Joker: Folie à Deux - Todd Phillips (2024)

Moderator: jogiwan

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jogiwan
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Re: Joker: Folie à Deux - Todd Phillips (2024)

Beitrag von jogiwan »

dazu die heutige Meldung:
orf.at hat geschrieben: „Joker: Folie a deux“ floppt an US-Kinokassen

Finanziell hat sich das Risiko nicht ausgezahlt: „Joker: Folie a deux“, die Fortsetzung des 2019 äußerst erfolgreichen Films „Joker“ von Todd Phillips, kann nach seinem ersten Wochenende an den Kinokassen weltweit auf keine guten Zahlen verweisen – trotz erneuter Besetzung mit Joaquin Phoenix und Superstar Lady Gaga an seiner Seite.

Lediglich 40 Millionen Dollar meldete Warner als Umsatz für das US-Startwochenende im Vergleich zu 96 Millionen des Vorgängerfilms, der insgesamt über eine Milliarde Dollar Umsatz machte. „Kein Box-Office-Problem, sondern ein kreatives Problem“ ortete ein Marketingveteran gegenüber dem Branchenmagazin Deadline.com.

Zu viel Musical, zu wenig Joker

Grund für den schwachen Start des Films, der mit seinem 190-Millionen-Dollar-Budget fast viermal so viel gekostet hat wie der erste Teil, dürfte tatsächlich die inhaltliche Ausrichtung sein: keine triumphale Weitererzählung der Herkunftsgeschichte von Batmans Antagonisten, sondern eine für Fans offenbar niederschmetternde Analyse, garniert mit Musicalszenen. Diese Szenen sind immer dann eingeschoben, wenn die Emotionen Arthur Fleck zu überwältigen drohen – dann erst ist er der Joker, dann ist die Frau an seiner Seite Harley Quinn, und dann ist er souverän und mächtig.

Genau diese ambitionierte Erzählhaltung kommt jedoch offenbar schlecht an bei einem Publikum, das sich mehrheitlich den „richtigen Joker“ wünscht, so ist es zumindest in YouTube-Rezensionen und Fanreaktionen vielfach nachzuhören und zu lesen.
quelle: ORF.at

von wegen: Männer Können Seine Gefühle Nicht Zeigen :troest:
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jogiwan
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Re: Joker: Folie à Deux - Todd Phillips (2024)

Beitrag von jogiwan »

Meldungen und Statements gibt es ja genug und zwischen "völliger Ablehnung" und "absolutes Meisterwerk" hab ich ja noch keine Stimmen vernommen. Hat den schon irgendjemand gesehen und kann was zu dem Streifen sagen? Die Meinungen vertrauenswürdiger Menschen würde mich ja mehr interessieren als irgendein Massen-Bashing oder diese "ich-find-gut-was-alle-anderen-scheisse-finden"-Mentalität, die ja auch irgendwie die aktuelle Gsellschaft widerspiegelt.

Kleiner Nachtrag - das Thema scheint die Leutchen ja tatsächlich sehr zu beschäftigen... :shock:

joker.PNG
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Blap
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Re: Joker: Folie à Deux - Todd Phillips (2024)

Beitrag von Blap »

Ich kann mich nicht aufraffen, so groß ist die Neugier nicht. Viel entsetzlicher jedoch, meine schlechtere Hälfte will unbedingt "Terrifier 3" im Kino sehen. :lol: :palm:
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karlAbundzu
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Re: Joker: Folie à Deux - Todd Phillips (2024)

Beitrag von karlAbundzu »

Blap hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 11:24 Ich kann mich nicht aufraffen, so groß ist die Neugier nicht. Viel entsetzlicher jedoch, meine schlechtere Hälfte will unbedingt "Terrifier 3" im Kino sehen. :lol: :palm:
Ich warte noch auf eine gemeinsame Terminfindung mit dem Menschen, mit dem ich da hin will. Zum Glück ist da T3 kein Thema.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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buxtebrawler
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Re: Joker: Folie à Deux - Todd Phillips (2024)

Beitrag von buxtebrawler »

jogiwan hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 10:20 Meldungen und Statements gibt es ja genug und zwischen "völliger Ablehnung" und "absolutes Meisterwerk" hab ich ja noch keine Stimmen vernommen. Hat den schon irgendjemand gesehen und kann was zu dem Streifen sagen? Die Meinungen vertrauenswürdiger Menschen würde mich ja mehr interessieren als irgendein Massen-Bashing oder diese "ich-find-gut-was-alle-anderen-scheisse-finden"-Mentalität, die ja auch irgendwie die aktuelle Gsellschaft widerspiegelt.
Der geschätzte Peter B., Besucher des einen oder anderen Forentreffens, verlautbarte bei FB:
"ausgesprochen unkonventionell im positiven Sinne :D"

Ich wiederum habe es noch nicht ins Kino geschafft, allerdings drängt der sich mir jetzt auch nicht so dermaßen auf.
Warum schaust du ihn dir nicht einfach selbst im Kino an? ;)
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Blap
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Re: Joker: Folie à Deux - Todd Phillips (2024)

Beitrag von Blap »

karlAbundzu hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 15:59 Zum Glück ist da T3 kein Thema.
Das ist wirklich ein großes Glück. :kicher:
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jogiwan
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Re: Joker: Folie à Deux - Todd Phillips (2024)

Beitrag von jogiwan »

buxtebrawler hat geschrieben: Do 17. Okt 2024, 11:16 Ich wiederum habe es noch nicht ins Kino geschafft, allerdings drängt der sich mir jetzt auch nicht so dermaßen auf.
Warum schaust du ihn dir nicht einfach selbst im Kino an? ;)
Wenn ich kaputte Menschen sehen möchte, besuche ich dieses Forum :kicher:
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karlAbundzu
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Re: Joker: Folie à Deux - Todd Phillips (2024)

Beitrag von karlAbundzu »

Arthur Fleck sitzt in Arkham. Kleiner Held der Mitinsassen, Spielball der Wärter. Er lernt Harley kennen, ein Fan des Jokers und verliebt sich. Muss vor Gericht: gespaltene Persönlichkeit oder voll straffähig und Todesstrafe. Staatsanwalt Harvey Dent.
Im Grunde ein Joaquin Phoenix Solo-Film. Wir sehen ihm zu, wie er im Knast leidet, wie er sich verliebt, wie er in bestimmten Situationen Hoffnung hat, Selbstkontrolle und Anerkennung wieder zu bekommen. Wie er sich immer wieder durch Musik in Fantasiewelten flüchtet. Die Musik ist der zweite Hauptdarsteller und eigentlich immer da, wenn wir nahe bei Arthur sind oder er und Harley gemeinsame Szenen haben. Und das ist sehr schön gemacht: sie (die Musik) schleicht sich mit leisen Tönen und Melodiefetzen an, wird auf der Realitätsebene gesummt oder leise angesungen und steigert sich zu großen Musicalnummern. Und das sind einige. Insofern klar ein Musical, und was in den Szenen verhandelt wird, ist nicht nur die Flucht in eine bessere Joker -Fantasie-Welt, sondern die Reflektion und der Erkenntnisgewinn Arthurs. Und die Nummern besser eingebaut als in einigen anderen Musicals.
Was oft vergessen wird, nebenbei noch ein toller Score von Hildur Guðnadóttir, mit deren Nicht-Soundtracks ich mich auch mal beschäftigen sollte.
Alle anderen Personen sind nur in Bezug auf den Joker oder Arthur wichtig, Harley der Megafan, der ihn zu manipulieren versucht, die Mitgefangenen, die Anwältin, Harvey Dent. Einzig der Wärter, wunderbar gespielt von Brendon Gleeson, bekommt noch andere nicht eindeutige Charakterzüge bei.
Das ist in Bezug auf Harley natürlich schade, da wäre mehr drin gewesen.
Viel passiert in den 138 Minuten nicht, aber da das Phoenix toll spielt, und gut inszeniert und gefilmt ist, sah ich gerne zu.
Und noch weniger DC-Joker als im ersten. Das wirklich nur noch auf der ästhetischen Ebene.
Die Geschichte eines geschlagenen getriebenen Mannes, der Anerkennung und Aufmerksamkeit will, aber weder die sozialen Fähigkeiten noch die Intelligenz besitzt, um aus eigenen Antrieb sich zu finden. So reagiert er nur und versucht sich selbst gerecht zu werden, macht vieles falsch, auch wenn es richtig aussieht.
Und so auch ein Film über das Abfeiern von öffentlichen Bildern von Menschen. Von der Sucht der Suche des Skandals und deren Rekonstruktion. Vielleicht auch ein Kommentar an die Zuschauer des ersten Filmes, die dort den Charakter Joker abfeierten. Und hier letztendlich wie einige der Personen im Film enttäuscht werden.
Ich fand das alles sehr gut. Mit der kleinen Einschränkung.

PS: wie leicht wäre es gewesen, ein The Rise of the Joker zu machen. Wie er in Arkham mit Harleys Hilfe zum irren Superverbrecher wird. Hut ab, dass genau das Gegenteil gemacht wird.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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Re: Joker: Folie à Deux - Todd Phillips (2024)

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 25.06.2025 bei Warner in verschiedenen Ausführungen:

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Re: Joker: Folie à Deux - Todd Phillips (2024)

Beitrag von buxtebrawler »

„Ich will dein wahres Ich sehen!“

Regisseur Todd Phillips‘ „Joker“ aus dem Jahre 2019 war vor allem ein persönliches Drama, das eigentlich außerhalb jeglicher DC-Universen und Reboots für sich stand, den komödienerprobten Phillips nachdrücklich fürs ernste Fach empfahl und keiner Fortsetzung bedurft hätte. Diese war ursprünglich auch nicht geplant, doch die Rekordeinnahmen an den Kinokassen, der Überraschungserfolg, der „Joker“ war, und der Oscar für Hauptdarsteller Joaquin Phoenix („Walk The Line“) schrien förmlich danach. Nun ist sie da: Eine komplett gegen die Erwartungshaltungen des Publikums gebürstete Mischung aus Psychodrama, Knast-/Gerichtposse und Musical.

„Jetzt gibt es nur noch uns!“

Nachdem er mehrere Menschen getötet hat – einen davon höchst publikumswirksam vor laufenden TV-Kameras –, sitzt Arthur Fleck alias „Joker“ (Joaquin Phoenix) im Arkham Asylum Gotham Citys ein, wo er, mittels Medikamenten sediert, auf seinen Prozess wartet. Seine Anwältin Maryanne Stewart (Catherine Keener, „Being John Malkovich“) fährt die Strategie, den Geschworenen zu verdeutlichen, dass Arthur aufgrund der Missbrauchserfahrungen während seiner Kindheit unter einer gespaltenen Persönlichkeit leidet und demnach nicht er, sondern der Joker die Taten verübt hat – Arthur also schuldunfähig ist. In Arkham jedoch lernt er im Rahmen eines therapeutischen Gesangskurses die eigensinnige, anarchische Harley Quinzel (Lady Gaga, „A Star is Born“) kennen, die vom Joker und dessen Taten fasziniert ist. Arthur und Harley verlieben sich ineinander – und sie motiviert ihn, sich nicht als bemitleidenswertes Opfer seiner Kindheit und der gesellschaftlichen Umstände zu inszenieren, sondern den Joker wieder aufleben zu lassen…

„…dann bauen wir einen Berg – aus einem kleinen Hügel.“

Wie „Joker“ wurde auch „Joker: Folie à Deux“ tief in den Neo-Noir-Stiltopf getaucht: urbanes Anfang-‘80er-Ambiente, viel Dampf und Qualm – allein schon, weil ständig und überall geraucht wird. Die Gefängnisbilder sind dreckig und unwirtlich, Arthur ist erschreckend abgemagert – im Gegensatz zu den fettleibigen sadistischen Wärtern (u.a. Brendan Gleeson, „Brügge sehen… und sterben?“), die wahllos Insassen misshandeln. Zeitlupen betonen die Relevanz mancher Szene. Die Kamera fängt ihre Figuren bevorzugt in Großaufnahmen ein und filmt viele Bildschirme ab, bevorzugt TV-Geräte, was den Stellenwert dieses Mediums für die Geschichte unterstreicht. Entweder wird Arthur selbst gefilmt oder er sieht TV-Nachrichten und -Berichte über sich, an denen er sich erfreut. Sogar ein Film sei über ihn gedreht worden; gut sei er geworden, er habe ihn leider noch nicht sehen können. Einmal sitzt er auch im Knastkino und schaut sich zusammen mit Harley den Musicalfilm „Vorhang auf!“ an. Das Kennenlernen der beiden wird ziemlich schnell abgefrühstückt, sorgt aber auch rasch für wundervolle düsterromantische Bilder einer Außenseiterromanze – die sich indes bald als Illusion, weil auf Lügen Harleys fußend, entpuppt. Dass es sich bei Harley gar lediglich um ein Hirngespinst Arthurs, um eine weitere Facette einer multiplen Persönlichkeit handeln könnte, scheint anfänglich möglich (und wäre dem Film zuzutrauen gewesen), bewahrheitet sich aber nicht.

„ich will nicht mehr singen, bitte…“

„Joker“ hatte eine sozialkritische, empathische Origin-Story des in den Comics Origin-Story-losen psychopathischen Schwerverbrechers angeboten. Anstatt ihn in dieser Fortsetzung nun zum Chefzyniker unter den DC-Schurken hochzustilisieren, inszeniert ihn Phillips entgegen etwaigen Erwartungen seitens der Fans weiterhin über weite Strecken als bemitleidenswertes Opfer, das unter dem Gefängnis leidet, durch die zarten, anscheinend erwiderten Gefühle zu Harley neue Hoffnung und Lebenslust schöpft und sich in bunte Musicalszenen mit ihr hineinfantasiert, die mit verstörenden Gewaltausbrüchen gespickt sind, dadurch kontrastiert werden und ebenfalls einfach großartig sind.

Als es vor Gericht geht, wo er sich letztlich dafür entscheidet, als Joker eine Schmierenkomödie abzuziehen, scheint sich jedoch schlicht seine narzisstische Persönlichkeitsstörung zu bewahrheiten. Als Zuschauer(in) empfindet man nun verstärkt Empathie für, nein, nicht den aalglatten Staatsanwalt Harvey Dent (Harry Lawtey, „Industry“) zu Prä-Twoface-Zeiten, sondern für die aussagenden Zeuginnen und Zeugen (u.a. Zazie Beetz, „Deadpool 2“). Besonders stark ist in dieser Hinsicht der Auftritt des kleinwüchsigen Gary Puddles (Leigh Gill, „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“), einem ehemaligen Arbeitskollegen Arthurs, der eindringlich seine Verstörung und Angst transportiert und von Arthur respektive Joker verhöhnt wird. Was man zuvor eventuell an Sympathie für Arthur empfand, beginnt hier mehr als nur zu bröckeln. Seine Totschläge und Morde haben auch etwas mit den Lebenden gemacht. Und wer indirekt betroffen ist, zählt ganz bestimmt nicht zu seinem Fanclub, der sich in Clownsmaskerade in Solidaritätsbekundungen und Randale ergeht.

Seine zufällige Befreiung aus dem Gerichtssaal und somit auch der Haft durch die Explosion einer Autobombe lässt vermuten, dass nun doch noch eine Joker-und-Harley-Quinn-Show beginnen könnte, doch Pustekuchen: Offenbar verweigert Phillips eine solche Entwicklung seinem Publikum ganz bewusst. Stattdessen spring Phillips mit Anlauf und Gebrüll Gesang in die „Rob Zombie’s Halloween“-Falle und entmystifiziert eine Figur komplett, die nicht entmystifiziert werden darf, damit sie funktioniert. Dabei geht er sogar einen entscheidenden Schritt weiter als der seinerzeit mutmaßlich aus Unverständnis handelnde Rob Zombie und verwehrt diesem Joker sogar komplett die Möglichkeit, auch nur ansatzweise zu jenem Oberschurken zu werden, wie man ihn kennt – vermutlich, um die von Arthurs Fans, allen voran Harley, zelebrierte Faszination für das Böse nachhaltig zu ersticken und, mit dem Zaunpfahl gen aktuelle Realität winkend, davor zu warnen, sich mit Vorliebe öffentlich profilierenden Schizos zu verfallen. Da passt es ins Bild, dass Harley bald das Interesse an Arthur verliert und bis auf ein wenig Maskerade nicht viel von der geläufige Harley-Quinn-Figur erkennen lässt.

So nachvollziehbar dieser Ansatz grundsätzlich sein mag, erscheint mir die Figur des Jokers eher ungeeignet, um diese Aussage nicht nur zu transportieren, sondern sie (die Figur) hierfür auch noch zu bestrafen. Zu den DC-Comics passt das spätestens ab diesem Punkt nicht mehr. Ach ja, der Gesang: Der passt, wie auch von mir im Vorfeld vermutet, wiederum sehr gut in diese Adaption, denn gerade die DC-Welt bot schon immer viel Raum für Varianten- und Facettenreichtum sowie Ent- und Verrücktheiten. Lady Gaga ist ohnehin in erster Linie für ihr Gesangstalent bekannt und Phoenix stellte seines bereits damals als Johnny Cash in „Walk The Line“ eindrucksvoll unter Beweis. Egal, ob als Duett oder solo und ganz gleich, ob innerhalb Arthurs bunter Fantasie oder im kargen, grauen Knast: Die Interpretationen alter Klassiker, die hier zumindest zum Teil rekontextualisiert werden, können sich hören lassen und leben oft von der Zerbrechlichkeit, die Phoenix als Arthur in seine Stimme legt. Inhaltlich erzählen sie häufig die Handlung weiter bzw. drücken Gefühlswelten aus und wurden sie entsprechend gut eingeflochten, und ästhetisch schien man einen besonderen Gefallen daran zu finden, sie rein intradiegetisch beginnen zu lassen und mittels extradiegetischer Filmmusik nach und nach aufzumotzen.

Der Gesang ist also nicht das Problem dieses über so weite Strecken trotz Überlänge fesselnden und interessanten, toll aussehenden und ebenso geschauspielerten Films. Es sind vielmehr die Abbiegungen, die er nimmt, um eine Fan-Enttäuschung auf die andere zu stapeln und mit einem derart üblen Tabula-rasa-Ende zu besiegeln, dass eine weitere Fortsetzung mit Phoenix als Joker unmöglich scheint. An dieser habe Phillips aber ohnehin kein Interesse, heißt es. Ein möglicher Ansatz wäre eine neue Origin-Story eines neuen (des eigentlichen?) Jokers, einem ehemaligen Fan Arthurs – den der Schluss auch andeutet. Vielleicht kommt man bei Netflix und Konsorten ja irgendwann auf die Idee und gießt dies in Serienform.

Positiv hervorheben möchte ich den generellen Trend zurück zu deutschen Inserts, dem auch „Joker: Folie à Deux“ folgt. Negativ hervorheben muss ich die Enttäuschung, die ich – obwohl stets aufgeschlossen gegenüber von der Norm abweichenden Comicverfilmungen – mit Einsetzen des Abspanns empfand.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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