Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

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Moderator: jogiwan

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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

The Big Gay Musical

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In New York finden die Proben zu einem Off-Broadway-Musical mit dem Titel „The Big Gay Musical“ statt, welches die Schöpfungsgeschichte aus schwuler Sicht und auf etwas unkonventionelle Weise erzählt. Die beiden Hauptdarsteller Eddie und Paul als Adam and Steve sind zwar mit vollem Einsatz dabei, haben aber auch private Probleme, die sich auch in ihren Rollen widerspiegeln. So stammt Eddie aus konservativem Hause und hat sich vor seinen Eltern noch nicht geoutet, während der lebensfrohe Paul gerne einen Partner fürs Leben hätte und mit der oberflächlichen Schwulenwelt in New York so seine Probleme hat. Am Ende und nach vielen Gesangsnummer wird jedoch alles gut und auch das Musical ein Erfolg, sodass einem Happy End nichts im Wege steht.

Im Rahmen meines Musikfilm-Donnerstag ist nun wieder einmal „The Big Gay Musical“ im Player gelandet, der auf sympathische Weise und mit viel Musik die Geschichte zweier attraktiver und talentierten Musical-Darsteller im modernen New York erzählt. Das Off-Broadway-Musical gibt es ja tatsächlich und die Rahmengeschichte herum ist ebenfalls recht augenzwinkernd erzählt. Von Problemen über das Outing bis hin zu skurrilen Begegnungen durch Online-Dating ist alles vorhanden und selbst so heikle Themen wie HIV werden aufgegriffen. Natürlich lösen sich im Falle des Films alle Probleme natürlich auf gute Weise auf und „The Big Gay Musical“ bleibt in der Grundstimmung auch immer positiv, etwas märchenhaft und leicht verdaulich. Auch wenn im Verlauf des Streifens viel überspitzte Dinge geschehen und kaum ein Klischee über die Oberflächlichkeit des schwulen Lifestyles ausgelassen wird, so kommt einem doch vieles bekannt vor. Der Widerspruch zwischen homosexuellen Lifestyle und Moralvorstellungen aus der Bibel lösen sich aber auch hier nicht auf und das Thema Akzeptanz durch die Kirche ist ja auch ein alter Hut, der moderne Menschen heutzutage nicht mehr wirklich interessiert. Die Musik ist eigentlich klasse, die Darsteller sympathisch und die Geschichte flott erzählt, sodass es aber dennoch nicht viel zu meckern gilt. Auf der Couch nebenan ist der Film gut angekommen und es wurde am Ende sogar ein Tränchen verdrückt. Und das ist die Hauptsache.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Multiple Maniacs

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jogiwan hat geschrieben: Mi 12. Jul 2017, 07:27 „Multiple Maniacs“ zählte ja lange Zeit neben „Mondo Trasho“ zu den schwer zu bekommenden Frühwerken von John Waters, ehe dieser mit seinem „Pink Flamingos“ im Jahr 1972 die Grenzen des schlechten Geschmacks neu definierte und einen der ersten „Midnight Movies“ der Kinogeschichte ablieferte und in dem Olymp der unkonventionellen Filmemacher aufstieg. „Multiple Maniacs“ steht dem ungleich bekannteren „Pink Flamingos“ aber um wenig nach und zeigt wieder einmal die Vorliebe von Waters für schräge Figuren, Sex und Gewalt, sowie dem unermüdlichen Bestreben, dem Spießbürgertum und Mächten des Staats den Stinkefinger zu zeigen. Wer sich auf sensationslüsterne Weise den Werken des Regisseurs nähert, muss auch damit rechnen, Dinge zu sehen, die man eigentlich gar nicht möchte und in „Multiple Maniacs“ ist das dann auch eine blasphemische Szene, mit der man anderenorts wohl nicht durchgekommen wäre. Im Falle von John Waters gehört das aber ganz selbstverständlich zur Geschichte seiner ambivalenten Hauptfigur dazu und wer sich von dem eher unorthodox erzählten Kreuzweg schockieren lässt, ist ja ebenfalls selber schuld. Filmtechnisch ist „Multiple Maniacs“ ja ein Low-Budget-Werk inklusive Over-Acting, welches wohl in Guerilla-Manier an den Wochenende gedreht wurde – herausgekommen ist dennoch ein spaßiger Schocker irgendwo zwischen Trash, Genre-Perle und offensiver Zuschauerbeleidigung mit zeitpolitischem Bezug, dass Zuschauer wie Darsteller fordert und gleich ein Vielzahl von frag- und erinnerungswürdige Momente bereit hält.
Auch hier bestätigt die neuerliche Sichtung meine Eindrücke, auch wenn "Multiple Maniacs" doch einen etwas episodenhaften Charakter hat und man merkt, dass hier vorwiegend mit Freunden und am Wochenende gedreht wurde. Die Geschichte ist eine Blaupause späterer Filme mit viel Hysterie und Geschrei und Figuren, denen man eigentlich nicht begegnen möchte. Das ganze ist mal unterhaltsam, mal schrill, mal an der Grenze des Erträglichen - also die typische Waters-Mischung. Nicht sein Bester - aber schon ein Guter.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Iced - Tod auf Skiern

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Während eines Ski-Wochenendes in den Bergen kommt es innerhalb einer Gruppe von Jugendfreunden aufgrund erster Liebeleien zu Spannungen und in der Nacht geschieht ein Pisten-Unfall, den einer der Teilnehmer nicht überlebt. Vier Jahre später werden die übrigen Teilnehmer, die mittlerweile teils verheiratet sind zu einem Wochenende zur Eröffnung eines noblen Ski-Resorts eingeladen, mit der Aussicht, eines der hübschen Chalets käuflich zu erwerben. Was als feuchtfröhliches Sportwochenende alter Freunde beginnt, schlägt jedoch rasch in einen Alptraum um, als ein mysteriöser Skifahrer beginnt, die Gruppe zu verfolgen und zu dezimieren…

Jeff Kwitny, der ja auch den hübschen „Amok Train“ zu verantworten hat, ist mit „Iced – Der Tod auf Skiern“ ein durchschnittlicher, aber nicht uninteressanter Slasher gelungen, der vor allem auch mit seinen tiefwinterlichen Settings punkten kann. Die Geschichte über ein Unglück ist jetzt nicht bahnbrechend innovativ, aber die Auflösung kommt doch halbwegs überraschend. Außerdem gibt es hier ja auch noch ein paar kaputte Figuren und böse Kills, sodass man als Fan derartiger Werke kaum enttäuscht werden wird. Insgesamt schon alles im grünen Bereich und mit viel Achtziger-Flair von Klamotten, Interiör bis hin zum nöligen Synthie-Score. Enttäuschend ist hingegen die deutsche DVD, die wohl einen Rip der allgemein verfügbaren DuRöhre-Fassung mit deutschem Ton darstellt und den Streifen in unterirdischer Qualität und schludrig heruntergeladen abliefert. Bleibt zu hoffen, dass sich irgendwann ein seriöses Label opfert und den Streifen in besser Qualität abliefert. Den würde ich mir dann auch nochmals ins Regal stellen.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Sitcom

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jogiwan hat geschrieben: Di 5. Jan 2021, 06:56 Durch das Screenshot-Rätsel habe ich ja spontan Lust auf den Streifen bekommen und der ist ja immer noch herrlich überzogen und präsentiert eine biedere und gutsituierte Familie, die nach der Ankunft eines neuen Haustieres ordentlich aus den Fugen gerät. Der Sohn ist schwul, die Tochter eine Sadistin, der Vater verschließt zu allem die Augen und die Mutter kann nur noch hilflos mit ansehen, wie ihr alle Fäden entgleiten. Dabei ist „Sitcom“ manchmal witzig, dann wieder ernst, dramatisch und zugleich schwer unterhaltsam. Man darf halt nicht den Fehler begehen, die ganze Sause zu ernst oder in den falschen Hals zu bekommen. Dann ist Herrn Ozon auch ein herrlich unterhaltsamer Streifen voller schwarzen Humor und mit einem Fuß in der Geschmacklosigkeit gelungen, der immer wieder spaßig und schräg daherkommt.
Grelles Frühwerk von Programmkino-Liebling Francois Ozon, der hier auf den Spuren des frühen Pedro Almodovar und John Waters wandelt. Laut, wild, soapig und immer neben der Spur. Zumindest im Falle von Hr. Ozon war es wohl "nur eine Phase" :kicher:
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Der Fremde am See

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jogiwan hat geschrieben: Mi 7. Okt 2020, 07:38
jogiwan hat geschrieben: Fr 16. Aug 2019, 08:53 Für viele Heterosexuelle ist die Vorstellung ja schon etwas abstrakt, dass es Plätze gibt, an denen sich Menschen zwanglos, unverbindlich und gratis zum einvernehmlichen Sex treffen und sich dann wieder trennen, ohne dass Namen und Nummern ausgetauscht werden und die Option auf ein baldiges Wiedersehen gegeben ist. Gibt es aber für Schwule, nennt sich Cruising und bildet den Handlungsrahmen zu dem ruhig erzählten, französischen Thriller-Drama über den jungen Franck, den an einem abgelegenen See die Suche nach dem Kick antreibt, sich in einen Mörder zu verlieben. Die Cruising-Area ist hier quasi eine Art Parallel-Universum zur normalen Welt mit eigenen Gesetzen und Regisseur Alain Guiraudie verwehrt dem Zuschauer auch weitere Informationen zu den Figuren und Motiven. So bleibt „Der Fremde am See“ auch etwas vage und die Handlung lässt sich mühelos auch auf andere Ängste wie z.B. die Aids-Thematik übertragen, was ihn ebenfalls herausragend und besonders macht. Explizite Szenen werden ebenfalls gezeigt und fügen sich nahtlos in die Handlung ein und irgendwie ist „Der Fremde am See“ schon ein sehr spannend gemachter Film, der gerade mit seiner nüchternen und distanziert erscheinenden Herangehensweise an ein spannendes Thema nicht spurlos an einem vorrübergeht und auch sicher noch länger im Kopf herumspukt.
Gestern nochmal geguckt und irgendwie fand ich den im Wissen um die Handlung dieses mal noch spannender. Ein interessanter Film über Begierde, das Spiel mit dem Feuer und wie sehr doch der Kopf und die Vernunft aussetzt, wenn ein sehnsüchtiges Herz und ein steifer Schwanz zugegen sind. :wink:
Toller Film, der mich jedes Mal wieder packt und zudem sehr interessant erzählt ist. Der sommerliche See als Ort der Realitätsflucht und Zerstreuung für Männer auf der Suche nach Kontakten unterschiedlichster Art. Teils ist es das Verlangen nach Sex, dann wieder nur der Wunsch sich jemanden mitzuteilen und Nähe zu spüren in Zeiten zunehmender Vereinsamung. Dann auch Fragen über Vertrauen und wie sehr man eigene Wünsche auf einen anderen Menschen projiziert. Ein Film mit nur einem Handlungsort, der auch alles ausblendet was sich außerhalb des Sees abspielt und so recht offen bleibt. Sicher einer meiner absoluten Lieblinge aus der Ecke.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Tumbledown

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Rick ist jung, gutaussehend, arbeitet in einer Bar und hat auch immer etwas zur Hand, wenn seine Gäste neben Getränken auch noch etwas Stärkeres begehren. Als eines Tages das Pärchen Mike und Jay in die Bar kommen und Jay Drogen für Mike besorgt, ist das der Beginn einer kurzen Freundschaft. Rick besucht die beiden in ihrer Hütte in den Bergen und die drei verbringen ein intensives Wochenende. Einige Zeit später erhält Rick eine weitere Einladung von Jay und fährt abermals zu dem Haus in Aussicht mit den beiden ein aufregendes Wochenende zu verbringen. Doch er trifft nur Jay, der ihm erzählt, dass sich Mike wohl verspätet hätte. Am nächsten Tag ist von Mike noch immer keine Spur und Rick verlässt seinen Gastgeber, ohne sich zu verabschieden. Monate vergehen und Rick hat die Beiden schon fast vergessen, als er eines Morgens eine Videokamera erhält, deren Aufzeichnungen ihn mit Schaudern an das besagte Wochenende erinnern…

Viel-Filmer Todd Verow erinnert ja fast etwas an Jess Franco und auch wenn beide im Jahr bis zu zehn Filme drehen, so ist das meiste wohl ebenfalls ruhigen Gewissens zu vernachlässigen, selbst wenn die nackte Haut nicht zu kurz kommt. Herr Verow findet sich wohl ebenfalls sehr gut und hält seinen trainierten Körper und Gemächt bei jeder Gelegenheit in die Kamera. „Tumbledown“ erzählt dabei eine seltsame Dreiecksgeschichte aus der Perspektive der drei Männer Rick, Jay und Mike. Die eine Wahrheit anhand drei Geschichten verleiht der Story aber keine spannenden Facetten, sondern präsentiert sich als episodenhaften Quark mit Mystery-Anleihen, der natürlich wieder einmal auf einer wahren Begebenheit basiert. Der „erotische Thriller, in dem bewusst die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen“ ist aber großer Mist und vor allem auch sehr schlecht erzählt und noch schlechter gespielt. Die Chemie zwischen den drei Hauptdarstellern scheint gar nicht passen und die laienhaften Kameraführung mit ihren minutenlangen, statischen Einstellungen will ich ja erst gar nicht erwähnen. Ein Film, der mit viel nackter Haut seine minimale Story überdeckt und auch mühelos alle meine Vorurteile über schwule Indie-Produktonen der näheren Vergangenheit mit ihren limitierten Themen bestätigt.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Wäre die Welt mein

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jogiwan hat geschrieben: Di 31. Jul 2018, 08:10 Eigentlich hat „Wäre die Welt mein“ ja eine lustige Story und auch noch ein paar tolle Songs, aber der Rest dieses „Coming-of-Age“-Fantasy-Musicals wirkt trotz seiner von Shakespears „Sommernachtstraum“ inspirierter Highschool-Geschichte doch ziemlich altbacken und hat nur in seinen besten Momenten den Charme, den man sich eigentlich für ein derartiges Werk wünschen würde. Der Rest ist eine aus bekannten Versatzstücken erdachte Mischung aus Mobbing-Geschichte, einer Prise Fantasy und Gay-Musical, dass irgendwie nie so richtig in die Puschen kommt und sich auch eher an ein schwules Publikum richtet. Die Figuren bleiben allesamt recht blass und weder die erwartbare Love-Story, noch die restlichen Handlungsstränge können überzeugen. Zwar ist das Ende dann doch versöhnlich und die Musik-Nummer "Pyramus and Thisby" rockt wirklich ziemlich die Hütte, aber jedes Mal wenn die Musik wieder verstummt ist „Wäre die Welt mein“ ein sehr konventionelles und kaum überraschendes Werk aus der Gay-Kiste, das für meinen Geschmack stets etwas zu sehr auf Nummer sicher geht.
Musikfilm-Donnerstag meets Gay-Weeks und da darf natürlich auch der hier nicht fehlen. Leider trotz guter Ansätze immer noch fade und abseits von Musik und Tanz wirkt das alles irgendwie überladen, verworren und selten stimmig. Fast, als hätte man es mit einem Zusammenschnitt einer Serie zu tun, in der alles grob verkürzt wurde und Probleme und Figuren nur am Rande behandelt werden. Zudem fand ich das arg homophobe und konservative Umfeld des jungen Mannes auf Dauer doch etwas befremdlich. Kann man gucken, aber irgendwie bleibt alles weit hinter den eigentlichen Möglichkeiten zurück und wenn dann auch noch märchenhafte Zutaten ins Spiel kommen, schrammt "Wäre die Welt mein" meines Erachtens auch nur haarscharf an der völligen Dämlichkeit vorbei.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Criminal Lovers

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jogiwan hat geschrieben: Mi 20. Jan 2021, 08:08 Kaum noch vorzustellen, dass der Programmkino-Liebling Francois Ozon einmal so wilde Filme gedreht hat und nach dem grellen „Sitcom“ in dem gutbürgerliche Befindlichkeiten auf den Kopf gestellt wurden, realisierte er mit „Criminal Lovers“ eine nicht minder bizarr anmutende „Hänsel & Gretel“-Adaption mit einem netten Twist, dass es sich hierbei nicht um brave Kinder und eine Hexe, sondern um ein kriminelles Paar und einem finsteren Mann im Wald handelt, bei dem auch die fleischlichen Genüsse neu definiert werden. Alles immer hochgradig seltsam ist „Criminal Lovers“ auch eher kein Film für das Genre-Publikum mit bestimmter Erwartungshaltung, sondern ein etwas seltsam anmutender Zwitter aus Road-Movie, Coming-of-Age, Thriller und Gesellschaftsdrama, dass sich immer irgendwie anders entwickelt, als man es als Genre-affiner Zuschauer erwarten würde. Dabei wirkt das Szenario und die Figuren auch etwas unausgegoren aber ich müsste lügen, wenn ich mich dabei nicht bestens unterhalten hätte. So etwas dem Zuschauer vor den Latz zu knallen zeugt schon irgendwie von besonderem Selbstbewusstsein und Mut zur Kontroverse, die Ozon zu der Zeit wohl als „junger Wilder“ noch hatte. Sicherlich kein Film für jeden, aber wer die Scheibe vor die Linse bekommt und sich von Themen wie Homosexualität, Kannibalismus und Mord auch nicht so leicht die Laune verderben lässt, kann ja durchaus einen Blick riskieren.
Unterhaltsam, schräg und auch immer so, wie man es sich nicht erwartet - das ist Ozons Frühwerk "Criminal Lovers" aus seiner wilden Phase, ehe er sich in Richtung Programmkino-Arthouse verabschiedete. Ich mag den FIlm, der eigentlich herrlich böse ist. Bösen Menschen passiert Böses und immer wenn man glaubt, dass es nicht schlimmer kommen kann, wartet schon die nächste Katastrophe. Der Zustand der Welt in neunzig Minuten zusammengefasst... :lol:
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Rapture in Blue

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Der heranwachsende Jason erlebt gerade eine seltsame Zeit: mit seiner Freundin Valerie läuft es eigentlich ganz gut und die beiden planen ihr erste Mal, doch als die beiden zum Knutschen das Haus von Jasons Kindheit aufsuchen, finden sie darin den neuen Mieter Sebastian, der ganz offen mit dem Jungen flirtet, ehe er die beiden Turteltäubchen vor die Türe befördert. Während Jason sich fortan von einem dämonischen Wesen verfolgt fühlt, bleibt auch Valerie die Veränderung ihres Freundes nicht verborgen. Als Jason zunehmend den Verstand zu verlieren droht, eilt er zu Sebastian, der nicht unwesentlich für seine seltsame Situation verantwortlich ist und das Zusammentreffen bleibt auch nicht ohne Folgen…

Coming-of-Age-Film aus der Psycho-Horror-Ecke der durchaus interessant, aber auch etwas durchwachsen daherkommt. Die typische Story sich selbst zu finden, wird von Regisseur Ryder Houston in ein neuzeitliches, hippes Neon-Underground-Umfeld verlegt, dass mit den üblichen Klischees von Kitsch und Glamour wenig zu tun hat. Die Story ist auch durchaus interessant erzählt und biegt unerwartet auch in gorige Gefilde aus, was man in solchen Filmen ja nicht so oft vor die Linse bekommt. Darstellerin fand ich „Rapture in Blue“ aber nicht ganz gelungen und vor allem Hauptdarsteller Bryce Lederer scheint Unsicherheit damit zu definieren, dass man starr ins Nichts blickt. Das kommt dann auch ein- oder zweimal zu oft für meinen Geschmack vor. Die knapp 46 Minuten vergehen aber dennoch ziemlich fix und am Ende wird es auch etwas ruppig. Ein bisschen Lynch, ein bisschen Noe und viele dunkle Ecken, die hier in einem Low-Budget-Umfeld ausgeleuchtet werden. Insgesamt durchaus spannendes Underground-Kino aus der Gay-Interest-Ecke, dass Interessierte durchaus anchecken können.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Tropfen auf heiße Steine

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jogiwan hat geschrieben: Fr 9. Dez 2011, 11:05 Hübsch in Szene gesetzte Fassbinder-Verfilmung, die jedoch etwas darunter leidet, dass sie doch etwas träge und schleppend erzählt wird. Dennoch ist Francois Ozon ein schöner und vielschichtiger Film gelungen, der leise Töne anschlägt und viel der Interpretation des Zuschauers überlässt. Das Siebziger-Ambiente ist wie die Schlager-Musik von Francois Hardy und Toni Holiday recht ungewöhnlich gewählt und auch die Darsteller überzeugen in einen Film, den man sich wohl dennoch am Besten an einem verregneten Nachmittag anschauen sollte. 7/10
Gestern wieder geguckt und Ozon ist hier wirklich ein schöner Streifen gelungen, der - wie Arkschi richtig anmerkt - ein "typischer Fassbinder der frühen 70er durch die Ozon-Brille von 2000 gesehen" wirkt. Die Themen, die hier behandelt werden, sind ja trotz 70er-Settings allgemeingültig und wenn man das Leben von Fassbinder kennt, wirkt der Inhalt des verfilmten Theaterstücks ja noch tragischer. Inszeniert ist das Ganze auf beengten Raum einer Wohnung und sehr Dialog-lastig, was angesichts der vorangegangenen und sehr grellen Werke ungewohnt ruhig und erwachsen wirkt. Die Settings sind wunderbar und von der Mazzega-Lampe bis hin zu Quistgaard-Kerzenständer ist das alles ein Augenschmaus für den Vintage-Freund. Auch sonst gibt es hier nicht viel zu meckern und ich würde meine subjektive Wertung mit gereifter Lebenserfahrung nun auch etwas höher ansetzen. Ich bin aber auch Fassbinder-Fan.
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