Blap hat geschrieben: ↑Fr 28. Sep 2012, 13:30
Das andere Problem von "Hardcore" finde ich fast noch ärgerlicher. Alles was mit Sex und Pornographie zu tun hat, wird hier ohne Hinterfragen als abstossend und pervers dargestellt. Dadurch verpasst man dem Film eine für mich befremdliche Moral. Aber in einem Land wo jeder Hinterwäldler mit einer Knarre rumlaufen darf, während blanke Brüste für Entsetzen und Skandale sorgen, wird man dies vermutlich anders beurteilen. Regisseur Paul Schrader -der immerhin die Story zu "Taxi Driver" verfasst hat- liefert mit "Hardcore" keinen schlechten Film ab. Es mangelt aber an Mut und Konsequenz, man fischt im trüben Wasser, welches in diesem Fall leider nicht besonders tief geraten ist.
Paul Schrader ist ja selbst in einer streng calvinistischen Familie in Grand Rapids (!) aufgewachsen. Vermutlich ging das ähnlich zu wie bei den Van Dorns. Zitat aus der Wikipedia
Seine eher intellektuelle als emotionale Herangehensweise an Filme und das Filmemachen führt Schrader auf seine Jugend zurück, in der ihm der Kinobesuch verboten war. Seinen ersten Kinofilm sah Schrader erst mit 17 Jahren,
Ich bin nicht Blaps Auffassung, dass hier alles, was irgendwie mit Sex zu tun hat, per se als abstossend dargestellt wird. Ich denke, Schrader wollte hier zwei völlig konträre Welten aufeinander treffen lassen. Auf der einen Seite die streng religiösen Calvinisten in der Kleinstadt, auf der anderen Seite aber eben nun nicht liberale Großstädter und meinetwegen ein Pornoregisseur wie Radley Metzger, sondern Sexarbeiterinnen, die den überwiegenden Teil ihres Verdienstes an Zuhälter abdrücken müssen, und Schmierfilmer, die nicht nur billig auf S8 drehen, sondern auch Snuff verdealen. Das mag insoweit sinnig sein, als ich hier für keine Seite einen Sympathievorteil sehe. Am Ende bleibt allerdings Kristens Motiv völlig ungeklärt, sich ausgerechnet
diesen Leuten anzuschließen.
Während der Suche nach Kristen findet ja durchaus eine gewisse Annäherung zwischen Jake und Niki statt, wobei es Jake, auch wenn er gegenüber seinem heimatlichen Umfeld auf Distanz geht, nicht gelingt, die Scheuklappen seiner Religion abzulegen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Calvinism ... alvinismus
Mit Religion kann ich ja wenig anfangen, und eine Flucht aus diesem geistigen/geistlichen System ist völlig nachvollziehbar. Nicht nachvollziehbar ist für mich Kristens angeblicher Switch zum anderen Extrem (übertragen auf Deutschland hieße der: Letzte Woche war sie noch in der Klosterschule, heute räkelt sie sich vor Bethmanns Kamera). Der freilich macht Jakes "Rettungsmission" für das Publikum nachvollziehbar. Wer würde nicht seine Tochter aus der Scheiße ziehen?
Allerdings wäre Jakes Reaktion vermutlich nicht großartig anders gewesen, wenn Kristen
tatsächlich in einer Hippie-WG in San Francisco mit viel Pot und freier Liebe gelandet wäre.
Was wollte Schrader nun eigentlich aussagen? Hoffentlich dieses: Religion ist scheiße, Ausbeutung auch. Und Arschlöcher kann man auch überall finden.
P.S.: @Sergio: Sie wird zwar im Abspann nicht aufgeführt, aber
Serena hat einen Gastauftritt
https://deliria-italiano.org/viewtopic. ... na#p227819