McBrewer hat geschrieben: ↑Mi 10. Jan 2024, 15:22
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Aus dem Bücher-Tauschregal vor dem Stammbäcker:
DIE ABRECHNUNG - Ein Neonazi steigt aus von
Ingo Hasselbach & Winfried Bonengel (Aufbau Taschenbuchverlag 1995/3.Auflage)
das kurzweilige Sachbuch hält nicht ganz was es verspricht: der Ausstieg wird erst auf den letzten Seiten kurz angerissen, davor gibt es mehr als weniger eine Biografie von der Neonazi"größe" Ingo Hasselbach. In schwierigen Familienverhältnissen in der DDR aufgewachsen, erst Punk, dann Knast & dann als Nazi-Skinhead (eigentlich eher Punk) dann zur Wendezeit die ganzen Strassenkämpfe in & um Berlin mitgemacht. Liest sich aber auch recht spannend. Mir kommt es aber auch manchmal vor, das Hasselbach schon damals etwas mit Wehmut an die Zeit zurückblickt.
Jetzt bin ich aber auch mal auf die TV Doku "Wir sind wieder da" von Bonengel gespannt, die ja mehr oder weniger Ingos Ausstieg aus dem Milieu beeinflusste . Ich selbst hatte diese Wendezeit ja aus der Provinz von weitem als halbes Kind angeschaut & selbst da gab es oft auch nur LINKS und RECHTS , kein dazwischen. Und während in Berlin in der Pfarr-und Wotanstraße die Autos brannten, flogen im Vorharz die Steine im Takt zur Discomusik
https://www.spiegel.de/video/vor-20-jah ... 09080.html
Das habe ich in den Neunzigern ebenfalls gelesen und teile deine Einschätzung, der Titel weckt falsche Erwartungen.
Ansonsten habe ich die Lektüre aber genauso als spannend und unterhaltsam in Erinnerung. Auch einiges an Situationskomik ist vorhanden, wenn z.B. von den Vorkommnissen in dem besetzten Haus berichtet wird. Da könnte man direkt glauben, dass die rechten Polit-Fatzkes von den Besetzern eher verarscht als ernstgenommen werden.
Auch ein Bremer Skin spielt da eine gewisse Rolle, meine ich, wobei ich gar nicht mehr erinnere, ob er (spitz)namentlich in dem Buch erwähnt wird.
Lustig war es dann allerdings, als ich Anfangs der Nuller zwei Rostocker Glatzen kennenlernte, die mich genau auf diese Person ansprachen, als sie hörten, dass ich aus HB stamme und auch den Verweis zu diesem Haus brachten. Naja, die Skinhead-Szene ist halt relativ überschaubar, da kann sowas passieren.
Ich denke, dass Buch ist eine nicht uninteressante Biografie, für Antifaschisten allerdings ungeeignet, da die Rechte Szene nicht schlecht genug wegkommt.
Die TV-Doku von Bonengel kenne ich nicht, dafür gab es vor einigen Jahren eine TV-Doku-Reihe namens "Baseballschlägerjahre", (vom rbb?), über diese Wendezeit, die für mich allerdings sehr zwiespältig ausfällt. Einzelne Teile fand ich sehr gut und interessant, wenn etwa mit dem Aufhänger "Lichtenhagen" ein Vietnamese mit seiner Familie in Rostock porträtiert wird und er stolz sagt "Ich bin ein Fischkopp" rührt das fast zu Tränen. Andererseits gab es auch einige unnötige Plattitüden, wie z.B. die Mitarbeiterin eines kirchlichen Jugendhauses in Magdeburg, die darüber lamentiert, wie die bösen Skinheads (in Wahrheit meinte sie Nazis) ihre Einrichtung gekapert hätten. Tiefpunkt dann ein Waschlappen, der nur Nazi wurde, um seinem Dasein als Schwächling zu entkommen und nun als Antifaschist wieder zu seinen Waschlappen-Ursprüngen zurückfand. Was dann allerdings als glorreiche Entwicklung verkauft wurde, WTF?! Ein Waschlappen bleibt ein Waschlappen, auch wenn er sich für viel Geld sein Hakenkreuz-Tattoo weglasern lässt. Und wer nicht zu seiner Vergangenheit stehen kann, ist eh nichts wert. Tattoos weglasern ist ein No-Go, was ich nie machen würde. Schade, dass so eine Nullnummer eine Folge spendiert bekam.
Genug Polemik, antifaschistisch sein ist völlig okay, ich selbst bin links. Aber wer meine Kultur (Skinhead) in den Dreck zieht, auf den reagiere ich absolut allergisch. Und die Antifa hasse ich wie die Pest!
Bei den "Baseballschlägerjahren" rate ich unterm Strich eher ab. Aber ich habe auf discogs was nettes zum Thema Wernigerode gefunden ...
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