Man-Eater - Der Menschenfresser ist zurück - Dario Germani (2022)
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Man-Eater - Der Menschenfresser ist zurück - Dario Germani (2022)
Originaltitel: Anthropophagus II
Herstellungsland: Italien 2022
Regie: Dario Germani
Darsteller: Jessica Pizzi, Monica Carpanese, Giuditta Niccoli, Diletta Maria D'Ascanio, Chiara De Cristofaro, Shaen Barletta, Valentina Capuano, Alessandra Pellegrino, Alberto Buccolini
Deutscher Kinostart: 19.10.2023
Inhalt:
Kann ein Abenteuer zum schlimmsten Albtraum aller Zeiten werden? Einige Universitätsstudenten lassen sich von ihrem Lehrer überreden, ein Abenteuer in einem Anti-Atom-Bunker zu erleben, um nützliche Informationen für ihre Abschlussarbeiten zu erhalten. Die Temperamente und Unterschiede, die sich aus der heterogenen sozialen Herkunft der Mädchen ergeben, sorgen für ein interessantes, aber gleichzeitig auch kompliziertes Wochenende. Ein finsterer Hausmeister begleitet sie ins Herz des Bunkers, der als einer der sichersten Orte der Welt gilt und aus dem sie vierundzwanzig Stunden lang nicht herauskommen können. Inmitten von Staunen und Unruhe campen die Frauen in einem stinkenden, improvisierten Schlafsaal. Doch in der Nacht verschwinden zwei von ihnen. Nora, die Lehrerin, koordiniert die Forschung, die die Gruppe bald in einen tödlichen Strudel ziehen wird, der durch den Wahnsinn eines wilden Anthropophagen entsteht.
Bisherige Meinung zu dem ganzen:
Abwarten und Tee trinken. Bisher ist mir der Name Dario Germani noch nirgends bzw. nicht untergekommen, weil es noch keinen Grund dazu gab, die Reviews in der IMDB lesen sich durchschnittlich und erinnern mich etwas an den Fluch der reitenden leichen von Raffaele Picchio, der zwar auch mitunter durchschnittlich bewertet worden ist, aber anhand des Alters und der Vorgänger nicht miteinander zu vergleichen sind, aber dennoch sehenswert war. Ich bin schon sehr gespannt auf den Film, weil er a) italienischer Abstammung ist und b) ein ´Remake´ eines meiner favorisierten Filme ist, der bei den Prüfern in 80ern für Furore gesorgt hat.
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- Il Grande Racket
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Re: Man-Eater-Anthropophagus 2 - Dario Germani (2022)
Uff, also ich fand schon DER FLUCH DER REITENDEN LEICHEN eher unterirdisch (aber auch besser als EROTIC NIGHTS OF THE BLIND DEAD), ähnlich wie VIOLENT SHIT - THE MOVIE. Allerdings kann er nur besser werden als ANTHROPOPHAGUS 2000 vom Schnaas.
- Dick Cockboner
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Re: Man-Eater-Anthropophagus 2 - Dario Germani (2022)
Äääähm, also diese Art des Namedroppings lässt ja nur folgende Schlüsse zu: Entweder die Macher sehen sich tatsächlich in einer Traditionslinie zum
Vorbild, wissen was sie tun & hauen uns einen richtigen Knaller vor den Latz.
Oder: Gaaanz viel heiße Luft, schlecht plagiiert, billig abgedreht & einfach nicht besonders gut. Zweiteres wäre dann ja tatsächlich eine echt Hommage an olle D'Amato!
Vorbild, wissen was sie tun & hauen uns einen richtigen Knaller vor den Latz.
Oder: Gaaanz viel heiße Luft, schlecht plagiiert, billig abgedreht & einfach nicht besonders gut. Zweiteres wäre dann ja tatsächlich eine echt Hommage an olle D'Amato!
- buxtebrawler
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Re: Man-Eater-Anthropophagus 2 - Dario Germani (2022)
Läuft heute hierzulande in den Kinos an.
Habe den Thread-Titel entsprechend angepasst.
Zum Trailer:
https://www.filmstarts.de/kritiken/3108 ... 91100.html
Eine Gruppe von Studentinnen begibt sich auf das Abenteuer, in einem Anti-Atom-Bunker eine Nacht zu verbringen und nützliche Informationen für ihre Diplomarbeit zu sammeln. Doch schon bald verschwinden zwei der Mädchen und die Gruppe muss feststellen, dass sie in den schlimmsten Albtraum ihres Lebens geraten sind. Der unheimliche Hausmeister des Bunkers begleitet sie auf ihrer Reise, doch als sie in einem improvisierten Schlafraum übernachten, geschehen merkwürdige Dinge. Eine grausame Person scheint sie zu verfolgen und will sie entstellen und verschlingen. Nora (Monica Carpanese), die Lehrerin, versucht verzweifelt, die Gruppe zusammenzuhalten und die Wahrheit hinter den schrecklichen Ereignissen herauszufinden. Werden sie den Bunker jemals wieder verlassen oder wird ihr Abenteuer zum tödlichen Albtraum?
Quelle: https://www.filmstarts.de/kritiken/310836.html
Habe den Thread-Titel entsprechend angepasst.
Zum Trailer:
https://www.filmstarts.de/kritiken/3108 ... 91100.html
Eine Gruppe von Studentinnen begibt sich auf das Abenteuer, in einem Anti-Atom-Bunker eine Nacht zu verbringen und nützliche Informationen für ihre Diplomarbeit zu sammeln. Doch schon bald verschwinden zwei der Mädchen und die Gruppe muss feststellen, dass sie in den schlimmsten Albtraum ihres Lebens geraten sind. Der unheimliche Hausmeister des Bunkers begleitet sie auf ihrer Reise, doch als sie in einem improvisierten Schlafraum übernachten, geschehen merkwürdige Dinge. Eine grausame Person scheint sie zu verfolgen und will sie entstellen und verschlingen. Nora (Monica Carpanese), die Lehrerin, versucht verzweifelt, die Gruppe zusammenzuhalten und die Wahrheit hinter den schrecklichen Ereignissen herauszufinden. Werden sie den Bunker jemals wieder verlassen oder wird ihr Abenteuer zum tödlichen Albtraum?
Quelle: https://www.filmstarts.de/kritiken/310836.html
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!
- Dick Cockboner
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Re: Man-Eater-Anthropophagus 2 - Dario Germani (2022)
Oha, bester Trailer der Welt!buxtebrawler hat geschrieben: ↑Do 19. Okt 2023, 17:25 Zum Trailer:
https://www.filmstarts.de/kritiken/3108 ... 91100.html
Ich muß diesen Film unbedingt sehen!
Re: Man-Eater - Der Menschenfresser ist zurück - Dario Germani (2022)
oha... der Trailer sieht ja vielversprechend aus.... nicht!
it´s fun to stay at the YMCA!!!
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- Salvatore Baccaro
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Re: Man-Eater - Der Menschenfresser ist zurück - Dario Germani (2022)
Dieses Jahr findet die Bescherung für mich bereits ein paar Tage vor dem Heiligen Abend statt: Im Kommunalkino meiner ehemaligen Studienstadt wird tatsächlich an zwei Abend jener Film gezeigt, auf den nicht nur ich, sondern die gesamte Welt seit Dekaden wartet. Endlich hat es jemand gewagt, Joe D’Amatos ANTROPOPHAGUS von 1980 ein längst überfälliges Sequel zu stiften! Zwar hatte ja D’Amato selbst seiner faszinierenden Mixtur aus Mittelmeerurlaubsvideo, wüster Gewaltorgie und melancholisch-wehmütigem Melodrama flugs mit ROSSO SANGUE einen Film nachgeschoben, der zuweilen als zweiter Teil der Menschenfressorgie gehandelt wird, mit dem Originalstreich indes jenseits vom Mitwirken George Eastmans in der Antagonistenrolle nicht wirklich viel gemein hatte. Nun aber macht Nachwuchsregisseur Dario Germani endlich Nägel mit Köpfen, und will uns wissenlassen, wie denn die wundersame Geschichte rund um den eigenwilligen kulinarischen Gelüsten frönenden Nikos Karamanlis weitergeht – zumindest suggeriert das das Filmplakat, das ich im Foyer besagten Kinos mit strahlenden Augen anstarre: „Der Menschenfresser ist zurück!“ wird dort vollmundig angekündigt, außerdem darauf hingewiesen, dass es sich beim zugehörigen Werk um „die Fortsetzung des 36 Jahre lang beschlagnahmten Splatter-Kultfilms“ handeln würde, und anheimelnd ist nicht zuletzt die Warnung „Strengstes Jugendverbot!“ sowie folgender Lobgesang, den wohl irgendwer im Rahmen des Brüsseler International Fantastic Film Festival getätigt hat: „Puts HOSTEL to shame!“ Kurzum: Mich beschleicht das Gefühl, hinter der Schwelle zum Vorführsaal, den außer mir und meinen beiden Begleitern lediglich eine Horde biertrinkender Metaller betritt, dürfte einer der besten Film meines Lebens lauern…
Tatsächlich vollführt Germanis ANTROPOPHAGUS II im Laufe seiner knapp 90minütigen Laufzeit mehr Kunststücke als ein Stall voll dressierter Zirkusponys, von denen ich die beeindruckendsten im Folgenden, noch ganz euphorisiert, kurz auflisten möchte:
1. Es ist zunächst ein wahres Kunststück, wie weit der selbsterklärte Anspruch, in Nachfolge zu einem Klassiker des italienischen Horrorkinos zu stehen, und die Realität, mit der man schließlich auf der Leinwand konfrontiert wird, auseinanderklaffen. Mit D’Amatos ANTROPOPHAGUS nämlich hat Germanis Film rein gar nichts zu tun. Sicher, auch in ANTROPOPHAGUS II begibt sich ein hungriger Kannibale in denkbar graphischster Weise auf Menschenjagd – im Grunde endet hier aber schon die Schnittmenge beider Filme. Auf dem Heimweg nach Filmende habe ich mir folgendes Szenario ausgemalt, wie vorliegendes Werk zu seinem irreführenden Titel kam: Germani konnte einen unweit Roms liegenden Atomschutzbunker aus dem Zweiten Weltkrieg als zugegebenermaßen stimmungsvollen Drehort akquirieren; im Anschluss verwendete man viel Zeit und Energie darauf, möglichst viele und möglichst wüste Splatterszenen in den Kasten zu bringen; zu guter Letzt fiel dann aber doch auf, dass man vielleicht besser, und wenn auch bloß zum Alibi, eine hauchdünne Story als Lötmaterial bräuchte, um besagtes Gekröse irgendwie mehr oder weniger sinnvoll zu bündeln – und dann kommt Germani spontan die Idee, seinen Film, der ansonsten sicher wesentlich unbeachteter geblieben wäre, einfach an einen berühmt-berüchtigten Schocker anzudocken, sprich, ihn frech ANTROPOPHAGUS II zu taufen – vielleicht hat er D’Amatos Meisterwerk zufällig kurz vorher gesehen oder er hat die Augen zugekniffen und blind mit dem Finger auf sein DVD-Regal getippt, um den Zufall entscheiden zu lassen. Gerade mal zwei Dinge prädestinieren Germanis ANTROPOPHAGUS dafür, sich in eine Linie mit D’Amatos Original zu stellen – und selbst dann nur mit viel gutem Willen: Zum einen, dass eine der Hauptrollen von Monica Carapenese verkörpert wird, die tatsächlich einmal vor D’Amatos Kamera stand, (wenn auch natürlich nicht im Original-MAN-EATER, sondern im lüsternen Spätwerk IL LABIRINTO DEI SENSI von 1991 ansonsten hat die Mimin übrigens zeitgleich noch dreimal mit Bruno Mattei gedreht); zum andern, dass eine der kontroversesten Szenen des Originals, nämlich die, in der ein gehäutetes Kaninchen als Substitut für einen gewaltsam aus dem Mutterleib gerissenen und sodann vom Titelhelden verspeist werdenden Säugling herhalten muss, direkt zitiert wird, (und zwar, als wolle man sein Referenzpulver so schnell wie möglich verschießen, gleich in den allerersten Filmminuten: Fans zufriedengestellt und Haken dran!) Im Klartext: Selbst Andreas Schnaas‘ fremdschaminduzierende Hommage ANTROPOPHAGUS 2000 siedelt dichter bei D’Amato als vorliegendes Machwerk, das durch die Bank weg den Anschein eines modernen Torture-Porn-Verschnitts erweckt, dessen Zielgruppe tatsächlich, wie das Filmplakat suggeriert, eher Connaisseure von Schlachtplatten à la HOSTEL sein dürften statt Liebhaber feinster Video-Nasties der frühen 80er.
2. Ein weiteres Kunststück ist die Fülle an erheblichen Logiklöchern und narrativen Ellipsen, die das Drehbuch schafft, in seiner nun wahrlich unterkomplexen Handlung unterzubringen. Verfasst wurde dieses von einem gewissen Lorenzo de Luca, den man wohl durchaus als Veteran der Italo-Genre-Szene bezeichnen kann, hat er doch Mitte der 90er die Plots sowohl für Enzo G. Castellaris Western JONATHAN DEGLI ORSI wie auch für Bruno Matteis Giallo OCCHI SENZA VOLTO ersonnen, (in letzterem, und hier schließt sich der Kreis, spielt übrigens auch Monica Carapense mit). Die Story von ANTROPOPHAGUS II passt wiederum auf die Oberfläche eines Champignons: Eine Gruppe Studentinnen sollen zusammen mit ihrer Dozentin ein Wochenende in dem erwähnten Bunkerkomplex verbringen. Zu welchem Zweck, wird niemals richtig klar: Einmal ist beiläufig davon die Rede, dass die insgesamt sieben jungen Frauen sich auf dieses Abenteuer nur einlassen, weil sie eine universitäre Prüfung nicht versemmeln wollen, mehr gibt es nicht an Hintergrundinformationen dazu, was unsere Heldinnen sich von ein paar Tagen mutterseelenallein unter der Erdoberfläche erhoffen. Wir erfahren weder, welches Fach unsere Heldinnen überhaupt studieren, (aus einer weiteren beiläufigen Bemerkung kann man höchstens mutmaßen, dass wir es mit angehenden Historikerinnen zu tun haben), noch, was sie denn überhaupt mehrere Tage mit ihrer Lehrerin hinter Bunkermauern tun wollen, außer herumzusitzen und sich zu langweilen. Weshalb die Dozentin vor Betreten des Bunkers sämtliche Handys einsammelt, damit ja keine der Studentinnen auf die Idee kommt, Kontakt zur Außenwelt aufzunehmen, und es, wie sie explizit betont, als integral für das Projekt erachtet, dass ihre Schützlinge niemanden aus Familien- und Freundeskreis davon erzählen, wo genau sie das Wochenende über hinfahren, ist letztlich nur dadurch zu erklären, dass unsere Heldinnen dem Menschenfresser so hilf- und schutzlos wie möglich ausgeliefert sind, einen Grund, der innerhalb der Diegese plausibel wäre, gibt es augenscheinlich nicht. Ich hätte ja erwartet, dass dieses sagen wir, befremdliche Verhalten der Dozentin im Verlauf des Films, vielleicht sogar im Rahmen eines Plot Twists, gelüftet werden würde, (zum Beispiel, indem offenbar wird, dass die Dame mit dem Menschenfresser unter einer Decke steckt), das geschieht jedoch natürlich niemals: Sobald unsere achtköpfige Damentruppe im Innern des Bunkers angelangt ist – hereingebeten im Übrigen von einem wortkargen und wenig vertrauenswürdigen Typ, dem die Dozentin, da die Teile der Bunkeranlage, wo man sich bis Montag einsperren lassen will, für Publikumsverkehr gesperrt sind, offenkundig Bestechungsgeld zahlt, damit er sich über seine Vorschriften hinwegsetzt -, wird die Prämisse, WESHALB sie sich überhaupt an diesen unwirtlichen Ort verirrt haben, komplett beiseitegeschoben, und stattdessen das Gemetzel per Abzählreim begonnen. Eine Studentin nach der andern schnappt sich das im Bunker hausende Leckermaul, das äußerlich keinerlei Ähnlichkeiten zu George Eastmans Nikos aufweist, und stattdessen problemlos in einem Beitrag der WRONG-TURN-Serie hätte brillieren können, verfrachtet seine Beute zuerst in die hauseigene Privatschlachterei und dann, zumindest partiell, da insgesamt sieben ausgewachsene Frauen doch etwas zu viel selbst für den Hungrigsten sind, in seinen Magen. Nachdem der Film sich über weite Laufzeitstrecken darauf ausgeruht hat, lediglich eine phantasielose Kombination aus Flucht-/Verfolgungs-/Panikszenen und ausgiebigen Schlemmereien zu offerieren, versucht er sich im Finale plötzlich doch damit, so etwas wie eine Backstory zur Titelfigur zu liefern. Über diese habe ich mir mit meinen beiden Begleitern nach der Vorstellung noch lange den Kopf zerbrochen, nur um zum Schluss zu kommen, dass sie tatsächlich nicht mal innerhalb der internen Logik des Films Sinn ergibt. Ich werde nun nicht detailliert ausführen, welche Haken der Plot in seinen letzten Minuten schlägt, nur meinen Eindruck schildern, dass möglicherweise die letzten Seiten des Drehbuchs kurz vor der Finalklappe verlorengegangen sind, oder bei der Montage essentielle Szenen zum Verständnis des Ganzen versehentlich unter den Schneidetisch purzelten, denn in der Form, in der ich ANTROPOPHAGUS II zu Gesicht bekam, bleibt nach dem Abspann ein Fragezeichen so groß wie der Appetit des Bunkerkannibalen im Raum stehen – und das ist, wie gesagt, bei einem Film, der im Grunde nichts Nennenswertes erzählt, eine durchaus spektakuläre Leistung.
3. Ein drittes Kunststück ist die absolut fade, uninspirierte, generische Inszenierung, die teilweise an Arbeitsverweigerung sämtlicher Beteiligten grenzt. Da hat man mit dem Monte-Soratte-Bunker schon eine labyrinthisch-klaustrophobische Kulisse, die genügend Potential birgt, atmosphärische Bilder wie von selbst zu generieren – und Germani lässt sie weitgehend ungenutzt liegen, beschränkt sich darauf, seine Protagonistinnen entweder aufgescheucht in den fast lichtlosen Gängen umherirren zu lassen oder aber seinen Antagonisten zu zeigen, wie er in seiner Kammer, die auch ein x-beliebiger Kellerraum hätte sein können, seiner eigensinnigen Kulinarik frönt. Von Charakterzeichnung kann bei den eindimensionalen Figuren, die der Film versammelt, keine Rede sein, es fällt gar schwer, die einzelnen Frauen überhaupt voneinander zu unterscheiden, da nur die wenigsten von ihnen über irgendein habituelles Alleinstellungsmerkmal verfügen: Wer zuerst vom Antropophagen verspachtelt wird, wer als Final Girl den Abspann erreicht, bleibt von sekundärem Interesse, da zumindest ich mich mit keiner der Damen in irgendeiner Weise identifiziert konnte. Begünstigt wird das auch nicht gerade dadurch, dass es sich bei Germanis Heldinnen nicht wirklich um Sympathieträgerinnen handelt. Die Dialoge bestehen zum Großteil aus Zickereien, Beleidigungen, Gefrotzel unterhalb der Gürtellinie; zwischendurch greifen sich die Kommilitoninnen schon mal gegenseitig tätlich an, sodass der Eindruck entsteht, es bräuchte gar keinen Menschenfresser, um die Gemeinschaft Stück für Stück dezimieren, da sie mit ihrem dämlichen Verhalten, (indem man sich beispielsweise konsequent in immer kleinere Grüppchen aufteilt, wie um es gezielt darauf anzulegen, dem Unhold den Beutefang so einfach wie möglich zu machen), oder ihren mangelnden Impulskontrollen, (indem sie es fertigbringen, bei einem Handgemenge einer von ihnen eine Eisenstange ins Bein zu rammen, und sie damit lebensgefährlich zu verletzen), über kurz oder lang die eigene Auslöschung schon ganz gut selbst fertigbringen. Gerne würde ich ja glauben, dass ANTROPOPHAGUS II all die geballten Horrorklischees inklusive Jump Scares am laufenden Band rein ironisch verwendet, um auf einer Meta-Ebene so etwas wie eine großflächige Genre-Dekonstruktion durchzuführen, nur leider gibt es dafür nicht die geringsten Anhaltspunkte, zumal der Tonfall des Films stets ein betont ernster ist, es nicht einen einzigen Moment gibt, wo so etwas wie ein Augenzwinkern aufschimmert. Einer meiner Begleiter versuchte nach dem Screening so etwas wie eine diplomatische Ehrenrettung des Films, indem er ihm zugutehielt, dass er wenigstens nicht vorgibt, mehr zu sein als das, was er ist: Kein intellektueller Überbau, keine narrativen, dramaturgischen, selbstreflexiven Untiefen, nein, einfach bloß ein Sprung kopfüber in einen Ozean aus Blut und Gedärm. Anders gesagt: ANTROPOPHAGUS II suhlt sich in seiner Plakativität und Primitivität, ohne seinem Publikum mehr bieten zu wollen als eben dies – und das ist, wie ich finde, dann doch ein ziemliches Armutszeugnis.
4. Noch ein Kunststück liegt darin, dass mich der Film, trotzdem er im Minutentakt eine Abscheulichkeit an die nächste tackert, völlig kaltließ. Keine schwitzenden Hände, keine Kaltschauer den Rücken herab – spätestens nach einer halben Stunde ermüdeten mich stattdessen all die Ausweidungen, Amputationen, Augapfelfressereien nur noch. Im Prinzip funktioniert ANTROPOPHAGUS II gemäß einer komplett geistlosen Binärstruktur, die schon im Prolog zu beobachten ist, und sich dann bruchlos bis zum Abspann fortsetzt: In der Privatschlachterei unseren Halunken werden irgendwelche Personen, von denen wir nie erfahren werden, wie sie in die Gewalt des Monstrums gelangt sind, (es werden ja sicher nicht allesamt Studierende sein, die aufgrund ihrer Abschlussprüfung ein aar Nächte im Bunker verbringen müssen), bestialischst vom Leben in den Tod befördert; Schnitt zu den Studentinnen, die meckernd und stöhnend den Fußmarsch vom nächstgelegenen Parkplatz hinauf zum Ort ihres nebulösen Studienprojekts in Angriff nehmen; Wechsel zurück in die Katakomben, wo es nunmehr einer anderen Person an den Kragen geht; jäh folgen die Eröffnungscredits, bevor wir wieder zu unseren Heldinnen schalten, die nun endlich bei den Bunkerpforten angekommen sind und denen wir, immer wieder willkürlich von weiteren Gewaltorgien unterbrochen, ins Bunkerinnere folgen – eine Parallelmontage so lieblos wie der Inhalt, der sie transportiert, und deshalb überhaupt nicht dazu angetan, mich in irgendeiner Form emotional zu involvieren, da können noch so viele Gesichter gehäutet, Schädeldecken aufgehämmert, Zungen abgeschnitten werden. Setzte D’Amato in seinem ANTROPOPHAGUS die Gewalt wohldosiert in zwei, drei ikonischen Szenen ein, die dafür umso intensiver nachhallen, rast Germanis ANTROPOPHAGUS II schon in den ersten fünf Minuten mit Vollgas völlig ohne Fingerspitzengefühl mitten hinein in den Malstrom, dessen Tosen deshalb ziemlich schnell schläfrig macht: Es ist schon eine Ewigkeit her, dass ich während einer Kinovorstellung mein Handy zückte, um nach der Uhrzeit zu schauen, und mir auszurechnen, wie lange die Chose vor mir auf der Leinwand noch dauern würde.
5. Müsste ich selbst ein Kunststück vollbringen, nämlich, irgendein gutes Haar in Germanis blutklumpiger Suppe zu finden, würde ich wahrscheinlich anführen, dass ANTROPOPHAGUS II, was sexualisierte Gewalt anbelangt, überraschend zahm ausgefallen ist. Gerade die Spezialität D’Amatos, Splatter und Sex in Verbindung zu setzen, lässt Germani völlig unberührt, und das, obwohl es hierfür genügend Möglichkeiten gegeben hätte. Weder sieht es der Antropophagus explizit auf die Geschlechtsteile seiner fast ausnahmslos weiblichen Opfer ab noch entledigen diese sich jemals ihrer Kleidung, um dem Kameraauge ihre körperlichen Reize feilzubieten – selbst die einzige Szene in dieser Richtung, in der eine der Studentinnen hofft, sich davor bewahren zu können, verspeist zu werden, indem sie dem Menschenfeind einen Geschlechtsakt in Aussicht stellt, endet jäh damit, dass der Antropophage, offenbar überhaupt nicht libidinös veranlagt, der sich entkleideten jungen Frau kurzerhand die Kehle durchschlitzt: Sexismus oder Misogynie kann man ANTROPOPHAGUS II nun wahrlich nicht unterstellen. Interessant ist überhaupt vielleicht, dass ANTROPOPHAGUS II aus rein weiblicher Sicht erzählt wird, und männliche Wesen, abgesehen von einem Opfer ganz am Anfang, ausnahmslos als Aggressoren auftreten - ein Umstand, der bei einem intelligenteren Film womöglich zu einer feministischen Lesart gereizt hätte, die ich aber, ehrlich gesagt, Herrn Germani nun nicht wirklich zutraue. Ein weiterer Pluspunkt ist es vielleicht, dass die Gewaltexzesse allesamt handgemacht sind. Germani pfeift auf CGI-Blutfontänen, und lässt die Körper seiner Figuren auf analoge Weise auseinandernehmen. Als Lehrvideo, wie man auch im Jahre 2023 überzeugende FX-Effekte generiert, ohne auf moderne Technologie zurückzugreifen, würde ANTROPOPHAGUS II dann sicher auch besser funktionieren statt als Artefakt klassischen Erzählkinos. Da mir ansonsten die Dinge, die es positiv herauszustreichen gilt, ausgehen würden, erwähne ich vielleicht noch kurz die einzige Szene, die mir ein Schmunzeln entlockte, wenn diese wohl auch sicher nicht so intendiert gewesen ist: Am Ende des Films streift das Final Girl allein durch die Bunkergänge. Aus dem Off hören wir Fetzen der Dialoge, die bis dahin geführt worden sind, und zwar gefühlt minutenlang, und dabei selbst irgendwelche Nichtigkeiten wie: Mach die Tür zu!, oder: Wo seid ihr?, also irgendwelche willkürlichen Sätze, die unsere Heldin mutmaßlich beim Verarbeiten des Geschehen in ihrem Kopf vernimmt, während sie in Zeitlupe voranschlurft. Ich habe keine Ahnung, was das nun schon wieder für einen narrativen Mehrwert haben sollte - außer Laufzeit zu schinden und den haarsträubenden Plot Twist, der danach noch kommt, hinauszuzögern.
Ich frage mich ernsthaft, ob die Verantwortlichen beim Verleih Drop-Out Cinema einen anderen Film gesehen haben als ich. Von „immer wieder auftauchenden Giallo-Elementen“ fabuliert nämlich der Werbetext auf deren Homepage, man fühlt sich beim Soundtrack (weitgehend unspektakuläre Elektronik, die gegen Ende mit Flüsterstimmchen nervt) an „Argentos Hausband Goblin“ erinnert, und bescheinigt Germani, er habe „Überraschendes“ geschaffen – wobei ich letzteres dann doch unterschreibe, denn überraschend ist ANTROPOPHAGUS II allemal. Nie hätte ich gedacht, dass ich einmal vollumfänglich der Meinung des Filmdienstes zustimme, der Germanis Werk wie folgt zusammenfasst: „Die ganz auf brachialen Splatter-Ekel setzende Inszenierung unterbietet dabei noch geringste Erwartungen und bietet ein stumpfsinniges Dauergemetzel ohne Sinn und Verstand.“ In diesem Sinne: Frohe Weihnachten!
Tatsächlich vollführt Germanis ANTROPOPHAGUS II im Laufe seiner knapp 90minütigen Laufzeit mehr Kunststücke als ein Stall voll dressierter Zirkusponys, von denen ich die beeindruckendsten im Folgenden, noch ganz euphorisiert, kurz auflisten möchte:
1. Es ist zunächst ein wahres Kunststück, wie weit der selbsterklärte Anspruch, in Nachfolge zu einem Klassiker des italienischen Horrorkinos zu stehen, und die Realität, mit der man schließlich auf der Leinwand konfrontiert wird, auseinanderklaffen. Mit D’Amatos ANTROPOPHAGUS nämlich hat Germanis Film rein gar nichts zu tun. Sicher, auch in ANTROPOPHAGUS II begibt sich ein hungriger Kannibale in denkbar graphischster Weise auf Menschenjagd – im Grunde endet hier aber schon die Schnittmenge beider Filme. Auf dem Heimweg nach Filmende habe ich mir folgendes Szenario ausgemalt, wie vorliegendes Werk zu seinem irreführenden Titel kam: Germani konnte einen unweit Roms liegenden Atomschutzbunker aus dem Zweiten Weltkrieg als zugegebenermaßen stimmungsvollen Drehort akquirieren; im Anschluss verwendete man viel Zeit und Energie darauf, möglichst viele und möglichst wüste Splatterszenen in den Kasten zu bringen; zu guter Letzt fiel dann aber doch auf, dass man vielleicht besser, und wenn auch bloß zum Alibi, eine hauchdünne Story als Lötmaterial bräuchte, um besagtes Gekröse irgendwie mehr oder weniger sinnvoll zu bündeln – und dann kommt Germani spontan die Idee, seinen Film, der ansonsten sicher wesentlich unbeachteter geblieben wäre, einfach an einen berühmt-berüchtigten Schocker anzudocken, sprich, ihn frech ANTROPOPHAGUS II zu taufen – vielleicht hat er D’Amatos Meisterwerk zufällig kurz vorher gesehen oder er hat die Augen zugekniffen und blind mit dem Finger auf sein DVD-Regal getippt, um den Zufall entscheiden zu lassen. Gerade mal zwei Dinge prädestinieren Germanis ANTROPOPHAGUS dafür, sich in eine Linie mit D’Amatos Original zu stellen – und selbst dann nur mit viel gutem Willen: Zum einen, dass eine der Hauptrollen von Monica Carapenese verkörpert wird, die tatsächlich einmal vor D’Amatos Kamera stand, (wenn auch natürlich nicht im Original-MAN-EATER, sondern im lüsternen Spätwerk IL LABIRINTO DEI SENSI von 1991 ansonsten hat die Mimin übrigens zeitgleich noch dreimal mit Bruno Mattei gedreht); zum andern, dass eine der kontroversesten Szenen des Originals, nämlich die, in der ein gehäutetes Kaninchen als Substitut für einen gewaltsam aus dem Mutterleib gerissenen und sodann vom Titelhelden verspeist werdenden Säugling herhalten muss, direkt zitiert wird, (und zwar, als wolle man sein Referenzpulver so schnell wie möglich verschießen, gleich in den allerersten Filmminuten: Fans zufriedengestellt und Haken dran!) Im Klartext: Selbst Andreas Schnaas‘ fremdschaminduzierende Hommage ANTROPOPHAGUS 2000 siedelt dichter bei D’Amato als vorliegendes Machwerk, das durch die Bank weg den Anschein eines modernen Torture-Porn-Verschnitts erweckt, dessen Zielgruppe tatsächlich, wie das Filmplakat suggeriert, eher Connaisseure von Schlachtplatten à la HOSTEL sein dürften statt Liebhaber feinster Video-Nasties der frühen 80er.
2. Ein weiteres Kunststück ist die Fülle an erheblichen Logiklöchern und narrativen Ellipsen, die das Drehbuch schafft, in seiner nun wahrlich unterkomplexen Handlung unterzubringen. Verfasst wurde dieses von einem gewissen Lorenzo de Luca, den man wohl durchaus als Veteran der Italo-Genre-Szene bezeichnen kann, hat er doch Mitte der 90er die Plots sowohl für Enzo G. Castellaris Western JONATHAN DEGLI ORSI wie auch für Bruno Matteis Giallo OCCHI SENZA VOLTO ersonnen, (in letzterem, und hier schließt sich der Kreis, spielt übrigens auch Monica Carapense mit). Die Story von ANTROPOPHAGUS II passt wiederum auf die Oberfläche eines Champignons: Eine Gruppe Studentinnen sollen zusammen mit ihrer Dozentin ein Wochenende in dem erwähnten Bunkerkomplex verbringen. Zu welchem Zweck, wird niemals richtig klar: Einmal ist beiläufig davon die Rede, dass die insgesamt sieben jungen Frauen sich auf dieses Abenteuer nur einlassen, weil sie eine universitäre Prüfung nicht versemmeln wollen, mehr gibt es nicht an Hintergrundinformationen dazu, was unsere Heldinnen sich von ein paar Tagen mutterseelenallein unter der Erdoberfläche erhoffen. Wir erfahren weder, welches Fach unsere Heldinnen überhaupt studieren, (aus einer weiteren beiläufigen Bemerkung kann man höchstens mutmaßen, dass wir es mit angehenden Historikerinnen zu tun haben), noch, was sie denn überhaupt mehrere Tage mit ihrer Lehrerin hinter Bunkermauern tun wollen, außer herumzusitzen und sich zu langweilen. Weshalb die Dozentin vor Betreten des Bunkers sämtliche Handys einsammelt, damit ja keine der Studentinnen auf die Idee kommt, Kontakt zur Außenwelt aufzunehmen, und es, wie sie explizit betont, als integral für das Projekt erachtet, dass ihre Schützlinge niemanden aus Familien- und Freundeskreis davon erzählen, wo genau sie das Wochenende über hinfahren, ist letztlich nur dadurch zu erklären, dass unsere Heldinnen dem Menschenfresser so hilf- und schutzlos wie möglich ausgeliefert sind, einen Grund, der innerhalb der Diegese plausibel wäre, gibt es augenscheinlich nicht. Ich hätte ja erwartet, dass dieses sagen wir, befremdliche Verhalten der Dozentin im Verlauf des Films, vielleicht sogar im Rahmen eines Plot Twists, gelüftet werden würde, (zum Beispiel, indem offenbar wird, dass die Dame mit dem Menschenfresser unter einer Decke steckt), das geschieht jedoch natürlich niemals: Sobald unsere achtköpfige Damentruppe im Innern des Bunkers angelangt ist – hereingebeten im Übrigen von einem wortkargen und wenig vertrauenswürdigen Typ, dem die Dozentin, da die Teile der Bunkeranlage, wo man sich bis Montag einsperren lassen will, für Publikumsverkehr gesperrt sind, offenkundig Bestechungsgeld zahlt, damit er sich über seine Vorschriften hinwegsetzt -, wird die Prämisse, WESHALB sie sich überhaupt an diesen unwirtlichen Ort verirrt haben, komplett beiseitegeschoben, und stattdessen das Gemetzel per Abzählreim begonnen. Eine Studentin nach der andern schnappt sich das im Bunker hausende Leckermaul, das äußerlich keinerlei Ähnlichkeiten zu George Eastmans Nikos aufweist, und stattdessen problemlos in einem Beitrag der WRONG-TURN-Serie hätte brillieren können, verfrachtet seine Beute zuerst in die hauseigene Privatschlachterei und dann, zumindest partiell, da insgesamt sieben ausgewachsene Frauen doch etwas zu viel selbst für den Hungrigsten sind, in seinen Magen. Nachdem der Film sich über weite Laufzeitstrecken darauf ausgeruht hat, lediglich eine phantasielose Kombination aus Flucht-/Verfolgungs-/Panikszenen und ausgiebigen Schlemmereien zu offerieren, versucht er sich im Finale plötzlich doch damit, so etwas wie eine Backstory zur Titelfigur zu liefern. Über diese habe ich mir mit meinen beiden Begleitern nach der Vorstellung noch lange den Kopf zerbrochen, nur um zum Schluss zu kommen, dass sie tatsächlich nicht mal innerhalb der internen Logik des Films Sinn ergibt. Ich werde nun nicht detailliert ausführen, welche Haken der Plot in seinen letzten Minuten schlägt, nur meinen Eindruck schildern, dass möglicherweise die letzten Seiten des Drehbuchs kurz vor der Finalklappe verlorengegangen sind, oder bei der Montage essentielle Szenen zum Verständnis des Ganzen versehentlich unter den Schneidetisch purzelten, denn in der Form, in der ich ANTROPOPHAGUS II zu Gesicht bekam, bleibt nach dem Abspann ein Fragezeichen so groß wie der Appetit des Bunkerkannibalen im Raum stehen – und das ist, wie gesagt, bei einem Film, der im Grunde nichts Nennenswertes erzählt, eine durchaus spektakuläre Leistung.
3. Ein drittes Kunststück ist die absolut fade, uninspirierte, generische Inszenierung, die teilweise an Arbeitsverweigerung sämtlicher Beteiligten grenzt. Da hat man mit dem Monte-Soratte-Bunker schon eine labyrinthisch-klaustrophobische Kulisse, die genügend Potential birgt, atmosphärische Bilder wie von selbst zu generieren – und Germani lässt sie weitgehend ungenutzt liegen, beschränkt sich darauf, seine Protagonistinnen entweder aufgescheucht in den fast lichtlosen Gängen umherirren zu lassen oder aber seinen Antagonisten zu zeigen, wie er in seiner Kammer, die auch ein x-beliebiger Kellerraum hätte sein können, seiner eigensinnigen Kulinarik frönt. Von Charakterzeichnung kann bei den eindimensionalen Figuren, die der Film versammelt, keine Rede sein, es fällt gar schwer, die einzelnen Frauen überhaupt voneinander zu unterscheiden, da nur die wenigsten von ihnen über irgendein habituelles Alleinstellungsmerkmal verfügen: Wer zuerst vom Antropophagen verspachtelt wird, wer als Final Girl den Abspann erreicht, bleibt von sekundärem Interesse, da zumindest ich mich mit keiner der Damen in irgendeiner Weise identifiziert konnte. Begünstigt wird das auch nicht gerade dadurch, dass es sich bei Germanis Heldinnen nicht wirklich um Sympathieträgerinnen handelt. Die Dialoge bestehen zum Großteil aus Zickereien, Beleidigungen, Gefrotzel unterhalb der Gürtellinie; zwischendurch greifen sich die Kommilitoninnen schon mal gegenseitig tätlich an, sodass der Eindruck entsteht, es bräuchte gar keinen Menschenfresser, um die Gemeinschaft Stück für Stück dezimieren, da sie mit ihrem dämlichen Verhalten, (indem man sich beispielsweise konsequent in immer kleinere Grüppchen aufteilt, wie um es gezielt darauf anzulegen, dem Unhold den Beutefang so einfach wie möglich zu machen), oder ihren mangelnden Impulskontrollen, (indem sie es fertigbringen, bei einem Handgemenge einer von ihnen eine Eisenstange ins Bein zu rammen, und sie damit lebensgefährlich zu verletzen), über kurz oder lang die eigene Auslöschung schon ganz gut selbst fertigbringen. Gerne würde ich ja glauben, dass ANTROPOPHAGUS II all die geballten Horrorklischees inklusive Jump Scares am laufenden Band rein ironisch verwendet, um auf einer Meta-Ebene so etwas wie eine großflächige Genre-Dekonstruktion durchzuführen, nur leider gibt es dafür nicht die geringsten Anhaltspunkte, zumal der Tonfall des Films stets ein betont ernster ist, es nicht einen einzigen Moment gibt, wo so etwas wie ein Augenzwinkern aufschimmert. Einer meiner Begleiter versuchte nach dem Screening so etwas wie eine diplomatische Ehrenrettung des Films, indem er ihm zugutehielt, dass er wenigstens nicht vorgibt, mehr zu sein als das, was er ist: Kein intellektueller Überbau, keine narrativen, dramaturgischen, selbstreflexiven Untiefen, nein, einfach bloß ein Sprung kopfüber in einen Ozean aus Blut und Gedärm. Anders gesagt: ANTROPOPHAGUS II suhlt sich in seiner Plakativität und Primitivität, ohne seinem Publikum mehr bieten zu wollen als eben dies – und das ist, wie ich finde, dann doch ein ziemliches Armutszeugnis.
4. Noch ein Kunststück liegt darin, dass mich der Film, trotzdem er im Minutentakt eine Abscheulichkeit an die nächste tackert, völlig kaltließ. Keine schwitzenden Hände, keine Kaltschauer den Rücken herab – spätestens nach einer halben Stunde ermüdeten mich stattdessen all die Ausweidungen, Amputationen, Augapfelfressereien nur noch. Im Prinzip funktioniert ANTROPOPHAGUS II gemäß einer komplett geistlosen Binärstruktur, die schon im Prolog zu beobachten ist, und sich dann bruchlos bis zum Abspann fortsetzt: In der Privatschlachterei unseren Halunken werden irgendwelche Personen, von denen wir nie erfahren werden, wie sie in die Gewalt des Monstrums gelangt sind, (es werden ja sicher nicht allesamt Studierende sein, die aufgrund ihrer Abschlussprüfung ein aar Nächte im Bunker verbringen müssen), bestialischst vom Leben in den Tod befördert; Schnitt zu den Studentinnen, die meckernd und stöhnend den Fußmarsch vom nächstgelegenen Parkplatz hinauf zum Ort ihres nebulösen Studienprojekts in Angriff nehmen; Wechsel zurück in die Katakomben, wo es nunmehr einer anderen Person an den Kragen geht; jäh folgen die Eröffnungscredits, bevor wir wieder zu unseren Heldinnen schalten, die nun endlich bei den Bunkerpforten angekommen sind und denen wir, immer wieder willkürlich von weiteren Gewaltorgien unterbrochen, ins Bunkerinnere folgen – eine Parallelmontage so lieblos wie der Inhalt, der sie transportiert, und deshalb überhaupt nicht dazu angetan, mich in irgendeiner Form emotional zu involvieren, da können noch so viele Gesichter gehäutet, Schädeldecken aufgehämmert, Zungen abgeschnitten werden. Setzte D’Amato in seinem ANTROPOPHAGUS die Gewalt wohldosiert in zwei, drei ikonischen Szenen ein, die dafür umso intensiver nachhallen, rast Germanis ANTROPOPHAGUS II schon in den ersten fünf Minuten mit Vollgas völlig ohne Fingerspitzengefühl mitten hinein in den Malstrom, dessen Tosen deshalb ziemlich schnell schläfrig macht: Es ist schon eine Ewigkeit her, dass ich während einer Kinovorstellung mein Handy zückte, um nach der Uhrzeit zu schauen, und mir auszurechnen, wie lange die Chose vor mir auf der Leinwand noch dauern würde.
5. Müsste ich selbst ein Kunststück vollbringen, nämlich, irgendein gutes Haar in Germanis blutklumpiger Suppe zu finden, würde ich wahrscheinlich anführen, dass ANTROPOPHAGUS II, was sexualisierte Gewalt anbelangt, überraschend zahm ausgefallen ist. Gerade die Spezialität D’Amatos, Splatter und Sex in Verbindung zu setzen, lässt Germani völlig unberührt, und das, obwohl es hierfür genügend Möglichkeiten gegeben hätte. Weder sieht es der Antropophagus explizit auf die Geschlechtsteile seiner fast ausnahmslos weiblichen Opfer ab noch entledigen diese sich jemals ihrer Kleidung, um dem Kameraauge ihre körperlichen Reize feilzubieten – selbst die einzige Szene in dieser Richtung, in der eine der Studentinnen hofft, sich davor bewahren zu können, verspeist zu werden, indem sie dem Menschenfeind einen Geschlechtsakt in Aussicht stellt, endet jäh damit, dass der Antropophage, offenbar überhaupt nicht libidinös veranlagt, der sich entkleideten jungen Frau kurzerhand die Kehle durchschlitzt: Sexismus oder Misogynie kann man ANTROPOPHAGUS II nun wahrlich nicht unterstellen. Interessant ist überhaupt vielleicht, dass ANTROPOPHAGUS II aus rein weiblicher Sicht erzählt wird, und männliche Wesen, abgesehen von einem Opfer ganz am Anfang, ausnahmslos als Aggressoren auftreten - ein Umstand, der bei einem intelligenteren Film womöglich zu einer feministischen Lesart gereizt hätte, die ich aber, ehrlich gesagt, Herrn Germani nun nicht wirklich zutraue. Ein weiterer Pluspunkt ist es vielleicht, dass die Gewaltexzesse allesamt handgemacht sind. Germani pfeift auf CGI-Blutfontänen, und lässt die Körper seiner Figuren auf analoge Weise auseinandernehmen. Als Lehrvideo, wie man auch im Jahre 2023 überzeugende FX-Effekte generiert, ohne auf moderne Technologie zurückzugreifen, würde ANTROPOPHAGUS II dann sicher auch besser funktionieren statt als Artefakt klassischen Erzählkinos. Da mir ansonsten die Dinge, die es positiv herauszustreichen gilt, ausgehen würden, erwähne ich vielleicht noch kurz die einzige Szene, die mir ein Schmunzeln entlockte, wenn diese wohl auch sicher nicht so intendiert gewesen ist: Am Ende des Films streift das Final Girl allein durch die Bunkergänge. Aus dem Off hören wir Fetzen der Dialoge, die bis dahin geführt worden sind, und zwar gefühlt minutenlang, und dabei selbst irgendwelche Nichtigkeiten wie: Mach die Tür zu!, oder: Wo seid ihr?, also irgendwelche willkürlichen Sätze, die unsere Heldin mutmaßlich beim Verarbeiten des Geschehen in ihrem Kopf vernimmt, während sie in Zeitlupe voranschlurft. Ich habe keine Ahnung, was das nun schon wieder für einen narrativen Mehrwert haben sollte - außer Laufzeit zu schinden und den haarsträubenden Plot Twist, der danach noch kommt, hinauszuzögern.
Ich frage mich ernsthaft, ob die Verantwortlichen beim Verleih Drop-Out Cinema einen anderen Film gesehen haben als ich. Von „immer wieder auftauchenden Giallo-Elementen“ fabuliert nämlich der Werbetext auf deren Homepage, man fühlt sich beim Soundtrack (weitgehend unspektakuläre Elektronik, die gegen Ende mit Flüsterstimmchen nervt) an „Argentos Hausband Goblin“ erinnert, und bescheinigt Germani, er habe „Überraschendes“ geschaffen – wobei ich letzteres dann doch unterschreibe, denn überraschend ist ANTROPOPHAGUS II allemal. Nie hätte ich gedacht, dass ich einmal vollumfänglich der Meinung des Filmdienstes zustimme, der Germanis Werk wie folgt zusammenfasst: „Die ganz auf brachialen Splatter-Ekel setzende Inszenierung unterbietet dabei noch geringste Erwartungen und bietet ein stumpfsinniges Dauergemetzel ohne Sinn und Verstand.“ In diesem Sinne: Frohe Weihnachten!
Re: Man-Eater - Der Menschenfresser ist zurück - Dario Germani (2022)
demnächst dann auch im Mediabook:
soweit so gut, aber auch:"Ultrablutig und nur für Hartgesottene" (spielfilm.de)
Komisch, dass das keine Erwähnung findet...Plump und einfalllos inszeniert, erweist sich das brachiale, kaltblütige Remake des 80er-Schockers "Man-Eater" als inhaltslos und unspannend. Die reißerische Terror-Orgie ist nur für Hardcore-Splatter- und Gore-Fans von Interesse. (spielfilm.de)
it´s fun to stay at the YMCA!!!
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- buxtebrawler
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Re: Man-Eater - Der Menschenfresser ist zurück - Dario Germani (2022)
Erscheint voraussichtlich am 23.09.2024 noch einmal bei Indeed Film als Blu-ray/DVD-Kombination im auf 444 Exemplare limitierten Mediabook:
Extras:
Intro vom Regisseur
Kill Count
Bildergalerie
Originaltrailer
Deutscher Trailer
Booklet
Quelle: https://www.ofdb.de/vorabfassung/368938 ... r%C3%BCck/
Extras:
Intro vom Regisseur
Kill Count
Bildergalerie
Originaltrailer
Deutscher Trailer
Booklet
Quelle: https://www.ofdb.de/vorabfassung/368938 ... r%C3%BCck/
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!
Re: Man-Eater - Der Menschenfresser ist zurück - Dario Germani (2022)
Wazze "Indeed Film"? Ich blicke bei diesen ganzen Verpackungsmüllereien nicht mehr durch. In dem Fall sowieso egal ...
Das Blap™ behandelt Filme wie Frauen