Katzenbabys - Die Welt der Katzen (o.J.)
Moderator: jogiwan
- Salvatore Baccaro
- Beiträge: 3072
- Registriert: Fr 24. Sep 2010, 20:10
Katzenbabys - Die Welt der Katzen (o.J.)
Originaltitel: Katzenbabys - Die Welt der Katzen
Produktionsland: Deutschland o.J.
Regie: N.N.
Cast: Katzen & Kätzchen in der Waschküche des Tierheims Darmstadt
Dieses Weihnachten erwischte mich die Erkältung meines Lebens. Tagelang hüte ich das Bett, umkränzt von einer wachsenden Wiese zerknüllter Taschentuchtulpen, die Glieder schmerzend, der Rachen ein Reibeisen, die Phasen fiebrigen Träumens einzig unterbrochen von kurzen luziden Monumentalfilmmomenten wie beispielweise Riccardo Fredas hochinteressantem SPARTACO von 1952, der in beinahe schon neorealistischem Chiaroscuro die ultimativ hoffnungslose Geschichte einer scheiternden Revolution erzählt, oder Pietro Franciscis L’ASSEDIO DI SIRACUSA von 1960, bei dem es sich im Grunde um ein Herzschmerzmelodram im Gewand eines Peplum handelt, bei dem sämtliche historische Konflikte – in diesem Fall: Der Zweite Punische Krieg – auf persönliche Ebenen herabgezogen werden, und den man am besten vielleicht als Douglas Sirk in Sandalen beschreiben könnte.
Zwischendurch muss es für den gebeutelten Cineasten aber noch etwas putziger zugehen, und womit stärkt man die Immunkräfte besser als mit kleinen süßen Katzenbabys? Genau so, nämlich KATZENBABYS, heißt die DVD, die ich vor ein paar Wochen in einem An-/Verkauf-Laden für circa 50 Cent erworben hatte. Das Cover zeigt dementsprechend eine überdimensionale Katze, unter der sich weitere fünf verschiedenfarbige Miezchen aufreihen: Soll das etwa das Muttertier mit seinen Jungen sein? Der Klappentext des gerade einmal 50 Minuten langen Films liest sich wiederum wie folgt: „Diese DVD zeigt die spannende und abenteuerliche Welt der Katzenbabys – eine unterhaltsame und informative Dokumentation für alle Katzenfreunde.“ Ernsthaft, was kann hier schon schiefgehen?
Zumindest für diejenigen, die den Film auf amazon.de rezensiert haben, augenscheinlich eine ganze Menge. „Totale Enttäuschung“ beispielweise ist eine Kritik vom Januar 2014 überschrieben, deren Autorin Babsi L. ihrem Unmut wie folgt freien Lauf lässt: „Einige wenige Informationen werden gegeben, allerdings werden keine passenden Bilder zur Information gezeigt. Der Drehort ist ein Tierheim, wo immer wieder dieselben Kätzchen gefilmt werden. Wenn man einen Film möchte, wo man 45 Min. den Kätzchen beim Spielen zuschauen kann, ist dieser perfekt. Anschließend kommt noch "Werbung" von Hunden - welche mind ein Drittel des Films am Schluss beansprucht. Bin leider sehr enttäuscht und kann diesen Film niemanden empfehlen. Habe ihn letztendlich weggeschmissen.“ Ähnlich resigniert zeigt sich GuteS im April 2017: „Katzenbabys, die kaum laufen können und das ewig lang und nur mit klassischer Musik...und dann langweilige Aufnahmen von erwachsenen Katzen, wo sich gar nichts tut.... Gähn - das geht definitv besser!“ Besonders die anscheinend deplatzierten Szenen der Katzeneltern sind ein wiederkehrender Stein des Anstoßes, wie auch die paar Zeilen beweisen, die DasTierRevier der DVD schon im Dezember 2007 spendiert hat: „Dem Titel der DVD widersprechend wurden hier nicht nur Katzenbabys, sondern auch ausgewachsene Katzen in verschiedenen Situationen abgefilmt. Dass der Real-Ton fehlt, ist enttäuschend - das süße Mauzen wünscht man sich doch hinzu.“ Ach, denke ich mir, auf das Maunzen kann man doch gut und gerne verzichten, wenn man selbst aufgrund einer verstopften Nase bei jedem Atemzug klingt wie ein krächzender Kater, und überhaupt stelle ich mir nach diesen Erfahrungsberichten KATZENBABYS als eine Art edukative Variante des wundersüßen Experimentalfilms THE PRIVATE LIFE OF A CAT vor, in dem Alexander Hammid und Maya Deren Mitte der 40er dokumentiert haben, wie ein Katzenpärchen in ihrer New Yorker Wohnung einen Wurf Junge zur Welt bringt und diese sodann Stück für Stück zur Eigenständigkeit erzieht.
Eine erste Irritation hält KATZENBABYS bereits im DVD-Menü bereit: Im Hintergrund ist eine vergilbte Landkarte zu sehen, die ziemlich stark an diejenigen erinnert, auf denen in Piratenfilmen üblicherweise vergrabene Schätze vermerkt sind. Diese Assoziation stützen diverse auf dieser Karte befindliche Artefakte wie ein Kompass und ein Fernglas. In der Mitte des Bildes sind vier Bambusrohre zu einem Quadrat zusammengelegt, aus dem heraus uns eine erwachsene Katze etwas schläfrig entgegenblickt, darunter kann man den Filmtitel lesen, der vollständig offenbar KATZENBABYS – DIE WELT DER KATZEN lautet. Was denn nun diese Seeräuberästhetik mit den possierlichen Miezen zu tun hat? Keine Ahnung. Ich vermute ja stark, dass man sich einfach bei irgendeinem beliebigen Stock-Design bedient hat, um das Menü halbwegs ansprechend zu gestalten. So viel sei nämlich verraten: Der nachfolgende Film wird sich ausnahmslos in einem Raum des Tierheims Darmstadt abspielen; davon, dass die Kätzchen unter Schwarzer Flagge die sieben Weltmeere besegeln werden, kann keine Rede sein.
Interessanterweise hört der Film im darauffolgenden Vorspann plötzlich auf den Titel DIE WELT DER KATZEN – KATZENBABYS, und suggeriert, Teil einer Serie zu sein, die die unterschiedlichsten Aspekte des Katzenseins beleuchtet. Zu unangenehm fröhlichem und fanfarenlastigem 80er Synth Pop werden wir mit unseren Protagonisten vertraut gemacht: Einem Katzenpaar sowie deren Handvoll Nachkommen, die wir zunächst einmal knapp zwei Minuten lang dabei anhimmeln dürfen, wie sie in einer Art Badezimmer oder Waschküche auf Decken herumliegen, miteinander herumtollen oder genussvoll ihre Futternäpfe leeren, wobei sanfte Zooms auf die Gesichter der Erwachsenenkatzen dominieren, deren Augen immer wieder die vierte Wand durchbrechend direkt ins Objektiv starren. Endlich schaltet sich die Stimme eines jede Silbe über Gebühr klar und deutlich artikulierenden Sprechers ein, und die Dokumentaraufnahmen weichen einer simplen Grafik, die im Hintergrund ein Kätzchen zeigt, das anscheinend gerade dabei ist, ein Goldfischglas zu inspizieren, (aka: mit der Pfote in das Goldfischglas hineinzutunken und den Insasse zu molestieren), wobei die diversen Punkte, die unser Moderator anspricht, flipchartmäßig nach und nach über dieses Bild gelegt werden: „Willkommen in der Welt der Katzen! In diesem Film dreht sich alles um die Katzenbabys. In unserem ersten Kapitel gibt es viele Informationen rund um die kleinen Welpen. Dann stellen wir die unterschiedlich ausgeprägten Sinne der Katzen vor. In dem Kapitel „Das Verhalten“ geht es um die Kommunikation der Katzen und das besondere Sozialverhalten dieser Tiere. Natürlich gibt es auch viele Informationen zur richtigen und artgerechten Katzenhaltung. Und der abschließende Katzenclip lässt uns beim Toben und Spielen der kleinen Katzenkinder zusehen.“ Wow, dieser Film ist tatsächlich einleuchtender strukturiert als manche Hausarbeit, die ich schon korrigieren musste!
Im weiteren Verlauf hält sich KATZENBABYS strikt an die anfänglich vorgestellte Gliederung: Zu wechselnder Archivmusik – mal liebliche Pianoklänge; mal 90s Hip-Hop-Beats mit Funk-Einschlag – sehen wir ununterbrochen zu, wie die Kätzchen spielen, schlafen, schmausen, ihre Kratzbäume besteigen, sich von ihren Eltern wegen ihres Übermuts maßregeln lassen müssen, wozu der Sprecher einen Hard Fact nach dem andern raushaut: Dass die neugeborenen Miezen 90 Prozent eines Tages mit Schlummern zubringen würden, beispielweise, und dass sie sich erst mit der Zeit dem Schlafverhalten ihrer Eltern angleichen, die „nur“ 16 Stunden pro Tag in Morpheus Armen liegen; wie lange Katzen schon vom Menschen als Haustiere gehalten werden, und dass sie ursprünglich als Antidot gegen lästige Mäuse an Haus und Hof geholt worden seien, heutzutage aber einzig aufgrund ihrer unbestreitbaren Niedlichkeit in der menschlichen Welt angesiedelt werden; wie stark oder schwach ausgeprägt ihre einzelnen Sinnesorgane wie Gehör, Sehkraft usw. sind, einmal im Vergleich zum Menschen und dann noch im Vergleich zu Hunden. All diese letztlich doch recht oberflächliche Informationen werden vollkommen nüchtern dargeboten, und wirken zuweilen genauso random wie die immer wieder eingestreuten Stock-Photos, mit denen KATZENBABYS die Aussagen des Sprechers illustriert: Einmal heißt es zum Beispiel, dass Katzen in der Stadt oder auf dem Land unterschiedlichen Gefahren ausgesetzt seien – hier dem Straßenverkehr; dort animalischen Fressfeinden –, wozu der Film das Photo eines wahllosen Dörfchens und einer wahllosen Küstenstadt einspielt. Kurz darauf werden wir gewarnt, dass Katzen unter keinen Umständen Zwiebeln, Essig oder Schokolade zu sich nehmen sollten - und der Film montiert stumpf das Photo einer Zwiebel, einer Essigpulle und einer Tafel Schokolade aneinander! Überhaupt schießt das Kapitel, das sich mit Gefahren für die Katz auseinandersetzt, gewissermaßen den Vogel ab: Erst zählt der Sprecher auf, was alles das Potential besitzt, einer Samtpfote zu schaden, darunter Ohrmilben, aggressive Hunde, die die Miezen aus Spaß jagen, oder Krankheiten wie Katzenleukose, nur um diese rein positivistische Taxonomie in dem Tipp kulminieren zu lassen, man solle sich doch am besten in einer Fachhandlung mit einem guten Handbuch zur Katzenhaltung versorgen, um mehr über diese Themen zu erfahren. Dabei dachte ich bis hierhin doch, dass die DVD KATZENBABYS genau ein solches Handbuch wenn nicht ersetzen, so doch zumindest ergänzen soll!
Im letzten Teil, dem sogenannten „Katzenclip“, verstummt der Off-Sprecher dann gänzlich, und (erneut ziemlich willkürlich wirkende) Texteinblendungen erklären uns, dass sich Kätzchen 9 Wochen im Bauch ihrer Mutter aufhalten würden, bevor die Geburtswehen einsetzen; dass es ungleich mehr Hunderassen als Katzenrassen gibt; dass eine Hauskatze im Durchschnitt 14 bis 16 Jahre alt wird. Inzwischen ist mir natürlich längst aufgefallen, dass sich manche Aufnahme mehrmals wiederholt: Dieses Close-Up einer der Elternkatze, wie sie in die Kamera guckt, wurde mindestens dreimal verwendet, und bei vielen Szenen, die die Kätzchen beim Spielen zeigen, beschleicht mich ebenso der Verdacht, dass sie mehrfach recycelt worden sind. Genau hierhin liegt aber möglicherweise der eigenartige Reiz, den KATZENBABYS auf mich ausübt: Niemals enden wollende, sich stellenweise offensichtlich wiederholende Aufnahmen von Katzen, die in einer eher sterilen Tierheimzimmer Katzendinge tun, in Kombination mit belangloser Instrumentalmusik und gefilmt mit einer agilen Cinéma-vérité-Kamera, die immer dicht am Geschehen klebt – puh, ich müsste lügen, würde ich behaupten, dass mich das Zusammenspiel dieser Elemente nicht doch in einen meditativen Sog hineingestoßen hätte, der mich KATZENBABYS auf seltsame Weise unterhaltsam finden ließ, - wenn auch freilich wohl aus ganz anderen Gründen als denen, die die Macher dieser im Grunde selbst für Katzenhalter obsolete DVD im Sinn gehabt haben dürften.
Bei Minute 34 entrollt sich der Abspann – und ich schaue verwundert auf die Zeitleiste: Offiziell dauert KATZENBABYS noch eine satte Viertelstunde! Genau hier setzt nun das in einer der Amazon-Reviews bemängelte Hunde-Footage ein: Obwohl Katzen- und Hundemenschen ja, wie man weiß, grundverschieden sind, hielt man es für eine gute Idee, nach den KATZENBABYS noch einen Werbeblock einzuschalten, der eine DVD namens HUNDEBABYS – DIE WELT DER HUNDE beziehungsweise DIE WELT DER HUNDE - HUNDEBABYS anpreist wie eine Wagenladung warmer Semmel. Wobei Werbeblock eigentlich falsch ist, denn tatsächlich scheint es sich um einen zusammenhängenden fünfzehnminütigen Auszug dieser DVD zu handeln, bei dem wir Einblicke in das Programm erhalten, mit dem eine Hundeschule namens Pepino ihre vierbeinigen Klienten zu umgänglichen Menschenfreunden erzieht, - (wodurch der Film dann freilich doch wieder zur Werbeveranstaltung wird, nur eben für besagte Hundeschule, deren Telefonnummer und Homepageadresse die meiste Zeit prominent im Hintergrund platziert ist) - und wenn HUNDEBABYS in etwa die Laufzeit von KATZENBABYS haben sollte, dann dürfte damit ja schon fast die Hälfte des Films abgedeckt sein, und ich kann mir den Erwerb dieser zweiten DVD getrost sparen, (zumal das, was die Hundetrainerin an Lehrsätzen und Ratschlägen vom Stapel lässt, nichts ist, was einen müden Vierbeiner hinterm Ofen hervorlocken dürfte, ehm.)
Recht abrupt endet der Ausschnitt aus HUNDEBABYS, es folgt eine mehrminütige Schwarzblende, dann sind wir zurück im Menü mit der Schatzkarte, und ich bin um eine kinematographische Grenzerfahrung reicher (und tatsächlich auch ein bisschen gesünder, der Heiligen Bastet sei Dank!)
- buxtebrawler
- Forum Admin
- Beiträge: 40653
- Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
- Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
- Kontaktdaten:
Re: Katzenbabys - Die Welt der Katzen (o.J.)
Endlich mal ordentlich Cat Content hier bei Deliria Dudödeldi - danke, Salvatore!
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!
- Salvatore Baccaro
- Beiträge: 3072
- Registriert: Fr 24. Sep 2010, 20:10
Re: Katzenbabys - Die Welt der Katzen (o.J.)
...maunzte es und besah sich sogleich die Weihnachtsabenteuer des Katers Findus, miau!buxtebrawler hat geschrieben: ↑Mi 28. Dez 2022, 00:30 Endlich mal ordentlich Cat Content hier bei Deliria Dudödeldi - danke, Salvatore!
- buxtebrawler
- Forum Admin
- Beiträge: 40653
- Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
- Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
- Kontaktdaten:
Re: Katzenbabys - Die Welt der Katzen (o.J.)
Salvatore Baccaro hat geschrieben: ↑Mi 28. Dez 2022, 18:41 ...maunzte es und besah sich sogleich die Weihnachtsabenteuer des Katers Findus, miau!
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!
Re: Katzenbabys - Die Welt der Katzen (o.J.)
Treffer... versenkt!Salvatore Baccaro hat geschrieben: ↑Mi 28. Dez 2022, 18:41...maunzte es und besah sich sogleich die Weihnachtsabenteuer des Katers Findus, miau!buxtebrawler hat geschrieben: ↑Mi 28. Dez 2022, 00:30 Endlich mal ordentlich Cat Content hier bei Deliria Dudödeldi - danke, Salvatore!
it´s fun to stay at the YMCA!!!
» Es gibt 1 weitere(n) Treffer aus dem Hardcore-Bereich (Weitere Informationen)
» Es gibt 1 weitere(n) Treffer aus dem Hardcore-Bereich (Weitere Informationen)
- Salvatore Baccaro
- Beiträge: 3072
- Registriert: Fr 24. Sep 2010, 20:10
Re: Katzenbabys - Die Welt der Katzen (o.J.)
jogiwan hat geschrieben: ↑Mi 28. Dez 2022, 18:56Treffer... versenkt!Salvatore Baccaro hat geschrieben: ↑Mi 28. Dez 2022, 18:41...maunzte es und besah sich sogleich die Weihnachtsabenteuer des Katers Findus, miau!buxtebrawler hat geschrieben: ↑Mi 28. Dez 2022, 00:30 Endlich mal ordentlich Cat Content hier bei Deliria Dudödeldi - danke, Salvatore!