Der Kommissar [TV-Serie] (1969 - 1976)

Moderator: jogiwan

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Prisma
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Re: Der Kommissar (1969 - 1976)

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GELD VON TOTEN KASSIEREN (Folge 9)

mit Erik Ode, Günther Schramm, Reinhard Glemnitz, Emely Reuer, Helma Seitz, Rosemarie Fendel
Gäste: Siegfried Lowitz, Eva Brumby, Götz Burger, Monika Zinnenberg, Hartmut Reck, Kurt Jaggberg, u.a.
hergestellt durch die Neue Münchner Fernsehproduktion | im Auftrag des ZDF
Regie: Georg Tressler


Eine Einbruchserie gibt viele Rätsel auf. Einem maskierten Dieb gelingt es immer wieder aufs Neue, kleinere Bankfilialen auszurauben, und dabei wird immer nach dem gleichen Strickmuster vorgegangen. Auffällig ist auch stets, dass der maskierte Einbrecher, der seine Opfer mit vorgehaltener Pistole bedroht, genauere Kenntnisse über die dortigen Gegebenheiten haben musste. Schnell wird ein Verdächtiger ausgemacht, ein gewisser Kranz, der vor kurzem aus der Haft entlassen wurde. Alles passt zusammen, doch dann geschieht ein Mord bei einem der Überfälle, was keineswegs zum Profil des Ex-Sträflings passt. Hat er sich hinter den Gefängnismauern etwa umorientiert..?

Folge 9 behandelt einen klassischen Kriminalfall und ist darüber hinaus auch noch am leichten Anreißen einer Milieustudie interessiert. So gestaltet sich zumindest der erste Eindruck. Im Verlauf wird allerdings klar, dass der Mord gar nicht so sehr im Vordergrund stehen wird, sondern die Verwicklungen der Personen untereinander, und ob Kranz tatsächlich in den Fall involviert ist. Dieses Konzept funktioniert recht gut, denn man hat es mit einem straffen Erzähltempo zu tun, aber vor allem Siegfried Lowitz möbelt diese Episode mit seinem Charisma auf. Die Schauplätze sind aussagekräftig und markant, sie charakterisieren das Umfeld, in dem angeblich Verbrecher und gescheiterte Existenzen fabriziert werden sehr ordentlich. Interessant bei "Geld von toten kassieren" ist das dargestellte Vakuum in einer Familie, die es lernen musste, sich alleine durchzuschlagen, und nun plötzlich vor dem neuen, alten Problem steht. Was damals die Schwierigkeit war, als er ins Gefängnis musste, taucht jetzt wieder auf, nur umgekehrt. Mittlerweile ist es tatsächlich ein Problem, dass Kranz wieder da ist. Seine Frau geht damit um wie sie es mit dem ganzen Leben tut. Sie nimmt hin und sie hat resigniert, was von Eva Brumby überzeugend interpretiert wird. Die Kinder müssen ab sofort mit einem Fremden unter einem Dach leben, Spannungen sind vorprogrammiert, vor allem weil Kranz sich immer noch in der Rolle des Hausherrn sieht.

Die passende Interpretation dazu liefert ein hervorragend aufgelegter Siegfried Lowitz, der wie es scheint wirklich in jedem Metier zu Hause war. So wirklich traut man dem unruhigen und impulsiv wirkenden Mann keinen Mord zu, aber vor dem durchleuchteten Familienhintergrund sieht man eine wahrscheinliche Verwicklung deutlich vor Augen. Er möchte wieder gutmachen, er will der Frau und den Kindern etwas bieten können, doch kann er bis zur letzten Konsequenz auch Vorbild sein? Das alles wird hier sehr nett erörtert und aufgerollt. Einige zusätzliche Personen wie Hartmut Reck oder Kurt Jaggberg symbolisieren die dunkle Vergangenheit des Herrn Kranz und halten sie über den kompletten Verlauf auch aktuell, außerdem sorgen sie für Verwirrung beim Zuschauer. Ein Puzzle fügt sich nach und nach zusammen, bei dem es einige interessante Überraschungen geben wird. Empfundene Vorhersehbarkeit mündet schließlich in einem originell ausgearbeiteten Finale, und der Weg dort hin ist immer wieder mit einigen Kehrtwendungen ausgestattet worden, so dass "Geld von toten kassieren" eine solide Kommissar-Folge darstellt, die unter der Regie von Georg Tressler einen überzeugenden Schliff bekam. Die Schauspieler taten ihr übriges dazu und man kann von sehenswerter Unterhaltung sprechen, die mich vor allem durch ihren klaren Aufbau überzeugen konnte.
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FarfallaInsanguinata
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Re: Der Kommissar (1969 - 1976)

Beitrag von FarfallaInsanguinata »

Wird leider ein wenig dauern, bis ich hier wieder teilnehmen kann. Ab Mittwoch bin ich vorerst ca. 10 Tage ohne Inet ... :pfeif:
Allerdings erinnere ich mich noch gut an die überzeugende darstellerische Leistung von Siegfried Lowitz.
Diktatur der Toleranz

Die Zeit listete den Film in einem Jahresrückblick als einen der schlechtesten des Kinojahres 2023. Besonders bemängelt wurden dabei die Sexszenen, die von der Rezensentin als „pornografisch“ und „lächerlich“ bezeichnet wurden.
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Prisma
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Re: Der Kommissar (1969 - 1976)

Beitrag von Prisma »


SCHREI VOR DEM FENSTER (Folge 10)

mit Erik Ode, Günther Schramm, Reinhard Glemnitz, Fritz Wepper
Gäste: Maria Schell, Eva Ingeborg Scholz, Veit Relin, Doris Kiesow, Gunther Beth, Stella Mooney, u.a.
hergestellt durch die Neue Münchner Fernsehproduktion | im Auftrag des ZDF
Regie: Dietrich Haugk


In der Wohnung der bekannten Schauspielerin Irene Pauli spielt sich etwas Verdächtiges ab. Der Hausmeister geht der Sache nach, denn er will einen Schuss gehört haben. Und tatsächlich ertappt er einen jungen Mann auf frischer Tat, mit einer Waffe in der Hand. Es ist der Sohn der Schauspielerin der sich Hals über Kopf auf die Flucht begibt. In böser Vorahnung entdeckt der Hausmeister den Ehemann der Pauli, er wurde erschossen. Eine Großfahndung nach dem vermeintlichen Mörder beginnt und der Fall scheint klar zu sein. Braucht Kommissar Keller nur noch zuzuschnappen oder handelt es sich um ein Komplott..?

Maria Stuart verlässt die Bühne und somit das Schafott, die Garderobiere ist ihr behilflich, das Kostüm und die Accessoires abzulegen, und hinter dieser Fassade erscheint Weltstar Maria Schell, die diese zehnte Folge eindrucksvoll dominieren wird. Diese denkwürdige Anfangssequenz steckt bereits voller Symbolik, die diese zehnte Folge insgesamt charakterisieren wird. Mir persönlich gefällt das Konzept Schauspieler spielt Schauspieler im Film immer besonders gut, da es die Aufmerksamkeit anregt und wie hier die Interpretationsgabe der jeweiligen Akteure nochmals hervorhebt. Maria Schell spielt sich hier also selbst? Eher kann man sagen, dass sie eine hervorragende Schauspielerin spielt. Der "Schrei vor dem Fenster" ertönt, und lässt den Zuschauer für einen Moment lang den Atem anhalten. Verzweifelt und hilflos ruft der Sohn der Pauli in ergreifender Weise: »Mutter, Mutter!«. Ist es der Hilferuf eines Mörders oder eines Gejagten? Der Beschützerinstinkt einer sich sorgenden Mutter ist jedenfalls erwacht, und sie wird alle sich bietenden Mittel ergreifen, um ihren Sohn, den angeblichen Mörder seines Stiefvaters, zu entlasten. Sie manipuliert, diskreditiert, befiehlt, befragt und vielleicht lügt sie sogar, ja, spielt sie eine Rolle oder nicht? Das ist in dieser Folge die bei weitem interessanteste Frage. Das Mordmotiv an sich liegt beim Durchleuchten des Ermordeten schnell auf der Hand. Es hat einen Tyrannen und moralisch verkommenen erwischt, der sich obendrein in zweifelhaften Kreisen bewegt haben soll, und um den es, wie einige Personen bestätigen, nicht gerade sehr schade sei. Wie Kommissar Keller richtig anmerkt, ist von dem Toten nach kürzester Zeit überhaupt keine Rede mehr, was die Zweifel des Zuschauers schürt. So ist bei diesem recht simplen Kriminalfall diese permanente Misstrauensfrage an die involvierten Personen ganz originell und irgendwie belebend, denn man fühlt sich, als sei man selbst an den Ermittlungen beteiligt. Das ist für mich die große Stärke dieser Folge, dass die Regie eine hohe Zuschauergewalt verteilte. Die Geschehnisse und die Vorgänge sind eher leicht herzuleiten und vermitteln ein Gefühl von eigener Kombinationsgabe. Eine Schmeichelfolge, zumindest in dieser Beziehung.

Maria Schell spielt ihr ganzes Repertoire zwischen Unempfindlichkeit und Hysterie beeindruckend aus. Ihr Mann ist tot, so ist es halt; ihr Kind wird verfolgt, sie wird zur Furie. Ihre extremen Gefühlsschwankungen kommen nicht nur Kommissar Keller und seinen Kollegen spanisch vor, sondern auch dem verblüfften Zuschauer. Nicht nur, dass sie zu Beginn Befragungen, beispielsweise beim Hausmeister, durchführt, und damit eindeutig ihre Kompetenzen mehrmals überschreitet, sie bietet auch permanent spekulative Tathergänge an, die Keller sichtlich Nerven kosten. Eva Ingeborg Scholz spielt ihre Schwester, und der Eindruck, dass sie darstellerisch total neben Maria Schell untergeht, überträgt sich 1:1 auf das Verhältnis der Schwestern zueinander. Veit Relin würzt die Folge mit herbem Zynismus und schmerzhaftem Realismus, fast alle Personen fallen schlussendlich sehr unangenehm auf und könnten mit dem Mord einen Schlussstrich unter die Misere gezogen haben. Die Treibjagd durch die Polizei wurde sehr eingängig in Szene gesetzt und es kommt zu einigen spannenden Sequenzen, die jedoch immer wieder durch die Selbstinszenierungen der Pauli unterbrochen werden. Eine lustige Szene zur Auflockerung sieht man, als der gehetzte Berthold, übrigens sehr gut gespielt von Gunther Beth ("Sieben Tage Frist"), in ein getarntes Bordell flüchtet und eine Reihe von aufgebrachten Prostituierten aufschreckt. Immer wieder kommt es zur Veranschaulichung der Vorverurteilung durch die Massen, was sich insbesondere zum Finale hin zuspitzen wird, und auch die charismatischen Schauplätze passen hervorragend in das Gesamtbild. Kommissar Kellers Resumée ist ebenso einfach wie beeindruckend, so dass die Folge "Schrei vor dem Fenster" insgesamt nur zu einer verhaltenen Wertung kommt. Es hätte tatsächlich ein perfekter Mord werden können, wenn da nicht erneut diese fatale Verkettung von Zufällen gewesen wäre. Mein Geschmack wurde bei dieser hervorragenden Folge, die von Dietrich Haugk inszeniert wurde, und der ihre Theatralik angemessen steht, unbedingt getroffen.
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Prisma
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Re: Der Kommissar (1969 - 1976)

Beitrag von Prisma »


DIE SCHRECKLICHEN (Folge 11)

mit Erik Ode, Günther Schramm, Reinhard Glemnitz, Fritz Wepper, Emely Reuer
Gäste: Helga Anders, Anita Höfer, Hans Schweikart, Karl Walter Diess, Dirk Dautzenberg, u.a.
hergestellt durch die Neue Münchner Fernsehproduktion | im Auftrag des ZDF
Regie: Zbyněk Brynych


Im Englischen Garten wird eine Leiche gefunden. Es scheint, dass der Mann, der völlig betrunken gewesen war, dort in den Bach gestürzt, und ertrunken ist. Bei der Suche nach der Kneipe, in der sich der Mann volllaufen ließ, stößt Kommissar Keller auf merkwürdige Personen die sich durch fadenscheinige und gegensätzliche Aussagen verdächtig machen, zu denen auch einige Rentner gehören, die sich auffällig verhalten. Für den Kommissar ist nach dem Sammeln von Indizien schnell klar, dass es sich um keinen Unfall handeln kann. Er ist überzeugt, dass der Mann ertränkt, und anschließend beraubt wurde. Beim Überwachen der Verdächtigen kommt es zu erstaunlichen Erkenntnissen...

Nach nun zehn mehr oder weniger charakteristischen, aber wenigstens überwiegend zufriedenstellenden Kriminalfällen innerhalb der Reihe, versuchte es Regisseur Zbyněk Brynych mit einer Art Kulturrevolution, die jedoch in einem Kulturschock gipfelt. Ein Debüt lässt Neuerungen und etliche brauchbare Qualitätsmerkmale vermuten, doch der Versuch, alles, und vor allem das Rad neu zu erfinden, ist eine heikle Angelegenheit. Dass es der Zuschauer mit einer der launischsten und im Endeffekt misslungensten Folgen der fast hundertteiligen Serie zu tun bekommt, kristallisiert sich hier im Eiltempo heraus. "Die Schrecklichen", das klingt wie eine außergewöhnliche und vielversprechende Ankündigung, entpuppt sich jedoch als Anfang einer ungemütlichen, oder eher noch unglaubwürdigen (für mich sogar unerträglichen) Strapaze. Die elfte Folge erweist sich als grundlegend diffus und lässt auch den Letzten das Vertrauen in das Zufallsprinzip, das ja häufiger Verwendung fand, verlieren. Vollgestopft mit fadenscheiniger Theatralik, falscher (womöglich noch gesellschaftskritisch angelegter) Untertöne und abverlangender Hysterie, versuchte man diese gar nicht einmal so schlecht ins Bild eingefangene Episode als etwas Extravagantes und Originelles zu servieren. Sicher mögen das viele auch so auffassen, ich kann mir denken, dass diese Experimente des berüchtigten Regisseurs als richtige Farbtupfer angesehen werden, doch mir persönlich passierte genau das, was es meiner Ansicht nach bei TV und Film nicht geben sollte und viel fataler als Langeweile ist. Man merkt, dass Ausdauer und Geduld rapide schwinden.

Hier kann man wohl teilweise sagen: die Besetzung lockt, bevor sie schockt. Das beste Beispiel ist die von mir immer gerne gesehene und hochverehrte Helga Anders, der man hier leider anmerkt, dass sie oftmals ziellos durch die abstruse Konstruktion stolpert, oder eben wahlweise tanzt. Es scheint, als könne sie nicht das Geringste aus diesem sinnlosen Theater herausholen. Einige mögen etwa sagen, dass sie genau der Anforderung entsprechend spiele, damit die subtile Anlegung der Rolle aufgehe. Ich meine, eher nicht, ihre eingeschüchterte Figur (die man vielerorts besser gesehen hat) wirkt im Geschehen überaus kontrakt und deplatziert, da die Geschichte insgesamt nicht gut mit ihren Charakteren abgestimmt ist, oder auch umgekehrt. Verschenkt! Die paraphrasierenden Dialoge sind kaum zu fassen und es ist daher erstaunlich, dass Kommissar Keller diesen Fall als Zuhörer schließlich lösen kann. Sehr positiv fällt sein Zusammenspiel mit Anita Höfer auf, die eine der wenigen ist, die eine gelungene Dosierung glaubhaft transportieren kann. Dirk Dautzenberg und Karl Walter Diess schließen sich zumindest in Sachen der glaubhaften Interpretation an. Dann wäre da noch die Clique der alten Herren, deren Darstellung in Richtung lächerlicher Karikaturen abdriftet. Ihr Gehabe ist nicht nur albern, sondern auch unmotiviert und ärgerlich zugleich. Spannung geht der Folge hauptsächlich verloren und entsteht leider nur, weil die Protagonisten dazu gezwungen sind, die Luft sehr lange anzuhalten. Erstaunlicherweise kommt es, wenn man von der misslungenen Rahmenhandlung und der nervtötenden Musik mal absehen kann, zu einem atmosphärisch überzeugendem Finale, das sogar für einen kurzen Moment nachdenklich stimmt. Doch schnell merkt man wieder, in welcher Farce man sich eigentlich befindet, und freut sich über den Abspann, der ein baldiges Ende garantiert. Grabert sagte anfangs in der Folge etwas, das mir zu denken gab. Irgend jemand soll »Lalle gewesen« sein; die Frage ist schlussendlich wer. Ich bin selbst erstaunt darüber, dass ich mir hier nicht mehr wie üblich die Mühe mache, auch die andere Seite der Medaille wohlwollend zu beleuchten, da ich allem, was ich mir anschaue, auch etwas Gutes abgewinnen kann. "Die Schrecklichen" versagt diesbezüglich auf ganzer Linie, und meine Gesamteinschätzung für die Folge 11 kommt daher dem Titel verdächtig nahe, obwohl »schrecklich« eigentlich schon wieder eine Auszeichnung wäre.
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FarfallaInsanguinata
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Re: Der Kommissar (1969 - 1976)

Beitrag von FarfallaInsanguinata »

Wie schön, dass du deine Besprechungen doch fortsetzt, Prisma!
Ich hatte mittlerweile schon ein ziemlich schlechtes Gewissen, weil ich mit meinen Einschätzungen so hinterherhinke. :oops:

Leider mußte ich gerade mit Schrecken feststellen, dass "Die Schrecklichen" zu den bereits erwähnten wenigen Folgen gehört, die mir selbst nicht vorliegen. Und das trotz Helga Anders, eine Schande!
Allerdings kommt die Episode in meiner Erinnerung lange nicht so schlecht weg wie bei dir. Natürlich ist die Handlung nicht gerade realistisch, aber einfallsreich und unterhaltsam fand ich es dann doch. Aus dem Gefühl würde ich sagen "Mittelmaß mit Schwächen, jedoch kein vollständiger Reinfall."
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Prisma
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Re: Der Kommissar (1969 - 1976)

Beitrag von Prisma »

Ich hatte ein bisschen mit Brynychs Folge gewartet, weil ich gleichzeitig einen Spielfilm von ihm besprechen wollte, aber nicht so richtig weiter komme, weil mich der Film wider erwarten beeindruckt hat. Ich denke da lasse ich mir einfach nochn bisschen Zeit mit und hier gehts dann wieder zügiger weiter.

Was "Die Schrecklichen" angeht, so gibt es da keine Hoffnung, dass sich meine Meinung irgendwann ändern könnte, wie übrigens bei seinen anderen Beiträgen auch. Da geht es auch nicht um die realistische Abhandlung oder nicht, es gibt ja schließlich einige Kommissar-Märchen, sondern einfach um diese völlig misslungene Herangehensweise der Regie, die für mich nicht nachvollziehbar ist. Ich kann diese hysterischen Folgen einfach kaum aushalten.
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Prisma
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Re: Der Kommissar (1969 - 1976)

Beitrag von Prisma »


HELGA ANDERS (*11.01.1948 Innsbruck † 04.04.1986 München)

Helga Anders im Film [Auswahl]:

♦ Der Forellenhof (1965-1966) [TV]
♦ Die Unverbesserlichen (1965-1967) [TV]
♦ Der Kongress amüsiert sich (1966)
♦ 00 Sex am Wolfgangsee (1966)
♦ Mädchen, Mädchen (1967)
♦ Das Rasthaus der grausamen Puppen (1967)
♦ Erotik auf der Schulbank (1968)
♦ Zuckerbrot und Peitsche (1968)
♦ Unser Doktor ist der Beste (1969)
♦ Mädchen mit Gewalt (1970)
♦ Mord im Pfarrhaus (1970) [TV]
♦ Die Powenzbande (1973) [TV]
♦ Das blaue Palais (1976) [TV]
♦ Der Trotzkopf (1983) [TV]


Das Lexikon der deutschen Filmstars hat geschrieben:
In Ruhpolding und Bielefeld aufgewachsen; Besuch einer Ballettschule; spielt mit acht Jahren eine Rolle in der Operette »Der fidele Bauer«. Nach dem Umzug der Eltern an den Tegernsee wirkt A. mit dreizehn an einer bayrischen Bauernbühne mit. Ihr Filmdebüt feiert sie mit zwölf; als Fünfzehnjährige tritt sie erstmals in der Kleinen Komödie in München auf. Heiratet 1967 Roger Fritz, unter dessen Regie sie in mehreren Filmen die Hauptrollen übernimmt, besonders bekannt wurde sie durch Mädchen Mädchen (1966). Der Jungstar wird von Roger Fritz geschieden, betreibt eine Theaterkneipe in München, ist ab Mitte der sechziger Jahre auch häufig im Fernsehen zu sehen. Sie scheidet durch Suizid aus dem Leben. Laut Pressemitteilung war die Todesursache angeblich Herzversagen. Typ: Die kleine Dunkelhaarige mit den großen Augen galt als die Lolita im deutschen Film der sechziger Jahre. Lasziv und provozierend »unschuldig«, war sie die gefährdete Minderjährige und verkörperte den Typ einer modernen Jugend, die offenen Umgang mit dem anderen Geschlecht pflegte.
Die Auseinandersetzung mit der Schauspielerin Helga Anders sieht auf den ersten Blick ganz einfach aus. Eine Darstellerin die sich selbst ein Image erschuf, oder um die ein Image kreiert wurde, das ewige Schulmädchen, zunächst glänzend und später gefangen in obligatorischen Rollen, die junge Lolita des deutschen Kino und eine der Identifikationsfiguren der damaligen Jugend. Derartige Festlegungen, die es ja scharenweise gegeben hat, bilden zuerst Fundamente für steile Karrieren und große Erfolge, wenn sie jedoch haften bleiben und die betreffenden Stars sich nicht befreien können, entwickeln sie sich zum späten, und im schlimmsten Fall zu einem latenten Fluch.

Befasst man sich mit dem zweiten Blick, so offenbaren sich zahlreiche Facetten. Die Typisierung spielt unter anderem auf die Kraft der Augen an, die gerade bei Helga Anders bemerkenswerte Momente entstehen lässt. Bei einem derartigen Schicksal lasse ich mich manchmal gerne dazu verleiten, eine gewisse Traurigkeit heraus zu sehen, was sich aber bestimmt nur im Bereich der Anforderungen abspielte. Denke ich an ihre Elizabeth in „Schreie in der Nacht“, so fühlt man sich als Zuschauer durch verführerische und selbstbewusste Blicke verfolgt, gerade ihre Gastrollen bei "Der Kommissar", „Derrick“ und „Der Alte“ zählen für mich zu den großen Leistungen der Helga Anders. In „Kaffee mit Beate“ war sie einfach großartig, die außergewöhnlichste Leistung blieb mir allerdings in „Teufelsbrut“ in Erinnerung. Eher belanglose Rollen wie in „Das Rasthaus der grausamen Puppen“, „Der Mörderclub von Brooklyn“ oder „Bel Ami 2000 – wie verführt man einen Playboy“ fallen in die Kategorie der Publikumswirksamkeit und klassischer Image-Besetzung. Einige Personen die ich zu Helga Anders befragt habe, bestätigten das bekannte Bild der Schauspielerin und es kamen Einschätzungen wie »mädchenhaft-unschuldig« oder »Kindfrau« zu Stande. Allerdings war man sich letztlich stets einig, dass man sie immer sehr gerne gesehen habe.

Oft schießt mir bei Helga Anders der Quervergleich mit Romy Schneider in den Kopf, bei der sich bis heute Gerüchte um einen angeblichen Selbstmord halten. Die Verlautbarungen der französischen Presse, wie beispielsweise »Romy Schneider s’est suicidée« sind bis heute etabliert, wenn auch zweifelhaft. Bei dem Fall Helga Anders, die gerade Mal 38-jährig verstarb, urteilte die Klatschpresse ähnlich deutlich. Es entstehen kleinere oder größere Mythen, die bei Romy Schneider (die bis heute als einer der größten französischen Superstars verehrt wird, und die hierzulande leider immer noch ein kaugummiartiges Image umgibt) vielleicht zu Recht entstanden sind. Helga Anders hatte nicht diese internationale Karriere, dennoch hat sie ihren festen, angesehenen Platz in der deutschen Kino-und-TV-Landschaft. Das Konstruieren von Suizid-Gerüchten ist schon immer ein gefundenes Fressen für die Presse gewesen, ich persönlich glaube zuerst immer an die logische Konsequenz unter bestimmten Voraussetzungen, die kein Organismus auf Dauer aushält. An einen bestimmten Mythos glaube ich jedoch wirklich, und zwar dass viele Schauspieler an geplatzten Träumen und Illusionen gescheitert sind.

Helga Anders einzuschätzen fällt mir trotz aller Begeisterung sehr schwer, denn sie passt so wenig in meine Sammlung der einschlägigen Darstellerinnen, die vor Unnahbarkeit und fesselnder Aura nur so strotzen. Das Faszinierende ist für mich nicht die »Lolita« oder das »Schulmädchen«, dieses Image war mir immer zu konstruiert und fremd. Helga Anders ist eine Darstellerin, die mich trotzdem unmissverständlich anspricht, weil die schauspielerische Kompetenz so unverwechselbar-unbändig erscheint. Sie wirkt widersprüchlich in diesem Spektrum zwischen Schulmädchen und Verführerin. Hinzu kommt, dass sie keine großartige Distanz zum Zuschauer aufbaut, jedoch ihre Charaktere mit einer eigenartigen Kontrolle ausstatten konnte, sie gut strukturieren konnte. Helga Anders zehrt in ihren Rollen im hohen Ausmaß von ihrer Körpersprache, ihrer angenehmen Stimme, von ihrer Ausstrahlung ganz zu schweigen.

Wie es eben so ist, werden Image-Fragen meistens erst hinterher kritisch durchleuchtet. Aus heutiger Sicht sehe ich persönlich einen überaus verschwenderischen und einseitigen Umgang des deutschen Films mit der begabten Schauspielerin Helga Anders, die diversen Rollen ein reizvolleres und nachhaltigeres Gesicht hätte geben können. Ihre TV-Präsenz zähle ich, verglichen mit ihrer Schaffens-Geschichte im Kino, zu den wesentlich hochkarätigeren und denkwürdigeren Leistungen, da sie hier häufiger etwas mehr Luft zum Atmen, beziehungsweise etwas mehr Raum zur Entfaltung bekam. Meines Erachtens würde Helga Anders jedenfalls mit größter Wahrscheinlichkeit auch heute noch zur deutschen TV-Prominenz zählen. Insgesamt bleibt zu sagen, dass eine Beteiligung von Helga Anders, egal ob im Film oder TV, für mich stets genügend Grund, oder sogar ein Muss darstellt, mir ihre Leistungen anzuschauen, oder mir passendes Material zu beschaffen. Für mich persönlich ist und bleibt sie eine unbestrittene Größe, die jede Hommage verdient hat!
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FarfallaInsanguinata
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Re: Der Kommissar (1969 - 1976)

Beitrag von FarfallaInsanguinata »

Was Helga Anders betrifft, wird meine Wahrnehmung immer rein subjektiv bleiben, da sie meine absolute deutsche Lieblingsschauspielerin ist.
Ich habe mir retrospektiv alles von ihr gegeben, was ich finden konnte inklusive der Fernsehproduktionen "Die Unverbesserlichen" und " Der Forellenhof", der eher blassen Geschichten wie "Der Mörderclub von Brooklyn" und dem grandiosen "Tätowierung" , bis über die "Kommissar"-Folgen, "Schreie in der Nacht" und "Mädchen mit Gewalt" mit der genialen Musik von Can.
Das Kinoplakat von "Mädchen Mädchen" hatte ich leider in einem Anfall von geistiger Umnachtung verkauft, aber ihr Original-Autogramm besitze ich zum Glück noch immer. Sie bleibt meine Heldin am deutschen Filmhimmel!
Ich muß da auch gar nicht objektiv sein, denn Helga Anders ist meine Göttin. Punkt!
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FarfallaInsanguinata
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Re: Der Kommissar (1969 - 1976)

Beitrag von FarfallaInsanguinata »

Heute habe ich mir die Zeit genommen, deinen Text zu Helga Anders, den ich gestern nur überflogen hatte, genauer zu lesen, Prisma. Sehr gut geschrieben!
Ich tue mich mit solchen objektiven Abfassungen leider immer extrem schwer. Wie schon an meinen Äusserungen zu Christiane Schröder und auch jetzt wieder zu Helga Anders zu sehen, ist mein Verhältnis zu Schauspielern dazu zu emotional. Entweder ich verfalle jemandem mit Haut und Haaren und bin damit auch unfähig zu berechtigter Kritik oder die Person ist mir völlig gleichgültig. Dazwischen gibt es wenig Spielraum. Umso schöner, wenn dann jemand anders einen differenzierten Text zu der Betreffenden verfasst.
Diktatur der Toleranz

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dr. freudstein
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Re: Der Kommissar (1969 - 1976)

Beitrag von dr. freudstein »

Staffel 1, Disc 1

Folge 1 - TOTER HERR IM REGEN

mit Dorothea Wieck, Rainer Penkert, Wolfgang Becker u.a.

Regie: Wolfgang Becker
Erstausstrahlung: 03.01.1969

Story:
Der Geschäftsmann Dr. Steiner wird ermordet aufgefunden. Kommissar Keller enthüllt das Charakterbild und die Lebensumstände Dr. Steiners, der seine Firma mit grossem Erfolg führte. Dabei stellt er fest, dass Steiner viele Feinde hatte. Selbst die Mitglieder seiner Familie gehörten dazu. Der Verdacht Kellers konzentriert sich auf den 23-jährigen Stiefsohn Robert. Da der Kommissar im die Täterschaft nicht nachweisen kann, verbündet er sich mit dem jungem Mann und bringt ihn in langen Gesprächen dazu, den Hintergrund zu erhellen.

Die erste Krimireihe aus deutschen Lande, die viele Nachfolger fand u.a. DERRICK, in der Fritz Wepper ebenfalls Harry Klein spielt. Musik stammt teilweise auch von PETER THOMAS. Diese Folge hätte eigentlich Nr. 2 werden sollen. Der Kommissar sammelt Briefmarken und trinkt in dieser Folge ein Glas Wein, mag keine Gamaschen trotz Regen. Ein Cognac solls auch noch sein, aus Frankreich wird er gefragt. Woher sonst, Cognac kommt aus der Stadt Cognac und nirgends anderswo her, sonst wäre es ein Weinbrand.Seine Kollegen sind auch kein Vorbild, schmeisst doch einer aus seinem Team den Müll einfach so auf die Straße.
Mir hat der Auftakt sehr gut gefallen, aber es werden sicher noch bessere folgen. Die Auflösung deckte sich zwar nicht mit meinem Verdacht, aber ist auch keine grosse Überraschung.
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