Originaltitel: Maciste contro il Vampiro
Produktionsland: Italien 1961
Regie: Giacomo Gentilomo / Sergio Corbucci
Darsteller: Gordon Scott, Leonora Ruffo, Jacques Sernas, Mario Feliciani, Gianna Maria Canale
Die Antwort dürfte klar sein, und verdient deshalb noch weniger Worte als die dann doch recht konventionelle Inszenie-rung, bei der man nur selten einmal, und das zumeist auf inhaltlicher Ebene, von den vertrauten Genreformeln abweicht, um etwas bizarrere Zaubersprüche auszuprobieren. Der schrägste von diesen dürfte wohl der sein, mit dem die Drehbuchautoren Duccio Tessari und Corbucci MACISTE CONTRO I VAMPIRO in einen Film verwandelt haben, dessen Geschichte ein heterogener Flickenteppich aus allerhand Ideen ist, die wirken, als seien sie spontan, ohne vorherige Kontrolle durch die Verstandesinstanz, zu Papier gebracht und auf Zelluloid gebannt worden. Dass Maciste in vorliegendem Werk gegen einen Vampirfürsten in die Schlacht zieht, ist allein deshalb ein Novum, da es den Verantwortlichen mehr als einmal die Gelegenheit gibt, dezidierte Horror-Elemente in das orientalisch-antike Setting einzubinden – selbst wenn diese sich letztlich im Grunde einzig auf die eine oder andere lange Buntnebelszene, sprich: Farbspiele im Stile Mario Bavas, und eine flüchtige Splatterszene beschränken, in der einer Frau von den Krallen Kobraks die Halsschlagader aufgetrennt wird. Ansonsten bemüht der Film sich, statt seine Schauderhaftigkeit weiter auszubauen, am laufenden Band Dinge in seinen Topf zu werfen, die nicht mal auf den zweiten Blick irgendwie zusammenhängend erscheinen, vielmehr einer wie auch immer gearteten Kohärenz förmlich zuwiderlaufen. Wer Gladiatorenkämpfe sehen möchte, ist mit MACISTE CONTRO I VAMPIRO genauso gut beraten wie ein Betrachter, der auf verwunschene, nebelverhangene Wälder steht. Wüstensturmfans kommen ebenso auf ihre Kosten wie diejenigen, die Gruben voller Schlangengezücht und Rieseninsekten lieben. Zu allem Überfluss haben Tessari und Corbucci auch noch eine Riege Dämonen ins Spiel gebracht, sowie ein bisschen Märchenflair aus tausendundeiner Nacht, zwei Bauchtanzszenen, die mit der eigentlichen Handlung rein gar nichts zu tun haben wollen, eine an der Blutgräfin Bathory angelehnte weibliche Vampirin und – der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt! – die sogenannten blauen Männer, die nicht so heißen, weil sie, wie man den Drehbuchautoren unterstellen könnte, zu tief ins Glas geschaut haben, sondern weil ihre Gesichter unter starren, blauen Maske verborgen liegen: ansonsten tragen sie Space-Kostüme, auf die Luigi Cozzi hätte stolz sein können, und greifen Maciste beim Kampf gegen Kobrak hilfreich unter die Arme. Dazu bombastet der gar nicht schlechte, zuweilen gar exzellente Soundtrack von Angelo Francesco Lavagnino in einer eigenen Parallelwelt vor sich hin, ohne gesteigerte Versuche zu unternehmen, sich mit den Bildern zu einer Einheit zu verbinden.
Überhaupt ist es genau das, was mir von MACISTE CONTRO I VAMPIRO wohl am meisten im Gedächtnis verbleiben wird: seine einzelnen Storykomponenten stehen vereinzelt, nahezu autistisch, für sich, kehren denen, die sie umlagern, brüsk die Rücken zu, sodass der fertige Film, zumindest für mich, aussieht wie ein Wald voller Ideen, von denen keine die andere wirklich bedingt. Somit hat MACISTE CONTRO I VAMPIRO schon beinahe etwas Episodenhaftes, und man folgt mit Erstaunen, welche Merkwürdigkeiten als nächstes aus dem Hut gezogen wird. Leider hinkt die Inszenierung diesem überbordenden Phantasiereichtum weit hinterher. Langweilige Bildkompositionen, langweilige Prügelszenen, langweilige Dialoge, langweilige Figuren – der Funke springt von dem, was die Bilder transportieren, einfach nicht auf die Art und Weise über, wie die Bilder es transportieren. Allenfalls drei, vier Szenen gibt es, die mich wirklich von sich überzeugt haben, weil sie das Delirierende der Geschichte wenigstens ein bisschen in sich haben einfließen lassen. Denen möchte ich mich abschließend nun noch kurz zuwenden:
1. Zu Beginn rettet Maciste einen kleinen Jungen, der zu ertrinken droht, aus dem offenen Ozean. Wir sehen wie Gordon Scott sich den Wellen übergibt, zu seinem späteren Weggefährten hinschwimmt. Nach einem Schnitt liegt der Bub am Strand, umringt von seiner Familie, die in höchsten Tönen Maciste dafür preist, dass er ihn dem Tod entrissen habe. Maciste indes ist noch gar nicht bei ihnen, schält sich eben erst aus dem Meer, um schnell wie ein Reh zu ihnen zu laufen. Die Frage, wieso denn Maciste, wo er doch den Jungen angeblich mit den eigenen Armen aus dem Meer gehoben hat, erst jetzt am Strand eintrifft, hat mich ziemlich beschäftigt und nicht wenig irritiert. Hat er etwa den Jungen gerettet und ist danach noch einmal ins Meer gesprungen? Es sieht für mich wie einer der schrägsten Schnittfehler seit langem aus.
2. Maciste wird von Sultan Abdul gefangengesetzt und soll nicht einfach bloß hingerichtet, sondern zum Gladiator ausgebildet und dann in Wettkämpfen auf Leben und Tod in der Arena verheizt werden. Ein Sklaventreiber fordert den brav und gekettet in einer Ecke herumstehenden Maciste dazu auf, einmal eine Probe seines Könnens zu geben. Maciste leistet dem Befehl sogleich Folge, indem er erstmal seine Ketten sprengt und sich daraufhin daranmacht, die die Kerkerdecke tragende Säule von ihrem Platz zu stemmen. Obwohl der Raum voller schwerbewaffneter Kämpfer ist, warten diese bloß ab, trauen sich nicht recht, Maciste anzugreifen, selbst als der die Säule entfernt und den halben Kerker zum Einsturz gebracht hat, und mit ihr gegen das Ausgangstor hämmert. Hätte ich doch bloß meine vorlaute Klappe gehalten, wird sich der Ausbilder gedacht haben.
3. Am Ende wird Maciste dadurch von der vom Fluche Kobraks erlösten Bevölkerung gefeiert, dass man eine haushohe Statue seiner selbst mitten auf dem Marktplatz aufstellt. Die Menge johlt, tobt und Maciste winkt mit seinen kräftigen Armen und etwas ausdruckslosem Grinsen. Befremdlich ist für mich der Jubel deshalb, weil Maciste selbst zum guten Ausgang des Abenteuers, meine ich, nicht wirklich viel beigetragen hat. Einmal abgesehen davon, dass er sein eigenes Volk nicht vor dem Untergang hat bewahren können, sterben in MACISTE CONTRO I VAMPIRO die positiv gezeichneten Hauptpersonen wie die Fliegen: sogar Macistes kleinen Freund, den schwimmunkundigen Buben, ereilt der Heldentod. Nicht einmal Kobrak hat Maciste alleine den Todesstoß versetzt, sondern ihn nur durch die tatkräftige Unterstützung der blauen Männer zur Strecke bringen können. Ein Held, der eine Statue verdient, sieht für mich irgendwie anders aus.
Alles in allem ist MACISTE CONTRO I VAMPIRO weitgehend ein x-beliebiges peplum, dessen genrefremden Versatzstücke das im Grunde einzige Salz in einer eher faden Suppe darstellen. Wer sich einmal an Hybridfilme diesen Stils, d.h. Verknüpfungen des Sandalenfilms mit dem Horrorkino, herantrauen möchte, dem würde ich dann doch eher solche Werke wie Riccardo Fredas MACISTE ALL’INFERNO (1962), Giuseppe Varis ROMA CONTRA ROMA (1964) und vor allem Mario Bavas ERCOLE AL CENTRO DELLA TERRA (1961) empfehlen.