● Folge 5: ZWEI MÖRDER (1977)
mit Siegfried Lowitz, Michael Ande, Henning Schlüter, Xenia Pörtner
Gäste: Judy Winter, Hans Caninenberg, Christine Wodetzky, Vadim Glowna, Christian Reiner, Günther Ungeheuer, u.a.
Eine Produktion der Neue Münchner Fernsehproduktion | im Auftrag von ZDF | ORF | SRG
Regie: Alfred Vohrer
»Ja ich weiß, sie hat Sie scharf gemacht und dann nicht ran gelassen«
Folge fünf beginnt wohl mit dem Traum eines jeden Ermittlers, nämlich dass ein Verbrecher die Tatumstände und sich selbst auf einem Silbertablett serviert. Dass daraus schon wenig später ein Verwirrspiel par excellence wird, war allerdings vorauszusehen. Was nutzt ein Mörder, wenn plötzlich noch ein weiterer auftaucht und diese beiden sich quasi gegenseitig rehabilitieren. Für Köster beginnen also anstrengende Zeiten, da er es beim Durchleuchten der beiden mutmaßlichen Täter gleichzeitig mit zwei verschiedenen Welten zu tun bekommt. Die eine zeigt das bürgerliche Milieu, in dem einfache Leute versuchen durchzukommen. Die andere schildert die augenscheinlich behüteten Verhältnisse des zweiten Kandidaten Peter Sartorius, der mit seinem einflussreichen Vater eine regelrechte Lobby hinter sich zu haben scheint. Auf dieser Seite des Überflusses zeigen sich also andere Mittel und Wege, um Kösters Ermittlungen zu unterwandern. Doch beide Gesellschaftskreise offerieren ihre Stolpersteine, so dass man recht gespannt dabei zuschauen darf, wie der richtige Weg eingeschlagen wird. Der junge Sartorius kommt auf schnellstem Wege in das feudale Sanatorium seines Vaters, wo er vor Unannehmlichkeiten abgeschirmt wird und eigentlich so weiter leben kann, wie er es gewöhnt ist, nämlich im Luxus der ihm in den Schoß fällt. Die Spannungen zwischen ihm und seinem Vater deuten an, dass er möglicherweise einen Mord aus oppositionellem Verhalten begangen haben könnte, was die psychische Labilität dieses jungen Mannes nur unterstreicht. Bei Gustav Peukert sieht der weitere Weg etwas anders aus. Ihn umgeben nun die Mauern der U-Haft-Zelle und er ist so gut wie alleine auf sich gestellt. Dabei wirkt es, als sei er aufrichtig, vielleicht auch weil er einem nicht clever genug vorkommt, anstrengende Lügennetze zu stricken, so dass eine Affekthandlung nicht ausgeschlossen sein könnte. Diese wenig eindeutigen Voraussetzungen bereiten Köster Kopfzerbrechen und hierbei tritt seine sehr kultiviert wirkende, und besonnen auftretende Freundin Anna Gautier sehr positiv in Erscheinung, die mitdenkt, die Denkanstöße gibt und deren Meinung oder weibliche Intuition ihm sehr wichtig ist.
Die zweifelhaften Protagonisten bekommen von Vadim Glowna und Christian Reiner aussagekräftige Gesichter verliehen und schüren die erforderlichen Zweifel, die der Thematik zuträglich sind. Ganz interessant bei "Zwei Mörder" erscheint es bei den teils unbeholfen wirkenden, und überfordert aussehenden männlichen Charakteren, dass es die beteiligten Damen sind, die die Fäden im Hintergrund ziehen. Christine Wodetzky ist in jedem Film eine gern gesehene Bereicherung. Als Hanni Peukert zeichnet sie den harten Alltag und unterstützt ebenfalls die kontrastreichen Tenor dieser Geschichte. Sie arbeitet in einer Fabrik am Fließband und nimmt das karge Leben, wie es eben ist. Ihrem Mann scheint sie bereits alles gesagt zu haben, vielleicht sogar einmal zu viel und obwohl sie ihn so gut wie abgeschrieben hatte, wirkt sie dennoch solidarisch. In Rollen, die eine gute Portion Resignation oder Frustration notwendig machten, konnte Christine Wodetzky unnachahmlich formen. Als Pendant sieht man die elegante Judy Winter, die anscheinend nichts anderes mehr zu tun hat, als eine Dame der Gesellschaft zu sein. In ihrem Gesicht spiegelt sich die Langeweile ihrer Situation wider, aber sie zahlt den hohen Preis für Luxus und Reputation. Ihr Mann weiß von gewissen Selbstständigkeiten seiner Frau und seines Sohnes offensichtlich nicht das Geringste und er läuft somit täglich ins offene Messer, ohne es allerdings zu merken. Eilig bringt er seinen Sprössling in seinem Sanatorium unter, welches eine Idylle umgibt, die den trügerischen Charakter mit winterlichen Aufnahmen untermalt. Insgesamt bekommt man es in Alfred Vohrers Folge mit einem recht soliden Kriminalfall zu tun, der vor allem durch seine Ambivalenz überzeugen kann. Man betrachtet eine herkömmliche Ermittlungs-Arbeit über Stock und Stein, doch dieser unebene Weg wirkt alles andere als konventionell, da dieser Fall mit einer eher psychologischen Spannung durchzogen sein wird. Daher wird Köster hin und wieder sogar ungehalten, wenn er mit den üblichen Machtdemonstrationen der besseren Gesellschaft konfrontiert wird. Die große Stärke bei "Zwei Mörder" liegt neben Charakterzeichnungen, Ausstattung und Ideen wie beispielsweise das Aufgreifen eines kleineren Nitribitt-Effektes mit belastenden Tonbändern, schlussendlich in der Theorie, da eine alternative Auflösung ebenso gut hätte funktionieren können, wie die tatsächliche Präsentation. Eine interessante Einstiegs-Folge von Alfred Vohrer, die himmelschreiende Ruhe und heimliche Destruktivität ausstrahlt, sich dabei allerdings nicht mit dem Skalpell an die inneren Abgründe heranwagt.