Im Jahr 1795 schrieb der Marquis de Sade "Die Philosophie im Boudoir".
1970 entstand auf der Basis dieses Werks Jess Francos Film "Die Jungfrau und die Peitsche", der nach seinem Kinoeinsatz hierzulande quasi als verschollen galt, aber vor einigen Jahren bei EPIX mit einer 16er-Freigabe auf DVD erschien.
1980 befasste ich Franco erneut mit diesem Stoff. In den 10 Jahren dazwischen hatte Onkel Jesus sich einen Ruf als Erotomane schwer erarbeitet. Absehbar also, dass es hier mehr in die vollen gehen könnte.
Alberto de Rosa und seine nymphomanische Stiefschwester Alba bringen die minderjährige Eugenie (in der deutschen Fassung: Lolita!) in ihr Ferienhaus auf einer abgelegenen Insel, wo Drogen eingeworfen werden, wo vergewaltigt und ausgepeitscht wird. Und gemordet wird auch, denn Alberto hat einen ziemlichen Hau weg und neigt dazu, Frauen am Strand aus dem Sand nachzumodellieren und sie anschließend umzubringen...
In der spanischen Version 94 Minuten lang, wurde der Film für den deutschen Markt von Carl Spiehs für seinen Residenz-Verleih gekauft (nein, die Lisa-Film war an der Produktion nicht beteiligt) und bearbeitet. Die Kinofassung soll noch 77 Minuten gelaufen sein, die Videoversion bringt es auf 70, die RTL-TV-Ausstrahlung auf 64 Minuten. Die Musik, die im Original von Franco und Pablo Villa stammt, wurde komplett durch Mucke von Gerhard Heinz ersetzt (während des Vorspanns ist ganz kurz noch etwas Originalmusik zu hören), einige Szenen aus der 1977er Lisa-Produktion "Die Insel der 1000 Freuden" von Hubert Frank wurden als Traumsequenzen in den Film hereingeschnitten (dies betrifft die Lesben-Szenen mit Bea Fiedler als Traum von Lolita und die Szene, in der Otto Retzer Scarlett Gunden misshandelt, als Traumszene von Alba) und Lolita teilweise ein abmilderndes Voice-over verpasst. Und der Name der Titelfigur wurde natürlich von "Eugenie" in "Lolita" geändert, wofür wohl eher Nabokov herhalten musste als die gleichnamige Interpretin von Seemannsliedern...
In der RTL-Fassung ist die Retzer-Szene wiederum nicht mehr enthalten, bei Albas Tod hat sie keinem Schaum mehr vor dem Mund (zu trashig??) und die Figur Sultanas fehlt dort fast vollständig. Dies betrifft gleich die Anfangsszene, wo Sultana (Lina Romay, die hier schon etwas fülliger wurde) im Haus fiepend und angeleint auf die Ankunft von Alba und Alberto wartet und Alba anschließend ableckt, später weitere Szenen, die sie an der Leine zeigen und letztlich auch ihre Ermordung durch Alberto.
Dafür enthält die RTL-Ausstrahlung wiederum eine wichtige Szene, die in der Videofassung fehlt. Nach der Sexszene zwischen Alba und Eugenies Vater, die ja damit endet, dass Alba sagt, dass keine weiteren Treffen geben werde, kommt es eben doch zu einem solchen, wobei Alba Daddy auspeitscht, worauf er wieder sagt, dass er ohne sie nicht leben könne. Alba stellt daraufhin die Forderung, Alberto die Tochter zu überlassen, der Vater wehrt sich zwar zuerst, sie sei doch noch ein unschuldiges Kind, willigt dann aber doch ein. Dann setzt die Videofassung wieder mit der Szene ein, in der die Eltern Eugenie Alberto und Alba für den Ferienaufenthalt übergeben.
Die spanische Fassung, die ich vor langer Zeit in ziemlich schlechter Quali sah, ist insbesondere in den problematischen Sequenzen z.T. entschieden länger. Der Filmtitel lautet ja im Original "Eugenie - Historia de una perversion" und macht ja schon recht deutlich, dass wir uns hier auf adult terrain bewegen. Christian Keßler bezeichnet ihn als "one of Francos best works" und in der IMDB heisst es
, womit der Autor nicht unrecht hat. Das führt zu dem großen Haken am Film. Eugenie/Lolita wurde gespielt von Katja Bienert, und die war damals just 14 Jahre alt. Schon hinsichtlich der "Schulmädchen vom Bahnhof Zoo" hatte ich mein Unverständnis über Katjas Mutter zum Ausdruck gebracht, und das gilt hier in weitaus stärkerem Maße. Eine 14-jährige (unabhängig davon, dass Katja älter aussah, als sie tatsächlich war und unabhängig davon, dass in de Sades Vorlage lt. der Wikipedia Eugenie erst 15 Jahre alt war) hat in einem Film mit dieser Thematik in dieser Umsetzung schlichtweg nichts zu suchen.This film has some of the most erotic footage I have seen on film, particularly the seduction of Eugenie, shown entirely with closeups of the the lips, eyes, breast and pubic region
Und so bleibt letztlich ein sehr zwiespältiger Eindruck zurück. Katjas Alter scheint wohl auch ein (oder der) Grund zu sein, dass der Film anscheinend nicht mehr erhältlich ist.