Willkommen in der Hölle - Cesare Canevari (1971)
Moderator: jogiwan
Re: Willkommen in der Hölle - Cesare Canevari
Diesen Film kann man nur hassen oder lieben, ein dazwischen gibt es bei diesem Streifen nicht.
Wer tanzen will, muss die Musik bezahlen!
Re: Willkommen in der Hölle - Cesare Canevari
Ich glaub nicht!!ugo-piazza hat geschrieben:Ich vermute mal, untot wird am 25. (Pfingstwochenende! Religionsbezug, Arkschi?) nicht nach Bremen kommen.
- buxtebrawler
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Re: Willkommen in der Hölle - Cesare Canevari
„Willkommen in der Hölle“ alias „Mátalo“, das unter der Regie von Italo-Regisseur Cesare Canevari im Jahre 1970 in italienisch-spanischer Koproduktion entstandene Remake des (mir unbekannten) Italo-Westerns „Die sich in Fetzen schießen“ gilt als experimenteller, polarisierender Western. Was das Experimentelle betrifft, kann ich das ohne mit der Wimper zu zucken unterschreiben. Was das Polarisierende dieser nihilistischen, aufs Wesentliche reduzierten Story um den kaltblütigen, geldgierigen Killer Bart (Corrado Pani, „Cleopatra, die nackte Königin vom Nil“) mitsamt seiner kurzlebigen Zweckgemeinschaften und ihrer filmischen Umsetzung betrifft, kann ich das nur bedingt.
Dialogarmut in Western ist keine Erfindung Canevaris und wird durch den frühen Exitus sämtlicher Mexikaner sowie den Verzicht auf komödiantische Nebenrollen erreicht. Die in ihrer Konsequenz beachtliche ausschließliche inhaltliche Ausrichtung auf Habgier und der damit verbundene Pessimismus hingegen lassen durchaus aufhorchen, die Handlung wirkt wie gefiltert von sämtlichen Nebenschauplätzen anderer thematisch ähnlich gelagerter Italo-Western. Das dadurch entstehende Vakuum füllt Canevari aus mit allerlei psychedelisch anmutenden Kunstgriffen, die „Willkommen in der Hölle“ über weite Strecken wie einen Drogenrausch erscheinen lassen. Die bunten Farben, mit denen hier gearbeitet wird, sind ebenso wie der rockig-progressive Soundtrack ein krasser Kontrast zur inhaltlichen Tristesse und passen hervorragend zur verspielten Kameraarbeit, die auf sämtliche Konventionen pfeift und sich den Weg bahnt für zahlreiche für einen Western hochgradig ungewöhnliche Techniken, die den unvorbereiteten Zuschauer eiskalt erwischen. Jedoch gehe ich nicht konform mit der gern kolportierten Ansicht, dass man diese entweder lieben oder hassen würde. So ist es beispielsweise der paranoiden Atmosphäre des Misstrauens und der Missgunst durchaus zuträglich, wenn für Sekundenbruchteile immer wieder Augen in Großaufnahme in die Szenenabläufe geschnitten werden, so wirkt es andererseits jedoch extrem selbstzweckhaft, wenn sich die Kamera urplötzlich in schwindelerregender Geschwindigkeit sekundenlang im Kreis dreht. Für mein Empfinden halten sich sehenswerte, originelle Ingredienzien in etwa die Waage mit künstlerisch-selbstverliebten Ausflügen der nicht nur irritierenden, sondern auch leicht nervigen und nichtssagenden Sorte.
Ungewöhnlich ist es auch, wenn die nominelle Hauptrolle plötzlich mir nichts, dir nichts abzuleben scheint und der Film lange Zeit ohne sie auskommen muss. Dass (Achtung, Spoiler!) Bart seinen Tod nur vorgetäuscht haben könnte und zurückkehren würde, ahnt man indes tatsächlich nicht unbedingt voraus, da man einem schrägen Film wie diesem derartige Brüche mit der Erwartungshaltung des Publikums durchaus zutrauen würde. Insofern hat „Willkommen in der Hölle“ den Überraschungseffekt auf seiner Seite – ebenso, wie wenn nach einer Aneinanderreihung fieser Sadismen schließlich der Bumerang über den Colt siegt und Lou Castel („Töte Amigo“) als Ray somit den Schurken den Garaus macht. In rabiaten Szenen hält auch das alte Thema des um die Gunst von Frauen Buhlens Einzug, wenngleich es auch hierbei in erster Linie um Macht und Besitzansprüche zu gehen scheint. Mithilfe christlicher Symbolik werden zudem einige Metaphern religiöser Natur erzeugt, was auch kein Novum, aber gern gesehenes Beiwerk ist.
Leider sah ich eine extrem, sinnentstellend verstümmelte deutsche Kinofassung, die es mir verbietet, näher auf Dramaturgie, innere Logik etc. der Handlung einzugehen. Auf mich wirkt „Willkommen in der Hölle“ aber so oder so wie ein Destillat atmosphärischer Westernszenen, das in seiner wie eingangs erwähnt weitestgehend reduzierten Handlung angereichert wurde mit von der Hippiekultur beeinflussten Stilelementen (die ich nicht alle einzeln aufzählen möchte) und einer daraus resultierenden, nicht immer souverän oder zielführend eingesetzten künstlerischen Freiheit, die so bedeutungsschwanger dann eben doch nicht ist. Auch schauspielerisch bewegt man sich am Rande zur Unterordnung unter die stilistischen und ästhetischen Exzesse, fährt aber eine ganze Reihe für sich genommen starker und erinnerungswürdiger Einzelszenen auf, in denen die Mimik ihrer Protagonisten gut zur Geltung kommt.
Somit bleibt für mich unterm Strich eine die Grenzen des Genres auslotende, interessante Herangehensweise an den klassischen Italo-Western, die mir recht gut gefiel, mich aber nicht in einem Maße forderte, dass ich verwirrt und verstört Schwierigkeiten hätte, sie am unteren oder oberen Ende der Bewertungsskala anzusiedeln. Ich zücke vorerst vorsichtig grundsolide (wer hat da „langweilige“ gesagt?) 7 von 10 Punkten und behalte mir die Sichtung einer weniger entstellten Fassung ausdrücklich vor.
Dialogarmut in Western ist keine Erfindung Canevaris und wird durch den frühen Exitus sämtlicher Mexikaner sowie den Verzicht auf komödiantische Nebenrollen erreicht. Die in ihrer Konsequenz beachtliche ausschließliche inhaltliche Ausrichtung auf Habgier und der damit verbundene Pessimismus hingegen lassen durchaus aufhorchen, die Handlung wirkt wie gefiltert von sämtlichen Nebenschauplätzen anderer thematisch ähnlich gelagerter Italo-Western. Das dadurch entstehende Vakuum füllt Canevari aus mit allerlei psychedelisch anmutenden Kunstgriffen, die „Willkommen in der Hölle“ über weite Strecken wie einen Drogenrausch erscheinen lassen. Die bunten Farben, mit denen hier gearbeitet wird, sind ebenso wie der rockig-progressive Soundtrack ein krasser Kontrast zur inhaltlichen Tristesse und passen hervorragend zur verspielten Kameraarbeit, die auf sämtliche Konventionen pfeift und sich den Weg bahnt für zahlreiche für einen Western hochgradig ungewöhnliche Techniken, die den unvorbereiteten Zuschauer eiskalt erwischen. Jedoch gehe ich nicht konform mit der gern kolportierten Ansicht, dass man diese entweder lieben oder hassen würde. So ist es beispielsweise der paranoiden Atmosphäre des Misstrauens und der Missgunst durchaus zuträglich, wenn für Sekundenbruchteile immer wieder Augen in Großaufnahme in die Szenenabläufe geschnitten werden, so wirkt es andererseits jedoch extrem selbstzweckhaft, wenn sich die Kamera urplötzlich in schwindelerregender Geschwindigkeit sekundenlang im Kreis dreht. Für mein Empfinden halten sich sehenswerte, originelle Ingredienzien in etwa die Waage mit künstlerisch-selbstverliebten Ausflügen der nicht nur irritierenden, sondern auch leicht nervigen und nichtssagenden Sorte.
Ungewöhnlich ist es auch, wenn die nominelle Hauptrolle plötzlich mir nichts, dir nichts abzuleben scheint und der Film lange Zeit ohne sie auskommen muss. Dass (Achtung, Spoiler!) Bart seinen Tod nur vorgetäuscht haben könnte und zurückkehren würde, ahnt man indes tatsächlich nicht unbedingt voraus, da man einem schrägen Film wie diesem derartige Brüche mit der Erwartungshaltung des Publikums durchaus zutrauen würde. Insofern hat „Willkommen in der Hölle“ den Überraschungseffekt auf seiner Seite – ebenso, wie wenn nach einer Aneinanderreihung fieser Sadismen schließlich der Bumerang über den Colt siegt und Lou Castel („Töte Amigo“) als Ray somit den Schurken den Garaus macht. In rabiaten Szenen hält auch das alte Thema des um die Gunst von Frauen Buhlens Einzug, wenngleich es auch hierbei in erster Linie um Macht und Besitzansprüche zu gehen scheint. Mithilfe christlicher Symbolik werden zudem einige Metaphern religiöser Natur erzeugt, was auch kein Novum, aber gern gesehenes Beiwerk ist.
Leider sah ich eine extrem, sinnentstellend verstümmelte deutsche Kinofassung, die es mir verbietet, näher auf Dramaturgie, innere Logik etc. der Handlung einzugehen. Auf mich wirkt „Willkommen in der Hölle“ aber so oder so wie ein Destillat atmosphärischer Westernszenen, das in seiner wie eingangs erwähnt weitestgehend reduzierten Handlung angereichert wurde mit von der Hippiekultur beeinflussten Stilelementen (die ich nicht alle einzeln aufzählen möchte) und einer daraus resultierenden, nicht immer souverän oder zielführend eingesetzten künstlerischen Freiheit, die so bedeutungsschwanger dann eben doch nicht ist. Auch schauspielerisch bewegt man sich am Rande zur Unterordnung unter die stilistischen und ästhetischen Exzesse, fährt aber eine ganze Reihe für sich genommen starker und erinnerungswürdiger Einzelszenen auf, in denen die Mimik ihrer Protagonisten gut zur Geltung kommt.
Somit bleibt für mich unterm Strich eine die Grenzen des Genres auslotende, interessante Herangehensweise an den klassischen Italo-Western, die mir recht gut gefiel, mich aber nicht in einem Maße forderte, dass ich verwirrt und verstört Schwierigkeiten hätte, sie am unteren oder oberen Ende der Bewertungsskala anzusiedeln. Ich zücke vorerst vorsichtig grundsolide (wer hat da „langweilige“ gesagt?) 7 von 10 Punkten und behalte mir die Sichtung einer weniger entstellten Fassung ausdrücklich vor.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Willkommen in der Hölle - Cesare Canevari
Wenn man bedenkt wie einmalig dieser Film im Vergleich zu anderen Genrevertretern ist, würden mich wirklich auch andere Regiearbeiten des Herrn Canevari interessieren, nur sind die glaube ich recht schwer zu bekommen. Das einzige was von ihm auf deutscher DVD erschienen ist, ist "Die schwarze Nymphomanin 4. Teil" und ob der so Beeindruckend ist wie "Willkommen in der Hölle" wage ich dann doch leicht zu bezweifeln Hab ihn allerdings im O-Ton hier und werde in nächster Zeit mal schaun, ob sich meine Zweifel in Luft auflösen.
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Re: Willkommen in der Hölle - Cesare Canevari
Ja sehr fein, Bux, haste toll beschrieben (wer hat meinen Account genknackt??) . Erspare ich mir die Worte, kommt ja alles drin vor. Außerdem hast du das bessere Gedächtnis. Die vollständige Fassung liegt mir vor. Würde ich gerne mal mit dir gemeinsam sichten, aber leider ist es mir ja verboten worden von dir, Filme aus meiner Kiste zu zeigen. Schade
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Re: Willkommen in der Hölle - Cesare Canevari
Ach was. Vor über 40 Jahren war das doch komplett unique, und das sollte entsprechend anerkannt werden. Selbst Dario A. hat doch hiervon geklaut.buxtebrawler hat geschrieben: so wirkt es andererseits jedoch extrem selbstzweckhaft, wenn sich die Kamera urplötzlich in schwindelerregender Geschwindigkeit sekundenlang im Kreis dreht.
Außerdem ist dies nicht im geringsten selbstzweckhaft. Schließlich fliegt ein Bumerang ja in einer Kreisbahn, die Vorgehensweise liegt also auf der Hand.
Seit wann heißt Lee Hazek Ray?buxtebrawler hat geschrieben: und Lou Castel („Töte Amigo“) als Ray somit den Schurken den Garaus macht.
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Re: Willkommen in der Hölle - Cesare Canevari
Ich meinte weniger irgendwelche Bumerang-Kamerafahrten als vielmehr wildes SIch-um-die-eigene-Achse-Drehen.ugo-piazza hat geschrieben:Ach was. Vor über 40 Jahren war das doch komplett unique, und das sollte entsprechend anerkannt werden. Selbst Dario A. hat doch hiervon geklaut.
Außerdem ist dies nicht im geringsten selbstzweckhaft. Schließlich fliegt ein Bumerang ja in einer Kreisbahn, die Vorgehensweise liegt also auf der Hand.
Häh? Hatte die Rollennamen nicht mehr im Kopf, aber Castels Rolle wird überall als Ray angegeben. Oder was meinst du jetzt?ugo-piazza hat geschrieben:Seit wann heißt Lee Hazek Ray?
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Re: Willkommen in der Hölle - Cesare Canevari
Genau das meinte ich, sehe aber gerade, dass Castels Rolle in der IMDB als Ray oder Todd bezeichnet wird. Ich bin mir aber 99% sicher, dass er in der DF mit Lee benannt wurde.buxtebrawler hat geschrieben:
Häh? Hatte die Rollennamen nicht mehr im Kopf, aber Castels Rolle wird überall als Ray angegeben. Oder was meinst du jetzt?ugo-piazza hat geschrieben:Seit wann heißt Lee Hazek Ray?
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Re: Willkommen in der Hölle - Cesare Canevari
Kessler schreibt auch von Lee Hasek.
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Re: Willkommen in der Hölle - Cesare Canevari
Eigenartig. Hieß der evtl. nur in der deutschen Fassung so?Bonpensiero hat geschrieben:Kessler schreibt auch von Lee Hasek.
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