Hardcore - Ein Vater sieht rot - Paul Schrader (1979)

Moderator: jogiwan

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jogiwan
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Hardcore - Ein Vater sieht rot - Paul Schrader (1979)

Beitrag von jogiwan »

Hardcore - Ein Vater sieht rot

Bild

Originaltitel: Hardcore

Herstellungsland: USA / 1979

Regie: Paul Schrader

Darsteller: George C. Scott, Peter Boyle, Season Hubley, Dick Sargent, Leonard Gaines

Story:

Jake VanDorn (George C.Scott) ist der typische amerikanische Familienvater und Geschäftsmann. Als jedoch seine Tochter auf dem Weg in ein Feriencamp vermißt wird, muß er Privatdetektive engagieren, da sonst keine Spur gefunden wird. Der Schnüffler Mast (Peter Boyle) identifiziert das Mädchen schließlich in einem billigen Pornofilm. Jetzt wird VanDorn persönlich aktiv, um das Mädchen aus der Porno-Szene zu befreien, doch das ist für den sonst blitzsauberen Mann nicht ganz so einfach, wie es scheint... (quelle: ofdb.de)
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jogiwan
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Re: Hardcore - Ein Vater sieht rot - Paul Schrader (1979)

Beitrag von jogiwan »

Schickes US-Kinoplakat:

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Blap
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Re: Hardcore - Ein Vater sieht rot - Paul Schrader (1979)

Beitrag von Blap »

Ein älterer Kurzkommentar:


Hardcore - Ein Vater sieht rot (USA 1979, Orignaltitel: Hardcore)

Der sehr religiöse Jake VanDorn (George C. Scott), ein mittelständischer Unternehmer und alleinerziehender Vater, lebt mit seiner jugendlichen Tochter in einer beschaulichen Stadt. Eines Tages unternimmt das Mädchen mit vielen weiteren Jugendlichen eine Ferienreise nach Los Angeles. Wenig später erhält Jake einen beunruhigenden Anruf, seine Tochter Kristen (Ilah Davis) ist spurlos verschwunden. Der besorgte Vater macht sich umgehend auf den Weg in die Metropole, doch die Polizei kann nicht viel für ihn tun. VanDorn beauftragt den Privatdetektiv Andy Mast (Peter Boyle) mit der Suche nach dem vermissten Kind. Zwar kann der Schnüffler Kristen nicht erspähen, präsentiert Jake aber nach einiger Zeit einen Pornofilm, in dem das Mädchen offenbar die Hauptrolle spielt. Nun kann der Vater die Füsse nicht mehr stillhalten und macht sich persönlich auf die Suche. Zunächst noch sehr unbeholfen stolpert er immer tiefer in die Pornoszene, schaut hinter die abgründigen Kulissen. Bei seinen Nachforschungen trifft er auf Niki (Season Hubley), eine junge Frau die sich mit diversen Sexjobs über Wasser zu halten versucht. Kann VanDorn seine Tochter in diesem unüberschaubaren Sumpf finden???

Der deutsche Untertitel "Ein Vater sieht rot" soll ganz offensichtlich an "Ein Mann sieht rot" mit Charles Bronson erinnern, obwohl "Hardcore" nicht als wüstes Drama um Rache und Selbstjustiz aus der Kiste kommt. Der Film schildert die verzweifelte Suche eines noch verzweifelteren Vaters, dabei wedelt man hier nicht mit dem Schiessprügel, hier regiert der moralinsaure Zeigefinger. Jake VanDorn wird plötzlich mit einer Welt konfrontiert, die ihm bisher völlig fremd war, die seine kühnsten Vorstellungen bei weitem übertrifft. George C. Scott spielt durchaus solide, leider mangelt es seiner Figur ein wenig an echter Tiefe. Genau das ist eines der beiden Probleme von "Hardcore". Der Film ist sehr nüchtern inszeniert, verzichtet fast vollständig auf reisserische Momente. Jedoch werden für die Handlung und Motive der Figuren wichtige Ereignisse quasi nebenbei abgehakt, Scott taumelt meist mit mürrischer Fratze durch die diversen Schauplätze der Pornobranche. Wenn er sich schliesslich gar als Pornoproduzent verkleidet -samt Perücke und Schnauzbart- wirkt der Film schon fast ein wenig unfreiwillig grotesk. Letztlich ist die Auflösung dann auch nicht wirklich überraschend, das bißchen Mut wird am Schluss durch den Weichspüler gezogen. Richtig gut gelungen ist die Darbietung von Peter Boyle, dem man den schleimigen Privatschnüffler ohne Kritikpunkte abnimmt. Ebenso ansprechend Season Hubley, die neben Boyle aus der Mannschaft der Nebendarsteller herausragt. Der weitgehende Verzicht auf Geballer und Geprügel kann durchaus der richtige Weg sein, doch wenn die Handlung dann auch noch so staubtrocken abgespult wird, sind Figuren mit Tiefe einfach unverzichtbar. Ich schrieb es bereits, auf dieser Ebene funktioniert der Streifen nur eingeschränkt.

Das andere Problem von "Hardcore" finde ich fast noch ärgerlicher. Alles was mit Sex und Pornographie zu tun hat, wird hier ohne Hinterfragen als abstossend und pervers dargestellt. Dadurch verpasst man dem Film eine für mich befremdliche Moral. Aber in einem Land wo jeder Hinterwäldler mit einer Knarre rumlaufen darf, während blanke Brüste für Entsetzen und Skandale sorgen, wird man dies vermutlich anders beurteilen. Regisseur Paul Schrader -der immerhin die Story zu "Taxi Driver" verfasst hat- liefert mit "Hardcore" keinen schlechten Film ab. Es mangelt aber an Mut und Konsequenz, man fischt im trüben Wasser, welches in diesem Fall leider nicht besonders tief geraten ist.

Die DVD von Columbia TriStar kommt ohne jegliche Boni daher, bietet aber eine ansprechende Bildqualität. Man kann sich "Hardcore" durchaus anschauen, die Scheibe gibt es zum kleinen Preis, eine Pflichtveranstaltung ist der Film aber keinesfalls. Von meiner Seite gibt es wohlwollende, knappe 6/10.

Lieblingszitat:

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jogiwan
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Re: Hardcore - Ein Vater sieht rot - Paul Schrader (1979)

Beitrag von jogiwan »

Möbelfabrikant Jake VanDorn ist streng religiös, erzkonservativ und lebt als angesehenes Mitglied mit seiner Tochter Kristen in einer kleinen Gemeinde im mittleren Westen der USA. Als Kristen eines Tages während eines Ausflugs spurlos verschwindet ist Jake hochgradig alarmiert und engagiert auf Empfehlung der Polizei einen Privatdetektiv, der später auch die ersten Ermittlungserfolge vorweisen kann. Doch diese erschüttern Jake in seine moralischen Grundfesten und zeigen Kristen als Darstellerin in einem billig produzierten Porno, der irgendwo in Los Angeles produziert wurde. Jake beschließt selbst nach seiner Tochter zu suchen, nimmt Urlaub und taucht in der Rotlichtszene Kaliforniens ab um seine vermeintlich gegen ihren Willen festgehaltene Tochter zu retten…

Mit „Hardcore“ hat Paul Schrader schon einen höchst interessanten, weil auch sehr zwiespältigen Film mit ambivalenten Charakteren geschaffen, der zwei höchst unterschiedliche Welten für kurze Zeit zusammenbringt. Als Identifikationsfigur und Sympathieträger taugt der erzkonservative Jake ja eigentlich überhaupt nicht und da der Streifen aus seiner Perspektive erzählt ist, überträgt sich seine vorgefasste Meinung über Schmuddel auch auf den ganzen Film. Im Gegensatz zu Blapschi würde ich aber nicht bestätigen, dass Pornografie und Rotlicht generell als schlecht dargestellt wird - eher ist „Hardcore“ die Reise eines Mannes in seine höchstpersönliche Hölle und der Streifen scheint auch nicht das Ziel zu verfolgen gegenseitiges Verständnis zu generieren oder zu vermitteln. Zu grundverschieden, zu unversöhnlich scheinen hier Moralvorstellungen und Lebensauffassungen und so auch ein gesellschaftlicher Bruch, der durch die amerikanische Bevölkerung geht und ja heutzutage noch offensichtlicher ist. Der Einblick in die Rotlichtszene von Los Angeles, San Diego und San Francisco fand ich wie die Figuren sehr spannend und auch das Ende ist da nur konsequent und betont noch einmal den Standpunkt der Konservativen, dass man im Fall des Falles die Hand den liberaleren Menschen aus Stolz und Glaube nicht reichen und auch nicht über seinen Schatten springen kann. Woran erinnert mich das nur gerade tagespolitisch?
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FarfallaInsanguinata
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Re: Hardcore - Ein Vater sieht rot - Paul Schrader (1979)

Beitrag von FarfallaInsanguinata »

Ein Film, den ich persönlich sehr gerne mag und von dem die italienische VHS in meinen Video-Schrank Einzug fand, so kann ich immerhin vermelden, dass mir zum deutschen Video keine Unterschiede auffielen.
Seinen Reiz zieht das Werk aus der Konfrontation von konservativer Religiosität und dem Sündenpfuhl, in dem die Tochter des wohlhabenden Bürgerlichen unerwartet verloren geht. Die Hilflosigkeit des Vaters angesichts der ihm unbekannten Umgebung ist gut dargestellt, seine Wut und Verzweiflung führen aber nicht zum erhofften Ziel, lediglich die Kooperation mit einer "Feindin" bringt den Erfolg, welcher jedoch nur das Auffinden seines Kindes darstellt, nicht deren "Rettung".
Das Ende ist durchaus konsequent und legitimiert weder die eine noch die andere Seite.
Toller Film und gute Darsteller, vor allem Season Hubley.

8/10
Diktatur der Toleranz

Die Zeit listete den Film in einem Jahresrückblick als einen der schlechtesten des Kinojahres 2023. Besonders bemängelt wurden dabei die Sexszenen, die von der Rezensentin als „pornografisch“ und „lächerlich“ bezeichnet wurden.
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CamperVan.Helsing
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Re: Hardcore - Ein Vater sieht rot - Paul Schrader (1979)

Beitrag von CamperVan.Helsing »

Blap hat geschrieben: Fr 28. Sep 2012, 13:30
Das andere Problem von "Hardcore" finde ich fast noch ärgerlicher. Alles was mit Sex und Pornographie zu tun hat, wird hier ohne Hinterfragen als abstossend und pervers dargestellt. Dadurch verpasst man dem Film eine für mich befremdliche Moral. Aber in einem Land wo jeder Hinterwäldler mit einer Knarre rumlaufen darf, während blanke Brüste für Entsetzen und Skandale sorgen, wird man dies vermutlich anders beurteilen. Regisseur Paul Schrader -der immerhin die Story zu "Taxi Driver" verfasst hat- liefert mit "Hardcore" keinen schlechten Film ab. Es mangelt aber an Mut und Konsequenz, man fischt im trüben Wasser, welches in diesem Fall leider nicht besonders tief geraten ist.
Paul Schrader ist ja selbst in einer streng calvinistischen Familie in Grand Rapids (!) aufgewachsen. Vermutlich ging das ähnlich zu wie bei den Van Dorns. Zitat aus der Wikipedia
Seine eher intellektuelle als emotionale Herangehensweise an Filme und das Filmemachen führt Schrader auf seine Jugend zurück, in der ihm der Kinobesuch verboten war. Seinen ersten Kinofilm sah Schrader erst mit 17 Jahren,
Ich bin nicht Blaps Auffassung, dass hier alles, was irgendwie mit Sex zu tun hat, per se als abstossend dargestellt wird. Ich denke, Schrader wollte hier zwei völlig konträre Welten aufeinander treffen lassen. Auf der einen Seite die streng religiösen Calvinisten in der Kleinstadt, auf der anderen Seite aber eben nun nicht liberale Großstädter und meinetwegen ein Pornoregisseur wie Radley Metzger, sondern Sexarbeiterinnen, die den überwiegenden Teil ihres Verdienstes an Zuhälter abdrücken müssen, und Schmierfilmer, die nicht nur billig auf S8 drehen, sondern auch Snuff verdealen. Das mag insoweit sinnig sein, als ich hier für keine Seite einen Sympathievorteil sehe. Am Ende bleibt allerdings Kristens Motiv völlig ungeklärt, sich ausgerechnet diesen Leuten anzuschließen.

Während der Suche nach Kristen findet ja durchaus eine gewisse Annäherung zwischen Jake und Niki statt, wobei es Jake, auch wenn er gegenüber seinem heimatlichen Umfeld auf Distanz geht, nicht gelingt, die Scheuklappen seiner Religion abzulegen. https://de.wikipedia.org/wiki/Calvinism ... alvinismus

Mit Religion kann ich ja wenig anfangen, und eine Flucht aus diesem geistigen/geistlichen System ist völlig nachvollziehbar. Nicht nachvollziehbar ist für mich Kristens angeblicher Switch zum anderen Extrem (übertragen auf Deutschland hieße der: Letzte Woche war sie noch in der Klosterschule, heute räkelt sie sich vor Bethmanns Kamera). Der freilich macht Jakes "Rettungsmission" für das Publikum nachvollziehbar. Wer würde nicht seine Tochter aus der Scheiße ziehen?

Allerdings wäre Jakes Reaktion vermutlich nicht großartig anders gewesen, wenn Kristen tatsächlich in einer Hippie-WG in San Francisco mit viel Pot und freier Liebe gelandet wäre.

Was wollte Schrader nun eigentlich aussagen? Hoffentlich dieses: Religion ist scheiße, Ausbeutung auch. Und Arschlöcher kann man auch überall finden.


P.S.: @Sergio: Sie wird zwar im Abspann nicht aufgeführt, aber Serena hat einen Gastauftritt :wink:
https://deliria-italiano.org/viewtopic. ... na#p227819
Zuletzt geändert von CamperVan.Helsing am Do 2. Sep 2021, 00:25, insgesamt 1-mal geändert.
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Reinifilm
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Re: Hardcore - Ein Vater sieht rot - Paul Schrader (1979)

Beitrag von Reinifilm »

ugo-piazza hat geschrieben: Do 2. Sep 2021, 00:20 Und Arschlöcher kann man auch überall finden.
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Blap
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Re: Hardcore - Ein Vater sieht rot - Paul Schrader (1979)

Beitrag von Blap »

Interessante Ergänzungen, ugo. :thup:
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Dick Cockboner
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Re: Hardcore - Ein Vater sieht rot - Paul Schrader (1979)

Beitrag von Dick Cockboner »

Interessante Ergänzung, Reini. :thup:
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sergio petroni
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Re: Hardcore - Ein Vater sieht rot - Paul Schrader (1979)

Beitrag von sergio petroni »

ugo-piazza hat geschrieben: Do 2. Sep 2021, 00:20 P.S.: @Sergio: Sie wird zwar im Abspann nicht aufgeführt, aber Serena hat einen Gastauftritt :wink:
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:shock: :shock:
Bei deliria respektive ugo gerät wirklich nichts in Vergessenheit!
Interessante Infos zu Schrader auch. Danke
DrDjangoMD hat geschrieben:„Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, doch ach – es wankt der Grund auf dem wir bauten.“
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