Emanuela - Dein wilder Erdbeermund
Inhibition
Italien 1976
Regie: Paolo Poeti
Claudine Beccarie, Ivan Rassimov, Ilona Staller, Cesare Barro, Adolfo Caruso, Mattia Machiavelli, Patrizia Gori, Bruno Bertocci
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OFDB
Italo-Cinema.de (Gerald Kuklinski)
Peter Smart ist ein Herumtreiber auf der Welt. Ein Berufsspieler und Glücksritter. Einer, der mit lässiger Kleidung, Cowboystiefeln und –hut die Welt bereist, hier ein wenig Geschäfte macht, dort ein wenig Glück hat, und woanders ein wenig Pech. Ein freier Mensch durch und durch, und er sieht die Sache mit der Liebe genauso frei wie den Rest des Lebens. In Nordafrika lernt er die reiche Witwe Carol kennen, die das genaue Gegenteil von ihm ist. Carol ist zynisch und durch und durch menschenverachtend. Sie sieht in allen Dingen nur den Preis, nicht den Wert, Liebe ist gleichbedeutend mit gefühlsarmem Sex, und wenn ihre bedauernswerte Sekretärin Anna eine Beziehung zu dem jungen Robert eingehen möchte, dann wirft Carol sich mit aller Wucht zwischen die beiden, erzählt Anna von der Schlechtigkeit der Männer, und verführt Robert so, dass Anna es auch mitbekommt. Hauptsache andere Menschen sind genauso unglücklich wie sie es ist.
Nur mit Peter hat Carol so ihre Probleme. Ihrer Gefühlskälte setzt Peter sein Selbstbewusstsein entgegen, und ihrem Zynismus steht seine menschenliebende und humanistische Lebensauffassung entgegen. Für Carol sind Geld und Macht alles, sie ist Materialist durch und durch, während für Peter die persönliche Freiheit das höchste Gut ist. Ein Sonnenuntergang: Peter sieht darin etwas Poetisches, Carol hasst es zuzusehen, wenn etwas stirbt. Carol will diesem freien Mann ihre Weltsicht aufdrücken – Wer ist am Ende stärker?
Was hier als Soft-Erotiker vermarktet wird, in Deutschland gleich noch mit dem Präfix zur damals gerade boomenden Emanuelle-Reihe, ist in Wirklichkeit ein interessantes und schön anzuschauendes Drama. Dort die dem Materialismus und der Macht zugewendete Carol, die den neuen Freund ihrer Sekretärin in einem durchsichtigen Hauch von gar nichts begrüßt, und hier der vollkommen freie Mann, der sein im Spiel gewonnenes Rennpferd dazu nutzt, am Strand entlang der Wellen zu reiten und die Sonne zu genießen. Dort die Gift und Galle spuckende Männerhasserin, die es nicht ertragen kann, andere Menschen glücklich zu sehen. Hier der Mann, dessen einzige Besitztümer seine Reisekleidung und sein Abendanzug für das Spiel sind, und der sämtliche Beziehungen mit der gleichen Leichtigkeit nimmt wie er das ganze Leben nimmt. Pleite? Na und, es wird sich was ergeben. Eine schöne Frau die sich betrinken will? Noch einen Whisky für die Dame, und für mich gleich einen mit. Peter Smart(!) ist so, wie so viele heutzutage gerne wären (und damals natürlich ebenfalls), und die sich doch dem Diktat des Materialismus, bestehend aus Lohnabhängigkeit und sozialer Sicherheit, unterwerfen. Und es ist bestechend zuzusehen, wie das Duell zwischen Carol und Peter wohl ausgeht.
Bestechend ist es deswegen, weil der Film mit einigen Dingen das gefürchtete Level des Privatfernsehen-Softsexers ganz weit hinter sich lässt. Da ist die wunderschöne Fotografie, die nicht nur die nackten Körper veredelt, sondern aus den Sonnenuntergängen tatsächlich poetische Höhepunkte zaubern kann, genauso wie die Romantik nordafrikanischer Städte geradezu betörend in Szene gesetzt wird. Weiter die Musik der De Angelis-Brüder, die immer den richtigen Ton trifft (und die in der Szene in der Diskothek aus dem Vorjahresfilm STETSON – DREI HALUNKEN ERSTER KLASSE stibitzt wird). Und zu guter Letzt natürlich die erstklassigen Schauspieler. OK, Ilona Staller ist ein wenig überfordert und hat an den Liebesszenen deutlich mehr Spaß als an drögen Dialogen oder gar dem gewaltsamen Unterwerfungsversuch Carols. Aber gerade Claudine Beccarie als Carol zeigt, dass sie deutlich mehr drauf hatte als nur die Rein-Raus-Nummern ihres üblichen Filmprogramms. Sie spielt erstklassig, sie transportiert Gefühle, und dafür schenkt die Kamera ihrem schönen Körper Einstellungen, von denen andere Schauspieler nur träumen können. Ivan Rassimov, last but not least, ruht in sich und gibt diesem unabhängigen und starken Mann genau die richtige Kraft und Ausstrahlung.
EMANUELA – DEIN WILDER ERDBEEMUND entpuppt sich in Folge tatsächlich als Drama mit Erotiktouch und starker Geschichte im Spannungsfeld zwischen Lässigkeit und Zwang. Ein deutlich besserer Film als erwartet, und das kann man als Vielseher nicht wirklich oft sagen …
6/10