Das Totenschiff - Georg Tressler (1959)
Moderator: jogiwan
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Das Totenschiff - Georg Tressler (1959)
D/MEX 1959
D: Horst Buchholz, Mario Adorf, Elke Sommer, Alf Marholm
Der amerikanische Seemann Philip Gale (Horst Buchholz) sitzt auf dem Trockenen. Kaum neben einer Prostituierten in Antwerpen erwacht, muss er feststellen, dass sein Schiff ohne ihn ausgelaufen ist. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn ihm in der Nacht nicht auch noch Geld und Papiere gestohlen worden wären. Ohne seine Seemannskarte hat Philip keine Chance auf einem Schiff anzuheuern, oder gar auf eine Aufenthaltsberechtigung. Die belgische Polizei schiebt den jungen Matrosen kurzerhand nach Holland ab. Doch auch dort hat er es nicht leicht. Philip gelingt es aber immerhin, auf Schleichwegen über die Grenze nach Frankreich zu gelangen. In Marseille angekommen, sucht er weiter nach einer Möglichkeit, um nach Amerika zu gelangen. Schließlich heuert er als Heizer auf der "Yorikke" an. Das Schiff soll umgehend nach Boston ablegen. Kaum an Bord stellt der Matrose jedoch fest, dass der Frachter abgetakelt und das Proviant für die Besatzung kaum ausreichend ist. Dass die Gefahr größer als zunächst bereits angenommen ist, wird Philip jedoch erst deutlich, als er erfährt, dass die "Yorikke" nicht dazu bestimmt ist, die amerikanische Küste zu erreichen. (Filmreporter.de)
Deutscher Film in den 50ger-Jahren, da denkt man zunächst in Richtung Brechmittel. Zum Glück gab es aber auch gegenteilige Beispiele. Horst Buchholz hatte schon in Tresslers "Die Halbstarken" eine Hauptrolle, hier brilliert er nun als gestrandeter Seemann, der den Verlust seines Seemannsbuchs zunächst als eine Banalität ansieht, bis ihm gewahr wird, dass dadurch seine Identität in Frage gestellt wird. Kein Geld, keine Papiere, fern der Heimat, und um die Angelegenheit zu klären, geht der amerikanische Konsul von mindestens zwei Monaten aus. Solange will Gale nicht warten, und als er am Hafen erfährt, dass er von Frankreich aus auch ohne Papiere Richtung USA anheuern könnte, lässt er sich kurz entschlossen darauf ein. In Frankreich sorgt Elke Sommer für einen kurzen Traum von Liebe, doch für einen Mann ohne Papiere kann es auch keine Zukunft geben. Wie wenig Zukunft das ist, scheint sich anzudeuten, als Mario Adorf ihn an Bord der schrottreifen "Yorikke" lockt. Tatsächlich ist es jedoch noch weniger Zukunft, als gnadenlose Schinderei an Bord eines Seelenverkäufers. Der Käpt'n plant die österreichische Abwrackung des Kahns mit der Mannschaft an Bord...
Ich kenne den Roman von B. Traven nicht, doch auch der Film zeigt, wie skrupellos sich Menschen für ihren eigenen Vorteil verhalten können. Und Alf Marholm zeigt als Kapitän, der wahrlich über Leichen geht, eine erschreckend beeindruckende Leistung. Horst Buchholz trägt den Film, und ließ sich von ihm in internationale Angebote tragen.
Definitiv zu empfehlen.
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Re: Das Totenschiff -Georg Tressler (1959)
Tresslers große Bewerbung für Hollywood. Und die ist in doppelter Hinsicht höchstgelungen. Leider war das anschließende USA-Abenteuer dann nicht von Erfolg gekrönt. Im Gegensatz zu dem seines Hauptdarsteller Hotte.
"Das Totenschiff" ist ein grandioser, sehr dunkler und nihilistischer Film. Top besetzt (Adorf!) und wunderbar fotografiert. Die Episode mit der Sommer fand ich überflüssig, und nur eingefügt, damit es etwas Liebe in dieser düsteren Geschichte gibt. Aber mittlerweile denke ich, es war ganz gut, noch ein bisschen Sommer in die finstere Welt zu bringen.
"Das Totenschiff" ist ein grandioser, sehr dunkler und nihilistischer Film. Top besetzt (Adorf!) und wunderbar fotografiert. Die Episode mit der Sommer fand ich überflüssig, und nur eingefügt, damit es etwas Liebe in dieser düsteren Geschichte gibt. Aber mittlerweile denke ich, es war ganz gut, noch ein bisschen Sommer in die finstere Welt zu bringen.
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Re: Das Totenschiff -Georg Tressler (1959)
Es ist schon einige Jahre her, dass ich den Roman gelesen habe. Aber ich bilde mir ein mich erinnern zu können, dass die Romanze mit Mylene (also der Elke) in hohem Maße eine Motivation für Philip Gale (-> Horst) ist, weiter zu leben, weiter zu strampeln, nicht aufzugeben. Mylene schwebt in seinen Erinnerungen als Verheißung an die Liebe und daran, dass es außer der Yorikke auch noch eine andere Welt gibt. Eine Welt aus Licht und Liebe, in die er zurückkehren will.
Da der Roman in Form einer Ich-Erzählung aufgebaut ist, kommt dieser Aspekt dort natürlich wesentlich stärker durch. Trotzdem ist die Episode aber ganz klar auch ein Lichtblick in einer Welt voller Schmerz und Tod. Insgesamt ein ganz großartiger Film, den man sich als Downer ruhig immer wieder mal geben kann.
Da der Roman in Form einer Ich-Erzählung aufgebaut ist, kommt dieser Aspekt dort natürlich wesentlich stärker durch. Trotzdem ist die Episode aber ganz klar auch ein Lichtblick in einer Welt voller Schmerz und Tod. Insgesamt ein ganz großartiger Film, den man sich als Downer ruhig immer wieder mal geben kann.
Brechmittel wie HUNDE WOLLT IHR EWIG LEBEN? Oder DAS MÄDCHEN ROSEMARIE? Oder TEUFEL IN SEIDE? oder SCHWARZER KIES? Na gut, der und KIRMES sind beide formal gesehen aus den 60ern. Genauso wie der überragende DENN DAS WEIB IST SCHWACH. Ugo, ich muss mit Dir schimpfen! Brechmittel sehen definitiv anders aus als das deutsche Nachkriegskino!!ugo-piazza hat geschrieben: ↑Sa 27. Nov 2021, 17:10 Deutscher Film in den 50ger-Jahren, da denkt man zunächst in Richtung Brechmittel.
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
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Re: Das Totenschiff -Georg Tressler (1959)
"Denn das Weib ist schwach" ist von 1961 , zu "Teufel in Seide" habe ich einen Thread eröffnet, und "Das Mädchen Rosemarie" ist ein überschätzter Rolf Thiele.Maulwurf hat geschrieben: ↑So 28. Nov 2021, 07:29 Es ist schon einige Jahre her, dass ich den Roman gelesen habe. Aber ich bilde mir ein mich erinnern zu können, dass die Romanze mit Mylene (also der Elke) in hohem Maße eine Motivation für Philip Gale (-> Horst) ist, weiter zu leben, weiter zu strampeln, nicht aufzugeben. Mylene schwebt in seinen Erinnerungen als Verheißung an die Liebe und daran, dass es außer der Yorikke auch noch eine andere Welt gibt. Eine Welt aus Licht und Liebe, in die er zurückkehren will.
Da der Roman in Form einer Ich-Erzählung aufgebaut ist, kommt dieser Aspekt dort natürlich wesentlich stärker durch. Trotzdem ist die Episode aber ganz klar auch ein Lichtblick in einer Welt voller Schmerz und Tod. Insgesamt ein ganz großartiger Film, den man sich als Downer ruhig immer wieder mal geben kann.
Brechmittel wie HUNDE WOLLT IHR EWIG LEBEN? Oder DAS MÄDCHEN ROSEMARIE? Oder TEUFEL IN SEIDE? oder SCHWARZER KIES? Na gut, der und KIRMES sind beide formal gesehen aus den 60ern. Genauso wie der überragende DENN DAS WEIB IST SCHWACH. Ugo, ich muss mit Dir schimpfen! Brechmittel sehen definitiv anders aus als das deutsche Nachkriegskino!!ugo-piazza hat geschrieben: ↑Sa 27. Nov 2021, 17:10 Deutscher Film in den 50ger-Jahren, da denkt man zunächst in Richtung Brechmittel.
Aber ich habe da mit Absicht das Wort "zunächst" eingebaut, denn bei allen real existierenden Lichtblicken sind meine ersten Assoziationen bei diesem Stichwort Werke wie "Schwarzwaldmädel", "Grün ist die Heide", "Wenn am Sonntagabend die Dorfmusik spielt" oder natürlich "Sissi".
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Re: Das Totenschiff -Georg Tressler (1959)
Ich schrieb nach der letzten DVD Sichtung
"
Einem amerikanischen Seemann werden die Papiere abgenommen, er ist auf der Suche nach einem Weg zurück in die USA, um wieder ein Leben zu bekommen. Das einzige Schiff, dass ihn aufnimmt, ist die Yorikke. Ein Schiff, dem Untergang geweiht.
Eine Verfilmung des Erfolgsromans von B. Traven.
Was ein Cast: Alles tolle Dartsteller die wirkliche Chraktere darstellen, alle originell. Und ganz vorne Horst Buchholz, der beinahe schon zu schön für die Rolle war. Aber diese Wut diese Chuzpe, das alles war sein Schritt vom James Dean Klon zum Charakterdarsteller.
Auch die Elke Sommer Szene, die allgemein bekrittelt wird als Vehikel finde ich eigentlich passend und schön.
Apropos schön: Der Kameramann eine Macht, so wie die Elke Sommer Szene gedreht wird, dieses helle unwirkliche, dann die verschiedene Stimmungen in den verschiedenen Drehorten, die Enge unter Deck, der Schrecken auf dem Deck wow. Georg Tresslers Meisterarbeit vielleicht, hier mit einem großen Team gesegnet.
Die Romanvolage war ja für mich ein sehr Wichtiges. Oder ist. Über die Problematik B. Traven / seiner Biographie möchte ich mich gar nicht auslassen. Auch die Änderungen will ich gar nicht thematisieren, der Film als solcher ist grandios. Klar, anders als das Buch. Schön finde ich, so viel dazu, das einiges von der Kritik drin ist, mehr als ich in Erinnerung hatte. Als ich den Film vor Jahrzehnten im TV sah, hatte ich ihn als reinen Abenteuerfilm in Erinnerung. Natürlich nicht in der Konsequenz und Radikalität wie bei Traven, aber in wichtigen Punkten schon. Und im Buch sind die genauen langen Heizraum- und Arbeitsbedingungen-Beschreibungen viel ausführlicher, dazu hätte der FIlm aber eher Das Boot TV Serie Länge erreichen müssen."
PS: die Love Story ist nicht im Buch, Gale hat keine Referenzen an das Leben außerhalb der Totenschiffen, bis er strandet.
"
Einem amerikanischen Seemann werden die Papiere abgenommen, er ist auf der Suche nach einem Weg zurück in die USA, um wieder ein Leben zu bekommen. Das einzige Schiff, dass ihn aufnimmt, ist die Yorikke. Ein Schiff, dem Untergang geweiht.
Eine Verfilmung des Erfolgsromans von B. Traven.
Was ein Cast: Alles tolle Dartsteller die wirkliche Chraktere darstellen, alle originell. Und ganz vorne Horst Buchholz, der beinahe schon zu schön für die Rolle war. Aber diese Wut diese Chuzpe, das alles war sein Schritt vom James Dean Klon zum Charakterdarsteller.
Auch die Elke Sommer Szene, die allgemein bekrittelt wird als Vehikel finde ich eigentlich passend und schön.
Apropos schön: Der Kameramann eine Macht, so wie die Elke Sommer Szene gedreht wird, dieses helle unwirkliche, dann die verschiedene Stimmungen in den verschiedenen Drehorten, die Enge unter Deck, der Schrecken auf dem Deck wow. Georg Tresslers Meisterarbeit vielleicht, hier mit einem großen Team gesegnet.
Die Romanvolage war ja für mich ein sehr Wichtiges. Oder ist. Über die Problematik B. Traven / seiner Biographie möchte ich mich gar nicht auslassen. Auch die Änderungen will ich gar nicht thematisieren, der Film als solcher ist grandios. Klar, anders als das Buch. Schön finde ich, so viel dazu, das einiges von der Kritik drin ist, mehr als ich in Erinnerung hatte. Als ich den Film vor Jahrzehnten im TV sah, hatte ich ihn als reinen Abenteuerfilm in Erinnerung. Natürlich nicht in der Konsequenz und Radikalität wie bei Traven, aber in wichtigen Punkten schon. Und im Buch sind die genauen langen Heizraum- und Arbeitsbedingungen-Beschreibungen viel ausführlicher, dazu hätte der FIlm aber eher Das Boot TV Serie Länge erreichen müssen."
PS: die Love Story ist nicht im Buch, Gale hat keine Referenzen an das Leben außerhalb der Totenschiffen, bis er strandet.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
Re: Das Totenschiff -Georg Tressler (1959)
Schon ganz schöner Mist, wenn man so eiskalt beim Unfug schreiben erwischt wird. Aber ich war mir sicher, dass die Episode im Buch enthalten war. Puh, ist halt doch schon über 10 Jahre her
Trotzdem ein großartiger Film!
Trotzdem ein großartiger Film!
Du wirst mich hassen, aber im Lauf der nächsten Wochen wird meine Besprechung zu DORT OBEN, WO DIE ALPEN GLÜHEN kommen. Den Maulwurf graut's halt vor gar nix, 7 von 10 Edelweiss waren da tatsächlich drinugo-piazza hat geschrieben: ↑So 28. Nov 2021, 10:34 Aber ich habe da mit Absicht das Wort "zunächst" eingebaut, denn bei allen real existierenden Lichtblicken sind meine ersten Assoziationen bei diesem Stichwort Werke wie "Schwarzwaldmädel", "Grün ist die Heide", "Wenn am Sonntagabend die Dorfmusik spielt" oder natürlich "Sissi".
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
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Re: Das Totenschiff -Georg Tressler (1959)
Auf jeden Fall ein toller Film, und gerade wenn man Buch und FIlm kennt, das weiß ich aus anderen Zusammenhängen, geht da gerne was durcheinander. Alles super.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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Re: Das Totenschiff -Georg Tressler (1959)
Warum sollte ich?Maulwurf hat geschrieben: ↑So 28. Nov 2021, 12:03Du wirst mich hassen,ugo-piazza hat geschrieben: ↑So 28. Nov 2021, 10:34 Aber ich habe da mit Absicht das Wort "zunächst" eingebaut, denn bei allen real existierenden Lichtblicken sind meine ersten Assoziationen bei diesem Stichwort Werke wie "Schwarzwaldmädel", "Grün ist die Heide", "Wenn am Sonntagabend die Dorfmusik spielt" oder natürlich "Sissi".
Aber vielleicht kannst du mir sagen, ob sich ein Blick auf "Rosen blühen auf dem Heidegrab" lohnt, der ja aus der Nürnberger Ecke gelobt wurde und zwischenzeitlich nun tatsächlich bei Filmjuwelen rauskam.
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Re: Das Totenschiff -Georg Tressler (1959)
War hier zwar nicht gefragt, antworte aber trotzdem sehr gerne mit einem lauten JA! Ich schrieb an einer anderen Stelle kürzlich: "Der Film vibriert vor böser Vorahnung, erotischem Verlangen und krankhafter Leidenschaft."ugo-piazza hat geschrieben: ↑Mo 29. Nov 2021, 23:00Warum sollte ich?Maulwurf hat geschrieben: ↑So 28. Nov 2021, 12:03Du wirst mich hassen,ugo-piazza hat geschrieben: ↑So 28. Nov 2021, 10:34 Aber ich habe da mit Absicht das Wort "zunächst" eingebaut, denn bei allen real existierenden Lichtblicken sind meine ersten Assoziationen bei diesem Stichwort Werke wie "Schwarzwaldmädel", "Grün ist die Heide", "Wenn am Sonntagabend die Dorfmusik spielt" oder natürlich "Sissi".
Aber vielleicht kannst du mir sagen, ob sich ein Blick auf "Rosen blühen auf dem Heidegrab" lohnt, der ja aus der Nürnberger Ecke gelobt wurde und zwischenzeitlich nun tatsächlich bei Filmjuwelen rauskam.
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