in seinem 1940 fertig gestellten Vehikel „Die scharlachroten Reiter“ thematisiert.
„Ich weiß nicht mehr, zu welchem Volk ich gehöre.“ (Peter Lembrock)
Die zentrale Film- und Identifikationsfigur, Peter Lembrock, wird von einem routiniert auftretenden Hugo Blanco, der uns in mach starkem Italo-Western begegnet(e), verkörpert. Der gebürtige Argentinier gibt jenes rachedurstige Halbblut, das inmitten der verhärteten Fronten, die Rotröcke auf der einen, die Indianer und Métis auf der anderen Seite, gerät. Zudem regiert ein aus einer Freundschaft heraus wachsender Männerkonflikt zwischen ihm (Peter) und Lex, einem Korporal im Dienste der Rotröcke. Der Grund ist freilich eine Frau, Helen, die angehende Ehefrau des Korporals.
„Mountains“ ist eine der Koproduktionen der Länder Spanien und Italien, die wenig mit den italienischen Westernvehikeln aus der Blütezeit des Genres gemein hat. Der Film lässt allerdings mit den frühen Genreproduktionen, die sich noch deutlich am US-Westernkino orientieren, assoziieren. Ergo agiert Peter Lembrock auch nicht wie der typische stiefelländische Antiheld, der auf finanzielle Bereicherung erpicht ist. Was die beiden Heldentypen allerdings eint, ist deren Wortkargheit sowie ihr eindeutig definiertes Ziel.
Bei der Produktion haben sich die Verantwortlichen nicht lumpen und Buchs eine finale Schlacht inszenieren lassen, die ein großes Aufgebot an Indianern sowie englischen und schottischen Truppen, die allesamt in bestens geschneiderte, dem historischen Rahmen entsprechende, Kostüme gehüllt sind, inkludiert. Die Kampfszenen sind gut choreographiert und lassen anbei ein gewisses Maß an Brutalität zu, um die Sterbeszenen zu intensivieren. Simultan werden der Gewaltverherrlichung sowie der möglichen Glorifizierung der Gewalt keine Spielräume zugestanden - von Selbstzweck keinerlei Spur! Mir fällt im Zuge derartiger Konstellationen stets ein, von dem Filmcharakter, Paul Bäumer, innert Lewis Milestones „Im Westen nichts Neues“ getätigtes Zitat ein, welches die Sinnlosigkeit des Kriegs treffend reflektiert: „Sterben tut niemand gern, ob an der Front oder zuhause. Millionen fallen auf beiden Seiten und was nutzt das alles schon?“
Folglich verlassen selbst die Überlebenden der siegreichen Rotröcke als Verlierer das Schlachtfeld. Im Gegensatz zum Antihelden der italienischen Schießopern, der sich kurz vor Beginn der Abspanncredits auf sein Pferd schwingt, um einem neuen Kampf entgegen zu reiten und für einen über das Filmende hinaus währenden Bewegungsfluss sorgt, schreitet Peter Lembrock mit gesenktem Kopf langsam an den zahlreichen Leichen vorbei, bis das Bild einfriert und der Film respektive sein Sujet dort enden, wo man es in letzter Konsequenz von ihnen erwartet: Im Stillstand.
Fazit: „Mountains“ bleibt (mir) als ein an der Historie orientierter, gut inszenierter, düsterer, intelligenter sowie durch die Bank gut besetzter Western in Erinnerung, der fortwährend zu unterhalten und zu fesseln weiß. Leider kann dieses Kleinod nur einen geringen Bekanntheitsgrad registrieren, sodass ich hier tatsächlich von einem Geheimtipp sprechen darf.