Candy - Christian Marquand (1968)
Moderator: jogiwan
Candy - Christian Marquand (1968)
Originaltitel: Candy
Herstellungsland: Italien, Frankreich, USA
Erscheinungsjahr: 1968
Regie: Christian Marquand
Darsteller: Ewa Aulin, Charles Aznavour, Marlon Brando, Richard Burton, James Coburn, John Huston,
Walter Matthau, Ringo Starr, John Astin, Elsa Martinelli, Sugar Ray Robinson, Anita Pallenberg...
Inhalt:
Die Abenteuer eines College-Girls (Ewa Aulin), auf der Suche nach der Erfüllung und dem Sinn des Lebens, führt zu zahlreichen erotischen Begegnungen und grenzüberschreitenden Erlebnissen.
Fazit:
Ich bin zufällig auf diesen Film gestoßen, als er auf Arte lief...
Schon wenn man die hochkarätige Besetzungsliste liest, wird man neugierig.
Candy, gespielt von der wirklich zuckersüßen Eva Aulin, ist auf der Suche nach dem besonderen Kick und macht sich auf eine abenteuerliche Reise zu ihren Träumen und Grenzen.
Blond und unschuldig wie sie ist, hat Candy eine unglaubliche Wirkung auf Männer, die ihr augenblicklich verfallen und ihr natürlich an die Wäsche wollen.
Sie begegnet auf ihrer Reise allerhand skurrilen Typen, gerät in die seltsamsten Situationen und erlebt sexuelle und psychedelische Abenteuer.
Diesen Film beschreiben oder bewerten zu wollen, ist fast unmöglich, das muß man selbst erleben.
Nettes, Sexploitation Kino, das Spaß macht und auf jeden Fall einen Blick wert ist.
- DrDjangoMD
- Beiträge: 4329
- Registriert: Fr 20. Mai 2011, 15:19
- Wohnort: Wien, Österreich
Re: Candy - Christian Marquand
Sorry, meine Rezension ist wieder ein wenig überlang geworden, aber der Film dauert fast zwei Stunden und ist obendrein noch total obskur. Das nächste Mal fasse ich mich wieder kürzer...
Handlung:
Die junge Candy (Ewa Aulin) will mit ihrer Familie nach New York fliegen, doch die Reise verläuft nicht ganz ohne Komplikationen, so, dass sich das Mädchen auf eine skurrile Odyssee voll grotesker Gestalten, die alle nur eines von ihr wollen, begeben muss…
Kritik:
Als ich nach der Sichtung dieses Filmes erfahren habe, dass er genauso wie Jacopettis und Prosperis „Mondo Candido“ auf Voltaires Novelle „Candide oder der Optimismus“ basiert (wenn auch ein weniger loser als dieser) war ich keineswegs überrascht. Die Wahrheit ist: Die Ähnlichkeiten fielen mir schon während der Sichtung auf, sowohl vom Inhalt als auch von der Inszenierung her. Sicher, „Mondo Candido“ ist noch ein wenig verrückter, dafür ist „Candy“ nicht ganz so deprimierend und hat mehr Humor, aber trotzdem handelt es sich bei beiden über Reiseberichte junger naiver Menschen, welche mit dem größtmöglichen Maß an Absurditäten auf die Leinwand gebannt wurden, die skurrilen Elemente der beiden Filme selbst kommen sehr ähnlich rüber und Candy und Candide haben ebenso fast identische Charaktere.
Schon von der ersten Sekunde an, genauer gesagt ab dem Moment, als wir den Soundtrack zum ersten Mal vernehmen, wusste ich, dass ich „Candy“ lieben werde, denn die Filmmusik besteht aus instrumentalem 60er Rock vom Feinsten, so psychedelisch, dass man jeden Moment erwartet Grace Slicks Gesangsstimme zu vernehmen. Dies passt nicht nur zu dem selbst sehr psychedelischen Grundton des Filmes, sondern geht auch wunderbar ins Ohr und bereitet schon allein ein rein auditives Vergnügen. Als an zwei Stellen dann sogar Steppenwolf-Songs zu hören waren, war ich vollends zufrieden.
Der Haupt- und Titelcharakter wird verkörpert von Gottes Antwort auf die Erfindung der Zuckerwatte herself, Ewa Aulin. Sie ist sichtlich geboren für die Rolle der Inkarnation der Unschuld, der menschgewordenen Naivität, plus sie besitzt das nötige Talent um diese Stereotypen-Rolle auch glaubhaft zu verkörpern. Obwohl ihre Figur sicherlich weltfremder, höflicher und attraktiver ist als jeder Mensch, der je gelebt hat, lässt ihr Archetyp durchaus auch eine Identifikation mit ihr zu und sympathisch ist sie sowieso. Plus dadurch, dass die so unschuldig-naive Candy meist für die schrecklichen Ereignisse verantwortlich gemacht wird, sorgt für nachdenklich stimmende Komik. Am allerbesten an Ewa Aulins Performance ist jedoch: Sie verwandelt sich an keiner Stelle in eine verwesende Leiche! Ich fand es echt begrüßenswert, dass sie das diesmal nicht tut! Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie verstörend es ist, wenn man schmachtend vor der Leinwand sitzt und sich in Ewas Kulleraugen verliert nur um plötzlich das Antlitz von Norman Bates’ Mutter vor sich zu haben.
Wer spielt außer ihr noch mit? Die Antwort auf diese Frage ist einfach: ALLE! Die Besetzungsliste von „Candy“ strotzt nur so vor großen Namen, die teilweise recht unübliche und spaßige Darstellungen abliefern. Neben den diversen Hollywood-Stars, auf die ich gleich zu sprechen kommen werde, sei erwähnt, dass sich auch in kleinsten Nebenrollen viele Lieblinge tummeln. Da haben wir zum Beispiel eine mexikanische Frauen-Biker-Gang, bestehend aus – haltet euch fest – Nicoletta Machiavelli, Florinda Bolkan und Marilù Tolo!!! Diese drei Grazien sind alle hervorragende Charakterdarstellerin und ich hätte mir nie träumen lassen, sie alle mal im selben Film zu sehen – geschweige denn auf Motorrädern. Für mich war aber der absolute Höhepunkt in Sachen Cast eine Szene, in welcher ein verschwommener Mann mit einer Kamera vorm Gesicht den Raum betritt. Ich denke mir: „Ist das…nein, das kann er einfach nicht sein.“ Dann kommt eine Großaufnahme von dem Mann, er nimmt die Kamera weg und…er ist es! Enrico Maria Salerno spielt in diesem Film mit! Enrico Maria Salerno, die italienische Stimme Clint Eastwoods, der erste Bad-Ass-Kommissar des Poliziesco-Genres, der Mann, der zusammen mit Anthony Steffen mal Pfefferonis gegessen hat!!!
Die Größen aus Amerika sind auch alle hervorragend und spielen so skurrile Rollen, wie man sie von solch hochkarätigen Darstellern nie erwartet hätte. Marlon Brando gibt einen indischen Guru (das wird mir immer im Gedächtnis bleiben: Ab heute sehe ich Brando nie wieder als Don Vito Corleone sondern nur noch als Crazy-Guru-Guy ), Ringo Starr einen mexikanischen Gärtner, Walter Matthau einen überpatriotischen Army-Offizier, James Coburn einen Chirurgen mit dem Gehabe eines Shakespeare-Darstellers, der gern mal bei besonders dramatischen Momenten seiner Operationen den Mundschutz mit einer aussagekräftigen Geste auf den Boden donnert, John Astin hat eine wunderbare Doppelrolle als Candys konservativer Vater und dessen anti-konservativer Bruder und Richard Burton ist sowieso klasse als Poet MacPhisto. Das was ich an all diesen Figuren so liebe, wird an seinem Charakter am deutlichsten. Er ist total überzeichnet, jedes Wort, welches aus seinem Mund kommt, wird ungeheuer bedeutungsschwer vermittelt, er braucht zwei Minuten um seine Adresse durchzugeben und bricht dabei fast in Tränen aus, durch sein Haar weht konstant der Wind, auch in geschlossenen Räumen. Trotz dieser extremen Typisierung zeigt er Anzeichen durchaus ein komplexer Charakter zu sein, und Ähnliches lässt sich auch über die anderen eben beschriebenen Rollen sagen.
Der Humor in „Candy“ kommt großteils von diesen ulkigen Gesellen, die so skurril sind, dass die Erfindungen der Coen-Brüder dagegen wie alltägliche Langweiler herüberkommen. Zu den obskuren Charakteren gesellen sich dann noch tonnenweise obskure Situationen. Teilweise einfach skurril, teilweise erschreckend, so dass uns die arme unschuldige Candy, die sich plötzlich mit einer völlig verdrehten Welt konfrontiert sieht, fast schon wie Alice im Wunderland vorkommt. Diesem Nonsens kann man auf zwei Arten begegnen: Entweder man gibt nach fünf Minuten auf und langweilt sich die restlichen zwei Stunden, oder man lässt das komische Zeugs, was der Film bereithält einfach auf sich wirken und hat den Spaß seines Lebens. Ich habe mich übrigens für letztere Variante entschienen.
Die Handlung weist trotz dem Episodenhaften Charakter der einzelnen Stationen auf Candys Reise einen netten Erzählfluss auf. Dies liegt sicherlich einerseits daran, dass wir die Hauptcharakterin als gemeinsamen Nenner haben und andererseits daran, dass sich die einzelnen Minigeschichten nicht ablösen sondern ineinander übergreifen, sich bedingen. Es ist keine sture Aneinanderreihung wie beispielsweise in dem von mir nicht sonderlich geschätzten „Django – Unbarmherzig wie die Sonne“ sondern vielmehr eine Entwicklung so wie in „Mondo Candido“, plus Erkenntnis am Schluss. Da macht es auch gar nichts, dass sich der Film, der wie eine simple Softsex-Komödie beginnt, zuerst in eine alptraumhafte Horrorvision und dann in eine spirituelle Suche nach dem inneren Selbst verwandelt.
Nun stellt sich bei so einem obskurem Film natürlich die Frage, was er uns mitteilen will, was seine Hauptaussage ist. Dass er eine Aussage hat ist sicher, dafür sprechen die Tonnen von gesellschaftskritischen Momenten, welche alles von Schauoperationen bis hin zur Polizei durch den Kakao ziehen. Zudem haben wir einige nicht sonderlich gut versteckte Andeutungen, man sehe sich einfach die Rollennamen an: T.M. Christian, MacPhisto, Dr. Krankheit!? Normalerweise verteile erst ich in meinen Kritiken an die Charaktere Namen wie Creepy von Schnarchenstein, Sherlock Teseo, Dr. Doktor oder Commissario Karl Marx, es ist eine Seltenheit, dass der Film selbst das für mich übernimmt.
Also wir haben festgestellt, dass „Candy“ einiges an Subtext hat, was ist aber nun die Hauptaussage? Ich denke, der Film will uns mitteilen, dass man sich nicht dem nächstbesten Idealisten anschließen soll sondern lieber seinen eigenen Weg gehen. Um dies näher auszuführen werde ich das Ende spoilern, ihr könnt also weiterlesen, denn immerhin handelt es sich nicht um einen Krimi oder so, bei den das Ende so eine Überraschung ist, oder ihr überspringt den letzten Absatz und besorgt euch sofort irgendwoher eine Fassung von „Candy“, was ihr sowieso tun solltet, der Film ist genial, also:
Im Zuge ihrer Odyssee trifft Candy alle möglichen Leute, die ausnahmslos ihre eigenen Ideologien, ihre eigenen Weltbilder und ihre eigenen Verständnisse von Gut und Böse vertreten. Alle schaffen es die naive Candy mit ihren Weltvorstellungen zu begeistern, im Endeffekt stellt sich jedoch heraus, dass alle eigentlich nur mit ihr ins Bett wollten. Diese geistige Elite folgt nur augenscheinlich ihren Ideologien und ist in Wirklichkeit nur auf die Erfüllung ihrer eigenen Bedürfnisse bedacht. Candy ist zu unerfahren um dies zu erkennen, doch am Ende hat sie dazugelernt: In der letzten Einstellung des Filmes sehen wir alle Charaktere auf einer Wiese sitzen, jeder ist von einem kleinen Kreis Anhänger umgeben. Candy jedoch, die wie Candide am Ende von „Mondo Candido“ durch ihre Erfahrungen klug geworden ist, gesellt sich zu keinem von ihnen, schließt sich keiner der Gruppen an, sondern geht ihren eigenen Weg, vorbei an all den trügerischen Witzfiguren. Und das empfand ich als einen sehr schöner Schlussgedanke.
Fazit: Christian Marquands „Candy“ ist eine Mischung aus schräger Komödie und psychedelischer Selbstfindung mit einigen Parallelen zu „Mondo Candido“. Darin überzeugen eine bezaubernde Ewa Aulin als Personifizierte Naivität, eine endlose Riege an Hollywood-Größen in total obskuren Rollen und ENRICO MARIA SALERNO!!! 10/10
Handlung:
Die junge Candy (Ewa Aulin) will mit ihrer Familie nach New York fliegen, doch die Reise verläuft nicht ganz ohne Komplikationen, so, dass sich das Mädchen auf eine skurrile Odyssee voll grotesker Gestalten, die alle nur eines von ihr wollen, begeben muss…
Kritik:
Als ich nach der Sichtung dieses Filmes erfahren habe, dass er genauso wie Jacopettis und Prosperis „Mondo Candido“ auf Voltaires Novelle „Candide oder der Optimismus“ basiert (wenn auch ein weniger loser als dieser) war ich keineswegs überrascht. Die Wahrheit ist: Die Ähnlichkeiten fielen mir schon während der Sichtung auf, sowohl vom Inhalt als auch von der Inszenierung her. Sicher, „Mondo Candido“ ist noch ein wenig verrückter, dafür ist „Candy“ nicht ganz so deprimierend und hat mehr Humor, aber trotzdem handelt es sich bei beiden über Reiseberichte junger naiver Menschen, welche mit dem größtmöglichen Maß an Absurditäten auf die Leinwand gebannt wurden, die skurrilen Elemente der beiden Filme selbst kommen sehr ähnlich rüber und Candy und Candide haben ebenso fast identische Charaktere.
Schon von der ersten Sekunde an, genauer gesagt ab dem Moment, als wir den Soundtrack zum ersten Mal vernehmen, wusste ich, dass ich „Candy“ lieben werde, denn die Filmmusik besteht aus instrumentalem 60er Rock vom Feinsten, so psychedelisch, dass man jeden Moment erwartet Grace Slicks Gesangsstimme zu vernehmen. Dies passt nicht nur zu dem selbst sehr psychedelischen Grundton des Filmes, sondern geht auch wunderbar ins Ohr und bereitet schon allein ein rein auditives Vergnügen. Als an zwei Stellen dann sogar Steppenwolf-Songs zu hören waren, war ich vollends zufrieden.
Der Haupt- und Titelcharakter wird verkörpert von Gottes Antwort auf die Erfindung der Zuckerwatte herself, Ewa Aulin. Sie ist sichtlich geboren für die Rolle der Inkarnation der Unschuld, der menschgewordenen Naivität, plus sie besitzt das nötige Talent um diese Stereotypen-Rolle auch glaubhaft zu verkörpern. Obwohl ihre Figur sicherlich weltfremder, höflicher und attraktiver ist als jeder Mensch, der je gelebt hat, lässt ihr Archetyp durchaus auch eine Identifikation mit ihr zu und sympathisch ist sie sowieso. Plus dadurch, dass die so unschuldig-naive Candy meist für die schrecklichen Ereignisse verantwortlich gemacht wird, sorgt für nachdenklich stimmende Komik. Am allerbesten an Ewa Aulins Performance ist jedoch: Sie verwandelt sich an keiner Stelle in eine verwesende Leiche! Ich fand es echt begrüßenswert, dass sie das diesmal nicht tut! Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie verstörend es ist, wenn man schmachtend vor der Leinwand sitzt und sich in Ewas Kulleraugen verliert nur um plötzlich das Antlitz von Norman Bates’ Mutter vor sich zu haben.
Wer spielt außer ihr noch mit? Die Antwort auf diese Frage ist einfach: ALLE! Die Besetzungsliste von „Candy“ strotzt nur so vor großen Namen, die teilweise recht unübliche und spaßige Darstellungen abliefern. Neben den diversen Hollywood-Stars, auf die ich gleich zu sprechen kommen werde, sei erwähnt, dass sich auch in kleinsten Nebenrollen viele Lieblinge tummeln. Da haben wir zum Beispiel eine mexikanische Frauen-Biker-Gang, bestehend aus – haltet euch fest – Nicoletta Machiavelli, Florinda Bolkan und Marilù Tolo!!! Diese drei Grazien sind alle hervorragende Charakterdarstellerin und ich hätte mir nie träumen lassen, sie alle mal im selben Film zu sehen – geschweige denn auf Motorrädern. Für mich war aber der absolute Höhepunkt in Sachen Cast eine Szene, in welcher ein verschwommener Mann mit einer Kamera vorm Gesicht den Raum betritt. Ich denke mir: „Ist das…nein, das kann er einfach nicht sein.“ Dann kommt eine Großaufnahme von dem Mann, er nimmt die Kamera weg und…er ist es! Enrico Maria Salerno spielt in diesem Film mit! Enrico Maria Salerno, die italienische Stimme Clint Eastwoods, der erste Bad-Ass-Kommissar des Poliziesco-Genres, der Mann, der zusammen mit Anthony Steffen mal Pfefferonis gegessen hat!!!
Die Größen aus Amerika sind auch alle hervorragend und spielen so skurrile Rollen, wie man sie von solch hochkarätigen Darstellern nie erwartet hätte. Marlon Brando gibt einen indischen Guru (das wird mir immer im Gedächtnis bleiben: Ab heute sehe ich Brando nie wieder als Don Vito Corleone sondern nur noch als Crazy-Guru-Guy ), Ringo Starr einen mexikanischen Gärtner, Walter Matthau einen überpatriotischen Army-Offizier, James Coburn einen Chirurgen mit dem Gehabe eines Shakespeare-Darstellers, der gern mal bei besonders dramatischen Momenten seiner Operationen den Mundschutz mit einer aussagekräftigen Geste auf den Boden donnert, John Astin hat eine wunderbare Doppelrolle als Candys konservativer Vater und dessen anti-konservativer Bruder und Richard Burton ist sowieso klasse als Poet MacPhisto. Das was ich an all diesen Figuren so liebe, wird an seinem Charakter am deutlichsten. Er ist total überzeichnet, jedes Wort, welches aus seinem Mund kommt, wird ungeheuer bedeutungsschwer vermittelt, er braucht zwei Minuten um seine Adresse durchzugeben und bricht dabei fast in Tränen aus, durch sein Haar weht konstant der Wind, auch in geschlossenen Räumen. Trotz dieser extremen Typisierung zeigt er Anzeichen durchaus ein komplexer Charakter zu sein, und Ähnliches lässt sich auch über die anderen eben beschriebenen Rollen sagen.
Der Humor in „Candy“ kommt großteils von diesen ulkigen Gesellen, die so skurril sind, dass die Erfindungen der Coen-Brüder dagegen wie alltägliche Langweiler herüberkommen. Zu den obskuren Charakteren gesellen sich dann noch tonnenweise obskure Situationen. Teilweise einfach skurril, teilweise erschreckend, so dass uns die arme unschuldige Candy, die sich plötzlich mit einer völlig verdrehten Welt konfrontiert sieht, fast schon wie Alice im Wunderland vorkommt. Diesem Nonsens kann man auf zwei Arten begegnen: Entweder man gibt nach fünf Minuten auf und langweilt sich die restlichen zwei Stunden, oder man lässt das komische Zeugs, was der Film bereithält einfach auf sich wirken und hat den Spaß seines Lebens. Ich habe mich übrigens für letztere Variante entschienen.
Die Handlung weist trotz dem Episodenhaften Charakter der einzelnen Stationen auf Candys Reise einen netten Erzählfluss auf. Dies liegt sicherlich einerseits daran, dass wir die Hauptcharakterin als gemeinsamen Nenner haben und andererseits daran, dass sich die einzelnen Minigeschichten nicht ablösen sondern ineinander übergreifen, sich bedingen. Es ist keine sture Aneinanderreihung wie beispielsweise in dem von mir nicht sonderlich geschätzten „Django – Unbarmherzig wie die Sonne“ sondern vielmehr eine Entwicklung so wie in „Mondo Candido“, plus Erkenntnis am Schluss. Da macht es auch gar nichts, dass sich der Film, der wie eine simple Softsex-Komödie beginnt, zuerst in eine alptraumhafte Horrorvision und dann in eine spirituelle Suche nach dem inneren Selbst verwandelt.
Nun stellt sich bei so einem obskurem Film natürlich die Frage, was er uns mitteilen will, was seine Hauptaussage ist. Dass er eine Aussage hat ist sicher, dafür sprechen die Tonnen von gesellschaftskritischen Momenten, welche alles von Schauoperationen bis hin zur Polizei durch den Kakao ziehen. Zudem haben wir einige nicht sonderlich gut versteckte Andeutungen, man sehe sich einfach die Rollennamen an: T.M. Christian, MacPhisto, Dr. Krankheit!? Normalerweise verteile erst ich in meinen Kritiken an die Charaktere Namen wie Creepy von Schnarchenstein, Sherlock Teseo, Dr. Doktor oder Commissario Karl Marx, es ist eine Seltenheit, dass der Film selbst das für mich übernimmt.
Also wir haben festgestellt, dass „Candy“ einiges an Subtext hat, was ist aber nun die Hauptaussage? Ich denke, der Film will uns mitteilen, dass man sich nicht dem nächstbesten Idealisten anschließen soll sondern lieber seinen eigenen Weg gehen. Um dies näher auszuführen werde ich das Ende spoilern, ihr könnt also weiterlesen, denn immerhin handelt es sich nicht um einen Krimi oder so, bei den das Ende so eine Überraschung ist, oder ihr überspringt den letzten Absatz und besorgt euch sofort irgendwoher eine Fassung von „Candy“, was ihr sowieso tun solltet, der Film ist genial, also:
Im Zuge ihrer Odyssee trifft Candy alle möglichen Leute, die ausnahmslos ihre eigenen Ideologien, ihre eigenen Weltbilder und ihre eigenen Verständnisse von Gut und Böse vertreten. Alle schaffen es die naive Candy mit ihren Weltvorstellungen zu begeistern, im Endeffekt stellt sich jedoch heraus, dass alle eigentlich nur mit ihr ins Bett wollten. Diese geistige Elite folgt nur augenscheinlich ihren Ideologien und ist in Wirklichkeit nur auf die Erfüllung ihrer eigenen Bedürfnisse bedacht. Candy ist zu unerfahren um dies zu erkennen, doch am Ende hat sie dazugelernt: In der letzten Einstellung des Filmes sehen wir alle Charaktere auf einer Wiese sitzen, jeder ist von einem kleinen Kreis Anhänger umgeben. Candy jedoch, die wie Candide am Ende von „Mondo Candido“ durch ihre Erfahrungen klug geworden ist, gesellt sich zu keinem von ihnen, schließt sich keiner der Gruppen an, sondern geht ihren eigenen Weg, vorbei an all den trügerischen Witzfiguren. Und das empfand ich als einen sehr schöner Schlussgedanke.
Fazit: Christian Marquands „Candy“ ist eine Mischung aus schräger Komödie und psychedelischer Selbstfindung mit einigen Parallelen zu „Mondo Candido“. Darin überzeugen eine bezaubernde Ewa Aulin als Personifizierte Naivität, eine endlose Riege an Hollywood-Größen in total obskuren Rollen und ENRICO MARIA SALERNO!!! 10/10
Re: Candy - Christian Marquand
Bravo, klasse geschrieben Doc 2!!
Freut mich das Dich der Film so begeistert hat, sowas sieht man nicht alle Tage, gelle!
Freut mich das Dich der Film so begeistert hat, sowas sieht man nicht alle Tage, gelle!
Re: Candy - Christian Marquand
Ui... CANDY hatte mich jetzt total unvorbereitet getroffen & genau auf dem richtigen Fuße erwischt.
Ich wusste gar nicht mehr, das ich davon eine Kopie der ARTE Ausstrahlung liegen hatte: vor viel zu langen Tagen, Monaten, Jahren hatte ich unsere UNTOT davon einmal berichten gehört & diese hatte mir dann freundlicherweise den Film zukommen lassen, worüber ich damals und heute noch dankbar bin
...ich hatte diesen dann aber zu Seite gelegt, vergessen...bis eben gestern, wieder gefunden & ahnungslos (ich wusste nimmer um was es sich bei dem Film ausser halt dem Titel CANDY ) handelt.
Nun, der werte @DocDjango hatte ja schon alles wichtige dazu geschrieben, das ich auch so kunterbunt unterschreiben würde.
Candys/zuckersüß: Ewa Aulin quasi Roadtrip ist schon ein wilder Mix aus...ALLEM!
Es geht vom College direkt in einen Philosophischen Vortrag über in die Limousine, in die Arme von Gärtner Ringo Starr, von dessen erzürnten Schwestern auf Motorrädern (!!) dann zum & vom Flugplatz gejagt, in Soldat Walter Matthaus Arme zu Chirurg James Coburn , Mafia-Reportern, ins Auto von Polizisten in eine Dragqueen Show, in den Laster von Guru Marlon Brando, bis zum Final zurück in den Weltraum. Alles episodenhaft, zu keiner Sekunde langweilig. Ganzes Gegenteil: stehts unterhaltsam, ich musste öfters in der Mitternacht laut & herzhaft Lachen.
Da wünsche ich mir auch sehr tolle HQ Veröffentlichung.
Bildstörung - Camera Obscura: bitte den Bildungsauftrag erfüllen!
Ich wusste gar nicht mehr, das ich davon eine Kopie der ARTE Ausstrahlung liegen hatte: vor viel zu langen Tagen, Monaten, Jahren hatte ich unsere UNTOT davon einmal berichten gehört & diese hatte mir dann freundlicherweise den Film zukommen lassen, worüber ich damals und heute noch dankbar bin
...ich hatte diesen dann aber zu Seite gelegt, vergessen...bis eben gestern, wieder gefunden & ahnungslos (ich wusste nimmer um was es sich bei dem Film ausser halt dem Titel CANDY ) handelt.
Nun, der werte @DocDjango hatte ja schon alles wichtige dazu geschrieben, das ich auch so kunterbunt unterschreiben würde.
Candys/zuckersüß: Ewa Aulin quasi Roadtrip ist schon ein wilder Mix aus...ALLEM!
Es geht vom College direkt in einen Philosophischen Vortrag über in die Limousine, in die Arme von Gärtner Ringo Starr, von dessen erzürnten Schwestern auf Motorrädern (!!) dann zum & vom Flugplatz gejagt, in Soldat Walter Matthaus Arme zu Chirurg James Coburn , Mafia-Reportern, ins Auto von Polizisten in eine Dragqueen Show, in den Laster von Guru Marlon Brando, bis zum Final zurück in den Weltraum. Alles episodenhaft, zu keiner Sekunde langweilig. Ganzes Gegenteil: stehts unterhaltsam, ich musste öfters in der Mitternacht laut & herzhaft Lachen.
Da wünsche ich mir auch sehr tolle HQ Veröffentlichung.
Bildstörung - Camera Obscura: bitte den Bildungsauftrag erfüllen!